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Sächsische Staatszeitung : 19.11.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-11-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192511194
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19251119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19251119
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-11
- Tag 1925-11-19
-
Monat
1925-11
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 19.11.1925
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um und nun stellt sich heraus, daß bei der Auswirkung de- Sesetzes die Staaten finanziell so belastet werden würden, saß die Durchführung des Gesetzes rein finanziell un- möglich ist Und weil das nun so ist, können wir der weiteren Entwicklung der Dinge mit einer gewissen Arche entgegensetzen. Wie schon immer, so haben wir es jetzt wieder in Deutschland erleben müssen, daß die Schule zum Handels- objekt gemacht wird, sobald es sich um politische Fragen handelt. Nachdem die Deutschnatronalen in der Regierung waren, kündete der Reichskanzler vr. Luther in einer großen Rede sofort an daß die Schule auf christliche Grundlage gestellt werden müßte, und das bedeutete, daß er damit das Zentrum an seinen Regierungskarren gespannt hat. Uno nun hat das Zentrum ganz toll gegen die Interessen der in der Hartei vereinigten Arbeiter Zoll- und Steuervorlagen bewilligt, ganz im reaktionären Sinne, aber es glaubte die Arbeit dadurch bezahlt zu erhalten, daß man nun einen Schulgesetz- cntwurf bekommt, der durchaus den Richtlinien entspricht, die der frühere Reichskanzler Marx auf dem Katholiken tag in Stuttgart entworfen hat. Und die Deutsche Bolkspartei hat sich dieser Politik mit Haut und Haaren verschrieben und war gewillt, dieselbe reaktionäre Ge setzgebung auf schulischem Gebiet mitzumachen. Da kam der Pakt von Locarno, und in dem Augenblick, wo die Teutschnationalen von diesem Pakt abgerückt sind, rückte auch die Deutsche Volkspartei in großer Verlegenheit von viesem Schnlgesetzentwurf ab. (Sehr richtig! links.) Des halb haben wir auch von diesem Gesichtspunkte aus ein sehr lebhaftes Interesse daran, zu erfahren, welche Stellung denn der Herr Kultusminister in dieser Frage einnimmt. Wir haben rhm zu erklären, daß für uns das Weimarer Kompromiß die äußerste Linie nach rechts ist. Allem, was etwa darüber hinausgeht, oder wenn der Herr Ünllusminister derartige Absichten haben sollte, darüber hinauszugehen, werden wir ihm ein entschiedenes Nein nügcgensetzen. Wenn wir den Schulgesetzentwurf betrachten, dann .nässen wir feststellen: alles das ist vollständig richtig, was da gesagt worden ist, nämlich, daß er gegen die Kerfassung ,st, daß die Stellung des Lehrers vollständig eine rechtlose ist, und endlich, trotz der Ausführungen des Herrn Abg. Hickmann, daß eine Zertrümmerung der Volksschule eintreten würde und ein Zurückschrauben des itulturniveaus, welches wir erreicht haben, auf eine über wundene mittelalterliche Stufe. Das, was in Weimar be schlossen worden ist, hatte tatsächlich einen anderen Geist, und der Schulgesetzentwurf, der einmal kommen muß, muß ans dein Gerste von Weimar heraus begriffen werden. Wir lind in der Sozialdemokratie zum größten Teile durchaus nicht einverstanden mit dem Kompromisse, das in Weimar gemacht worden ist. Wir müssen aber gegenüber den jetzigen Aue Wirkungen erklären, daß dieses Cchulkom- pronüß von Weimar immerhin einen gewaltigen Fort- schntt dargestellt hat, indem als Mittelschule die Gemein schaftsschule, die Srmultanschule festgelegt worden ist. Bon dieser Linie ist man vollkommen abgewichen und macht eine Politik, die darauf hinausläuft, nun die Schule vollkommen der Reaktion der Kirche zu übermitteln. Wenn der Herr Abg. Hickmann vorhin dargelegt hat, daß über jeder deutschen Schule der Gedanke stehen müßte, daß diese Schule den deutschen Menschen heranbilde auf christlicher Grundlage usw, da hätten wir gern erfahren, was eigentlich dieser deutsche Mensch ist. (Sehr richtig! links.) Tas ist eine solche Redensart, uyter der man sich alles mögliche vorstelleu kann, womit man auch gewisse Leute einfangen kann, die aber, sobald man dem Inhalte nahekommen wird, absolut undefinierbar nird. Aber wenn er nachgewiesen hat, daß- es sich hier doch um Weltanschauung handelt, hätte ich doch einmal ge wünscht, daß der Herr Abg. Hickmann gerade diese Welt« anschauungslinie etwas klar und deutlich gezeichnet hätte. Wir müssen doch davon ausgehen, daß es wohl einmal so gewesen ist, daß die Kirche der beherrschende, der führende Faktor im Gemeinschaftsleben gewesen ist, daß sie meinetwegen auch in der Zeit allerlei Gutes geleistet hat. Aber wir müssen uns doch endlich zu der Auffassung durchringen, daß die Verhältnisse seit der Zeit vollkommen andere geworden sind, daß sich näm lich in dem Augenblicke, wo Tausende und Abertausende, wo Millionen Menschen hintergestoßen worden sind in das Proletariat und wo durch diese ganze Politik, die seit dem Kriege gemacht worden ist, immer neue Armeen in die proletarischen Reihen hineingcstoßen worden sind, selbstverständlich eine Weltanschauung herausgebildet hat, die der alten diametral gegenübcrstehen mutz. Der Ar beiter, der weiß, daß er sich in einein großen Gegensatz zu der Welt befindet, an der Sie noch festhalten und die Sie im Gesetzentwurf verankern wollen, der klassen bewußte Arbeiter ist sich vollständig darüber klar, daß ihm diese Weltanschauung nicht mehr nützen kann; der steht auf einem anderen Boden. Früher war die Kirche dasjenige, was führend in der Gesellschaftsordnung ge wesen ist. Heute sind diese Dinge längst vorbei, längst überwunden. Diese christliche Welt ist in ihrer Ge dankenauffassung verankert im Jenseits, aber der mo derne Arbeiter und diese ganze Kulturbewegung, die sich auf Grund dieses neuen gesellschaftlichen Seins ausbaut ist nicht mehr verankert im Jenseits, sondern lediglich im Diesseits,und von dieser Einstellung aus muß man natürlich auch ganz andere Forderungen gegenüber der Schule erheben, daß sie nämlich die Kinder für die Aufgaben dieser Welt erzieht. Das ist das Reue, was heranrückt, das ist die neue Anschauung, die einfach unaufhaltbar ist (Sehr richtig! b. d. Soz.) Sie weisen vielleicht mit Recht daraufhin, daß noch so und so viele bei der Kirche sind, daß vielleicht auct Leute, die ausgetreten sind, wiederkommen, sich an- melden. Das mag alles richtig sein, aber sie halten die Leute nur deshalb, weil sie einen vollkommen verwor- reuen Begriff über Religion haben, oder weil sie ledig lich aus Bequemlichkeit drinbleiben. Aber sobald man sich nun einmal darüber klar wird, wie denn nun der Geist der Konfessionen aussieht, wenn man einmal das was also rein gefühlsmäßig als Religion bezeichne wird, nun durch den Gehirnapparat gehen läß und sich vergegenwärtigt, was denn die Kirche an Lehrsätzen vorgetragen hat, dann müssen wir fest stellen, daß auch nicht ein einziger Satz des Be kenntnisse- vorhanden ist, der heute noch wissenschaft ich irgendwie haltbar wäre k (Sehr wahr! b. d. Soz.) lnd hier kommt wieder der große Unterschied in der Leltanschauung derer, die heranwachsen, und der alten Leltanschauung. Wir wollen nämlich in unserer neuen Schule nicht irgendeinen dogmatischen Geist, nicht den >es Bekenntnifies, sondern wir wollen den Geist der Wissenschaft haben, um die Schüler auszurüsten mit >en Kenntnissen, die sie für die Aufgaben dieser Welt -rauchen. Aber der Geist des Dogmas soll nach dem keichsschulgesetzentwurf nicht etwa nur in der Neligions- tunde vorhanden sein — da könnte man ihn noch bis zu einem gewissen Grade begreifen —, sondern er soll den ganzen Unterricht ourchwehen, also auch den Unterricht n der Geschichte, Naturkunde usw-, und auch die Lehrbücher, die der Zögling in die Hand bekommt, ollen nach ihm ausgewählt sein. Hier trennt uns einfach eine Weltanschauung, die unüberbrückbar ist. Und wenn wir eine neue Schule aufbauen wollen, müssen wir zu diesen Dingen ganz klipp und klar Stellung nehmen. Damit ist nichts gesagt gegen die Auffassung, die nun der Einzelne über das Bekenntnis hat. Er muß aber wissen, daß man heute auf inem Bekenntnisse, das man vielleicht für sich ganz -schachten mag, jedenfalls niemals eine Schulorganisation aufbauen kann, denn das Bekenntnis ist heute uicht mehr daS Einigende, sondern das Bekenntnis ist das Trennende in der Nation. Das muß rücksichtslos aus- zesprochen werden. Und weil es das Trennende ist, reshalb darf es nicht künstlich wieder aufgebäbelt werden, wie das jetzt im Reichsschulgesetzentwurf >er Fall ist. Das Trennende, das nun einmal n der Konfession vorhanden ist, mag etwas ein für den Erwachsenen, der sich dafür -ekennt, aber nicht mehr für die Schule, nicht mehr für die Organisation, sonst kommen wir eben dazu, was nun die natürliche Folge sein muß, daß das ganze Schulwesen zerschlagen und demzufolge in der Leistungs- ähigkeit herunlergedrückt werden muß. Es sind aber auch noch eine ganze Reihe anderer Punkte vorhanden, die sich aus einer vollkommen neuen Weltanschauung ergeben, die eben herauswächst mitten aus dem Volke. Es wird z. B. immer gesprochen vom „deutschen Menschen", vom „nationalen Gedanken". Ich stehe nicht an, zu erklären, daß das eine Verlegen- -eitssphrase ist. (Sehr richtig! links) Sie wissen ganz genau, daß nach der'heutigeu Weltentwicklung es so ist, >aß wir in unserer deutschen Entwicklung uns gar- nicht mehr begrenzen können auf dasjenige, was inner halb der deutschen Grenzpfähle liegt. Sie wissen ganz ;«nau, daß die Wirtschaftslage des gesamten Volkes -eute international verquickt ist. Das bedingt aber, daß wir einen ganz neuen Typus Menschen hcran- ziehen müssen, einen Typus, der nicht eingestellt ist auf ras A und O der deutschen Grenzen, sondern einen reuen Typus, der international denken und handeln ernt. Und das ist der Typus, der zwar oben bei den Kapitalisten längst vorhanden ist, der aber vor allen Dingen im Proletariat neu hei auswächst, weil die Existenz des Proletariats zum Problem geworden ist, weil der deutsche Arbeiter heute begriffen hat, daß seine wirtschastliche Existenz nicht garantiert werden kann durch Deutschland allein, sondern daß sie ihm garantiert werden muß durch internationale Fäden, Ver bindungen usw. Jede Nation hat natürlich zunächst die Aufgabe, die wertvollen Elemente bei sich herauszu kristallisieren. Ju diesem Sinne ist die nationale Erziehung für uns eine Selbstverständlichkeit, und auch das Boden ständige, das davon au-tzeht, ist selbstverständlich das Ratio nale. Aber darüber hinaus dürfen wir nicht mangelnden Mut haben zu betone«, daß der Fortschritt in der Entwick- lnng selbst gegeben ist in einer Synthese der verschiedenen Kulturen, daß auch bei anderen Nationen wertvolle Elemente daliegen, und daß sich das vereinigen muß zu einem wertvollen Fortschritt. Wenn man aber den nationalen Gedanken auf die Spitze treibt, wenn man das Nationale zum Nationalistischen wendet und in der Jugend einen Geist heranzieht, der sich dann in allerlei Hurrapatriotismus und in Kriegsverherrlichung auswächst, so ist das ein Gedankengang, der gegen die ganze moderne Entwicklung ist, ein Gedankengang, den wir mit aller Rücksichtslosigkeit zu bekämpfen haben. Aus diesenr Grunde heraus sehen wir, daß auch hier wieder auf Grund der wirtschaftlichen Dinge, wie sie sich entwickeln, sich eine Weltanschauung herausentwickelt, die in diametralem Gegensatz steht zu dem, was uns hier in dem alten Entwurf vorgelegt worden ist. Endlich möchte ich Hinweisen auf einen dritten großen Gesichtspunkt bei der ganzen Sache, das ist die Auf fassung des ganzen inneren Kerns der Erziehungsarbeit. Da wlssen Sie, daß in dem Entwurf und daß auf dem Katholikentage in Stuttgart mit aller Entschiedenheit betont worden ist, daß die Kirche die höchste Autorität darstellt, die im Besitze der Heilswahrheit sei, und daß die Kirche niemals rütteln lassen könnte an einer autoritativen Erziehung. Und hier kommt wieder dieser fundamentale Unterschied in der Auffassung. Wir stehen in der modernen Erziehung auf dem Stand- vunkte, daß vollständige Autonomie, dieser Geist, der dann rn der demokratischen Verwaltung den höchsten Ausdruck gefunden hat, auch in dem Schulkmde bereits lebendig anerzogen wird. Auch wir sind selbstverständ lich dafür — das geht ja gar nicht anders —, daß Autorität sein muß, aber Autorität ist nur etwas, was imHintergrunde vorhanden ist, nämlich daß die Möglichkeit gegeben ist, daß der junge Mensch heranwächst nach einer eigenen Gesetzlichkeit. Das Höchste für uns ist tue Autono mie, das Höchste für uns ist die sittliche Selbstbestimmung. Wir erachten die Schule als eine selbständige Orgam- sation des Staates, das heißt der Allgemeinheit, und weil dieser Staat eben in religiöser Beziehung voll ständig neutral ist, so ergibt sich aus der Konsequenz dieser Auffassung lediglich das Eine, daß auch die Schule vollständig weltlich sein muß. Wenn man sich aber so auf das Recht der Erziehungsberechtigten versteift — und die Meinung die ist, daß die Erziehungsberechtigten die Aufgabe und das Recht hätten, ihre Anschauungen nun dem' Kindc^aufzuoktroyieren —, so müssen wir dagegen protestieren, und zwar protestieren im Namen des KindeS. Man muß endlich begreifen lernen, daß das Kind, die kindliche Welt innerhalb des allgemeinen menschlichen Gange- eine vollständig eigengesstzliche Welt darstellt, und daß da-iemge, was vielleicht sirr oen Erwachsenen gut sein mag, noch nicht gut ist für da- Kind. Gerade wenn das Kind in den Mittel punkt der ganzen ErziehungSauffassung hineingestellt wird, dann werden wir sehen, daß eben die religiöse Krage in der Schulerziehung vollkommen ausgeschaltet werden muß. In dieser Hinsicht stehen wir also durch aus auf dem Standpunkte, daß wir unS für die Pro pagierung der weltlichen Schule einsetzen werden Wenn eö sich freilich um die Gesetzgebung handelt, dann sind wir an das gebunden, was in der Weimarer Verfassung vorgesehen ist, und das heißt, daß wir uns mit aller Energie dafür einsetzen, daß man diesen Geist der Weimarer Verfassung in keiner Weise ver wischt und daß man die Bekenntnisschule einführt, die Simultanschulen, die heute bestehen, verdrängt und überhaupt die Gemeinschaftsschule zur Unmöglichkeit macht. Wir werden also rückhaltlos versuchen, das zu nächst durchzusetzen, waS in Weimar beschlossen worden ist. Darüber hinaus werden wir aber fortgesetzt in der Be völkerung 1>afür arbeiten, daß die Gedankengänge, die wir für die richtigen halten, allmählich Eigentum der Bevölkerung werden, und je mehr sich die Arbeiter schaft zu einem klassenbewußten Denken durchringt, je mehr sie ihre Lage auch philosophisch durchschaut, um so mehr reift der Zeitpunkt heran, wo wir eine Schvl- gesetzgebung bekommen, die auf die Ziele eingestellt ist, die wir für die Schulgesetzgebung gestellt haben. Wir wissen, daß die Zukunft auch in schulischer Beziehung der Sozialdemokratie gehört. (Beifall b. d. Soz.) Abg. Liegert (Dtschnat.): Der Parlamentarismus scheint sich jetzt wieder einmal zu überstürzen. Wohin das führen soll, daß eine Sache, die der Reichsgesetz gebung angehört, in jedem Parlament durchgehechelt und durchberaten wird, das weiß ich nicht, kann ich auch nicht sagen. Ich ließe es mir noch gefallen, wenn wir es mit einem wirklich legalen Gesetzentwurf zu tun hätten, der dem Reichstag vorgelcgt worden ist. Der vorliegende Gesetzentwurf ist aber, wie genug bekannt geworden ist, nur durch einen Vertrauensbruch veröffentlicht worden. Er hatte zwar bereits das Reichskabinett passiert, aber er war erst noch bestimmt, als Gegenstand von Verhandlungen zwischen den Länderregierungen zu dienen. Es kann niemand sagen, ich glaube auch nicht Herr Abg. vr. Seyfert, in welchem vielleicht vielfach abgeänderten Wortlaut er dann erst noch an den Reichsrat und zuletzt an den Reichstag gegangen sein würde. Die Absicht dieser frühzeitigen Veröffentlichung ist sehr klar und durchsichtig. Der Vorteil dieser frühzeitigen Veröffentlichung kam bloß denjenigen Kreisen zugute, die ein Interesse daran hatten, diesen Entwurf möglichst frühzeitig totzumachen. Wir als Deutschnationale Bolkspartei haben durch aus keinen Grund, einer Stellungnahme auch zu diesem noch nicht legalen Gesetzentwurf — wenn auch nur aus formalen Gründen, die ich eben geschildert habe — aus den: Wege zu gehen. In Sachsen ist der Kampf um diesen Entwurf ganz be onders heftig entbrannt. In Preußen und Bayern ha man heutzutage gesetzlich noch die konfessionelle Volksschule, oder man hat, wie in Baden und Hessen, die sogenannte christliche Simul tanschule mit einem Religionsunterricht, der nach Be kenntnissen gesondert ist; dort wird die bestehende Rechtslage durch die Sperrvorschrift von 174 der Neichrverfassung gesichert. In Sachsen ist die Sache anders; hier haben wir seit dem Ubergangsschulgesetz die allgemeine Volksschule als Gemeinschaftsschule, als staatl'che Zwangsschule, und zwar nach Art. 146 Abs. 1 der Neichsverfassung. Wir haben ja hier oft genug darüber Klage führen müssen, daß uns zwangsweise eine weltliche Gemeinschaftsschule aufgezwuugen worden ist. Auch wenn die Absicht, den Religionsunterricht damals auch aus dieser Schule zu entfernen, durch reichsgerichtliche Entscheidung verhindert worden ist, so wissen wir aus vieleu Einzelerfahrungen, von denen ich hier manchmal gesprochen habe, daß der Erteilung des Religionsunterrichtes in der heutigen sächsischen Volksschule noch immer und immer wieder allerlei Schwierigkeiten bereitet worden sind; und wir wissen ferner ganz genau, daß von einem Hinauswirken des Religionsunterrichts auf die übrige Erzieherarbeit dieser Schule schlechterdings keine Rede sein kann. Also in Sachsen eine weltliche Gemeinschasts- schulemit äußerlich angehängtem Religions unterricht. Davon'unterschieden ist allerdings die Art Gemeinschaftsschule, die wohl Herr vr. Seyfert — und ich glaube nicht zu irren, auch der Volksbildungs minister vr. Kaiser — im Auge hat — wenigstens schließe ich das aus manchen Äußerungen des Herrn Ministers —: eine für alle gemeinsame Schule, deren Bildungsarbeit sich auf dem sogenannten nationalen Kulturgut, das nicht ohne christlichen Einschlag ist, auf baut, also eine nationale und religiöse Grundlage der allgemeinen Schulerziehung, nur mit Ausscheidung des Konfessionellen. Ganz abgesehen davon, daß mir bei diesem Schulideal völlig unverständlich ist die Hypothese eines überkonfessionellen Christentums — darauf geht es hinaus —, einer neuen Religion, die eben nur in der Schule gelehrt wird, abgesehen auch davon, daß die katholischen wie auch die evangelischen Kreise sich mit einersolchen ganzallgemein religiösen christlichen Simultan- fchule nicht zufrieden geben werden —, abgesehen davon, läßt sich ein solches Schulideal auf dieser Grundlage überhaupt mit der Verfassung, wie wir sie eben haben, nicht vereinbaren. Gegen eine Gemeinschaftsschule auf national-christlicher Grundlage würde die gesamte Linke, wie wir ja aus den Ausführungen des Herrn Abg. Arzt gehört haben, mit ihrem Programm der weltlichen Schule eine geschlossene Front bilden. Aber um diese national-christliche Simultanschule handelt es sich gar nicht, hier in Sachsen kann es sich gar nicht darum handeln, weil sie gegen die Verfassung sein würde uud gegen das sächsijche Ubergangsschulgesetz. Ich meine, gegen diese Art Simultanschule würden sicher auch die Lehrer- und die Elternkreile, die auf dem Boden der weltlichen religionslosen Schule stehen, wie der Herr Abg. Arzt, Sturm laufen, und zwar unter Berufung auf Art. 148, Abs.2 derBersassung. Daß diese Kreise, die ich eben geschildert habe, als Anhänger der weltlichen Schule gerade sich mit der ganzen bisherigen sächsischen Schulentwicklung
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