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Sächsische Staatszeitung : 02.06.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-06-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192506027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19250602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19250602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-06
- Tag 1925-06-02
-
Monat
1925-06
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 02.06.1925
- Autor
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Ivs« seligen Verhältnissen setzt nicht unbedingt etwas Ehren rührige». ES kann hcutzutaye selbst ein Mensch, der die besten Absichten hat, durch eme Verkettung von Umstän den dazu kommen, daß er den Konkurs anmelden muß. Wir wollen danrit auch nicht etwa sagen, daß derartige Leute minderwertig sind, aber wer nun einmal berufs mäßiger Leiter einer Gemeinde sein will und befindet sich in Konkurs, ist doch versucht, sich eher einer Versuchung auszusetzen als ein Mann in geordneten Verhältnissen. Wir sind aber nicht der Meinung, daß, wenn einem sol chen Manno während seiner Amtsführung das Unglück des Konkurses passiert, er sein Amt deswegen niederlegen soll. Deshalb beantragen wir zum Schluß in Abs. 2 hinter „Wählbarkeit" einzufügen: „aus den zu Ziff. 4 Abs. 1 angeführten Gründen", also der Mann, der wirklich das Unglück des Konknrses hat, soll nicht disgnalifiziert werden, sondern er soll im Amte bleiben. Wir haben bei 8 80 beantragt, daß für den berufs mäßigen Bürgermeister unter allen Umständen eine ge wisse Vorbildring verlangt werden muß. Schon bei dein nichtberufsmäßigen Bürgermeister habe ich mich auf diesen Standpunkt gestellt. Wir wünschen da nicht eine Mußvorschrift, sondern eine Kanuvorschrift, so daß uns das Plenum ohne weiteres zustimmen könnte. Es kann nicht jeder einen Anzug schneidern, man geht nicht zum Wagenbauer, wenn man sich ein Paar Schuhe fertigen lassen will. Es muh jeder etivas gelernt haben. Nur wenn man einen Beamten einstellen will, der unter Umständen eine große Gemeinde leiten soll, da soll gar nichts vorge schrieben werden. Bei Dorfgemeinden kann es unter Um ständen gleichgültig sein, ob der Mann eine wirklich ge diegene Vorbildung hat. Das wirkt sich nicht so sehr aus. Aber in größeren Gemeinden ist es unbedingt erforder lich, daß die Leute schon etwas Erfahrung und eine Vor bildung haben. Abg. Vr. Schminke (Komm.): Zu dem tz 78 ist von unserer Fraktion vorgeschlagen worden, in Abs. 1 sind die Ziff. 2, 3 und 4 zu streichen, d. h. also ausgeschlossen von der Währbarkeit ist, wer rechtskräftig mit Zuchthaus- strafe verurteilt worden ist, wer infolge eines rechtskräf tigen Urteils der bürgerlichen Ehrenrechte oder der Fähig keit zur Bekleidung öffentlicher Ämter ermangelt, für die Dauer dieser Entziehung, drittens gegen wen rechtskräf tig auf Entziehung öffentlicher Ämter erkannt worden ist auf die Tauer von 5 Jahren und viertens, wer nnter Poli zeianssicht steht, cs sei denn, daß eine politische Straftat znr Stellung unter Polizeiaufsicht geführt hat. Wir haben beantragt, diefe^Sätze zu streichen, weil wir wissen, daß in der deutschen bürgerlichen Republik eine Klassenjustiz besteht, und weil wir aus zahlreichen Fällen wissen, daß es gerade die Arbeiter sind und die Vertreter der Arbeiterschaft, welche von der Klassenjustiz iu Deutschland verfolgt werden, während diejenigen, welche die bürgerliche Gesellschaft verteidigen, selbst wenn sic dabei zu illegalen Mitteln greifen, ja, wenn sie selbst zu» Mordwaffe greifen und zu Mördern werden, von der bürgerlichen Justiz nicht verfolgt werden. (Abg. Kaula: Das ist eigentlich eine Schande, daß Sic das sagen als gebildeter Mensch!) Das ist eine Tatsache, und ich mnß als gebildeter Mensch die Wahrheit sagen, denn wer die Wahrheit weiß und sagt sie nicht, Herr Abg. Kaula, der ist fürwahr ein erbärmlicher Wicht. (Der Redner erhält einen Ordnungsruf.) Er hat mich zuerst beleidigt, ihn haben Sie nicht zrrr Ordnung gerufen. (Abg. Kaula: Weun ich Sie beleidigt habe, war es richtig!) Ich stelle hiermit fest, daß die ganze zivilisierte Welt weiß, datz in Deutschland in der fürchterlichsten Weise eine Klassenjustiz existiert. (Sehr richtig! b. d. Komm.) Wir wissen, datz in Deutschland eine Klassenjustiz existiert, und datz besonders die Arbeiter dieser Klassenjustiz zum Opfer fallen. Des halb müssen wir für Streichung dieses Satzes eintreten. Aber wie es in Deutschland heute aussieht, wie reaktio när Dcntschland ist, das beweisen die Anträge van Herrn Abg. Kaula, der diese Gemeindeordnung noch verschärfen will, denn er beantragt, in Abs 1 Ziff. 3 die Worte: „auf die Dauer von 5 Jahren" zu streichen, d. h. also, ausge schlossen von der Wählbarkeit ist, gegen wen rechtskräftig auf Entziehung öffentliches Ämter erkannt worden ist. Er beantragt ferner, in Ziff. 4 dieWorte: „es sei denn" bis „geführt hat" zu streichen, d. h.: wer unter Polizeiauf sicht steht, soll niemals gewählt werden können, und dann beantragt er noch, als Ziff. 5 hinzuzufügen, datz derjenige von der Wählbarkeit ausgeschlossen ist, über dessen Ver mögen der Konkurs eröffnet ist, auf die Dauer des Ver fahrens. Was ersehen wir aus solchen reaktionären Anträgen? Das, was überall zn sehen ist, was auch in den Bereinigten Staaten zu sehen ist, daß heute die Reaktion marschiert, immer mehr an Boden gewinnt und, wie ich schon vorhin ansgeführt habe, daß die Reaktion sich auch gegen die Sozialdemokraten richten wird, ja, daß die Reaktion sich sogar gegen die Demokraten richten wird. Tas sehen wir bei dem Faschismus in Italien. Redner geht sodann in längeren Ausführungen auf die Reaktion in Europa ein und bittet schließlich, die reaktionären deutschnationalen Anträge abzulehnen. Hierauf stellt Abg. Renner (Komin.) mit Rücksicht auf die Stenographen, die Stenotypistinnen und das techni sche Personal des Hauses erneut einen Antrag auf Ver- tagung der Sitzung. Der Antrag wird abermals ab- gelehnt. Abg. Gtombitza (Komm. — zu Ziff. 15): Der tz 81 bestimmt, daß das Ergebnis der Bürgermeisterwahl binnen 3 Tagen der Staatsbehörde anzuzeigen ist. Wir Kommunisten gehen von der Meinung aus, datz die Ge meindeverwaltung soweit als möglich selbständig von über geordneten Instanzen gemacht werden muß, daß insbe sondere in der Frage der Bürgermeistertvahl keine irgend wie geartete übergeordnete Behörde der Gemeinde Schwie rigkeiten bereiten dürfe. Einspruchsrecht sollen die Staats behörden und die Beschlußbehörden haben. Wir betrach ten die Staatsbehörden, also die Amtshanptmannschaften und Krcishauptmannsckasten in der gegenwärtigen Staats form durck-aus nicht Ls eine objektive Behörde, denn die gegenwärtig herrschende Gesellschaft duldet in den Amts- hauptmanuschaften und Kreisbauptmannschaften nur Ele mente, die rücksichtslos gegen die Arbeiterschaft das System der gegenwärtigen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung stützen, und sie werden jeden Vertreter der Kreis- und Amtslnmptmannschaften -um Teufel jagen, der dieser von: Kapitalismus diktierten Aufgabe nicht entspricht. Im H 81 wird Wetter bestimmt: Die Beschlußbehörde kann die Person des Gewühl- ten binnen 1 Monat nach Eingang der Anzeige bean standen, wenn er nach den 88 77 und 78 nicht wählbar war. Meine Parteifreunde haben bei der Beratung dieser beiden Anträge bereits crNärt, daß sie insbesondere den 8 77 in soweit ablehnen, als eine einjährige Reichs- nnd Gemeinde augehörigkeit verlangt wird, und von dem 8 78 die Abs. 2, 3 und 4 ablehnen. Abs. 2 bestimmt, daß, wer rechtskräs- tig zu Zuchthausstrafe verurteilt ist, wer infolge eines rechtskräftigen Urteils der bürgerlichen Ehrenrechte oder der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter ermangelt, auf die Darier dieser Entziehung nicht Bürgermeister werden kann. Ich erkläre ausdrücklich, daß wir es ablehnen, uns die bürgerlichen Begriffe über Ehre oder Unehre zu eigen zu machen Ein Mann, der von bürgerlichen (Berich ten meinetwegen wegen Landes oder Hochverrats mit dem Verluste der Ehrenrechte bestraft wird, ist unserer Meinung nach nicht immer ein ehrloser Mensch. Wir lehnen es ab, die Leute, die nach bürgerlichen Begriffen keine Ehre haben, auch vom proletarischen Standpunkte als ehrlos zu bezeichnen, nnd müssen deshalb erklären, daß es auch unter solchen Leuten Charaktere geben kann, die nach moralischen nnd technischen Fähigkeiten sehr wohl in der Lage sind, als Gemeindeoberhaupt zu wirken und gut zu wirken. Wir haben aus diesem Grunde die Be stimmungen des 8 78 abgelchnt. Es wird dort weiter bestimmt im Abs. 3: Gegen wen rechtskräftig auf Einziehung öffentlicher Ämter erkannt worden ist auf die Dauer von 5 Jahren, auch der kann nicht Bürgermeister werden. Meine Kritik dieses Absatzes kann unbedenklich vom vorhergehenden übernommen werden, denn man entzieht im gegenwärti gen Gesellschaftssystem Leuten die sogenannte bürgerliche Ehre, die eben sehr oft weiter nichts getan haben, als gegen den bürgerlichen Staat mit allen möglichen Mitteln angekämpft zu haben. Unter demselben Gesichtswinkel bewerten wir die Bestimmung, daß derjenige, der unter Polizeiaufsicht, außer politischen Motiven, steht, nicht Bürgermeister werden kann. Diese Stellung unter Poli zeiaufsicht ist ebenfalls nur eine Maßnahme des bürger lichen Staats. In dem Abänderungsantrag wird nun verlangt, daß das Wort „Handlungen" dnrch das Wort „Tatsachen" ersetzt wird, d. h. also: Die Beschlußbehörde kann die Per son des Gewählten binnen 1 Monat nach Eingang der Anzeige beanstanden, wenn er nach 88 77 und 78 nicht wähl bar war oder — es hieß bisher — Handlangen, und soll jetzt heißen: Tatsachen nachweisbar sind, die ihn für die Bekleidung eines öffentlichen Amtes ungeeignet erscheinen lassen. Es ist bezeichnend, daß sich die Sozial demokratie auch für diese seine Unterscheidung der Schuld begriffe mit außerordentlicher Energie ins Zeug legt. Aus dem Angeführten werden Sie begreifen, daß uns der ganze 8 81 auch mit den Abänderungscutträgen, die vorliegen, unannehmbar erscheinen muß. Hierauf wird ein erneuter Vertagungsantrag, gestellt vom Abg. Kautzsch (Mindert), d. Soz ), abgelehnt. Abg. Liebmann (Mindert), d. Soz.): Es genügt die Formulierung des 8 81 in dem 1923er Gesetz, daß Hand lungen nachweisbar sein sollen, die den Mann für die Be kleidung eines öffentlichen Amtes ungeeignet machen, und daß dann Einspruch dagegen erhoben und oie Wahl beanstandet werden kann. Jetzt aber soll das Wort „Hand lungen" ersetzt werden durch das Wort „Tatsachen". Es ist bei der Begründung im Ausschüsse nicht sehr eingehend an Beispielen gesagt worden, was man unter diesen Tat sachen verstehen wird, aber einigeBeispiele sind angeführt worden, und die zeigen doch sehr deutlich, wie dieser Be griff Tatsachen so kautschukartig angewendet werden kann, daß darin die größte Gefahr in politischer Beziehung liegt. Man hat z. B angeführt, es genüge, wenn etwa die Fa milie eines Bürgermeisters, wenn mich persönlich gegen ihm gar nichts einznwenden ist, doch so wäre, daß sie so zusagen amüchig wäre. Wenn also die Herren, die dar über zn entscheiden haben, der Meinung sind, daß ein Familienmitglied irgendwie zn beanstanden wäre, so würde das schon ausreichcu, daß der Mann, der als Bür germeister gewählt ist, der aber selbst mit den Handlungen oder mit dem schlechten Ruf, den vielleicht ein Familien mitglied genießt, in keiner Weise in Beziehung steht, be anstandet und daß seine Wahl ausgehoben wird. Dieses eine Beispiel nnd die Befürchtungen, die von einer Seite vorgetragen worden sind, daß es sich bloß zunächst links um einen Vorstoß handelt, der vielleicht seine Auswir kungen gegen die Kommunisten finden wird, daß nran sehr leicht sogen kann, der Mann ist Kommunist, und des halb wird er als Bürgermeister nicht bestätigt, sollten den Landtag davon abbringen, eine Regelung zu treffen, um o mehr, als wir ja noch gar nicht übersehen können, wie ich in der nächsten Zeit die politischen Verhältnisse ge- kalten werden. Diese Bestimmung in ihrer kautschukartigen Anwendbarkeit könnte nicht nur gegen die Kommunisten, sondern vielleicht ebensogut einmal gegen unbequeme Sozialdemokraten und Herren anderer politischen Ein stellung Verwendung finden. (Lebhaftes Sehr richtig! links.) Diese einfache Selbstverständlichkeit des Selbst erhaltungstriebes sollte die Mehrheit des Landtags ab- halten, einer solchen kautschukartigcn Bestimmung Ge- setzeskraft zu verleihen. Bon dieser Erwägung aus sind wir schärfste Gegner dieser Formulierung, wie sie hier vorgesehen ist, und ich muß dringend davor warnen, diese Bestimmung in 8 81 nach den Wünschen der Mehrheit anzunehmen. Abg. Rebrig (Minderh. d. Soz.): Der 8 81 ist eben falls ein Glied in der Kette, die geschaffen werden soll, um der Reaktion in allen Fächern der Gemeindeverwal tung wieder das Übergewicht zu sickern. Selbst auf die Gefahr bin, daß Herr Abg. Bethke nneder Herkommen und agen wird, daß auck die Jndianerstämme in Afrika das nickt in ihrer Verfassung haben, möchte ich darauf Hin weisen, daß hier wieder eine weitere Programmforderung der Sozialdemokratischen Partei verletzt wird. Man könnte ja überhaupt bei jedem einzelnen Punkte der Vorlage, die hier in Kraft gesetzt werden soil, darauf Hinweise«, daß sich 23 Mitglieder des Landtage«, die von der sozial, demokratischen Arbeiterschaft gewählt worden sind, glatt Über die Programmatisck)rnForderungen der Partei lmnveg- setzen, für dre sie früher angeblich jahrzehntelang gekämpft hocken. Die 23 Herrschaften sind ja so blind, daß sie rwch nicht einmal sehen, was sich um sie abspielt, daß sie noch nicht einmal merken, wie nahe der Zeitpunkt ist, wo sie von den bürgerlichen Parteien den verdienten Fußtrttt bekommen. Sie merken in ihrem blindwütigen Vorgehen und dem Bestreben, sich an ihr Mandat zu klammern, auch nicht einmal, daß die bürgerlichen Herren ganz un verhohlen ihre Freude zum Ausdruck bringen darüber, daß die 23 die Verteidigung dieser Paragraphen vor nehmen, die jene eigentlich'vorzunehmen hätten. Keiner von den Herren der Deutschnationalen oder der Deut schen Volkspariei hat einen einzigen Antrag verteidigt, nur Herr Abg. Kaula hat einige Miuderheitsauträge kurz und harmlos begründet. Alle Begründungen, die zur Verschlechterung der Gemeiudeordimng geliesert worden sind, hat Herr Bethke im Auftrage der 23 geliefert. Tas vor aller Welt fcstzuhalten, auch vor der Partei, halte ich noch einnull für notlvendig. (Zuruf b. d. Minderh. d. Soz.: Der Lohn wird nicht ausbleiben!) Die Bestimmung in § 81 ist »vieder eine reaktionäre Verschlechterung rind stellt wieder eine Einschränkung deS Beschlußrechtes der gewählten Körperschaften dar. Bisher haben die Ge meinden das Recht, sich den Bürgermeister zu wählen, und dieser Bürgermeister tritt sein Amt ohne weiteres an, wenn die Beschlußbehörde an seiner Person nichts auszu- setzen findet. Und was schafft man jetzt? Eine wettere Ausgestaltung der Rechte der Staatsbehörde, der Auf sichtsbehörde. Es wird vollkommen in das Ermessen der Staatsbehörde gestellt, ob sie einen Beanstandungsgcund für vorliegend erachtet oder nicht, und daun hat sie das Recht, die Gcmeindekammer anzurufen. Hier kommen wir immer wieder auf die berühmte Bestimmung in § 7 bzw. in tz 8, daß auch hier wieder die Möglichkeit besteht, wenn die Gemeiudekammer der Beschlußbehörde recht gibt und sagt, wir finden auch keinen Beanstandungsgrund, daß der Vorsitzende der Gemeindekammer, bekanntlich ein Beamter des Ministeriums, den Amtshauptmann deckt und sagt, ich bin mit der Amtshauptmannschaft über einstimmend der Überzeugung, daß ein Beanstandungs grund vorliegt, daß er den Beschluß der Gemeiudekammer dem Minister vorlegt, und der Herr Minister wird walpc- scheinlich dann in den wenigsten Fällen feinem Staats beamten unrecht geben und die Beschlüsse der Bcschluß- behörde und der Gemeindekammre akzeptieren. (Abg. Bethke: Das ist doch eine wunderbare Konftrnktion!) Das ist keine Konstruktion, Herr Kollege Bethke, das ist eine Tatsache, und das beweist nur, daß Sie die Dinge überhaupt nicht verstehen, daß Sie die Praxis nicht be herrschen. Tatsache ist jedenfalls, wenn der Amtshaupt mann den gewählten Bürgermeister beanstandet, obwohl die Beschlußbehörde das nicht tut (Widerfpruch ) — das steht drin, Sie brauchen es nur herauszulesen —, so wird die Gemeiudekammer entscheiden, und wenn sie zugunsten des Bezirksausschusses, der Beschlußbehörde entscheidet, so kann der Minister diesen Beschluß außer Kraft setzen und sagen, der Mann wird nicht bestätigt oder beanstandet. Sie führen glatt das frühere Bestätigungsrccht wieder ein, darüber herrscht kein Zweifel. Ich bin überzeugt, daß mir diese Ausführungen nichts nützen, um Bethke zu überzeugen. Ich sage das aber deswegen, weil wir an dieser Stelle in aller Öffentlichkeit diese Dinge fcsthalten müssen, wie sie sich zutragen. Sie haben schon lange das Recht verloren, fich Sozialdemokrat zu nennen. Sic sind längst aus der Partei hinausgeworfen; so daß die Partei an sich tatsächlich gar nicht die Verantwortung für diese Vorgänge übernehmen kann, sondern daß Sie das als Privatperson tun und daß sich dafür die Partei bei Ihnen bei Gelegenheit bedanken wird. Die Streichung der Worte, die jetzt in § 81 stehen, daß man nicht mehr sagt, )er Bürgermeister muß Handlungen begangen haben, die ihn zur Bekleidung öffentlicher Ämter unfähig machen, andern daß man sagt, es muß eiue Tatsache vorliegen, )ie ihn zur Bekleidung des Amtes als Bürgermeister un geeignet erscheinen läßt, dazu führt, daß wir eines schönen Tages — Sie brauchen nur auf Thüringen zu sehen —, wenn sich iir Sachsen einmal eine andere Mehrheit findet, die die Herren von drüben bilden und beeinflußen werden, wahrscheinlich wieder die frühere ilbung cintritt, daß ein Mann, der Sozialdemokrat ist, nicht Bürgermeister werden änn (Zuruf.), vielleicht auch nicht einmal Nachtwächter. Ls ist schade, daß die 23 Männer nicht merken, wohin die Reise geht. Betrachten Sie doch die Vorgänge im Reiche, wo die Sozialdemokratische Partei von der Deutschen Volkspartei bereits den verdienten Fußtritt bekommen hat! Sie bereiten der Reaktion bewußt den Weg, und wenn Sie versucht haben, in dem Glauben, Sie könnten der Ar- leiterschaft die Bestimmung schließlich schmackhaft machen, )ie Angelegenheit in einen Wust von Worten cinzukleiden, raß sich niemand zurechtfindet, so bin ich überzeugt, Ihre Worte werden bei der Arbeiterschaft nicht den Widerhall finden wie die Worte, mit denen wir Sie als Verräter der Arbeiterirlleressen angcnagett haben. Ein erneuter Vertagungsantrag, gestellt vom Abg. Kautzsch (Minderh. d. Soz.) wird nach längerer Geschäftsordnungsaussprache, an der sich die Abgg. Bethke (Mehrh. d. Soz.), Reimer (Komm ), Nebrig (Mindert;, d. Soz.), Menke (Mnderh. d. Soz.) und Liebe- rasch (Komm.) beteiligen, abgelehnt. Abg. Kaula (Dtschnat. — zu Ziff. 16): Wir beantragen zu tz 84, daß im ersten Satz das Wort „kann" durch „muß" ersetzt werden soll, und zwar verweise ich diesbezüglich auf meine Ausführungen zu 8 80 über die verschiedene Größe der Gemeinden- In größeren und großen Ge meinden muß selbstverständlich in dieser Beziehung anders gearbeitet werben als in den Keinen. Die Ge- chäfte in größeren Gemeinden find so umfangreich und auch so schwierig, daß man es nicht dem ewigen Wechsel eines Stadtverordnetenkollegiums überlassen darf, daß die Angelegenheiten durchgeführt werden. Es ist un bedingt nötig, daß in größeren Gemeinden ein Gremium, ein Semeinderat besteht, der in seiner ruhigen Überlegung und in seiner Erfahrung die Geschäfte meistert.
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