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die sich zwischen den Darstellungen über den FallHafer- lorn ergeben staben Redner geht noch einmal.ausführlich auf den Aall Haferkorn ein und fährt fort: Bei einer vierfachen Mehrheit von schwerbewaffneten Polizeibeamten bleibt die Tatsache bestehen, daß eS sich in dem Fall Haferkorn um einen ganz kaltblütigen Mord au einem Arbeiter handelt. (Sehr richtig! bei den komm.). Im großen und ganzen möchte ich ab schließend sagen, das; dieses Bekenntnis des sozial, demokratischen Polizeiministers zum Abschlusse deS Landtages der Arbeiterklasse im Lande die Augen ge öffnet hat, woher der Wind weht, das; diese Buß- predigt des Polizeiministers, dieser Fußfall vor den Deutschnationalen dem letzten Rest von Arbeitern, die noch einen Funken von Glauben an diese Sozial- demokratie gehabt haben, nun endgültig die Augen össnen mutz, und das; sich die Sozialdemokratie hier im Hause als treuester Diener des Faschismus ent larvt hat. Abg. Bauer (Tt,chnat.): Ich möchte nur noch ganz kurz einige Ausführungen machen zu Punkt 18 der Tagesordnung, Drucksache Nr. 992. Ter Herr Regie rungsvertreter hat besonders hervorgehoben, das; die Genehmigung am 14. September eine Ausnahmcbewilli- gung war, weil cs sich dort um eine Versammlung ge dreht hat, die republikanischen Charakter trug und den Zweck hatte, die Republik zu befestigen. Außerdem hat cr noch davon gesprochen, er wollte den Beweis er bringen, daß die Leitung, der Einbcrufer vor allen Dingen die Absicht hatte, Unruhen vorzubcreiten oder vornehmen zu lassen. Cs. war mir von vornherein klar, daß bei derartigen Umzügen in derartigen Massen vielleicht kleinere Anrcmpclungen- oder Anpöbelungen Vorkommen können, aber der Leitung, dem Leiter lag es an; Herzen, daß diese Feier keinen anti republikanischen Charakter tragen sollte, sondern diese Feier war ein für allemal nur eine Gedächtnisfeier für die gefallenen Regimentskameraden vom 184. Re giment. Ich habe, nachdem das Umzugsverbvt erfolgt war, Fühlung mit den; Leiter genommen und bin mit ihm nach Dresden gefahren zum Herrn Innenminister. Wir sind aus den; Grunde nach Dresden gekommen, um zu vermitteln und dem Herrn Minister llarzulegen, wie inan derartigen Anrempelungcn und Anpöbelungen Vorbeugen kann. Wir waren uns von vornherein dar über klar, das; das Umzugsvcrbot ein glatter Unsinn war, denn es ist doch nicht möglich, sich auszudenken, wie eine Menschenmenge von 20—30000 anders vom Bahn Hofe nach den; Festplatze beordert werden soll. (Abg. Kühn: Tic kommen doch nicht alle zu gleicher Zeit an!) Aber es treffen doch verschiedene Züge von der einen wie von der anderen Seite zusammen ein, und da ist immerhin mit einer Masse zu rechnen, die man als einen Umzug ansehen müßte. Diese Leute müssen doch sowieso marschieren. Wir haben das dem Herrn Innenminister vorgetragen, wenn die Leitung die Zucht und die Gewalt über derartige Massen in der Hand behalten will, dann ist es am allcrrichtigstcn, daß sic geschlossen marschieren. Tann kann der Führer sie so in der Hand haben, daß Ausschreitungen überhaupt nicht Vorkommen können und sie wären nicht vor- gckommcn. Wir gingen sogar noch weiter, wir haben uns sogar damit einverstanden erklärt, das; wir keine ent hüllten Fahnen vorantragen lassen und daß wir ohne Musik zum Festplatz marschieren, ein ziemlich weites Entgegenkommen (Abg. vr. Kretschmar: Sehr richtig!), obwohl die Linksparteien am 14. mit enthüllten Fahnen, mit Musik und dergleichen marschiert sind. Uber der Herr Innenminister war nicht zu überzeugen. Ick be- Haupte, das; der Herr Innenminister hier mit zweierlei Maß gernessen hat. Wir wissen das. Wenn man aber noch Abgeordneten gegenüber das in so rücksichtsloser Weise und plumper Form zum Ausdruck bringt, wie das mir gegenüber im Innenministerium geschehen ist, io kann ich das nicht unerwähnt lassen. Auf meinen Einwand, was man auf der einen Seite an; 14. erlaubt habe, möchte mau auch hier erlauben, und rvas man uns verbietet, muß auch den auderen verboten werden, hat mir ein Regierungsvertreter — er ist im Haufe anwesend — in recht höflicher Form erwidert: Das machen wir, wie wir »vollen. (Hört, hört! rechts. — Sehr richtig! bei den Soz. — Abg. vr Kretschmar: Unerhört!) Das ist kennzeichnend dafür, w;c mit zweierlei Map gemessen wird. Wir fordern gleiches Recht für jeden und erwarten, daß derartige Knebelungen nicht mehr vorkommen. (Beifall rechts.) Ministerialrat vr. Künllcr: Ter Herr Abgeordnete Böttcher hat auf einen Widerspruch hingcwiescn, der bestehen soll zwischen dem Einstellungsbeschluß der Staatsanwaltschaft, den ich verlesen habe, und den Mitteilungen, die in der gestrigen Sitzung gemacht wor den sind. Ich muß darauf erwidern, daß zwischen der gestern verlesenen Erklärung und dem von mir mit geteilten Cinstellungsbeschluß ein fachlicher Widerspruch kaum besteht, cs könnten höchstens kleine Nebenumstände m Frage kommen. Tatsache ist — das war auch die Darstellung des Herrn Abgeordneten Böttcher, die cr an der Hand des Bescheides gegeben hat, der, glaube ich, der Schwester des getöteten Haferkorn von der Staatsanwaltschaft zugegangcn ist und der, wie ich be merken möchte, dein Innenministerium nicht bekannt geworden ist —, daß ein Unterschied nicht zn sinden ist. Es steht fest, das; Haferkorn auf diesen Beamten los- gesprungen ist, nach der Darstellung des Einstellungs- beschlusscs sogar vom Wagen herab über ihn gesprungen ist und daß dann geschossen worden ist. Tie Staats anwaltschaft hat in jedem Falle Notwehr angenommen. Wenn gciagS worden ist, das; der Schuß losgegangeu sein soll, ohne daß cs der Beamte selbst gewollt hätte, so ist erst recht kein Verschulden festzustellen. Dann darf ich gegenüber den; Herrn Anfragendcn, was den Deutschen Tag m Plauen angeht, eine Be richtigung machen. Ich habe m meiner Erklärung — das wird auch das Stenogramm erweiien — mit keinem Wort getagt, das; der Leiter dieser Veranstaltung des Deutschen Tages die Absicht gehabt habe, Gesetze und behördliche Verordnungen zu übertreten. Ich habe lediglich fcstgestellt, das; tatsächlich beim Deutschen Tag in einem Umfang Gefetzeswidrigkcitcn vorgekommen sind, »vic sie das Innenministerium bisher niemals bei gleichartigen Unternehmungen erlebt hat. Ich habe angeboten, an der Hand der Berichte, die dem Innen ministerium zugcgangen sind, das nachzuweiscn. Ich will Sic ohne Aufforderung mit diesen sehr eingehen den Berichten nicht aufhalten. Sie sind von ganz ver schiedenen Seiten gekommen und stellen das ganz un verrückbar fest. Die Anfechtungen, die das Jnttevmmi- stcrium eigentlich erfahren hat, gingen in der Richtung, daß tatsächlich Demonstrationen vorgekommen seien, ohne daß das Innenministerium, wie es seine Pslicht gewesen wäre, sic verhindert hätte. Die Anfechtungen liegen also in anderer Richtung als die Ausführungen des Herrn Antragstellers. Wenn man von zweierlcc Maß spricht, sol lst das gewissermaßen eine petitio pimcipü. Wenn Sie von vornherein darin, daß die eine Veranstaltung gewährt, die andere verboten wird, zweierlei Maß sehen, so haben Sie natürlich recht. Tas Innenministerium steht aber auf dem Standpunkte, das; es kein Messen mit zweierlei Maß ist, wenn es eine Demonstration zuläßt, die die bewußte Ausgabe hat, die republikanische Staats form zu schützen, auf der auderen Seite die Umzüge bei dem Deutschen Tage verbietet. Abg. Lchnirch (Mehrh. der Soz): Ich hätte nicht geglaubt, bau man wegen des Deutsche»; Tages heute dasselbe Manöver aufzusühren versucht, des mau vor einem Jahre anlüsUch des Deutschen Tages in Hof getan hat, welches in Plauen recht unliebsame Wir- kungel» auslöste. Ich muß schon sagen, wer aufmerkiam und objektiv die ganzen Vorgänge beobachtet hat, muß zu dem Ergebnis kommen, daß die Vorkehrungen, die die Polizei getroffen batte, durchaus notwendig waren. Ein großer Unterschied besteht insofern, als Schwarz, rol gold die gegenwärtige StaatSform ohne militärische Übungen, ohne Handgranatenwerfen, ohne Echütze»- graben schützt, während die anderen vor dem Deutschen Tage das getan haben und cs jetzt in derselben Form »veiter fortsühren. Deshalb hat die Regierung das Ver halten der Organisationen zu prüfen gehabt, die diesen Umzug veranstaltete». Sie mußte aber »veiter prüfen: liege», die Tinge in Plauen so, daß mau ohne Gefahr jür die öffentliche Ordnung einen Umzug genehmigen kann? Und da sage ich: Nein, die Polizei war ver- vslichtct, das zu verbieten. Es wäre sonst zu Zusammen stößen gekommen, die viel schlimmer ausgelaufen wären als bei der Schlacht am oberen Bahnhof. Diese Tat sache allein rechtfertigt das Vorgehen des Polizciamtes und des Ministeriums des Innern Ich habe mich gewundert, daß die Polizei so objektiv und loyal ihren Dienst erfüllt hat. Als inan gesehen hat, daß von der ersten Stunde an, wo die ersten Züge in Plauen ankamcn, die Weisungen der Polizeimann- schaft in den Wind geschlagen wurden, Hütte man von vornherein niit Gttlnmiknütteln hineiuhauen müssen, dann wäre Ruhe und Ordnung gewesen, daun »vüre es nicht möglich gewesen, das; inan die Züge 200 und 300 m marschieren ließ, daß man, wenn die Polizei kam, aus einanderging, und daß, als man durch den Kordon ge zogen war, der Festzug auf dem Trottoir deu Marsch »veiter fortsetztc und dabei die Bürgerschaft, die ihre geschäftlichen Einkäufe erledigt hatte, in ihrer Be wegungsfreiheit hinderte. Es ist nur der Besonnenheit der Polizeibeamten zu danken, daß es am Sonntag beim Schützenhaus nicht zu einer solennen Holzerei ge kommen ist. Tort hat man die beide» Parteic», die im Anmarsch waren, abgcsperrt, hat sie zurttckgedrängt und verhindert, daß es zu Zusammenstößen kam. Wir billigen die Maßnahme» der Regierung und ersuchen, in ähnlichen Fällen in derselbe» Weise vorzugehen. Abg. Liebmann (Minderh. der Soz.): Ter Herr Abg. Böttcher hat vorhin gesagt, das; gegen den Polizei präsidenten von Leipzig in der Zeit, als ich Minister war, ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei. Ich habe diese Behauptung gegenüber eine»! anderen Abgeordneten schon einmal als falsch zurückgewiesen. Ich hoffe, das; diese Behauptung nicht wicderkehrt. Ter Antrag Nr. 978 wird de»; Rechtsausschus; zur weiteren Beratung überwiesen. Tie Anfragen sind er ledigt. Tie nächste Sitzung sinket Mittwoch, den 14. Januar 1925 statt. Der Präsident wird ermächtigt, die Tages ordnung für diese Sitzung anfzustcllcn. (Schluß der Sitzung 6 Uhr 18 Minuten nachmittags.)