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7« x Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß für die Einfuhr und Durchfuhr von Wiederkäuern, Schweinen und Geflügel aus dem ReichSauSlande nach und durch Sachsen in jedem Falle die Genehmigung des Wirt schaft-Ministeriums einzuholen ist. Hierdurch bekommt da- Wirtschaft-Ministerium nicht nur einen Überblick über den Umsang der Schlachtvieheinfuhr, sowie über die Ursprungsländer und Bestimmungsschlachthöfe deS Vieh-, sondern auch Gelegenheit, besondere veterinär- polizeiliche Maßnahmen schnellstens anzuordnen, wenn sich solche einmal erforderlich machen sollten. Daß eine lacksere Handhabe erfolgt wäre, ist nicht zutreffend. Die vorgedachten Maßnahmen haben bisher auS- reichend Schutz gegen die Einschleppung von Seuchen durch eingeführteS Dieb geboten, so daß das Wirtschafts ministerium nicht beabsichtigt, weitere zu treffen. Da eine Aussprache nicht beantragt wird, ist dieser Punkt damit erledigt. Punkt 4: Zweite Beratung über Kap. 3 deS ordent lichen Staatshaushaltsplanes für da- Jahr 1924, Land- wirtschaftliche Betriebe betr. (Mündlicher Bericht des HauShaltauSschusseS L, Drucksache Nr. 937.) Berichterstatter Abg. Bauer (Dtschnat.): Kap. 3 des außerordentlichen Staatshaushaltsplanes, Landwirt schaftsbetriebe sieht eine Einnahme von25178M. vor. Diese Summe ist eigentlich ein sogenannter sinnierter Pacht ertrag. Die Staatsgüter umfassen insgesamt 3411 Ka. Nun ist im Ausschuß diese niedrige Einnahme bemängelt worden, denn eine Verpachtung, wie sie in privater Landwirtschaft üblich ist, müßte eine Summe von rund 136000 M. ergeben. Rechnet man nun noch die Steuern dazu/ die den privaten Besitz pro d» mit rund 70 M. belasten, so kämen weitere rund 238000 M. dazu, so daß sich die Gesamtsumme auf rund 374000 M. stellen müßte. Diese Güter stehen natürlich noch in der Um- stellung, darum braucht der Generaldirektor ziemliche Summen für Uurbauten und Maschinenanschaffung und zu Jnventarerueuerungen. Der Ausschuß wüiochte aber künftig Mehrablieferungen in bar. Weiter wurde ein bilanzmäßiger Abschluß gewünscht, gleichzeitig auch um eine Steuerrechnung gebeten. Größere Anforderungen möchten, wie üblich durch den Etat oder durch Vor lagen dem Landtag unterbreitet werden. An er borgten Kapitalien stehen heute noch 200000 Gold mark offen, die der Generaldirektor aber durch Zuchtviehverkauf usw. leicht zu decken gedenkt. Die Investierungen mußten vorgenommen werden, weil durch die Umstellung der Güter, die früher reine Remontewirtschaft hatten, zum rein landwirtschaftlichen Betrieb sich große Aufwendungen nötig machten. Die Besichtigungen haben ergeben, daß die Umstellung der Betriebe vorzüglich vor sich gegangen ist, man kann daher der zielbewußten Arbeit des derzeitigen Leiters die Anerkennung nicht versagen. Der Ausschuß beantragt, die Einstellungen im außer ordentlichen Staatshaushaltsplan für das Jahr 1923 bei Kap. 3 zu genehmigen. Der Antrag des Ausschusses wird ohne Aussprache anALuoynnen. Punkt 5: Zweite Beratung über Kap. 38 (Justiz ministerium), 39 (OberlandeSgericht und Staats anwaltschaft beim Oberlandesgerichte), 40 (Land gerichte, Amtsgerichte, Staatsanwaltschaften usw.), 41 (Allgemeine und unvorhergesehene Aus gaben im Geschäftsbereiche deS Justizministe rium-) deS ordentlichen Staatshaushaltsplanes für 1924 und über die Vorlage Nr. 132, den Bau eines Beamten wohnhauses in Waldheim betr., über den Antrag Bertz u. Gen. (Drucksache Nr. 873), betr. Ausstellung von Aus weisen zur Überwachung des Strafvollzuges durch die Mitglieder des Rechtsausschusses, sowie über eine zu Kap. 38 vorliegende Eingabe. (Mündlicher Bericht des Haushaltausschusses Drucksache Nr. 932). Der Ausschuß beantragt: Der Landtag wolle beschließen: 1. bei Kap. 38 (Justizministerium) des ordentlichen Staatshaushaltplans für 1924 a) als Tit. 8 einzusetzcn: „Vergütungen des Prüsungsaintes für die zweite juristische Staatsprüfung: GM 8400, demgemäß als Summe der Ausgaben 354520 GM. und als Zuschuß 341420 GM. einzustellen; d) in den Erläuterungen zu Tit. 3 den letzten Satz zu streichen, «) die Eingabe des Bundes Sächsischer Staats beamten vom 10. Mai 1924 für erledigt zu er klären, 6) die Einstellungen im übrigen unverändert nach der Vorlage zu genehmigen, st. bei Kap. 39 (Oberlandesgericht und Staatsanwalt schaft beim Obcrlandesaerichte) deS ordentlichen Staatshaushaltplans für 1924 ») in den Erläuterungen zu T t. 3 den letzten Satz zu streichen, d) im übrigen die Einstellungen unverändert nach der Vorlage zu genehmigen; L bei Kap. 40 (Landgerichte, Amtsgerichte, Staats- anwaltichaften und Gefangenenanstallen) deS ordentltchen Staatshaushaltsplans für 1924 a) in den Erläuterungen zu TU. 3 den letzten Satz zu streichen, d) bei TU. 17 der Vorlage Nr. 132 entsprechend auzufügen: ry Bau eines Beamtenwohuhaules in Wald- heim: 182 000 GM. Unbeschränkt über tragbar. «) die Einstellungen im übrigen unverändert nach der Vorlage zu genehmigen, 6) keine Bedenken dagegen zu erheben, daß über die bei Tit. 17 ck angeforderten Mittel sofort nach Maßgabe des Artikels 47 der Verfassung verfügt wird, v) den Antrag Nr. 873 abzulehnen; 4. bei Kap. 41 (Allgemeine und unvorhergeseheire Ausgaben im Geschäftsbereiche deS Justiz ministerium-) des ordentlichen Staatshaushalts plans sür 1924 die Einstellungen nach der Vorlage zu ge nehmigen. Ferner liegen folgende kommunistische MinderheitS- anträge vor: Der Landtag wolle beschließen: DerStrafvollzug ist nach modernen, humanen Grund sätzen umzugestaltcn, insbesondere sind fosort folgende Maßnahmen durchzusühren: 1. Die Beköstigung der Gefangenen ist mit derjenigen, wie sie den Mannschaften der Reichswehr zusteht, gleichzustellen; 2. Kleidung und Wäsche ist in ausreichendem Maße zu beschaffen; 3. m jeder Anstalt ist mindestens ein Arzt für je 250 Gefangene hauptamtlich zu beschäftigen; 4. auf je 100 Anstaltsinsassen ist mindestens eine haupt amtliche Lehrkraft anzustellen; 5. den Gefangenen ist weitgehende- Selbstverwal- tungsrecht unter Bildung von Gefangenenräten zu gewähren; 6. die Gefangenen sind berechtigt, täglich während der Besuchszeit Besuch zu empfangen; den Ge fangenen ist mindestens aller acht Tage ein Brief und uneingeschränkte Korrespondenz mit Behörden und Abgeordneten zu gestatten; 7. verhe iratetenGefangcnen ist in bestimmten Zwischen räumen der Besuch der Ehegatten in Abwesenheit von Aufsichtsbeamten zu gestatten; 8. die Gefangenen haben das uneingeschränkte Recht zum Bezug und zum Lesen von politnchen Zei- tungen, Zeitschriften, Büchern, Broschüren jeder Richtung; 9. aus den Gefängnisblbliotheken ist alle Traktätchen literatur zu beseitigen, dafür sind literarisch und wissenschaftliche Bücher einzustellen; 10. Einzelhaft darf nicht strafweise verhängt werden; 11. der Waffengebrauch bei Transport und Über wachung der Gefangenen "ist untersagt, politische Gefangene dürfen nicht gefesselt werden; 12. das Anstaltspersonal darf nur im Interesse einer humanen und verständnisvollen Gefangenenbehand lung ausgewählt werden; 13. das Aussichtspersonal der Strafanstalten muß eine der Eigenart des Berufes entsprechende Ausbildung erhalten, das Hilfsbeamtenwesen muß aufhören: 13a . die Zahl der zu überwachenden Gefangenen darf höchstens 20 betragen; 13 b. die Arbeitszeit des Anstaltspersonals darf 48 Stunden in der Woche nicht überschreiten, ein Tag muß völlig dienstfrei sein: 14. bei dem Eintritt in die Strafanstalt und bei der Entlassung ist der Grad der Erwerbsfähigkeit jedes Gefangenen festzustellen und zu bescheinigen. Für Erhaltung der vollen Erwerbsfähigkeit ist unbe- diugk Sorge zu traget^ Während der Strafzeit eingetretcne Minderung ist vom Staat zu ent schädigen; 15. alle Gefangenen sind unter Berücksichtigung von Wunsch und Fähigkeit bei Ausschaltung aller un produktiven Tätigkeit zu beschäftigen; 16. jede Beschäftigung ist mit Rücksicht auf spätere produktive Tätigkeit auszugestalten; 17. Löhne und Arbeitsbedingungen sind im Einver ständnis mit den Gewerkschaften festzusetzen. Tie Arbeitszeit darf acht Stunden für Erwachsene und sechs Stunden für Jugendliche nicht überschreiten. Die Arbeitsräume müssen hygie nisch und technisch einwandfrei sein. Sie müssen den gewerbspolizeilichen Vorschriften genügen; 18. den örtlichen Gewerkschaftskartellen steht das Kontrollrecht zu; 19 Überschüsse aus dem Arbeitsbetrieb sind den Ge fangenen voll gutzuschreiben; 20. Gefangenen, die während ihrer Strafzeit in eine Irrenanstalt überführt werden müssen, ist die dort zugebrachte Zeit voll auf die Strafe anzu- rechnen; geistig Minderwertige dürfen mit geistig gesunden Gefangenen nicht zusammengclcgt werden; 21. Schwangere dürfen weder in Straf- noch in Unter suchungshaft genommen oder gehalten werden. Eine Inhaftnahme oder Jnhafthaltung ist auch für die Dauer der Stillperiode auszuschlicßen; 22. alle Gesetze, Gesetzesänderungen und Verordnungen, die hinsichtlich des Strafvollzuges oder des Straf maßes für die Straffchutzhaft- und Untersuchungs- gefangenen oder in bezug auf die Lage ihrer Familienangehörigen Änderungen bringen, sind den Gefangenen sofort nach Inkrafttreten mitzu teilen. In allen Fällen, in denen veränderte Verhält nisse Platz gegriffen haben, sind die Behörden von sich aus zu verpflichten, die erforderlichen Schritte zu tun. Kür Versäumnisse in dieser Hinsicht sind die Schuldigen haftbar zu machen; 23. der Staat ist zur Fürsorge für die entlassenen Gefangenen verpflichtet; 24. dem Entlassenen ist Arbeit nachzuweifen; 25. biS zum Nachweis von Arbeit ist für die Unter kunft und Unterstützung del Entlaßenen Sorge zu tragen; 26. die Mitglieder de» Landtage» sind berechtigt die sächsischen Strafanstalten während der Dienst stunden ohne vorherige Anmeldung zu betreten und Gefangene im Beisein von Beamten aufzu- suchen. Der Antrag Bertz <Ko«J, Drucksache Nr. 878 lautet: Der Landtag wolle beschließen: Die Regierung wird beauftragt, den Mitgliedern de- RechtSauSschuue» Ausweise au»zu-elleo. auf Grund deren sie jederzeit berechtigt find, zur Lbeüvachung de» Strafvollzuges alle Gefangenen und Straf anstalten zu besuchen. Berichterstatter Abg. vr. Dehne (Dem ): Das Justiz, kapitel de- Entwurf» deS Haushaltplanes hat in den AuSschußberatungen keine wesentlichen Änderung n er- fahren. Bei Kap. 38 ist lediglich insofern eine Änderung vorgenommen worden, als man wieder eingesührt hat die Vergütungen für das Prüfungsamt für die zweite juristische Staatsprüfung. Demgemäß ist als Tit. 8 ein Betrag von 8400 M. einzusetzen. Tie Erläuterungen sind bei Kap. 38 und folgende in diesem Punkte zu be richtigen. Bei der Beratung des Kap. 38 hat sich der Ausschuß ferner mit einer Eingabe des Bundes der Sächsischen Staatsbeamten zu befassen gehabt, die sich gegen die Anordnung richtet, die im Justizministerium hinsichtlich der Behandlung der Personaliachen getroffen worden ist. Es hat dort eine gewisse Dezentralisation stattgefunden. Der Präsident des Oderlandesgerichts und der Generalstaatsanwalt sind in gewissem Umfange bevollmächtigt worden, die Perwnalfachen selbständig zu erledigen Der Ausschuß hat diese Eingabe auf sich beruhen lassen. Er war in feiner Mehrheit der Ansicht, daß keine Veranlassung vorlicge, Anordnungen, die im Justizministerium getroffen worden sind, abzuändern. Bei Kap. 39 ist nur in der Erläuterung eine Ande- rung vorgenommen worden, von der rch schon sprach, die zusammenhängt mit der Tatsache, daß für die Ab haltung der Prüfungen der zweiten juristischen Staats prüfung wiederum Remunerationen gewährt werden. Bei Kap. 40 ist eingefügt worden ein Betrag von 182 000 Goldmark für den Bau eines Beamtenwohn hauses in Waldheim, die mit der Vorlage Nr. 132 von der Regierung angefordert worden sind. Es waren zu nächst Bedenken darüber entstanden, ob der von der Negierung in Aussicht genommene Bauplatz der richtige sei. Ter Ausschuß hat an Ort und Stelle sich das Areal angesehen und ist zu der Überzeugung gekommen, daß der von der Regierung in Aussicht genommene Bauplatz hervorragend geeignet ist, und der Meinung gewesen, das; er unbedingt für den Staat angekaust werden möchte, weil damit eine sehr gute Abrundung des umfangreichen Anstaltsgeländes in Waldheim her beigeführt wird. Wir haben uns auf Wunsch der Re gierung bereit erklärt, zu genehmigen, dan die 182000M. alsbald nach Maßgabe des Art. 47 der Versüssung ver wendet werden können, damit keine Zeit verloren geht und das Harrs, das außerordentlich dringlich für die zahlreichen Beamten gebraucht wird, bald bezugsfertig hergestellt wird. Hier war der kommun frische Antrag Nr. 873 mit zu behandeln, der dahin geht: Tie Mitglieder des Rechts, ausschusses erhalten Ausweise, die Landesanstalten und Gcfangenenanstalten zu besichtigen, ein Antrag der un gefähr auch in Zisf. 26 der Mirrderheilsanträge wicdcr- kehrt, hier sogar noch weitergehend, indem er verlangt, daß alle Mitglieder des Landtages dieses Recht haben sollen. Ter Ausschuß hat in seiner Mehrheit diesen Anttag abgclehnt, und schlägt vor, entsprechend zu ver- fahren. Man war der Ansicht, daß sowohl verfassungs rechtliche Bedenken der Genehmigung eines solchen Antrages entgegenstehen, als auch, daß er mit der Durchführung einer Verwaltung der Gesangeusn- .. anstalten unvereinbar ist. Es wird vorgeschlagen, auch bei Kap. 40 die Positionen unverändert anzunehmen, ebenso bei Kap. 41, wozu nichts zu bemerken ist. Zu den Anträgen, die die Kommunisten bei dieser Gelegenheit hinsichtlich des Strafvollzuges eingebrachk haben — es sind die 26 Punkte, die in der Drucksache Nr. 932 enthalten waren — ist kurz zu bemerken, daß die Regierung sich dahin geäußert hat, daß diese Anträge zum Teil überholt seien, weil da-, was dann gewünscht ist, bereits durchgeführt ist, daß ein anderer Teck an- gestrebt wird und daß der dritte Teil, das wird der größte Teil sein, undurchführbar und deshalb abzulehnen, ist. Der Ausschuß hat sich in seiner Mehrheit auf den selben Standpunkt gestellt und diese Minderheitsanträge adgelehnt. Ich habe Sie zu bitten, allenthalben nach den Vorschlägen des Ausschusses beschließen zu wollen. Punkt 6 der Tagesordnung: Zweite Beratung über die Anträge Nr. 765, 769, 771 und 766, Amnestie, Nachprüfung der Urteile und Wahlverteidigung bei Gericht betr. (Mündlicher Bericht des Rechts- ausschusses, Drucksache Nr. 901) wird in der Beratung mit Punkt 5 verbunden. (Vgl. Landtagsbeilage Nr. 154 S. 697.) Ter Ausschuß beantragt: Der Landtag wolle beschließen: die Anträge Nr. 765, 769, 771 und 766 abzulehnen. Ferner liegt folgender kommunistischer Minderheits antrag vor: Der Landtag wolle beschließen: den Antrag Drucksache Nr. 766, „die Regierung zu beauftragen, eine Verfügung zu erlassen, nach der die Gerichte angewiesen werden, die nach § 138 der Strafprozeßordnung zulässigen Wahlverteidiger in der Regel zuzulassen und jedem Wahlverteidiger, auch wenn das Gericht zur Ab lehnung der Zulassung kommen sollte, das Recht zur Begründung seines Antrages auf Zulassung zu gewähren", anzunehmen. Berichterstatter Abg. Vertz (Kam): Ter Rechtsau», schuß hat sich mit de» Anträgen Nr. 765, 769, 771 und 766 beschäftigt. Der Herr Justizminister Bünger nahm in der ersten Sitzung da» Bort dazu und erklärte, daß der Amnepicantraa der Kommunisten zu weit gehe, man könne nur aut Grund des Gnadenweges die Ver urteilten wieder freilassen. Die Kommunistische Fraktion konnte sich mit diesen AuSführunyen nicht einverstanden erklären. Die Sozialdemolraleu ließen in der Amnestie- fraae durch de» Abg. Keltisch die Erklärung adgeben, daß die Sozialdemokratische Fraktion sich mit den Maßnahmen einverstanden erkläre, wie sie seitens der Regierung vom Justizministerium geplant seien.