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ausgesprochen wird: Die Landwirtschaft ist eS gewesen, die immer die verlorenen Kriege hat bezahlen müssen, so klingt das sehr schön, ist aber falsch. Unseren ver- lorenen Krieg haben weite Kreise bezahlen müssen; viel mehr als die Landwirtschaft hat der Mittelstand darunter gelitten und die großen Kreise, die für Gehalt und Lohn arbeiten und alle die, die auf Papiergeld angewiesen sind, die haben den Krieg bezahlen müssen. Herr Berg hat darauf hingewicsen, daß die DeutschnaUonalen für eine Herabsetzung des Steuersatzes hier eingetreten wären. Ich habe ihm durch Zuruf schon zu verstehen gegeben, daß die Wendung nicht unter der Mitwirkung der Kreise um Herrn Kollegen Berg zustande gekommen ist. Was geschehen konnte, diese Wirkung zu verhüten — ich will das Wort von dem „Knüppel zwischen-die-Bcine- werfen" nicht gebrauchen ist, glaube ich, von der rechten Seite dieses Hauses geschehen. Wir bitten Sie, nach den Ausführungen des Herrn Finanzministers da von Kenntnis zu nehmen, daß cs unrichtig und ein Irrtum ist, daß durch die große Koalition das Unter nehmertum mehr bezahlen muß als bisher. Herr Kollege Renner, es stimmt nicht, wenn Sie sagen, es sind Riesengewinne an das sächsische Untere nehmertum herausgcgebcn worden. (Abg. Siewert: Tas hat der Herr Finanzminister festgestellt.) Nein, das hat der Herr Finanzminister nicht festgcstellt Der Herr Finanzminister hat mit Recht darauf hingewicsen, daß alle Lasten, die getragen werden, sich auf die ge- samte Wirtschaft auswirken müssen und daß die Lasten faktisch nicht zu groß wären. Im übrigen, glaube ich, wenn wir sparen wollten, könnte man das in der Kürze der Reden auch zum Ausdruck bringen. Ich weiß nicht, ob die Reden, die heute gehalten worden sind, geeignet sind, den Spar- trieb im Lande so wesentlich zu fördern. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß wir uns, was die Be schränkung der Mandate und der Minister anlangt, in ähnlicher Linie bewegen wie die Ausführungen des Kollegen Berg. Es liegen auch Anträge von uns dazu vor. Aber wir wollen uns darüber klar sein, daß die finanzielle Auswirkung weniger ausmacht als die psy chologische, wenn wir einen oder zwei Minister weniger haben. Da Herr Kollege Berg uns mit Emphase vor- hült, daß wir über die berechtigten Interessen der in Frage kommenden Berufsgruppen mit Eleganz hin- weggehen, so möchte ich darauf aufmerksam machen, daß gegenwärtig von allen Berufsständen und allen, die überhaupt in Frage kommen, die Lasten, die un erhört sind, getragen werden müssen. Darüber hilft nichts hinweg. Tatsache ist — auch ich unterschreibe das Wort des Herrn Finanzministers —, daß nicht durch die Schuld der betreffenden Steuerpflichtigen, sondern durch die Schuld der Gesetze und sonstigen unglückseligen Modalitäten die Steuern nennenswerte Beträge nicht eingebracht haben, daß die Steuern auf die Schultern der Arbeitnehmer abgewälzt worden sind und daß das zu einem Ausgleich drängt. Ich habe an sich die schärfsten Töne gegen die Ar- beitgeberabgabc gefunden, und ich erkläre, sie ist für mich nur deswegen tragbar, weil sie eine rohe, aber schnell fließende llbergangsmodalität darstellt. Herr Kollege Berg hatte die Freundlichkeit, diese meine Aus führungen zu den seinigen zu machen und sie im Aus schüsse zu wiederholen. Ich habe im Ausschuß Herrn Kollegen Berg gefragt: Welche Steuer schlagen Sie denn nun statt dessen vor? Darauf hat er bis heute eine Antwort nicht gegeben. (Abg. Berg: Ich bitte sehr, ich habe gesagt, dafür ist der Finanzminister da, der muß gescheiter sein als wir!) Herr Kollege Berg, das wollte lch nicht gern sagen, weil mir das für Sie zu blamabel war, wenn Sie es aber selbst sagen, dann habe ich nichts dagegen cinzuwenden. Sicher ist, daß die Gewerbesteuer keinem Menschen Spaß macht, und ich halte ausdrück lich alle die Ausführungen, die ich früher grundsätzlich zu diesen! Thema gemacht habe, aufrecht. Und Herr Kollege Renner, darüber sind wir uns doch klar, in dem Moment, wo man die Verantwortung dafür trägt, muß man auch die Notwendigkeiten im Wege des Ausgleichs herbeizuführcn suchen. Es handelt sich auch bei der Be willigung von Steuern lediglich darum, wie die Re- gierung aussieht, der man die Steuern bewilligt. Die Regierung, die wir bisher hatten, war nicht so, daß man ihr Steuern bewilligen konnte. Diese Tinge haben sich gegenwärtig praktisch geändert. Ich stimme durchaus mit den Ausführungen über die Besteuerung der Konsumvereine überein. Mein Standpunkt ist und bleibt der, daß hier eine Unbillig- kert vorliegt, die beseitigt werden muß. Wohl aber ist zweierlei festzustellen. Im gegenwärtigen Moment alle diese Fragen aufzurollen, hieße ein Werk, das schleunigst verabschiedet werden muß, unnötig komplizieren. Zum zweiten möchte ich feststellen, daß man, wenn man ernst haft Anträge hätte bringen wollen, sie im Ausschuß hätte bringen müssen. Die Deutschnationalen haben, obgleich ich daS Thema angeschnitten und gesagt hatte, wir müssen auch in den sauren Apfel beißen und müssen Konzessionen machen, wir müssen auf die Besteuerung der Konsumvereine verzichten, im Ausschuß diesen Antrag auf Einbeziehung der Konsumvereine nicht gestellt. (Abg. Berg: Sie wissen doch, wie das gehandhabt worden ist Blüher stand da und sagte, wir müssen weiter, wir müssen in zehn Minuten fertig sein!) Mit Ihrer gütigen Erlaubnis möchte ich feststellen, daß Sie im Ausschuß eine ganze Reihe von Anträgen sachlich gestellt haben und daß Sie wohl auch Gelegenheit gehabt hätten, diesen An trag mit zu formulieren, wenn es sich nicht besser ge macht hätte, ihn erst hier mit großer Emphase zu brin gen. Ich stelle von mir auS den Antrag, um heute die Verabschiedung des Gesetzes nicht zu komplizieren, daß wir das Gesetz nach der Vorlage verabschieden, aber den Antrag der Deutschnationalen an den Rechts- ausschuß zur Beratung verweisen, damit er dort eventl. als Ergänzung des Gesetzes festgestellt wird. Auf die Ausführungen des Herrn Abg. Renner bin ich schon kurz mit eingegangen. Seine Ausführungen leiden ja an der Tatsache, daß er aus politischen Grün- den sehr oft auch Steuern mit gemackit hat, die ihm bei den sogenannten kleinen Leuten auch Schwierig, keiten eintragen. Und wenn er wiederum den Ge danken der Staffelung und diese ähnlichen Dinge bringt, dann weise ich auf zwei Sachen hin. erstens hat er im Ausschüsse auch keine Anträge gestellt und zweitens handelt eS sich bei der ganzen Angelegenheit, die wir vor unS haben, in beiden Fällen um eine absolute Zwischenlösung, von der wir wissen, daß sie roh und unbefriedigend ist, daß sie aber als UbergangSlösuug versuchen muß, den dringenden Staatsnotwendigkeiten Genüge zu tun. Ich will auf die Grundsteuer nicht eingehen. Im wesentlichen ist alles gesagt worden. Wenn ich recht unterrichtet bin, so hat der Antrag der Deutschnatio- ualen, der auf 1 Pf. oder, richtiger gesagt, zu nächst auf 4 Pf. für das ganze Jahr geht, als Grundlage eine Schätzung, die im Ertrage etwa dem- jenigeu gleichkommt, den der Herr Finanzminister aus der Steuer ausrechnet und verlangt, der aber differiert von anderen Schätzungen in bezug auf die steuerbare Fläche. Es ist mir aber von anderer Seite versichert worden, daß die steuerbare Fläche, die in Frage kommt, von dem Herrn Kollegen um das Doppelte zu hoch angesetzt worden ist, also etwa um die Hälfte reduziert werden muß. Ich konnte das felbst nicht nachprüfen. Es ist mir aber von einer Seite gesagt worden, der ich ebenso vertraue wie Ihnen. Dann wird nach meiner eigenen Deduktion folgendes herauskommen: Sie sagen bei der Fläche, die Sie annehmen, 1 Pf. mal 4 macht 4 Pf. Ist die Fläche nur halb so groß, müssen wir mit 2 multiplizieren, macht 8 Pf., während wir jetzt 6 und 9 Pf drin haben. Die Differenz ist also nicht so groß. Im übrigen ist auch das nur eine Zwischenlösung (Abg. vr.Berg: Eine absichtliche Fälschung!), die zweifel- los nicht sehr schön ist und dre uns Veranlassung geben soll, zu verlangen, daß das Finanzministerium dem Ge danken auf Schaffung einer neuen Grundsteuer, die auf dem gemeinen Wert basiert, möglichst bald Rechnung trägt. Wir haben hier Industrie, Handel und Grundbesitz Lasten auferlegt, die, wie wir glauben, bis an die Grenze des Tragbaren gehen und die nur verständlich sind, weil der Staat Geld braucht, weil wir das Laufen der Staatsmaschme garantieren müssen, weil wir es nicht verantworten können, daß etwa die Beamten und die vom Staate Besoldeten ohne ihre notwendigen, jetzt sehr kargen Bezüge bleiben. Wir werden nach dem Aufkommen der Steuer vielleicht in der Lage sein, die Steuer im Lause der Zeit etwas zu mildern, wenn das eintreten sollte, was einige der Herren Redner meinten, daß sie nämlich mehr einbringt, als wir annehmen. Ist das der Fall, dann werden wir auch durch die Zwischen lösung eine Milderung eintreten lassen. Wir werden dann gleichzeitig in der Lage sein, in ßer Mitte des Jahres eine Gewerbesteuer zu machen, die den berech tigten Anforderungen aller Stände entspricht. Abg. vr. Eckard Dtschnat.): Herr Abg. vr. Kastner hat erklärt, die Deutschnationalen ständen auf dem Standpunkte, die Gewerbesteuer, wie alle Steuern überhaupt, abzulehnen. Ich möchte dem gegenüber fest stellen, daß wir des öfteren erklärt haben, daß wir für die Staaisnotwendigkeiten selbstverständlich immer zu haben sind, und auch unsere Minderheitsanträge zeigen doch, daß wir bereit sind, dem Staate das zu be willigen, was wir nur noch mit äußerster Mühe für da- Gewerbe für tragbar halten. Unsere Anträge lauten bekanntlich darauf, daß eine halbe Goldmark für je 1000 Papiermark in der Veranlagung erhoben werden soll. Nun hat der Herr Redner der Koalitions parteien eS immer so hingestellt, als ob eigentlich gar kein so großer Unterschied wäre. Sie haben dabei immer zu erwähnen vergessen, daß Sie dann noch die Arbeitgeberabgabe erheben, die wir ja unbedingt ab- lehnen, so daß die Belastung nach Ihren Anträgen viel größer ist als die, die wir wünschen. Wir halten eS für zweckmäßig, daß man erst prüft, ob das Gewerbe überhaupt in der Lage ist, diese Steuer zu bezahlen, und das konnte man nach dem von uns vorgeschlagenen Wege sehr gut tun. Es ist uns weiter vorgehalten worden, es wäre ein großer Fortschritt gegenüber den Notverordnungen und dem Entwurf, den wir von der vorhergehenden Re gierung überwiesen erhalten haben. Bor diesen beiden Dingen war unS nicht übermäßig bange, denn die Sätze, die darin vorgesehen waren, waren so un geheuerlich, daß das Reich unter allen Umständen von seinen! Vetorecht Gebrauch gemacht und die Steuer auf ein erträgliches Maß herabgesetzt hätte. Wir stehen jetzt auf dem Standpunkte, daß das Land die staat lichen Notwendigkeiten von dem Gewerbe erheben will, das ebenso wie das Land gewissermaßen vor einem Nichts steht, vor dem Mangel jeglichen Betriebs- kapitals. Wir haben darauf hingewiesen, daß man unter diesen Umständen versuchen müßte, auf dem Wege des Kredits Beträge zu erhalten, die auch zu haben wären, wenn man wirklich erkennt, daß die Verhältnisse des Freistaates Sachsen nunmehr geordnete wären. Wir haben uns ferner nicht gegen die Vorauszahlung für das Rechnungsjahr 1924 gewendet, sonder»! nur gegen die Schnelligkeit und die Übereilung der Beschluß fassung. Wir bleiben auf unseren Anträgen stehen und hoffen, daß auch Sie sich noch in letzter Stunde davon überzeugen werden, daß es besser ist, wenig zu zer- halten als viel zu nehmen und am Ende nichts zu erhalten. Abg. Berg (Dtschnat.): Der Herr Finanzminißcr hat nach meinen Ausführungen betont, daß mein Antrag auf Streichung der 88 13 Abs. 2 bis 18 eine grögcre Belastung darstelle. Ich mache darauf aufmerksam, daß ich ausdrücklich gesagt habe, nicht den ganzen Para graphen 13 zu streichen, sondern vom Absatz 2 ab, also den Teil, der die Vorauszahlung für 1924 betrifft Wenn jetzt der Herr vr. Kastner selbst erklär!, daß die Frage der Besteuerung der Konsumvereine noch mals im Ausschüsse beraten werden muß, dann möchte ich betonen, daß ein solcher Antrag nicht als getrennter Antrag behandelt werden kann. Unser Antrag ist ein Antrag zu der heute vorliegenden Vorlage. Wenn Sie denr Anträge auf Überweisung an den Rechtsausschub entsprechen wollen, müssen Sie unserem Anträge auf Verweisung des ganzen Teiles, der die Zahlung von 1924 betrifft, entsprechen. Berichterstatter Röllig (Dtsch. Vp.) ^Schlußworts: Ich habe nur eine kurze Bemerkung zu machen. In 8 4 des neuen Gewerbesteuergesetzes ist aus Zeile 2 ein Druckfehler zu berichtigen. Es muß dort heißen nicht 1924, sondern 1923. Es ist mir sehr unangenehm gewesen, daß die Aus einandersetzungen von feiten der Deutschnationalen ins Persönliche hinübergegangen sind. Die Bericht erstattung war rein sachlich, und die Ausführungen der Redner jener Partei sind persönlich gewesen. Ich ver zichte darauf, in persönlichen Bemerkungen nun auch vorzugehen. (Bravo!) In der Abstimmung werden die Minderheitsanträge — zum Teil in namentlicher Abstimmung — abgelehnt, darauf beide Gesetzentwürfe (Grundsteuer- und Gewerbesteuer, gesetz einschließlich Arbeitgeberabgabe) in der Fassung des Rechtsausschusses gegen die Stimmen der Deutschnationalen und der Kommunisten ange nommen. (Schluß der Sitzung 7 Uhr 46 Minuten nachmittags.) Dimck v,« Leubner »» D«Abe»