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S4S 8MMW Ml AchUjk« Nr. 120. zu Nr. 14 de» Hauptblattes. 1924. Beauflag! mit der H-rau-gob-: R-glcrungir-I Braub- in Dresden. LandtaMcrhandlungkn. (Fortsetzung der KV. Sitzung von Dienstag, den IS. Januar.) (Fortsetzung der Anträge zu Punkt 3 der Tagesordnung.) 8 16. (1) Für Gewerbebetriebe, die nach dem 31. Dezember 1923 neu entstehen oder sich in ihrer Grundlage wesentlich ändern (8 27 Abs. 1 des Gewerbestcucrgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juli 1923), sind in jedem Falle die Vorauszahlungen nach 8 15 Abs. 1 Nr. 1 zu entrichten. Wären sie im Falle ihrer Entstehung vor dem 1. Januar 1924 zur Vermögenssteuer steuerpstichtig gewesen, so sind auch die in 8 15 Abs. 1 Nr. 2 vorgeschriebenen Vorauszahlungen, und zwar nach einem Betrage zu entrichten, der den von gleichartigen Ge werben mit gleichem Bctriebsumfang entrichteten Vorauszahlungen entspricht. (2) Für die Festsetzung der nach Abs. 1 Satz 2 zu leistenden Vorauszahlungen und für das Rechtsmittelverfahren gelten die Vorschriften in § 2 Abs. 3 Satz 3 und 4. 8 17. Die Vorschriften in § 16 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 finden auch dann Anwendung, wenn der Unter nehmer die geforderte Erklärung nicht abgibt oder die Beranlagungsbehörde zur Überzeugung gelangt, daß die Angaben in der Erklärung nicht zutreffen. 8 18. Die Bestimmung des Maßstabs für die Be teiligung der Gemeinden und Bezirksverbände am Ertrage der in 8 15 Abs. 1 geordneten Zah lungen bleibt mit rückwirkender Kraft demjenigen Gesetze Vorbehalten, das wegen der Auseinander setzung zwischen Staat und Gemeinden hinsicht lich der Anteile an den Reichssteuern über den Lastenausgleich zu ergehen hat Das Gleiche gilt für die Überweisungen an die in § 3 Abs. 2 erwähnten Ausgleichsstöcke." 15. Unter der Überschrift „III. Übergangs- und Schluß vorschriften" wird 814 der Vorlage unverändert § 19. 16 8 15 der Vorlage wird 8 20 und erhält folgende Fassung: .,8 20. Dieses Gesetz tritt mit Rückwirkung vom 22. Dezember 1923 ab in Kraft. Die Notver- ordnung über die weitere Erhebung der Ge werbesteuer und die Einführung einer Arbeit- gebcrabgabe vom 20. Dezember 1923 wird mit Wirkung vom gleichen Zeitpunkt ab aufgehoben." 17. Die Unterschrift wird nach der Regierungsvorlage angenommen. 8. Minderheitsanträge. Der Landtag wolle beschließen: 1. „In 8 1 Abs. 1 anstatt „5 Goldmark" zu setzen „Vr Goldmark"; in Abs. 2 statt „5 Goldmark für je 100 M. Steuer" zu setzen „2 Goldmark für je 1000 M. Steuer". Als Abs. 4 folgende Bestimmung einzufügen: „Die Teilzahlung darf nicht mehr als 10 Proz. des Um satzes betragen, den der Steuerpflichtige im Monat Dezember 1923 im Gewerbebetrieb erzielt hat." Beutler, Pagenstecher, Gündel, Berg, vr. Eckardt. 2. In 8 1 als Abs. 4 folgende Bestimmung einzufügen: „Die Teilzahlung darf nicht mehr als 3 Proz. des Ümsatzes betragen, den der Steuerpflichtige in den Monaten Oktober, November, Dezember 1923 im Gewerbebetrieb erzielt hat." Berg. 3. 88 5 bis 13 der Regierungsvorlage fallen weg; 8 14 wird 8 6, 8 15 wird 8 7. Beutler, Pagcnstecher, Gündel, Berg, vr. Eckardt. 0 Die vorliegenden Eingaben durch die gefaßten Be schlüsse für erledigt zu erklären. m. Vorlage Rr. 114. Der Landtag wolle beschließen: ») die Vorlage Nr. 114 wird im Hinblick auf die Auf hebung 1. der Notverordnung über die Umstellung der Grund steuer auf Goldmark durch 8 12 des entsprechenden Gesetzes (Vorlage Nr. 112 in der beschlossenen Fassung), 2. der Notverordnung über die weitere Erhebung der Gewerbesteuer und die Einführung einer Arbeitgeberabgabe durch 8 20 de- entsprechenden Gesetze- (Vorlage Nr. 113 in der beschlossenen Fassung I sowie d) die Anträge Nr. 649 und 650 werden für erledigt erklärt. Röllig, Berichterstatter. Bethke, Mitberichterstattcr. Abg. Pagcnstecher (Dtschnat.): Die beiden Steuer- Vorlagen besagen in der Hauptsache das eine, daß der Staat nach der fünfjährigen Regierung der Linken mit den Finanzen am Ende seiner Weisheit ist. Die W>rt- schaftsgesetze haben sich stärker erwiesen als utopische Ideen. Erst die Umstellung der Währung hat den Vor- Hang von dem Papiergeldschwindel hinweggezogen und bat uns unsere nackte Almut gezeigt, aber vielleicht auch die Grundlage zu einem wirklichen Wiederaufbau gegeben. Wenn die Regierung ratlos vor den Vorgängen der letzten Monate des Vorjahres stand, so kam die An regung zur Besserung von der rechten Seite, es waren die Gedanken Helfferichs, der die Rentenmark schuf (Sehr richtig! der den Dtschnat.), es waren die Wirt- schaftsstände, welche die Besserung schufen. Wäre man im August Helfferich gefolgt, so hätte man die Mark mit einer Million retten können, während man sie im November mit einer Billion retten mußte. (Abg. vr. Schneider: Na, so ganz einfach liegen die Sachen nicht! — Abg. Böttcher: Sie sind aber sehr aut dabei ge fahren!) Die Jnslationswirtschaft und die skrupellose Finanzgebarung, die Futtcrkrippenwirtschaft und der Kampf gegen Besitz und Kapital sind cs gewesen, die die heutige Erscheinung des allgemeinen Bankrotts ge zeitigt haben. (Zurufe bei den Kom.) Und^ diesen Bankrott will man durch brutale, vernichtende Steuern kurieren, wie es uns von Berlin aus als Vorbild gezeigt worden ist. Diese Steuern werden aber eine schwere Schädigung der Privatwirtschaft und zweifellos den völligen Ruin der Landwirtschaft zur Folge haben. (Abg. Böttcher: 7 pro Mille Vermögenssteuer ist doch lächer lich, machen Sie doch keine schlechten Witze, das ist doch lachhaft, was Sie erzählen! — Hammer des Präsidenten.) Vorbereitet wurde dieser Raubzug gegen die Land wirtschaft durch die unverantwortliche Lüge vom Wucher der Landwirtschaft. Tie Landwirtschaft soll jetzt den Karren aus dem Dreck ziehen und soll die Sünden der Revolutionsregierung wieder gut machen. (Lachen links. — Abg. Böttcher: In welchem faschisti schen Flugblatt haben Sie denn das gelesen?) Tie große Lüge von dem Wucher zerfällt in nichts, wenn man die Preise, die sie jetzt erhält, mit den Friedens preisen vergleicht. Dabei war die Fricdensrentabüität schon gering und betrug nur 3 bis 4 Prozent. (Abg. Böttcher: Wie hat sich denn die Lanvwirtschast schuldenfrei gemacht? — Abg. Schreiber: Sw haben ja keine Ahnung!) Die Rentabilität der Landwirtschaft auf Goldwert zurückgeführt, ist bis 1919 auf 1 Prozent gesunken und bis 1922 und 1923 noch darunter. Wir können unsere Preise nicht kalkulieren und können sie nicht abwälzen. Unsere sämtlichen Gebrauchsgegen stände, die wir kaufen müssen — Dünger, Kohle, Eisen, Maschinen, Textilien usw. —, stehen weit über dem Friedenspreise. Dieser geschwächten Lage der Landwirtschaft — ich will gar nicht von dem Raub und den Diebstählen sprechen, die durch die Unsicherheit nn Lande die Land wirtschaft aufs schwerste geschädigt haben —, will man neu aufpackcn an Steuern die Umsatzsteuer, die Zugtier steuer, die Brotabgabe, die erhöhte Schlacht-, Bezirks-, Einkommen- und Vermögenssteuer und envlich als Krone die Gewerbe- und die Grun, steuer. Ter Landeskultur rat, der vereidigte Berater der Regierung, hat nach- gewiesen, daß ein normaler mittlerer Betrieb der Land wirtschaft an das Reich 2400 Goldmark Steuern zahlen soll, während er nach den jetzigen Vorlagen 4000 Gold mark Landcssteuern bezahlen soll. Das Reich steuert aho 55 Ploz. weg, das ist für sie nicht tragbar. (Abg. Böttcher: Es bleibt das alte Lied: die notleidende Land wirtschaft!) Ja, Sie kennen das nicht und wissen das Nicht. Ich lege objektive Zahlen vor, die nicht wider legt werden können. (Abg. Siewert: Es ist noch kein Landwirt verhungert! — Weiterer Zuruf: Es ist noch keiner im Armcnhause gestorben!— Zuruf rechts: Tas wäre auch das letzte, wenn die Bauern verhungern sollten!) Ist schon einmal jemand verhungert, der an der Quelle sitzt? (Heiterkeit.) Und was hat die Landwirtschaft immer für Opfer gebracht! Ich erinnere an die Ruhrkinder, das Ruhropfer, die Nothilfe usw. Die Land wirtschaft hat die Jnventarverminderung aus der Kriegszeit in Kriegsanleihe angelegt, die Landwirtschaft hat die Zwangsanleihe willig hingegeben: es ist aber leider alles in dem Orkus der Falschmünzerei verschwun den. Die Landwirtschaft hat keine Devisen sammeln können. (Abg. Siewert: Rem, die hat Klaviere und Grammophone gekauft!) Ersten-war es verboten, Le- Visen zu kaufen, (Abg. Siewert: Und zweitens hat sie sie doch gekauft!) und zweitens ist das die Art der Landwirtschaft nicht. Die Landwirtschaft hat nicht die Macht, ihre Preise selbst zu bestimmen wie die Industrie, sie muß mit dem Weltmarkt rechnen. Die Verschuldung ist im Gange, und unsere Ernte wird nach einstimmigen! Urteil des Landwirt,chaftsrateS nicht länger reichen alS ein Vierteljahr vielleicht. (Abg. Schreiber: So lange reicht sie nicht!) Der Herr Finanzminister hat ja selber zugegeben, daß die Notverordnungen viel zu weitgehend waren. Sachverständige behaupten, daß die Regierung die Erträge ihrer Steuern bei weitem unterschätzt, außer- dem liegen zahlenmäßige Belege für unsere Minder- heitsanträge vor. Trotzdem geht man im Ausschuß im Galopp-Tempo darüber hinweg. Die Belastung, die durch die Vorlagen beabsichtigt ist, würde die Produktion vernichten. Wir haben nach- gewiesen, ohne daß es wesentlich entkräftet werden konnte, daß die von der Minderheit beantragten Steuer sätze den Forderungen des Finanzministers entsprechen. Tie Regierungssätze sind das 12—20 fache der Friedens steuer, während unsere Sätze schon das 6 fache der Friedenssteuer und mehr betragen. Daß die Links parteien unbelehrbar und als grimmigste Gegner der bodenständigen Landwirtschaft dieie vernichten wollen, ist mir das erklärlich. (Lehr richtig! bei den Dtschnat. — Abg. Siewert: Wo haben Sie das gehört?) Daß aber bürgerliche Parteien der Linken zuliebe diese Ga loppgesetzgebung mitmachen, wie sie gestern im Aus- schuß gemacht wurde, nimmt mich wunder und ist mir unerklärlich. Unterhöhlen Sie nicht die Landwirtschaft, den Grundpfeiler des Staates! Ich bin der Meinung, daß diese Steuern nicht eingehen können, und ich bitte, meine Ausführungen und Warnungen nicht ungehört zu lassen. Ter Bauer ist im großen und ganzen gut mütig und willig. Bringen Sie ihn nicht zur Ver zweiflung! Nehmen Sie unsere Minderheitsvorschläge an, dann sorgen Sie für die Zukunft und für die Er haltung des Staates! (Bravo! bei den Dtschnat.) Abg. Ur. Schneider (Ttsch. Vp): Den Ausführungen meines Herrn Vorredners, die sich namentlich auf die Grundsteuer bezogen, werde ich einige Ausführungen folgen lassen, die besonders die Gewerbesteuer zum Gegenstand haben. Wir hätten gleich der Fraktion der Teutschnationalen die Absicht gehabt, daß in die Ge werbesteuer auch die Genossenschaften einbezogen wür den. Wir bescheiden uns damit, daß wir versuchen werden, die Einbeziehung der Genossenschaften bei der Neuregelung der Gewerbesteuer zu beantragen, (Hört, hört! bei den Ttschnat.), die uns in einigen Monaten bevorsteht. Wir bescheiden uns deshalb, weil die jetzige Vorlage sich ja in der Hauptsache auf die letzte Teil zahlung des abgelaufenen Steuerjahres bezieht. Ich wende mich nun zur Hauptsache, zu den Steuersätzen, die die Novelle zur Gew,rbesteuer vorsieht. In den Kreisen von Gewerbe, Handel und Industrie des Landes ist mit Recht ein starker Widerspruch und eine starke Erregung zum Ausdruck gekommen, die sich auch nicht beruhigt haben, gegenüber den wesentlichen Verände rungen des Rechtsausschusses. Bei vielen Betrieben wird mit diesen Sätzen bis an die äußerste Grenze des Tragbaren gegangen. Ter starke Widerspruch gegen die hohe Steuerlast der neuen Gewerbesteuer macht meinen Freunden in der Deutschen Volkspartei die Zustimmung zu dieser Vorlage außerordentlich schwer. Die Gründe, die nach langen Erwägungen für unsere Zustimmung ausschlaggebend waren, sind die: Tie neue Vorlage regelt die Steuer für das Gewerbe zunächst nur für eine kurze Übergangsfrist. Sie beschränkt sich in ihrem positiven Teile auf die Festsetzung der 4. Teilzahlung für 1923. Tie Regelung für 1924 wird Lache einer neuen Vorlage und neuer Beratungen sein. Diese 4. Teilzahlung von 1923 wird zu leisten sein für den Staat in Höhe von 1 M. statt 5 M. und für die Gemeinden in der Höbe von Zuschlägen von 200 Proz. statt AlO Proz. Das gibt im Maximum 3 M anstatt 20 M., die die erste Vorlage vorsah. Diese 3 M. sind obendrein in 2 Raten zu zahlen. Diese Zahlung von 2 Raten wird es dem Finanzministerium insbesondere ermöglichen, zu prüfen, wieviel von der 1. Rate ein geht. Ter Herr Finanzminister vr. Reinhold wird mir zugeben, daß die Möglichkeit vorliegt, daß schon in dieser 1. Rate mehr hereinkommt, als die Regierung erwartet. Tann wird immer noch die Möglichkeit be stehen, Überlegungen für die 2. Rate anzustcllen, ob vielleicht die 2. Rate nicht dann noch einmal ermäßigt werden kann. Es würde damit viel Sorge von Handel und Industrie genommen werden. Eine wesentliche Verbesserung gegenüber der Not verordnung und dem Entwurf sehen wir weiter in der Fassung des Härteparagraphen. Der neue 8 6 in seinem 2. Absätze läßt es zu, daß, wenn die Einziehung der Steuer mit erheblichen Härten für die Steuer pflichtigen verbunden sein würde, dann die Ver anlagungsbehörde die Steuer stundet, und zwar ohne Sicherheitsleistung. Das ist ein weiteres Entgegen kommen. Und schließlich kommt dazu noch, daß die Fristen für die Einspruchserhebung zum Teil neu zu laufen beginnen, zum Teil verlängert worden sind. Tas sind die Punkte, die die Sorgen von Handel und Industrie mildern können. Trotzdem fürchten wir noch, daß hier und da einzelne Betriebe nicht wissen werden, wo sie das Geld hernehmcn sollen, und daß hier unter Umständen für den einzelnen Betrieb Ge fahren drohen. Gir wünschen, daß, wenn derartige Nachweisungen von einzelnen Industriebetrieben er folgen, die Regierung das weiteste Entgegenkommen zeigt, denn die Aufrechterhaltung der Betriebe gerade in dieser Zeit ist sicherlich eine noch wichtigere Aufgabe alS die Eintreibung von Steuern. (Abg. Ander-: Sehr richtig!) In der Hoffnung, daß die von mir vorgebrachten Wünsche berücksichtigt werden, werden wir trotz all der schweren Bedenken, die ich ausgeführt habe, für die Vorlage stimmen. (Bravo! bei der Ttsch. Vp.) Abg. Verg (Dtschnat.): Zwischen der Zeit der ersten Bekanntmachung der Notverordnung vom 22. Dezember und der Tagung des Rechtsausschusses gestern liegt an sich keine sehr große Spanne Zeit, aber sie hat doch genügt, um auch in den Kreisen, die die damaligen Notverordnungen für notwendig gehalten haben, die Erkenntnis kommen zu lassen, daß voch die Notverord nungen zweifellos etwas bedeutet haben würden, wie der Herr Finanzmmister I>r Reinhold heute richtig er klärt hat, was einfach ein Ding der Unmöglichkeit