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Sächsisch e SlaalZMung Staatsan^elger für Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» Erschetnung»tage». Bezug-prei»; Monatlich 3 RM. Einzelne Nummern 1k Pf. Schrtstleitg. u. Geschäftsstelle DreSd«-A. 1. Gr. Zwingerstr. 16. Ruf 14S74 u. 8189S. Postscheck.Konto Dresden 3486 / Stadtgiro 140 / Staatsbank-Konto 674. den Aeiftaat Sachfen Anzeigenpreise: 33 mm breite, 3 mm hohe Grundzelle oder deren Raum 3b Pf., 66 nun breit im amtlichen Teile 70 Pf., ReNamezeil« 1 RM. . Ermäßigung auf GeschästSanzeigen, Familtennachrichten und Stellengesuche. Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Ziehungsliste der StaatSschuldenverwaltung, Holzpflanzen-BerkausSliste der Staatsforstverwaltung. Verantwortlich für die Schristleitung: OberregierungSrat HanS Block tu Dresden. Nr. 448 Dresden, Moniag, 2S. Juni 49S4 Deutschland in Erwartung des pariser Verhandlungsergebniffes. Keine Einmischung in diesem Stadium - Oer Sinn der Besuche in Paris und Rom. Berlin, 28. Juni. In dem Kampf um die Durchführung des HooverplaneS ist eine Pause eingelreten. Am heutigen Sonntag hat sich nichts ereignet, waS die Verhandlungen vorwärts getrieben hätte. Die von einem Teil der Presse für Sonntag abend erwartete Kabinett-sitzung hat nicht stattgefunden. Zwar sind die besonders be teiligten Minister des ReichSkabinettS dauernd in Fühlung; eine Kabinetissitzung wird aber erst abgehalten werden, wenn die Ber- Handlungen zwischen Mellon und der fran zösischen Regierung, die am Montag zu Ende gehen sollen, zu einem Ergebnis ge führt haben. In Berliner politischen Kreisen wird nach wie vor der Standpunkt vertreten, daß eS sich immer noch um eine amerikanische Aktiv n handelt, in die di« RetchSregierung nicht ein greifen kann. Unter diesem' Gesichtspunkt dürfte Botschafter v. Hoesch am Sonnabendabend den Versuch der französischen Regierung beantwortet haben, Deutschland in die Ber tz and lungeL hiLL^LLULiLhLL. Die Zurückhaltung der Reichsregie rung in diesem Stadium ist um so angebrachter, als eine Reihe von Anzeichen darauf schließen lassen, daß Frankreich zwar bereit ist, finanziell den Wünschen der Amerikaner stark entgegenzukommen, dafür aber be stimmte politische Zugeständnisse ein lauschen möchte, wobei in erster Linie wieder an die Zollunion gedacht ist. Da an der festen Haltung des Präsidenten Hoover solche politischen Handelsgeschäfte scheitern dürsten, und der französischen Regierung auch wohl bekanntgeworden ist, daß die Verhandlungsvollmacht Mellons sich in recht engem Rahmen halte, wird französischerseit- mit besonderem Eifer der Versuch gemacht, Deutschland in die Pariser Verhandlungen hineinzuziehen, Paris, 29. Juni. Finqnzminister Flandin veranstaltete gestern mittag zu Ehren de» amerikanischen Schahsekretärs Mellon ein Frühstück, zu dem auch der Gouverneur der Bank von Frankreich, Moret, der Gouverneur der Banque de Pari» et de Pays Ba». Moreau, und der Direktor der Sociäte Gänöraie, Simon, geladen waren. Wie die Agentur Hava» berichtet, ist dabei in allgemeiner Weise über den Mora- tortum»vorschiag Hoover» gesprochen wor den. Außerdem seien die Wirtschafts- und die Finanzlage Frankreichs erörtert worden, sowie die Rückwirkungen, die die Durchführung der amerika nischen Anregungen haben könnte, falls eine Eini gung auf Grund der vom Ministerpräsidenten Laval entwickelten Thes« bis zum 1. Juli erzielt werde. Nach „Malin" zweifelt man in französischen Kreisen nicht mehr daran, daß heute oder morgen die französischen Minister und die ameri kanischen Vertreter sich über die Inkraft setzung de- Hooverschen Vorschläge» einigen werden. Frankreich verlange bekanntlich, daß von den 456,b Mik. M. ein Neinerer Prozentsatz den mitteleuropäischen Staaten zur Verfügung gestellt werden soll, die durch da» Feiersahr finanzielle oder wirtschaftlich« Schwierigkeiten erleiden könn ten. „Matin" behauptet, da» könne kein Hindernis für die Verständigung bilden. Die Amerikaner hätten an sich gegen den Grund- satz protestiert, weil nach Ansicht de» Präsidenten Hoover sein Vorschlag au»schließltch Deutschland zugutekommen sollte. Nach dem „Matin" verliere Südslawien am meisten, während Griechenland und Rumänien nur geringe Verluste haben dürfte», «an sei in Pari- der Ansicht, da» die BIZ. schon Mittel finden werd«, »m die Respektierung dr um auf diesem direkten Wege mehr zu erreichen. In Kreisen der RerchSregierung besteht jedoch nicht die Absicht, die bisher verfolgte Linie der Zurückhaltung auszugeben, ehe zwischen den beiden in diesem Stadium haupt beteiligten Mächten Klarheit geschaffen ist. Dieser Grundsatz gilt auch weiter für die Frage des deutschen Besuche» in Pari». Die offizielle Einladung der französischen Regierung liegt zwar vor, ein Termin für die Zusammenkunft ist aber auch bi» jetzt noch nicht vereinbart worden, da die Reichs regierung daran festhült, daß die Durchführung des Hoover-PlaneS zunächst sichergestellt sein muß. Bon unterrichteter Seite wird hierzu betont, daß der Kanzler und der Außen minister nicht die Absicht haben, sich bei der Pariser Begegnung in ein Feilschen um dieses oder jenes politische Einzelproblem einzu- lassen, sondern daß es darauf ankommt, dem Sinne der Anregung entsprechend, in vertrau licher Aussprache über die große Linie der deutsch-französischen Politik die Bas4L für et»e Wiederannäherung der beiden Völker zu schaffen. Der große Rahmen dieser Aussprache kommt auch in der Haltung der italienischen Regierung zum Ausdruck. Zwar liegt noch keine italienische Einladung vor, doch hat Mussolini anfragen lassen, ob die Reichs- regierung bereit wäre, einer solchen Folge zu leisten. Daß darauf mit herzlicher Zustimmung geantwortet worden ist, ist selbstverständlich, und man kann nun damit rechnen, daß die Einladung in den nächsten Tagen ergehen wird. Die Geste Mussolinis wird in Berliner politischen Kreisen besonders deshalb begrüßt, weil sie geeignet ist, den Sinn der Aussprache zwischen den deutschen und den Ministern der anderen Mächte darzutun, der in der großzügigen Anbahnung einer all gemeinen Verständigung und Zusammen arbeit liegt. Grundgedanken» von Hoover mit den französischen Wünschen in Einklang zu bringen. Bon Österreich, das ja ebenfalls Finanzbedürfnisse vorbringe, spräche man in diesem Zusammenhang allerdings nicht. Nach Ansicht der „Matin" sollen diese Details bald geregelt sein. Jedoch sähe man, auch wenn die Franzosen unv die Amerikaner sich verständigen könnten, noch keine BerständtgungSmög- lichkeit zwischen Deutschland undFrank- reich. DaS Blatt aber hofft, daß auch diese sich in einigen Tagen ergeben könnte. Während „Ma tin" sich über die am Sonnabendabend durch Ministerpräsident Laval mit Botschafter v. Hoesch eingeleiteten Verhandlungen nicht auSsprtcht, gibt „Journal" folgende Zusammenstellung über die französischen Forderungen; 1. Fort setzung der Sachlteferungen, soweit noch Verträge laufen; 2. Z«nsenzahlungen für die ungeschützten Annuitäten: 3. Ver teilung der Annuitäten nicht nur zu gunsten Deutschlands sondern an alle durch daS Feierjahr geschädigten mitteleuropäischen Staa ten; 4. Abmachung über dteRückerstattung der gestundeten JahreSzahlungen, die, wie e- scheine, Frankreich schon 1932 fordere, wa» für da» Finanz jahr 1932/33 eine doppelte Poung-JahreSzahlung ausmachen würde. Wie „L'Ordre" zu wissen glaubt, habe Bot- schafter v. Hoesch bereit« mitgeteilt, daß di« deutschen Minister sich nicht dazu berttt- finden würden, die wirtschaftlich« oder finanzielle Frage mit der allgemeinen Politik Deutschland» in Verbindung zu bringen oder ander» gefaßt, diese wirtschaft lich« oder finanzielle Frage nicht unter dem GrstchrSwinkel betrachten zu lassen, da» fie einen direkten «infin» auf die Außenpolitik hab« »mite. Englische Informationen. London, 29. Juni. Die gestrige Sonntagspresse widmet dem Hooverplan und besonder» den in Pari» zwischen SchatzamtSsekretär Mellon und den französischen Staatsmännern im Gang befindlichen Verhand lungen größte Aufmerksamkeit. Die Blätter er warten bestimmt eine befriedigende Regelung. Der Pariser Reutervertreter berichtet: Maßgebende Kreise rechneten mit einem günstigen AuSgang. Die Amerikaner hielten den von den Franzosen vorgeschlagenen Schritt für zu kompliziert. Nach ihrer Ansicht soll der Hoover plan Deutschland allein und nicht, wie die Fran zosen es wollten, ganz Europa zugute kommen. Der Pariser Korrespondent des „Observer" will wissen, Mellon habe erklärt, die amerikanische Regierung werde gegen die französische Antwort nichts Grundsätzliches einwenden, voraus gesetzt, daß Frankreich eine Verstän digung mit den Deutschen erreiche. Bot schafter v. Hoesch sei gebeten worden, womöglich bis Montag eine Äußerung der deutschen Regie rung zu dem französischen Plan zu übermitteln. Die französischen Staatsmänner haben dem Korre spondenten zufolge Zusicherungen gegeben, durch die die deutsche Besorgnis, ein Teil der an die BIZ- zu zahlenden deutschen Gelder solle zur Unterstützung zentraleuropäischer Länder benutzt werde, beseitigt werde. * polnische Zustimmung zum Hooverplan. Lie Polnische Telegraphenagentur teilt mit: Im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Vorschlag des Präsidenten Hoover betreffend den Aufschub der Reparation»- und Staatsschulden zahlungen wurde vor einigen Tagen der polnische Geschäftsträger in Washington vom Unterstaats- sekretäc Castle empfangen. Der polnische Ge schäftsträger machte dem Unterstaatssesretär Castle die Mitteilung, daß die polnische Regierung dem Vorschlag des Präsidenten Hoover gegenüber sich äußerst wohlwollend verhalle. Die polnische Re gierung hoffe, daß dieser Vorschlag gleichzeitig auch zur allgemeinen politischen Entspannung führen werde. Der -eutsch-rumänische Handelsvertrag unterzeichnet. Genf, 29. Juni. Ler Handelsvertrag zwischen Leutschland und Rumänien, der kürzlich in Berlin abgeschlossen und paraphiert worden ist, ist am Sonnabend von den bevollmächtigte« Vertreter« Deutschland» und Rumänien», Ne. Posse, Ministerialdirektor im RetchswirtschastSministeriu«, und Popescu, Generalsekretär im rumänischen Handelsministe rium, unterzeichnet worb,«. Der Handelsvertrag dürfte nach sbeiderseitiger übereinstimmender Auffassung dazu beitragen, die deutsch-rumänischen Handelsbeziehungen enger zu gestalten. Der Bettrag ist insofern ein in der Handelspolitik neuartige» Gebilde, al» er ein Präferenzsystem für Absatzprodukte der rumänischen Landwirtschaft unter Auf rechterhaltung der Meistbegünstigung bringt. Wa» die von Rumänien für die Präfe renzbehandlung de- rumänischen Mais und der rumänischen Futtergerste zuge standene industrielle Gegenleistung an belangt, so ist selbstverständlich in erster Linie da- deutsche Expottinteresse dabei berücksichtigt worden. Aber eine Ausschaltung oder Ab schwächung der Exportintereffen anderer Staaten auf dem rumänischen Markt treten dadurch in keiner Weise ein. Wa- die Exportintereffen Rumänien- angeht, so sind diese nicht nur in der Form von Präferenzen für bestimmte Agrar produkte gewahrt worden, sondern man hat auch noch andere Exportartikel berücksichtigt, diese aller dings nicht in Form von Präferenzen, sondern in Gestalt allgemeiner Zugeständnisse. Da- Inkrafttreten de- Handelsverträge- ist davon abhängig, daß die meistbegünstigten Staaten, in erster Linie die Uberseestaaten, ihre Zustimmung nicht versagen. Da in dem Vertrag« die Handels- tnteressen dritter Staaten weitgehend berücksichtigt worden sind, ist man auf deutscher und rumänischer Seite bezüglich diese» Punkte» optimistisch und glaubt, daß der Vertrag im Herbst« nach der Völkerbund-Versammlung in Kraft treten könne. Pi» dahin bleib« die deutsch-rumänische« Handel»- beziehunge« durch da» noch i» Kraft befindlich« Handelsprovffortu« -er«-«lt. Italienische Einladung an Reichskanzler und Reichsaußenminister. Berlin, 2». Jnnt. Aus «rund der deutsche« Anregung weiterer freundschaftlicher Aussprache« entfprrcheud der i« Eheqeur» stattgehabt« Zusammenkunft hat der ita lienische Ministerpräsident de« deutsch« Reichs kanzler und de« Reichsaußenminister durch Vermitt lung de» italienisch«Botschafters i» Berlin zu einem Brfuch in Rom in naher Zukunft einlave« lafs«. Ler Reichskanzler und der RelchSaußenministrr habe« die Einladung deS ttalienisch« Minister präsident« mit Lank angenommen. Ler Zeit punkt de» Besuch» bleibt späterer Vereinbarung Vorbehalten. Reichsfinanzminister vr Dietrich spricht zum deutschen Schlofferhandwert. Eisenach, 28. Juni. Der Reichsverband de» Deutschen Schlosser- und Maschinenbauhandwerks trat gestern in Eisenach zu seinem 44. Reichsverbandstag zusammen, zu dem sich Teilnehmer aus dem ganzen Reich und dem Ausland eingefunden hatten. In der öffentlichen Kundgebung heute vormittag nahm u. a. Reichs finanzminister vr. Dietrich das Wort zu einer Rede, in der er u. a. ausführie: Deutschland ist daS Land der Mitte zwi schen dem Bolschewismus und dem west europäischen Kapitalismus. ES ist auch in seiner Wirtschaft-struktur ein Zwischen ding. Die ungeheure Proletarisierung nach dem Kriege und die unerhörte Ausdehnung der öffentlichen Hand in der Wirtschaft sind die beiden Faktoren, die unsindieRich- tung eines sozialistischen oder bolsche wistischen Systems treiben. Der Weg zurück zu einer absolut freien und un gebundenen Wirtschaft ist restlos nicht mehr möglich. Zwei Dinge find erforderlich: Erstens die SffentlicheHandmußalles aufgeben, waS sie an wirtschaftlichen Be trieben hat, die sich für eine Bewirtschaftung durch Staat oder Gemeinden nicht eignen. Zweitens muß die Kapitalbildung gerade des Mittelstandes durch steuer liche Maßnahmen wieder möglich gemacht werden. Schon die erste Notverordnung bewegte sich in dieser Richtung, indem sie die Vermögen bis zu 20000 RM. vermögenssteuerfrei machte. Auch die zweite Notverordnung liegt in dieser Linie. Man konnte zwar bei der Be lastung durch diese Notverordnung den selbständigen Unternehmer nicht freilassen, aber man schonte ihn in stärkstem Maße. Dagegen ist nun ein großer Sturm entstanden. Aber ich gebe den Beamten, Angestellten und Arbeitern zu bedenken, ob fie nicht selbst ein ungeheueres Interesse in dieser Zeit der Not an der Unter haltung jedes auch deS kleinsten Unternehmers und Unternehmens haben. Die letzte Notverord nung war eine Notwendigkeit, weil sie das letzte Mittel war, um die Zahlungs fähigkeit deS Reiche- aufrechtzuerhalten. Sie hat gewirkt wie ein Notsignal, und die heutige Entwicklung der Dinge ist nicht zum wenigsten durch sie hervorgerufen. Gibt e- wirklich so Dumme in Deutschland, die glauben, daß man unsere Schulden nachläßt oder stundet, wenn wir nicht selbst unserer eigenen Bevölkerung da» Äußerste an Last« und Opfern zumuten? Stein-Gedenkfeier in der Paulskirche. Frankfurt a. M-, 28. Junt. Die am Montag in Nassau a. d. Lahn statt findende Reichsfeier zur Erinnerung an den 100- jährigen Todestag de- Freiherrn vom Stein fand heute ihren Auftakt in einer von der Stadt Frankfurt a. M. veranstalteten Gedenk feier. Nach einer musikalischen Darbietung er griff der preußische Innenminister Seve ring da- Wort. Nach einer Würdigung Stein» und seine» Werke» führt« er zum Schluß au»: Geschichtliche Gedenktage sollen nicht nur dem Erinnern an ein« große Vergangenheit gewidmet sein, sondern auch Mahnung für Gegenwart und Zukunft werd«. Und da drängt sich die Frage auf, ob di« lebende Generation der Deutsch« da» Volt ist, reif und befähigt, um di« Ziele Stein» durchznsühr««. La» deutsch« Volk hat h«te Selbstverwal tung nicht «ur in d«n Gemeind«», sonder« Oie französisch-amerikanischen Verhau-, lungen über den Hooverplan.