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Sächsische Staalszeilung Staatsan^eiger für Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» Erscheinungstage». Bezugspreis: Monatlich 3 RM. Einzelne Nummern 15 Pf. Schriftleitg. u. Geschäftsstelle Dresden-«. 1, Gr. Zwingerstr. 16. Ruf 14574 u. 21295. Postscheck-Konto Dresden 2486 / Stadtgiro 140 / Staatsbank-Konto 674. den Zreiftaat Sachfen Anzeigenpreise: 32 mw breite, 3 mm hohe Grundzeile oder deren Raum 35 Pf., 66 mm breit im amtlichen Teile 70 Pf., Reklamezeile 1 RM. Ermäßigung auf Geschäftsanzeigen, Familiennachrichten und Stellengesuche. Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Ziehungsliste der Staatsschuldenverwaltung, Holzpflanzen-Berkaufsliste der Staatssorstverwaltung. Verantwortlich für die Schristleitung: OberregierungSrat Han» Block in Dresden. Dresden, Mittwoch, April Nr.sr Ausrufung -er Republik in Spanien. König Alfons XM. hat sich an Bor- eines Kriegsschiffes begeben. Oie Abdankung Alfons XM. Paris, 15. April. König Alfons XIII. hat gestern auf die Regierungsgewalt ver zichtet. König AlfonS hat der MegierungSgewalt überhaupt entfagt, und nicht etwa zugunsten eines Mit gliedes feiner Familie abgedanlt, was doch wegen der gegenwärtigen Lage für ihn unmöglich gewefen wäre. Während der König anscheinend noch mit dem Entschluß zur end gültigen Abdankung und zum Ver lassen des Landes rang, konstituierte sich da» republikanische Regime immer mehr. Da der König auf die Aus übung der Regierungsgewalt ver zichtet hat und damit nicht mehr im Vordergründe der Ereignisse stand, war eine eigentliche Revolution gegen standslos geworden. DSr König hat danu gestern um S Uhr abends in Begleitung de» I«. fanten Alfonso und des früheren Ma- rineministerS Herzog von Miranda die Ltadt verlassen Die übrigen Mitglie der der königlichen Familie werden Madrid heute verlassen. Ei« beson deres Abdankungsdekret ist nicht ab gefaßt worden. Der König hat faktisch auf die RegiernngSgewalt verzichtet. König AlfonS traf in Begleitung seines Vetters, des Infante« Alfonso, und de» Herzog» vo« Miranda heute früh um 4 Uhr in Cartagena ei« u«d begab sich sofort an Bord de» Kreuzer» „Prineipe Alfonso". Wie verlautet, hat der König in Madrid ei« Manifest zurüttgelassen, da» heute, wenn AlfonS XIU. sich außer halb des spanische« Gebietes befindet, veröffentlicht werden solle. * Der Übergang der Regierungeigewalt an die Republikaner Madrid, 1S. April. über die nähere» Umstände, die zu der Bildung einer rrpndlikanischen Regierung in Spante» grfiihrt hade», derlantet folgendes: Der König hat feine Machtbefugnisse an die Regierung Aznar äbertragen. Der Anßenminister Graf RomanoneS begab sich sofort zu Aleala Zamora, um ihm die Re« gier««gSgewakt für die provisorische republikanische Regiernng zu iiber» geben. Die provisorische republikanische Re gierung trat sofort bei «ignel «anra zusammen. Aleala Zamora hat den Chef der Ztvilgarde, General Sa» Jurgo, beauftragt, dafür zu sorge», daß die öffentliche Ruhe und Ordnung nicht ge stört »rrde. Im Rathau» von Madrid ist gestern die Republik ausgerufen worden. Die provi sorische Regierung wird eine Proklamation ver- össeutlichen, die außer einem Manifest an die Nation auch die provisorische Verfassung in großen Linien enthalten soll, die Geltung haben wird, bi» die verfassunggebenden Corte» über die endgültige Verfassung beschlossen haben. Die erste Handlung der neuen Regierung wird die Verkündung der Amnestie sein. Es ist telepho nische und telegraphische Anweisung gegeben wor- den, sämtliche politischen Gefangenen sofort in Freiheit zu sehen. Eine Abordnung von Offizieren hat beim neuen Krieg-Minister Vorgesprächen und «»geboten, sich in Verwaltung-Posten zu betätigen, bis die Armee endgültig reorganisiert ist. Die Übertragung der Befugnisse der bisherigen Regie rung aus die neue provisorische Regierung ist durch- «etührt tvotden. Die definitive und offizielle Verkündung der Republik soll erst nach endgültigem Übergang der Regierungsbefugnisfe erfolgen. * Das erste republikanische Kabinett. Madrid, 15. April. Die Republik in Spanten ist nunmehr als eine Tatsache anzusehe». Die republikanische Re- gierung ist wie folgt gebildet worden: Mini sterpräsid ent Aleala Zamora, Außen minister Lerroux, «riegsminister Azaua, Marineminister Casare» Quiroga, Fi«a»z- minister Prieto, Innenminister MiguelMa nra, Minister für öffentliche Arbeiten Albornoz, Arbeitsmiuister Caballero, WirtSschastS« Minister Martinez BarrioS, Mntster für öffentlichen Unterricht Marrellino Domingo, Justiz Fernando de los RioS. Die erste Handlung der provisorischen Regie rung der spanischen Republik war, ein Zirkular telegramm an sämtliche Zivilgouver- neure auszugeben, in denen sie über die Bildung der Regierung unterrichtet und aufgesordert wer den, von ihrem Amt zurückzutreten und diese» an die Gerichtspräsidenten zu übergeben. ' Der Leiter der Guardia Civil, General San- jurgv, hat sein Amt an General Blanco abge treten, der bereits zum Direktor der allge meinen Sicherheitspolizei ernannt worden ist. Di« Generäle Sanjurgo, Blanco und Cape- nellas halten sich im Innenministerium zur Ver fügung der provisorischen Regierung, um in deren Namen bei der Armee intervenieren zu können. In einer Rede, die der neue Madrider Bürger meister, der Sozialist Saborit, vom Balkon des Rathauses an die Menge richtete, erklärte er, die Devise der spanischen Republik werde sein: Ord- nung, Freiheit, Größe und Gerechtigkeit. Die Regierung hat ein Amnestiegesetz ver öffentlicht. wonach für alle politischen, sozialen und Pressevergehen weitest gehender Straferlaß gewährt wird. Hier von sind die Vergehen von Beamten in Aus übung ihres Amtes, die Beleidigungen und Ver leumdungen ausgenommen. Gleichzeitig wird die Vorbereitung einer allge meinen Amnestie für alle Verurteilten angeordnet. Die republikanische Regierung hat ferner fol gende Verordnungen erlassen: Schaffung eines provisorischen Regierungspräsi denten, Ausarbeitung des rechtlichen Statuts des neuen Regime-, Schaffung eines Berkehrsministeriums. Ministerpräsident Zamora wird heute vor mittag die Befugnisse des Ministerpräsidenten über nehmen. In ganz Spanien herrscht Ruhe. Wie HavaS aus Madrid berichtet, ist der 14. April zum Nationalfeiertag erklärt worden. * Kein Belagerungszustand in Madrid. Madrid, 15. April. Der Generalkapitän von Madrid hatte, wie die Agentur Fabra meldet, die Proklamierung de» Belagerungszustandes vorbereitet; auf Anweisung der republikanischen Regierung aber wurde die Proklamierung aufgeschoben. — In den gestrigen spätenAbendstunden sind bereit» mehrere politische Ge fangene freigelassen worden. Manifestanten stürzten gestern da» Standbild Isabella- H, daS auf dem Platz gleichen Namen errichtet war, vom Sockel und führten es mit einem Strick um den Hal- auf einem Lastauto durch die Stadt. Zahlreiche Mitglieder der spanischen Aristokratie haben sich nach Frankreich begeben. So ist gestern Vormittag der Herzog von Santander nach Frank reich abgereist. Der Herzog von Alba und Graf Timera haben die Grenze im AutomobU passiert. HavaS meldet auS Madrid, der ehemalige Krieg-minister General Berenguer wolle seinen Posten nicht verlassen. Man glaub«, daß die re publikanische Regierung gezwungen sein werde, ihn gefangen zu setzen. Die Ausrufung -er Republik Katalonien. Barcelona, 15. April. Auf dem Bürgermeisteramt und auf dem Ge bäude des Provinziallandtages wurde gestern die republikanische Flagge gehißt. Beide Be hörden sind in die Hand der Anhänger des Obersten Macia übergegangen. Die Polizei leistete keinen Widerstand und wagte gegen die republikanischen Demonstranten, an deren Spitze sich Macia gestellt hatte, in keinem Augenblick ein zuschreiten. Oberst Macia betrat das Gebäude des Provinziallandtages und forderte, daß es ihm übergeben werde. Dies geschah nach einem ge wissen Widerstand. Oberst Macia veröffentlichte hierauf folgende Erklärung: Im Namen des kata lanischen Volkes rufe ich den katalanischen Staat unter republikanischem Regime aus, dessen Ein führung ich gleichfalls für die übrigen iberischen Völker wünsche, mit denen wir eine Kon föderation der iberischen Völker zwecks Befreiung von der Monarchie der Bourbonen bilden werden. Wir wünschen, daß diese Stimme zu allen freien Staaten im Namen der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens nnter den Völker» dringt gez. France» Macia, Präsident der katalanischen Republik. Oberst Macia hat einen Ausruf an öie Katalanen erlassen, in welchem die Pro klamierung der Republik Katalonien als Staat innerhalb der iberischen Staaten föderation mitgeteilt wird. Im Einvernehmen mit dem Präsidenten der spanischen Bundes republik übernehme Oberst Macia, so erklärt er provisorisch die Befugnisse des Regierungs präsidenten von Katalonien, bis das spanische und das katalanische Volk ihren Willen geäußert haben. Jeder, der die öffentliche Ordnung zu stören versuche, werde als Verräter am Vater lande angesehen. Die Katalanen müßten sich der Freiheit, die sie erhalten haben, würdig zeigen. Der Aufruf des Obersten Macia wurde von Artillerieabteilungen verlesen, und zwar aus An ordnung des Generals Lopez Ochoa, der vom revolutionären Komitee zum Generalkapitän von Katalonien ernannt wurde. Weitere Teilrepubliken in Spanien. Madrid, 15. April. Nach in Madrid eingetrossenen Meldungen aus San Sebastian. und Saragossa sind dort die neugewählten Munizipalbehörden zusammen getreten und haben ihre Territorien zur Republik auSgerusen. * Oie Flagge -er Republik auch in Tanger gehißt Tanger, 15. April. Die Flagge der spanischen Republik ist gestern nachmittag auf dem spanischen Post- und Tele graphenamt gehißt worden. * Der Stand der Peseta. London, 15. April. In London mußten gestern für 1 Pfd. Sterl. 48,85 Peseten gegen vorgestern 47,30 Peseten bezahlt werden. An der New Parker Börse ist der Kurs für eine Pesete von vorgestern zu gestern um etwa V», Cent- gefallen. * Freudenkundgebungen in Madrid. Madrid, 15. April. Die Freudenkundgebnngen in den Straßen der Hauptstadt, an denen zahlreiche Frauen teil nehmen, verlausen ohne Störung der Ord nung. Der Polizeidienst wird an mehreren Stellen von Angehörigen der Organisationen de- Volk-Hause» und der Studentenverbände versehen, die rote Armbinden tragen. Auch einige Polizei- beamte tragen rote Armbinden. Der Platz vor dem Königlichen Schloß ist mit Seilen abgesperrt, an den Ecken der darein einmündenden Straßen stehen Annbtndenttäger, die das Publikum darauf aufmerksam machen, daß da» Betreten de» Platze verboten sei. Dadurch sollen Kundgebungen un mittelbar vor dem Schloß verhindert werden DaS Publikum fügt sich willig diesen Anordnungen Diejenigen, die sich in irgendeiner Weise unkorrekt zu benehmen scheinen, werden von den andere» Mqnifestanten zurechtgewiesen. Die Soldaten, die aus Befehl der letzten Regierung in den Kaserne» bleiben mußten, haben diese nunmehr verlasse» und gesellen sich zu den Manifestanten. Sie haben die Königl. Kokarde von ihren Mützen abgerissen. An der Tür des Innenministeriums wurde ein Plakat angeschlagen, worauf ein Totenkopf mit Königl. Krone zu sehen ist. In improvisierten Lie dern wird die Abreise des Königs gefeiert. Gestern abend wurde auf dem Königsschloß die republikanische Fahne gehißt. Nach den letzten Meldungen sind der König und die Königin gemeinsam abgereist, die In- fanten hatten schon am Morgen Madrid ver lassen. Die Generale Oueipo Llano und Lopez Ochoa wurden zu Generalkapitänen von Madrid bzw. von Barcelona ernannt. Der neue Kriegs- Minister Azana übernahm um 10 Uhr abends die Geschäfte seines Ministeriums aus den Händen General Berenguer-. Um 1 Uhr imchtS hielt Alcala Zamora eine Ansprache an die vor dem Innenministerium versammelte Menge und kündigte für heute wichtige Verordnungen an. Aufhebung -er Zollschranken für die Emigranten Paris, 15. April. Ter „Chicago Tribune" wird aus Hendaye gemeldet, daß unmittelbar nach der Ausrufung der Republik in Spanien die auf französischer Seite unweit der Grenze lebenden spanischen Emigranten in großer Zahl nach Spa nien zurückgekehrt und an der Grenze von ihren Landsleuten mit großer Begeisterung emp fangen worden seien. Die Zollschranken auf spa nischer Seite waren für die Emigranten auf gehoben worden. Anderseits sollen die französi schen Zollbeamten der Einreise von flüchtenden spanischen Aristokraten, die nach Frankreich kom men, keinerlei Schwierigkeiten in den Weg gelegt haben, obwohl einige dieser Flüchtlinge in ihren Automobilen ihre ganzen Schmucksachen und Wert gegenstände mit sich führten. Reichsrats-Tagung. Berlin, 15. April. Der Reichsrat ist für den 21. April einberufe» worden, um zu der Durchführungsverord nung zum Gesetz über die Abwicklung der Aufbringungsumlage und die Neu gestaltung der Bank für deutsche In du st rieobligationen Stellung zu nehmen. Dem Reichsrat sind ferner Verordnungen über Brotgewicht und über die Festsetzung des von der Deutschen Reichspost zut Ablösung der Verwaltungskostenzu schüsse für 1931 zu zahlenden Pausch betrages zugegangen. Vertreter der Landvolk «Partei in der Reichskanzlei. Berlin, 14. April. Heute vormittag sprachen in der Reichskanzlei als Vertreter der Landvolk-Partei die Abgeordneten vr. Gereke, Hepp und Baur sowie der Ge schäftsführer der Landvolk-Partei, vr. Woernick, vor. In Abwesenheit de- auf Urlaub befindlichen Reichskanzler» wurden die Erschienene» vom Staats sekretär vr. Pünder empfangen, mit dem sie eine eingehende Aussprache über die gesamt- politische Lage, in erster Linie über die Wir- ung der letzten Notverordnung in der preu ßischen Polizeipraxi» sowie über Fragen der Osthilfe und agrarpolitische Maßnahmen hatten. Nach eingehender Begündung ihrer Wünsche kerklärte ihnen der Staatssekretär, daß er diese als bald zur Kenntnis de- Reichskanzler» und der Reich-regieruna bringen werde Zur Frage de«