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Sächsische Staatszeitung : 19.05.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-191705192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19170519
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19170519
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1917
-
Monat
1917-05
- Tag 1917-05-19
-
Monat
1917-05
-
Jahr
1917
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 19.05.1917
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WWWWWWWWWWWWWWWWWWWMW Landtags-Beilage zur Sächsischen Staatszeitung. Nr. 81. Beauftragt mit der Herausgabe: Hofrat Doenge» in Dretde«. 1917. einzuladen. Abg. Hettner (nl.): Ich bei als den Taheimgebliebeneu scheint diese Geschlossenheit nicht mehr so notwendig empfunden zu werden. Aber, m. H., ich will nicht Anklagen gegen Anklagen erheben, mußte aber doch auf diese Gegensätze Hinweisen, denn nur dadurch, daß wir sie besprechen, können wir auch wieder zur alten Einheit zurückkehren. M. H.! Es ist wohl verständlich, daß der Schwung der ersten Begeisterung, die uns in den Augusttagen des Jahres 1914 ergriff, nicht immer fortdauern konnte. Es ist ja eine Erscheinung, die man auch am menschlichen Körper erlebt, daß nach einer starken Nervenanspannung eine gewisse Entspannung eintritt. Und die mußte ja auch bei unserm Volke eintreten. Aber der wirkliche Grund für die bestehenden Gegensätze scheint doch tiefer zu liegen. Er liegt darin, daß die Wirkung des Kriege» auf den ernzelnen eine durchaus verschiedene ist und verschiedene sein muß je nach der Länge des Krieges. Wir brauchen nicht zu ver schweigen, daß der eine im Kriege Glück, Ruhm und Ehre findet, der andere vielleicht verwundet, vielleicht zum Krüppel geschossen nach Hause kommt. Ter eine erwirbt rasch ein großes Vermögen, der andere verliert das, was er in einem arbeitsamen Leben müh sam erspart hat, in jähem Zusammenbruch. Es ist wohl verstäub lich, daß eine derartige Verschiedenheit der Wirkung Klagen und Wünsche Hervorrust, die sich auf die Tauer nicht zurückdrängen lassen. Und, m. H., wo diese Klagen und diese Wünsche gerichtet sind auf eine Heilung der Wunden und auf einen Ausgleich der Schäden, da sind sie ja nur zu berechtigt, und Negierung und Volk haben diese Berechtigung durchaus anerkannt. Ich meine» insonderheit unser sächsisches Vaterland ist ivohl mustergültig vorangegangen darin, indem es den Tank der Heimat in einer großartigen Stiftung und Organisation zum Ausdruck gebracht hat. Dieser Tank der Heimat hat sich in warmen Herzen und offenen Händen bewährt, und das schöne Ergebnis unserer letzten Sammlung, das ja über Mill. M. erbracht hat, ist ein glänzendes Zeugnis für die Opferbereitschaft unseres Volkes und für den Willen, durch einmütige Arbeit sich zu sammenzuschließen und den Helden unseres Krieges die Rot zu er leichtern und die Sorgen abzunehmen, die sie mit nach Horse bringen. Nun, m. H., werden aber auch weitere Wünsche angemeldet, und ich weiß sehr wohl, daß es die besten und führenden Persönlich keiten unseres Volkes sind, welche das Gefühl einer weiteren Tankes schuld haben. Jie sagen, die Ovier, die gebracht worden sind, dürfen nicht vergeblich gebracht worden sein; das deutsche Volk hat einen Anspruch fauf einen Ausgleich durch eine Hebung seines Lebens standes. M. H.! Tiefe Wünsche sind mir, menschlich geivrochen, durchaus verständlich, aber in ihrer Weise und Unbestimmbarteit enthalten sie doch eine gewisse Gefahr. M. H.! Wir vertrauen ja alle darauf, daß der siegreiche Aus gang des Krieges, dem wir hoffentlich nahcstehen, uns die Möglich ! keit gibt, einen großen Teil der Lasten, die der Krieg verschuldet hat, auf die Schultern unserer Feinde abzuwälzen. (Abg. Nietkammer: ! Sehr richtig!) Aber eine große Menge an Opfern, an blühenden Menschenleben und an Gesundheit, die gebracht worden sind, werden immer nur ihren Lohn finden in dem Bewußtsein, daß damit eine größere Gefahr vom Vaterlande abgewendet worden ist. Vor allen Dingen die Tahcimgebliebencn werden dankbar der Tatsache gc denken müssen, daß durch die heldenmütigen Kämpfe Haus und »Flur unserer Heimat verschont worden iind, und daß darin der größte und schönste Erfolg dieses Krieges liegen wird. Sobald nun aber der Ausgleich auf das Gebiet der inneren Poli tik hinübcrgespielt wird, müssen ja diese Verschiedenheiten der Wir kungcn und der Interessen doch größere Ivannungen Hervorrufen. Tas ist um so bedenklicher als ja die Aussicht, den Krieg zu einem siegreichen Ende zu führen, nur dann besteht, wenn wir in diesen letzten ernsten Zeiten ohne alle Rücksicht auf versönlichc Interessen nur daran denken, unsere ganze Kraft einzuietzen, um dem Heere alles zu liefern, was es nötig hat, Munition, Nahrungsmittel und Kriegsgerät, was es immer auch sei. (Sehr richtig'. in der Mitte und rechts.) M. H.! Ter Hr. Abg. Fräßdorf hat in seinen Ausführungen ge sagt, cs sollten der Zukunft schwere politische Kämpfe erwart werden, und deswegen sollten die Reformen gleich jetzt eingeführt werden. Ich fürchte, daß er in dieser Beziehung doch etwas zu optimistisch denkt, daß die schweren politischen Kämpfe unvermeidlich sind, und daß gerade deswegen die gegenwärtige Zeit nicht geeignet ist, uns in diese schweren politisck>en Käinpse zu stürzen (Sehr richtig! rechts.) Der Hr. Abg. Fraßdorf hat in seinen Ausführungen in diesem Zusanunenhange auch mir gegenüber betont, daß die sozialdemo kratische Partei eine nationale Partei sei. M H.! Ich habe das nicht bestritten, und ich will das nicht bestreiten. Ich erkenne an, daß die sozialdemokratische Partei ihre Pflicht gegen das Vaterland durchaus erfüllt hat, aber ich meine, daß eine nationale Partei doch LaMagsverhandlungen. n. Kammer. Fortsetzung der Sitzung vom 16. Mai. Der Antrag Rr. 388, Punkt b der Tagesordnung, lautet: Die Kammer wolle beschließen: 1. die Regierung zu ersuchen, alsbald eme durchgreifende Reform der ersten Kammer in der Weife emzuleiten, daß m ihr auf Grund eines Wahlrecht» die Berufsstände eme ihrer Be deutung entsprechende Vertretung finden, - ,, . „ 2. die Erste Kammer zum Beitritt zu diesem Beschlusse andere, neue Wahlkreiseintcilung zu bemühen. Tie jetzige Wahl-! kreiseinteilung, die Scheidung zwischen Stadt und Land, wie sie jetzt bestehe, sei unter den heutigen Verhältnissen leine glückliche mehr. Aber diese Frage sei nicht so wichtig, um sofort ohne weiteres an eine Reform zu gehen, wenn man sie auch im Auge behalten werde. Ta gebe es allerdings dringendere und wich tigere Ausgaben. Ebenso stehe es mit dem Frauenwahlrecht, jo sehr er den Ausführungen des Vizepräsidenten Fräß- dorf über die großen Taten der Frauen zustimme. Er sei durchaus der Ansicht, daß man allmählich den Frauen Rechte einräume und auf diese Weife erproben solle, ob man auf den» Wege noch weitergehen könne bis zu dem endlichen Schluß- fchritt, ihnen auch das Wahlrecht zu geben. Die anderen im An ttage Nr. 8 erwähnten Gesetze müßten unbedingt durchgepruft werden. Er sei deshalb durchaus damit einverstanden, daß der Antrag in feiner Gesamtheit der Deputation überwiesen werde. Ja, er gehe hier sogar noch weiter, er wolle diese Lrganisations- gesctze und Gemeindegesetze nicht nur daraufhin durchprüfen, ob die darin enthaltenen Wahlbestimmungen reformbedürftig seien, sondern ob nicht auch noch andere Reformen eingesührt werden müßten. Er erinnere da nur an die ganze Beamtcngefctzgebung einschließlich der Disziplinargesetzgebung. Ter Anttag Nr. 8 ent halte dann auch den grundlegenden Satz: volkstümlich und frei heitlich solle die Erneuerung fein. Dem könne er vorbehaltlos zustimmen. Wie man aus seinen Ausführungen gehört habe, gehe feine Partei nicht in allen Stücken mit den Herren der fortschrittlichen Volkspartei und der sozialdemokratischen Partei zusammen. Sie glaube aber, auf einem gefestigten Boden zu stehen und wohlbewährte Grundsätze zu verketen. In den Vorder grund stelle sie das große Ziel, auch unser Sachsen zu wappnen und zu festigen für die großen, gewaltigen Aufgaben, welche die kommende Zeit bringen Müsse. Darum wolle man ein Werl schassen, das bestehe, und neuem Streben und neuem Leben den Weg öffne. (Lebhaftes Bravo!) EtaatSmimfter Graf Vitzthum ». »ckstiidt (nach den stenographischen Niederschriften): M. H.! Tie große Zahl verschiedener Anträge, welche heute auf der Tagesordnung stehen, sind alle unter einem gemeinsamen Gedanken eingebracht worden, unter einem Gedanken, der viel leicht bisher in der öffentlichen Meinung mehr gefühlsmäßig betont worden ist als gerade verstandesmäßig erfaßt. Die Anträge be mühen sich, dieses Gefühl, daß eine Neuordnung, wie man gesagt hat, in der Lust liegt, durch praktische Vorschläge ins Werk zu setzen. Auch in der Presse ist dieser Gedanke der Neuorientierung, der Erneuerung, mit einer Leidenschaft erörtert worden, die eine gewisse Besonnenheit manchmal vermissen läßt. Ich meine, wenn gerade bei der Frage der Ersten Kammer in der Presse der Regie rung und der Ersten Kammer selbst Rückständigkeit und Mangel an Einsicht vorgeworfen wird, so fördert das nicht da- Ziel, dem des Volkes zum Staate, da» feien die beiden Grundlagen, die da» gesamte künftige Staatswesen durchdringen müßten. Alle Teile des Volkes seien heranzusiehen. Er wolle keine Be vorzugung auch nur eine» einzigen Telle» der Bevölkerung, auch nur emeS einigen Standes. Das seien die Gesichtspunkte, die für seine Fraktion im großen ganzen maßgebend feien bei ihrer Mitarbeit in der Deputation. Bezüglich der im einzelnen ge stellten Ankäge könne er sich kurz fassen. Was sie bezüglich der Reform der Ersten Kammer wünschten und beanspruchten, sei in diesem Hohen Hause oft besprochen und verhandelt worden, sodaß die Stellung seiner Partei bekannt sei. Nach dem Ostererlaß des Kaisers hätte er erwartet, daß eine gleiche Erklärung auch von feiten der sächsischen Regierung kommen würde. (Vizepräsident Fräßdorf: Sehr richtig!) Er erwarte heute eine Erklärung der Regierung, daß sie beabsichtige, dem nächsten ordentlichen Land tage einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den eine gründliche Umgestaltung der Ersten Kammer vorgefchlagen werde. Jetzt stehe die Erste Kammer noch ganz auf dem Stande des 18. Jahrhunderts, nicht des 20. Jahrhunderts. Aber die Ursache liege nicht in der Art und Weise der Zusammensetzung der Ersten Kammer, sondern in den Persönlichkeiten der einzelnen Männer. Seine Partei lehne nicht den Bestand der Ersten Kammer ab, sondern sie verlange endlich eine grundlegende Reform der Ersten Kammer, daß sie in modernem Sinne zusammengesetzt werde, daß alle Stände und Teile des Volles in einer ihrer Bedeutung wirklich entsprechenden Weise Sitz und Stimme in der Ersten Kammer hätten, und zwar nicht nur durch Berufung, sondern durch Selbstwahl. (Vizepräsident Fräßdorf: Sehr richtig!) Daneben wvue man gern auch der Krone das Recht der Berufung lassen. Man wolle durchaus nicht die bestehenden Rechte antasten, soweit sie nicht unbedingt notwendigen Reformen weichen müßten. Auf Einzelheiten gehe er im übrigen nicht ein. Er betone nur nochmals, daß für sie die Erneuerung der Ersten Kammer die wichtigste und notwendigste Aufgabe sei, die zuerst erledigt werden müsse. Redner wendet sich dann zu den beiden Anträgen auf eine Erneuerung des Wahlrechts der Zweiten Kammer. Bei einem Wahlgesetze müsse in allererster Linie dem Erfordernisse der Gerechtigkeit Genüge getan werden. (Vizepräsident Fräßdorf: Sehr richtig!) Es müsse allen Teilen des Volkes, allen Ständen und Berufskreisen, allen Gruppen nach Möglichkeit Gele enh it gegeben werden, injder Volksvertretung zum Ausdruck zu kommen und ihre Rechte wahrzunehmen. Bei der verschiedenartigen Zusammensetzung der einzelnen Böller sei es durchaus richtig, wenn in den verschiedenen Staaten verschiedene Wahlgesetze beständen. Tas jetzige Wahlgesetz in Sachsen sei noch neu, und es sei noch nicht Zeit (Hört, hört! links ), so darüber abzusprechen, wie es in diesem Hause geschehen sei. Man werde nicht leugnen können, daß man im Jahre 1909 ein liberales Wahlgesetz geschaffen habe, das den breiten Massen entgegengekommen sei. Gewiß habe inan nichts Ideales erreicht, gewiß seien Fehler darin. Aber es sei besser als dasjenige, das vorher gewesen sei und das in vielen anderen deutschen Bundesstaaten bestehe. Tiefes Olesetz sei durch aus noch nicht erprobt, und man wisse noch nicht, welche Mängel die dringendsten seien, an welcher Stelle eine Reform wirklich am besten einzufetzen habe. Darum gehe seine Partei nur schwer an eine Reform dieses Gesetzes, weil man es in seiner praktischen Ausübung noch gar nicht kenne. (Abg. Nitzschke: Lehr richtig!) SeinePartei wolle sich aber damit durchaus noch nichr festbinden. Wenn in dem Ausschuß, in dem sie gern Mitarbeiten wolle, Vorschläge gemacht würden, von denen man wirklich glaube, daß sie dem Wohl des sächsischen Staates unbedingt dienten, dann werde sie ihre Mithilfe nicht versagen. Jedenfalls müsse sie es ablehnen, das Reichstagswahlrecht ohne jede Einschränkung in Zachien einzuführen, (Vizepräsident Fräßdorf: Hört, hört! — Abg. Nitzschke: Tas ist doch nichts Neues!) Denn damit werde von vornherein ein einziger Stand, der Ar beiterstand, in die Lage gesetzt, unbedingt alle anderen zu majo risieren. Tamit würde dem einen Teil der Bevölkerung in Sachsen ein Vorrecht gewährt, das ihm die unbedingte Herrschaft in der Zweiten Kammer einräumen würde. Tann würde eine Entrechtung nach der anderen Seite eintteten. (Sehr richtig! rechts.) Tas lehne er also ab. Er verlange gleiches Recht für alle, und darum wünsche er kein Wahlrecht, das von vornherein einer Seite den Sieg sichere, das also einen wirklichen Kampf verhindere. Biel mehr Grund hätte man natürlich, sich um eine wir ja alle zustreben. ES ist mir daher nur willkommen, wenn mir durch die heute zur Verhandlung stehenden Anträge Gelegen heit gegeben wird, die etwas allgemeineren Gesichtspunkte mit Ihnen m aller Ruhe und Sachlichkeit durchzusprechen. Das Verlangen nach einer Neuerung knüpft ja an das groß- Erlebnis der letzten 3 Jahre an, an das Erlebnis des Weltkrieges. Weltkrieg und Neuordnung sind gewissermaßen die Pole, welche die Achse unserer Politik, unseres politischen Lebens festlegen sollen. Wer sich nun immer mit dieser Frage beschäftigt, der wird zunächst fchmerzlich berührt, schmerzlich berührt dadurch, daß ein Ereignis, bei dem deutsche Tüchtigkeit, deutscher Opfermut, Einigkeit und Heldentum in einer Weise sich bewährt hat wie noch nie in der deutschen Geschichte, daß dieses Ereignis nnd Erlebnis zum Anlaß wird zu Kümpfen, die eine Zeit lang den inneren Frieden zu bedrohen schienen Es durfte erwartet werden, daß die noch keineswegs überwundene äußere Gefahr, die der gegenwärtige Krieg über das deutsche Volt gebracht hat, eine Einheitlichkeit des Willens und der Entschlossenheit hätte Hervorrufen müssen, der gegenüber alle anderen Gegensätze zurück treten würden. Zu dieser Hoffnung waren wir um so mehr be rechtigt, als wir es in den wundervollen Augusttagen 1914 erlebten, wie das deutsche Volt das Bewußtsein seiner Einheit und seiner Bedeutung seines inneren Lebens gewann. Damals schien es, als ob das deutsche Volk nur einen Körper hätte, der von einem Willen, von einem Hoffen beseelt war. Heute finden wir diefe Geschlossenheit noch, aber draußen im Schützengraben bei denen, welche die größten Opfer täglich und stündlich bringen. Bei uns, auch so viel Selbstzucht üben müßte, daß sie sich vor Reden hütet, die in dem Auslande einen falschen Eindruck erwecken können. (Zu ruf deS Abg. Fräßdorf.) Tie Ausführungen, die Hr. Abg. Scheide mann gestern ini Reichstage gemacht hat, waren gewiß nicht so ge meint, wie sie »virken müssen. Sic müssen aber im Auslande so wirken, daß unsere Gegner nur alle Anforderungen auf Gebietsabtretungen ablehnen sollten, denn wenn die deutsche Regierung sich unterfangen sollte, auf Gebietsabtretungen zu bestehen, so würde die Sozial demokratie schon dafür sorgen, daß die Revolution im Lande auS- brcche. (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.) Ich glaube nicht, daß cs in diesem Sinne gemeint war, aber cs wirkte so, und wird im Auslande so ausgcbeutct werden. (Sehr richtig! in der Mitte.) M. H.! Ich sagte vorhin, ich glaubte nicht, daß die gegenwärtige Zeit dazu angetan ist, politische Kämpfe auszuscchtcn, und deswegen würde ich cs für richtig halten, die Reformen, die Sie wünfchen, und die Erörterungen darüber jetzt zurückzustellen. Trotzdem bin ich bereit, über einige Punkte allgemeiner Natur zu sprechen. Ich sagte, das KriegSergebniS und die Kriegswirkung sei eine durchaus ver- Noch immer stehe das deutsche Volk im schwersten Ringen. Man wisse nicht, ob bald Frieden werde, und welcher Frieden komme Sei es da wirklich Zett und Gelegenheit zu umfassenden inneren Neuerungen? Eine Revolution, wie man sie i-Lt Ruß- land erlebt habe, sei em Zeichen innerer Schwäche. Deutschland aber stehe im Innern vollkommen gefestigt da, und gerade die Zuversicht auf einen glücklichen Frieden gebe hier d,e Starke, daß man im Deutschen Reiche an Erneuerungen denken könne, die notwendig seien. (Sehr richtig! in der Mitte.) Denn gewaltige Ausgaben wirtschaftlicher und kultureller Art kämen nach dem Kriege, und für diese müsse man sich wappnen und rüsten, damit sie io erfüllt würde«, daß man auch »virNich für Jahrhunderte Bestand haben könne. (Seh« richtig! in der Mitte.) So se, ge rade der Wunsch auf die innere Erneuerung ein Zeichen der Stärke gegenüber dem äußeren Feinde. ES sei aber auch em Zeichen der Stärke für die Verhältnisse im Innern. Dabe» mühe er die Meinung ablehnen, daß man diese Reform brauche, um in Deutfchland demokratische Einrichtungen her zustellen und damit dem Gerede der Feinde von Militaris mus und Herrschaft des Säbels entgegenzutteten. Diese Dinge beständen nicht, die monarchische Verfassung sei gefestigt und die parlamentarische Regierungsweise sei so fest gegründet, daß man derartige Antriebe nicht notwendig habe. (Abg. Nitzfchke- Leutzsch: Sehr richtig!) Dieser Zustand, wie er geschichtlich ge worden sei und noch jetzt bestehe, habe in diesem Kriege die Probe glänzend bestanden. Mehr als in irgendeinem feindlichen Lande sei bei un- die Bolksfreiheit gediehen. Das deutsche Volk habe tatsächlich als ein freies Volk seinen Führern in den Krieg folgen können. Mit vollster Überzeugung sei es in den Krieg ge zogen, nicht durch eine kleine Clique von Regierungsmännern sei es Hineingetrieben worden, wie es in Frankreich, in England und in Rußland geschehen sei. Es bestehe bei uns gerade in diesem Kriege eine Einigkeit zwischen Regierung und Volk wie in keinem anderen Reiche. (Abg. Nitzschke-Leutzsch: Sehr richtig!) Der monarchische Gedanke habe sich in diesem Kriege glänzend be- währt. Er stehe hier in scharfem Gegensätze zu den Worten, die Vizepräsident Fräßdorf gesagt habe. Nicht nur draußen im Felde, sondern auch im Innern stehe man einig da. Man habe sich innerlich näher kennen gelernt. Re gierung und Regierte, Vorgesetzte und Untertanen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer »»sw. hätten ein ganz anderes menschliches Verhältnis zueinander gefunden al- vorher. Das treffe auch auf die politischen Parteien zu. Das Verhältnis der politischen Parteien untereinander sei viel vertrauensvoller ge- worden. Er hoffe deshalb auch, daß die Zersplitterung, die auf der linken Seite des Hauses erfolgt sei, wirklich nur em Splitter sei und keineswegs einen großen Teil der Partei ausmache, sonst müsse man seine Haltung danach einrichten. Über die Haltung der deutschen Sozialdemokratie seit dem 4. August 1914 habe man sich gefreut, aber solche Reden, wie sie jetzt im Reichstage gehalten worden seien und wie man sie auch hier schon gehört habe, seien doch geeignet, das vaterländische Empfinden aufs tiefste zu ver letzen und zu entschiedenstem Widerspruche zu veranlassen. (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.) Diese Vorgänge müsse man mit größter Aufmerksamkeit und mit einer gewissen Sorge ver folgen, und man müsse bei den eigenen politischen Entschließungen einige Vorsicht walten lassen. (Unruhe links. Zurufe: Tas ist unsere Sache!) Gegenwärtig wolle man sich aber die Freude an der inneren Geschlossenheit unseres gesamten Volkes und an der sowohl menschlichen wie politischen Annäherung der verschiedenen Stände und Kreise nicht beeinträchtigen lassen. Gerade diese innere Übereinstimmung in Verbindung mit der festen Sieges zuversicht gebe Deutschland die Kraft, schon jetzt noch während des Krieges auch an eine innere Erneuerung — er brauche dieses Wort absichtlich an Stelle von Reform — heranzugehen. Die Osterbotschaft Sr. Majestät des Kaisers sei ein offizieller Ausdruck von der Notwendigkeit einer solchen inneren Erneuerung. Auch das sächsische Volk habe in diesen» Kriege seine politische Reife bewiesen. Richt etwa als Dank für diese seine Tätigkeit im Kriege wolle man dem Bolle ein Geschenk machen. Tas Volk solle anerkannt und gewertet werden entsprechend diesen seinen Taten. (Sehr richtig!) Die staatlichen Einrichtungen müßten eingestellt werden auf die wichtigen und umfangreichen Zukunftsarbeiten. Ls gelte, hier alle Kräfte sreizumachen zur Beteiligung an den Aufgaben des Staates. Daruin gelte es in erster Linie auch, die Selbstverwaltung zu stärken. Auf der Selbstverwaltung baue sich das politische Leben Sachsens auf. Möglichst alle Teile des Volkes müßten in weitestem Umfange an der Selbstverwaltung beteiligt werden. Und wie in der Selbstverwaltung, so gelte es, in allen anderen staatlichen Emrich- tungen, allen Tellen des Volkes den ihrer Bedeutung für den Staat und die Allgemeinheit entsprechenden Wirkungskreis zu er möglichen und zu gewährleisten. Und darum fei eme Durchsicht der gesamten Berfassungs- und Verwaltungsgesetze unter diesim Gesichtspunkte notwendig. Jede große politische Umwälzung habe bisher auch immer große innere Reformen gezeitigt. Darum fei die gegenwärtige Zeit auch zu derartigen Arbeiten berufen. Deshalb sei seine Partei durchaus mit den» Antrag einverstanden, den die Sozmldemokraten in Rr. 373 dahin gestellt hätten, daß ein Ausschuß gebildet werde, dem Berfassungsftagen zu unter breiten seien. Sie sichere ihre Mitarbeit zu und werde ohne alle Voreingenommenheit und ohne vorgefaßte Meinungen mit den anderen Parteien dieses Hauses darangehen, in diesem Ausschüsse zusammen zu arbeiten, und hoffe, daß man dort zu positiven Er gebnissen komme. Das Ziel dieser Arbeit müsse sein, daß dort ein volles Zusammenarbeiten zwischen der Regierung und den Stünden erreicht werde, daß dort das gegenseitige Vertrauen zwischen der Regierung und den Ständen gehoben werde. Aber noch viel wichtiger als dieser Punkt sei es, daß inan eine volle Volkstümlichkeit der ganzen Verwaltung erreiche (Sehr richtig! m der Mitte ), daß man erreiche, daß das ganze Volk bei der Verwaltung herangezogen werde und dadurch Vertrauen zur Ber- waltung, zur Regierung und auch zu den Ständen gewinne. Das Volk habe sich im Kriege bewährt und sei im Kriege kei» anderes Volk, als e« im Frieden gewesen sei und auch im kün». tigen Fr»eden sein werde. Das Volk verdiene Vertrauen, Unk deshtllb solle man ihm auch bei einer künftigen Neuregelung des StaateS volles Vertrauen entgegenbringen. (Lehr richtig! in der ME.) Das gegenseitige Vertrauen des Staate- zum «olle mch
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