Volltext Seite (XML)
, Bekanntmachung. Von den zur Wiederbesetzung der hiesigen Stadtmufikdirectorstelle in AuSsichd>genommenen beiden Probe, rpncerte« wird das erste Mittwoch, den 21. l. M., t« Benedtx'schen Saale stattfinden und werden dabet die Herren Musikdirector Prager aus Marienherg und Musikus Alter, Mitglied des Sitt'schen Stadtmusikcorps in Chemnitz, unter Mitwirkung des hiesigen durch fremde Kräfte verstärkten Stadtmusikcorps auftreten. Das Programm wird besonders bekannt gemacht. Nach dem Concert ist die Abhaltung eines Balles gestattet. Frankenberg, am 19. Februar 1877. Der Stadtrat h. Kuhn, Vrarmstr. OerlUckeS und Sächsisches. Frankenberg, 19. Februar. — Am vorigen Sonnabend feierte der hiesige Stenografenverein den Geburtstag Gabels- berger,' des Stifters des in Sachsen heimischen stenografischen Systems, durch ein mit Toastei und Tafelliedern gewürztes Abendessen, sowie durch verschiedene heitere Vorträge, welche die Vereinsmitglieder und Gäste bis zu den frühesten Morgenstunden zusammen hielten. Mögen sich dieser gewiß nützlichen Kunst noch recht viele Gönner und Freunde zuwenden. — Von unserm Thürmer wurde am Sonn abend früh 4 Uhr ein Feuer in der Richtung von Ebersdorf bemerkt. — Dem preußischen Landtage ist auch eine Regierungsvorlage über den Ankauf der Berlin- Dresdner Eisenbahn, deren Verwaltung in miß liche Verhältnisse gerathen, zugegangen. Schon früher hat die kgl. sächsische Regierung sich gegen einen Erwerb der bis ins Innere Sachsens führen den Bahn seitens des preußischen Staates aus gesprochen und neuerlich hat der Minister des Auswärtigen, Hr. v. Nostiz-Wallwitz, dem kgl. preußischen Gesandten am Dresdner Hofe eine ausführliche Erklärung hierüber übergeben, deren Wortlaut das Dr. I. veröffentlichte. Es wird darin nachgewiesen, daß die preußische Negierung laut abgeschloffenen Staatsvertrags nicht be rechtigt ist, ohne die Zustimmung Sachsens den Betrieb auf der Berlin-Dresdner Bahn zu über nehmen, daß aber weder die allgemeinen deutschen Verkehrs- noch die speciellen sächsischen Interessen die Ueberlassung des Betriebs auf dieser Bahn an Preußen zweckmäßig erscheinen lassen. Er wähnt sei nur, daß dadurch die Möglichkeit ab geschnitten wird, sämmtliche Dresdner Bahnhöfe unter eine Verwaltung zu stellen, den Personen- und Güterverkehr zu concentriren und die ver schiedenen Bahnhöfe rationell auszunutzen; daß dann ebenso die Vereinigung der beiden Bahn höfe in Großenhain und die Herstellung einer Verbindung zwischen der Berlin-Dresdner und der Leipzig-Dresdner Bahn durch einen direkten Verkehr zwischen Großenhain und Dresden-Neu stadt zur Unmöglichkeit wird. Die sonstigen Vortheile der Güterverkehr-Concentration von Bodenbach bis zur preußischen Laniesgrenze in einer Hand werden näher beleuchtet. Zum Schluffe erklärt sich Sachsen bereit, falls die Berlin-Dresdner Bahn nicht mehr den Betrieb allein fortsetzen könnte, die in Sachsen gelegene Strecke (48 Kilometer) anzukaufen. Die Ver antwortlichkeit für die Folgen der jetzigen Differenz schiebt die sächsische Regierung Preußen zu. — Der von uns unter der Rubrik „Literari sches" vorläufig bereits angekündigte „W egwei fer durch die Königl. Sachs. Einkommen steuer-Gesetzgebung", bearbeitet vom Stadt- rath Advocat Siegel, ist nun im Verlage von C. C. Meinhold u. Söhne in Dresden erschienen und zwar hat die wohlwollende Unterstützung des Herrn Finanzministers es ermöglicht, daß der Herr Verfasser schon jetzt die demnächst erst erscheinende „Instruction" für die Einschätzungs commissionen mit benutzen konnte. DaSSchriit- chen giebt über 500 Nachweisungen und wird Manchem viel Zeit und Mühe beim Nachsuchen ersparen. Der Preis beträgt nur 30 Pfennige. Zur weiteren Verhütung der Verbreitung der Rinderpest ordnen die Ministerien des Innern und der Finanzen eine sorgfältige Desinfection aller Eisenbahn-Rampen, der Viehhöfe und Ställe, sowie der Ein- und Ausladeplätze auf allen Sta tionen der Staatsbahnen an, welche zum Trans port von Rindvieh, Schafen und Ziegen benutzt werden. In voriger Woche ist auch in Bautzen ein Rinderpestfall constatirl und eine Kuh deshalb getödtet worden. Wie nützlich, schreibt das Chemn. Tgbl. von dort unterm 16. Februar, die scharfe Controle auf hiesigem Bahnhofe über das Ausladen von Vieh ist, beweist der am gestrigen Tage consta- tirte neue Rinderpestfall. Eine am 15. d. M. hier per Bahn aus dem Gebirge angekommene Kuh durfte thierärztlicher Anordnung zufolge wegen dringenden Verdachtes der Rinderpest nicht ausgeladen werden. Die gestern nach er folgter Tödtung des Thieres vorgenommene Sec- tion des Cadavers hat den Verdacht bestätigt. Die Dresdener Gewerbebank ist trotz aller an gewandten Mühe, sie zu haltsn, doch noch dem Concurs verfallen, mit ihr zugleich das Privat vermögen des persönlich haftenden Gesellschafters der Bank, C. R. Fröhner. Die Wahlbewegung im Kreise Glauchau-Mee rane schlägt hohe Wogen. Auf beiden Seiten wird heftig gekämpft. Vom letzten Sonnabend bis zum Mittwoch sind einige 20 Versammlun gen angesetzt. Sämmtliche in Sachsen gewählte Socialdemo kraten gehören nicht dem Lande an: Bebel ist ein Rheinpreuße, Demmler ein Mecklenburger, Most ein Baier, Motteler ein Württemberger, Liebknecht ein Hessen-Darmstädter, Auer ein Hamburger und Bracke, der an Bebel's Stelle in dessen altem Wahlkreise candidirt, ein Braun schweiger. In Leipzig spielte sich am Donnerstag Abend eine aufregende Scene ab. Ein Schutzmann führte -inen Mann in Mittlern Jahren, der sich durch Veräußerung von Uhren verdächtig ge macht hatte, nach der Polizei und bog mit diesem gerade in den Burgkellerdurchgang ein, als der Arrestal plötzlich einen Revolverschuß auf den Schutzmann abfeuerte und die Flucht nach dem Brühle zu ergriff. Bald ertönten noch ein zweiter und dritter Schuß, die der Dieb auf das durch den ersten Schuß und durch den Ruf des Schutzmannes aufmerksam gemachte und den Menschen verfolgende Publikum abge feuert hatte. Endlich wurde der Flüchtling aber unter Entreißung der Waffe überwältigt und von dem Schutzmanns und dem entrüsteten Publikum nach der Polizei geschafft. Hier wurde er später als der aus Limbach gebürtige, seit einem halben Jahre in Pirna wohnhafte Kauf mann Vettermann ermittelt und fand man bei ihm verschiedene Goldsachen und Uhren vor, die von dem kürzlich in Pirna verübten großen Diebstahl herrühren. Zum Glück ist durch die Schüsse des verzweifelten Menschen weder der Schutzmann noch jemand aus dem Publikum verletzt worden. Ein trauriger Fall wird aus Meißen berichtet. Der Kanzleisecretär der dasigen Amtshauptmann schaft hatte vom Lande hereingebrachtes, schlecht gepökeltes und daher verdorbenes Schweinefleisch genossen, war dadurch schwer erkrankt und bald darauf gestorben. Auch 4 Kinder, welche von diesem Fleische genossen, sind erkrankt und schwebt eines derselben in Lebensgefahr. Zu gleicher Zeit als der bedauernswerthe Kanzleisecretär be erdigt wurde, wurde in Dresden ein Bruder desselben begraben. In voriger Woche ging die Ehefrau eines Zimmermanns in Kaditz bei Pirna mit ihrem zweijährigen Kinde der Elbe entlang und fand daselbst „grünes Kraut", welches sie für Selle rie-Schößlinge oder Petersilie gehalten hat. Sie hat selbst davon gegessen, auch ihrem Kinde da von zu essen gegeben. Nach der Rückkehr in die Wohnung ist das Kind heftig erkrankt und noch Abends gestorben; die Frau ist ebenfalls bedenklich erkrankt, befindet sich aber noch am Leben. Wahrscheinlich ist jenes Kraut Schier ¬ ling gewesen. Unerklärlicher Weise soll ärztliche Hilfe nicht angerufen worden sein. Die auch von uns mitgetheilte Erschießung eines Bären auf dem Bahnhofe zu Coswig wird vom dasigen Bahnhofsinspector dem Dr. I. als „wohl nur ein Fastnachtsscherz" bezeichnet, „den der Verfasser sich mit den Lpz. Nachr. (die die Erzählung zuerst gebracht) hat machen wol len". Daß weite Kreise des Publikums durch solche Scherze, die richtiger als Lügen bezeichnet werden müssen, getäuscht werden, sollten ihre Verbreiter doch bedenken. t- TaqeSq »'schickte. Deutsches Reich. Die Tagesblätter beschäftigt ein Artikel der „Prov.-Corr." über „Die Regierung und die Socialdemokratie", in welchem dies Blatt nach weist, daß die Regierung rechtzeitig die Gefahren der socialdemokratischen Bewegung erkannt habe. Es erhelle dies aus den Reden des Fürsten Bismarck und des Grafen Eulenburg bei Gele genheit der Berathung der Slrafgesetznovelle im Reichstage, vornehmlich bezüglich des Paragra phen, welcher eine strenge Bestrafung der öffent lichen Angriffe gegen die Institute der Ehe, der Familie und des Eigenthums bezweckte. Der Paragraph wurde bekanntlich damals abgelehnt. Weiter sagt das Blatt: „Die Regierung darf wohl erwarten, daß die Gesichtspunkte, von wel chen sie damals ausging, auf Grund der neue- ten Erfahrungen heule schon in einem entspre chenderen Lichte erscheinen, als es vor einem Jahre der Fall war. Wenn die Wege, welche sie damals zum Schutze des Staatswohls einzu schlagen gesonnen war, zunächst auf lebhaften Widerstand stießen, so wird es eine der drin gendsten Aufgaben der nächsten Zukunft sein, über die zur Sicherung der bürgerlichen Gesell schaft wirksam einzuschlagenden Wege eine Ver ständigung unter allen wahrhaft conservativen und staatserhaltenden Kräften herbeizuführen." Der dem Bundesrath erstattete Bericht seines Justizausschusses über den Antrag Preußens auf Reform der Actiengesetzgebung stellt den Antrag: Den Reichskanzler zu ersuchen, den Entwurf eines Gesetzes ausarbeiten und vorlegen zu las sen, welcher unabhängig von der Reform des Handelsgesetzbuches und unbeschadet der demnächst mit dieser zu vereinbarenden generellen Revi sion des gesanrmten Handelsgesellschastsrechts den Ausschreitungen bei Gründungen, bei der Ver waltung und den Betrieb von Actienunterneh- mungen entgegen zu arbeiten geeignet ist In» Reichstagswahlkreise Altona ist bei der in voriger Woche vollzogenen Neuwahl, die durch den Verzicht des siegreich aus der Stichwahl hervorgegangenen Hasenclever nöthig wurde, ein definitives Resultat nicht erzielt worden, so daß der Bezirk wieder zur Stichwahl, also der vier ten Wahl, und zwar zwischen dem Liberalen Karsten und dem Socialisten Hartmann ver- schreiten muß. Dritter Candidat bei der Nach wahl war ein Socialist anti-bebel'scher Richtung. Türket. Nachdem zu allgemeiner Ueberraschung Mid hat Pascha, der energievolle Großvezier, kaum gestürzt und durch Edhem Pascha ersetzt worden, läßt uns der Telegraph schon wieder neue Ueber- raschungen in Konstantinopel erwarten: er mel dete am Sonntag, daß Edhem Pascha den Sul tan um seine Entlassung gebeten und der in Neapel angelangte Midhat Pascha dort eine wichtige Mittbeilung aus Konstantinopel erhalten habe. Einerseits vermuthet man, daß England seine Rückberufung veranlaßte, obwohl man noch nicht wisse, ob ihn der Sultan in seine frühere