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vielfach zu überraschen, allenthalben aber pein liches Aufsehen zu erregen. Je mehr der hiesige Bürger sich bisher bewußt war, es stehe um das kirchliche Wesen hierorts vergleichsweise nicht so schlecht, es seien zur Hebung desselben in den letzten Jahren sogar namhafte Opfer gebracht worden; um so tiefer mußte ihn diese Kunde befremden. Dem Ausdrucke nach muß es ja scheinen, als wäre die Zahl der Mißzufriedenen, die sich zur Bildung einer eigenen Gemeinde entschlossen haben, bereits eine imposante, als hätte man mit etwa Hunderten zu rechnen. Letzteres ist nun, was man zur Beruhigung sa gen kann, durchaus nicht der Fall; wir erfuhren an competenter Stelle als Thatsache, daß über haupt nur 5—6, sage fünf bis sechs, Per sonen officiell ihren Austritt zur separirten Ge meinde erklärt haben. Wie man da freilich von einer erstarkten Gemeinde reden kann, wie man das Bedürfniß nach einem eigenen Betsaal und Prediger so dringend unter diesen Umstän den Hinstellen kann, das ist uns unerfindlich; es ist aber nothwendig, den einfachen Sachver halt aufzudecken, damit nicht von vorneherein die öffentliche Meinung irre geführt werde. Auch sonst begegneten wir im Publikum den seltsam sten Begriffen über diese ganze gegenwärtige Bewegung, wie beispielsweise daraus ersichtlich ist, daß sonst nicht ungebildete Frauen die naive Frage stellten, ob denn das schon wieder Leute wären, die nichts mehr glauben wollten. Hier nach kann es nicht überflüssig sein, mit mög lichster Rnhe etwas Licht über dieses Dunkel zu verbreiten. Es handelt sich um Begründung einer »epa- rii-teo lutherischen Gemeinde in unserer Stadt. 8epurii-e», ein lateinisches Wort, heißt sich ab sondern. Von der seit den Tagen Luther's be stehenden Landeskirche, die sich auch evan gelisch-lutherisch nennt, wollen die Separir ten sich absondern und hingegen eine wahre lutherische Kirche oder Gemeinde, wie sie bisher noch niemals, auch in den Zeiten strengster Rechtgläubigkeit nicht, existirt hat, Herstellen. Daraus geht schon klar hervor, daß wir es hier keineswegs mit Ungläubigen, sondern mit Streng gläubigen zu tbnn haben, und wenn sie gleich ihre neue Gemeinschaft eine Freikirche nennen, zum Unterschied von Staatskirche, so haben sie doch mit den Freireligiösen nicht das Mindeste zu thun, sie sind vielmehr die erklärtesten Anti poden derselben. Um so erstaunter fragen denn da Diejenigen, die auch gutkirchlich sein wollen, „aber warum muß sich denn abgesondert sein? warnm muß man denn auHtreten? Wir sind doch bisher der Meinung gewesen, man müsse gegenüber dem überhandnehmenden Verfall von Religion und Sitte fest und einig zusammen halten, man müsse, um etwaige Irrende und Abgefallene zurechtzubringen, nicht kurzweg von denselben sich lossagen, sondern gerade an ihnen und unter ihnen arbeiten? Also was hat denn die Landeskirche gethan, daß man sie verächtlich im Stiche läßt?" Antwort: „Die Landeskirche hat zuviel Unvollkommenheiten an sich; sie dul det in sich die großen Massen derer, die factisch jeden Zusammenhang mit ihr lösten, sie duldet sogar Verkündiger des Gotteswortes, die vom lutherischen Bekenntniß mehr oder weniger ab gewichen sind, vor Allem ist auch das Kirchen regiment zu mattherzig und wenig energisch ge gen die, welche der Zucht bedürfen." Sy lauten in verschiedensten Variationen ihre Klagen, die ja keinesweges völlig angegründet sein mögen. Es fragt sich nur, muß man dann deshalb gleich das Kind mit dem Bade aus- schütten und austreten? Macht man die kirch liche Lage besser, wenn man zu allen den vor handenen Uebslständen ein noch größeres Un glück und Uebel muthwillig Hinzuthut? Muß Niqn sich denn auf dieser Unvollkommenen.Erde Nicht,, M nach E unyollkMwneren Zuständen ost zufrieden geben? '.Hier in der Kirche, in und^emrbrkammrn Baierks M Tagesgeschichte. Deutsche» Reich. Die baierische Staatsregierung hat gleich der preußischen und. sächsischen die Frage der Be theiligung an der 187« in PM YMfindktMn Internationalen Ausstellung den Mndels- M Jene, und sie kommen Einem vor, wie etwa ein in baufälliger, unzweckmäßiger Hütte woh nender Armer, der statt einen Versuch mit Re paratur »u machen, lieber seine Behausung gänz lich verlaßt und im Freien obdachlos Wind und Wester, Frost und Hitze eigensinnig sich aussetzt. Man dächte, die meist im Alter schon ergrauten Separationslustigen müßten auch etwas von der Geschichte wissen und zwar nur aus der Zett ihrer Väter und Großväter. Dann wüßten sie, was erst diese haben tragen müssen, als weit und breit nichts als der platteste Vernunftglaube (Rationalismus) herrschte, der von der heiligen Schrift und den Bekenntnissen soweit abgewichen war wie nur möglich. Unsere Väter aber, so weit sie eine bessere Erkenntniß hatten, sind nicht ausgeschieden, haben ihr Loos ertragen und ihrerseits Zeugniß von ihrem Glauben abgelegt, wo sich ihnen Gelegenheit bot. Nur in Preu ßen trieb die Einführung der Union in den drei ßiger Jahren zur Separation, weil sich dadurch Viele im rechten Gebrauch des Wortes und der Sacramente behindert fühlten; gegenwärtig aber liegt in unserer sächsischen Landeskirche solch ein Anlaß nicht im Entferntesten vor. (Fortsetzung folgt.) Chemnitz an hie Synode mit dem Ersuchen ge wendet, aus jene Petition im Interesse der evan gelisch-lutherischen Landeskirche nicht einzugehen. Ihnen haben sich Kirchenvorstände aus den ver schiedensten Theilen des Landes angeschlossen. So hat jetzt der Kirchenvyrstand zu Mittweida unter seinem Vorsitzenden Oberpfarrer vr. Büch? ting eine Petition an die Synode beschlossen und abgehen lassen, in welcher die Bitte aus gesprochen wird, die Synode wolle zur Wah rung des Friedens in der evangelisch-lutherischen Landeskirche der Petition über „Kirchenzucht, Lehrzucht und Trauordnung" Genehmigung nicht ertheilen. Aus Riesa vom 11. Octbr. berichtet man dem Dresdner Journal: „Am vergangenen Donner stag, 5. d. M., ging die Herablassung der Jn- terimsbrücke vollends glücklich von -statten, sodaß auf derselben aufgezogene Flaggen Nachmittag- 3 Uhr verkündeten: „Das schwere Werk ist glücklich vollendet, in kurzer Zeit kann der Ver kehr wie vor dem Einstürze in unbeschränkter Weise wieder eröffnet werden." Nun hieß es, die Schrauben mit sammt den Gerüsten wsg- nehmen, Schwellen auflegen und Schienen auf nageln. Mit vereinten Kräften wurden diese Arbeiten bewältigt, die letzten Schienen wurden heute früh gelegt, sodaß den geehrten Lesern das fröhliche Ereigniß verkündet werden kann: Heute, Mittwoch, Vormittags 8 Uhr 25 Min., fuhr die erste Locomotive, Althen, über die Rie saer Jnterimsbrücke. Weitere Probefahrten werden jedenfalls heute noch erfolgen, da schon morgen Güterzüge verkehren sollen, der gesammte Personen- und Güterverkehr aber vom 15. d. M. an über die Jnterimsbrücke geleitet wird." In Mittweida hat sich am Mittwoch auch einer der in letzter Zeit so oft schon gemeldeten Unglücksfälle durch unvorsichtiges Gebühren mit Petroleum ereignet: um das Feueranzünden zu beschleunigen, gießt ein Dienstmädchen aus einer gefüllten PetrvleMflafche zu, die Flasche explo- dirt, sofort gerathen die Kleider der Unglück lichen in Brand, die bedeutende Verletzungen an Händen und Beinen davonträg'- In Stollberg verunglückte ein Ijähriges Kind dadurch, daß es in einem unbewachten Augen blicke zu einem Waschfasse kroch, mit dem Kopfe in dasselbe fiel und dadurch seinen Tod fand. In Freiberg sind in der Nacht zum 9. Octbr. bei heftigem Winde 6 Häuser niedergebrannt, beziehentlich zum Theil durch die Löschanstälten beschädigt worden. Das energische Eingreifen der Feuerwehr wird rühmend hervorgehoben. Als des bei Markneukirchen an der verehel. Gemejnhard verübten Mordes dringend ver dächtig ist der zu ihr in einem Verhältniß ge standene Geiaenmacher Winkler aus Markneu kirchen verhaftet worden. In Dresden ist die Leiche eines Kindes von Ratten zerfressen worden. Das Kind war am vorletzten Mittwoch Abend gestorben und eine Nachbarin rieth in Anbetracht des engen, nied rigen und dumpfen, dabei noch geheizten Stuben raumes, die Leiche in die Kammer zu stellen; aber diese Kammer war nur ein erbärmlicher Raum, worin Ratten und Mäuse Haufen. Die Mutter des verstorbenen Kindes trug deshalb Bedenken, die Leiche hinein zu stellen, es blieb aber schließlich nichts Anderes übrig, und am nächsten Morgen lag das Kind kläglich zerfres sen da. In Koblenz bei Gößnitz wurde vor einigen Tagen beim Drainiren ein Gefäß mit alten Münzen (aus der Zeit Friedrich Barbarofsa'S) aufgefunden. Abend von hier aus wahrgenommen wurde uud nach seinem heftigen Scheine eine größere Feuers brunst in nicht zu weiter Entfernung befürchten ließ, hatte in Geringswalde bei Wolkenstein seinen Heerd und legte in kurzer Zeit ein aus gefüllter Scheune, Stallgebäude, Schuppen und Wohnhaus bestehendH Gehöfte nieder. Gegen die früher erwähnte Petition, in wel cher eine Anzahl Geistlichex bei der Landessynode um EinfiHrung einer strengen Kirchen- und Lehr- zucht (gegen Pastor Splzr gerichtet) und Trau- orhnung nachsuchen, haben sich zunächst hie HixHeyvoWnde vy^OMberL, Dresden und OertlicheS und Sächsisches. Frankenberg, 13. October. — Das evangelische Deutschland hat eine Ehrenschuld aus den Kriegsjahren her an die Evangelischen in Paris abzustatten.^ Dieselbe Zeit, welche uns große Erfolge brachie, hat für jene empfindliche Nachtheile mit sich geführt. Die armen deutschen Arbeiterfamilien, welche nach ihrer Vertreibung aus Paris des Erwerbes wegen Meder dahin zurückkehrten, fanden Kirchen und Schulen, sowie deutsche Spitäler meist zer stört; uud doch bilden diese Orte Sammelpunkte und Zufluchtsstätten für sie; dort finden sich die Landsleute, hören wieder die heimathlichen Klänge der Muttersprache, erhalten Rath und Pflege nach Leib und Seele, werden die Kinder deutsch unterrichtet und so unserem Volke als Glieder erhalten. Diese ihnen verloren gegan genen Pflegestätten müssen wir unseren Stam mes- und Glaubensgenossen zurückgben. In unserem Lande ist eine Sammlung für die Evan gelischen in Paris bewilligt worden und wir machen darauf aufmerksam, daß nächsten Sonn tag dieselbe in unserer Kirche stattfinden soll. Auch werden die Gustav-Adolph-Vereins-Samm- ler später in den Häusern für diese Sache Gaben mit in Empfang nehmen. — In Schloßchemnitz findet künftigen Sonntag Nachmittags 2 Uhr ein Festgottesdienst für die Sache der inneren Mission statt, dem sich unz 4 Uhr eine Be sprechung im Evangel. Vereinshause zu Chem nitz anschließen wird. — In der vorgestrigen Sitzung des Stadt- verordneten-Collegiums wurde Hr. Stadtrath Eckelmann wieder- und der bisherige Stadtver ordnete Hr. Kaufmann Hermann Uhlemann neu zum Stadtrath gewählt, dem mit Ende des Jahres aus dem Rathscollegium scheidenden Hrn. Stadtrath Ancke Anerkennung und Dank für sein langjähriges pflichttreues und eifriges Wirken im städtischen Interesse, namentlich in den zeitraubenden ökonomischen und Bausachen, durch Erheben von den Plätzen ausgespr ochen. — Das Schadenfeuer, welches am Mittwoch