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Kunstgewerbemuseums, auf das in der Sonn- abendnummer d. Bl. aufmerksam gemacht wor den, an den Tag gelegt, besichtigt morden war. Üeber die Arbeiten an der Riesaer Jnterims- brücke wird dem „Dr. A." mitgetbetlt: Unter den wielen Momenten und Verhältmffen, welche die zur Beseitigung der eingestürzten Theile her Riesaer Eisenbahnbrücke und der Herstellung einer Verbindung zwischen den beiden Elbufern unternommenen Arbeiten schon gebracht haben, ist die Art und Weise, wie man die projectirte Jnterimsbrücke an ihren Bestimmungsort bringt, gewiß besonders interessant zu nennen. Bekannt lich steht diese Jnterimsbrücke in starker Holz- consirnction ihrer ganzen Länge nach fix und fertig auf dem Bahnbofe am linken Ufer der Elbe; von hier wird sie nun, nachdem sie voll ständig in die Richtung ihrer künftigen Lage ge bracht und mit Lowryrädern versehen auf ein Schienengeleis gestellt worden ist, mittelst star ker Winden und Taue und Ketten vorwärts nach dem rechten Ufer zu von einem Pfeiler zum andern geschoben. Um dies zu ermöglichen, wird, beim Landpfeiler angefangen, in das Joch zwischen diesem und dem nächsten Strompfeiler eine starke Zille gefahren, welche einen aus Bal ken construirten Pfeiler trägt, der den Zweck hat, die beim Vorwärtsbewegen der Brücke frei werdende Spitze derselben auszunehmen und sie, selbst mit hinüber geschoben, so lange zu stützen, bis sie wieder Auflage auf dem gemauerten Pfeiler erlangt hat. Diese Manipulation wie derholt sich bei der Ueberschreitung jedes Joches, indem die Zille mit dem Gerüste, das als Hilfs pfeiler dient, in den nächsten Bogen gefahren wird, bis die Brücke in ihrer ganzen Länge feste Auflage hat und nun erst wird sie in das Niveau der Schienengeleise nach und nach Herabgelaffen. Die iämmtlichen Arbeiten sollen in ca. 4 Wochen beendet sein, so daß spätestens mit 15. October der Verkehr über die Jnterimsbrücke geleitet werden kann, was im Interesse des reisenden Publikums nur zu wünschen ist, da die jetzige Art der Ueberführung bei eintretendem schlechten Herbstwetter sehr viel Unannehmlichkeiten nicht vermeiden läßt. In Werdau feierte Brgrmstr. Fiedler am 16. d. M. das Jubiläum seiner 25jährigen Thätig- keit als solcher. Die Stadt ernannte ihn zum Ehrenbürger, verlieh ihm eine Gehaltserhöhung und überreichte einen prachtvoll gearbeiteten silbernen Pokal. Die Eröffnung der Eisenbahnstrecke Seifhen nersdorf-Warnsdorf hat am 15. d. M. stattge sunden. In Chemnitz wurde kürzlich ein aus dasigen Israeliten bestehender Verein zur Krankenpflege, Leichenbestattnng und Unterstützung hilfsbedürf tiger Glaubensgenoffen gegründet. Ein schauerlicher Unglücksfall ereignete sich in voriger Woche in Limbach: Eine Frau bringt um 6 Uhr Abends ihr 2jähriges Söhnchen in die unter d^m Dache gelegene Schlafkammer in seine Wiege zur Nachtruhe. Sie verläßt das Kind, welches scheinbar eingeschlafen ist, ohne ein Ahnung von dem nun ivlgenden Unglücks falle zu haben. Nach einiger Zeit deutet auf steigender Rauch den Nachbarn an, daß in der betreffenden Piece Feuer sein muß. Man eilt herbei und vernimmt schon von Weitem das herzzerreißende Wimmern. Die Wiege steht in Flammen und das arme, noch lebende Kind ist schon halb verbrannt. Bis 11 Uhr noch muß es die größten Schmerzen ausstehen, ehe der Tod es von seinen Leiden erlöst. Das Feuer soll durch herumliegende Streichhölzchen, mit welchen das Kind vielleicht gespielt hat, ent standen sein. Die seit etwa drei Wochen fast tagtäglich fal lenden Regen haben eine so reiche Pilzernte in den vaterländischen Waldungen gezeitigt, daß man dieses allgemein beliebte Nahrungsmittel von manchen Orten fuderweise in die Städte zu Markte bringt und ziemlich billig verkauft. In Neustadt-Dresden wurde die sogenanute Schwinge, das ist 3 bis 4 Metzen, schöner und frischer Steinpilze mit 3^ bis 4 Mark verkauft. Ta geSge schichte. Deutsche» Rletch. Die Sitzungen des Reichstages werden am 30. October beginnen. Die Agitation, welche eine Verlegung des für den Anfang Januar in Aussicht genommenen Termins zn denNeichS- tagswahlen anstrebt, und welche sich darauf stützt, daß zur genannten Zeit zahlreiche Gewerbtrei- bende auf der Leipziger Messe sind und mehr noch anderwärtig dringlich in Anspruch genom men sind, wächst von Tag zu Tag. Wie ver lautet, ist die Regierung auch nicht abgeneigt, dest Wahltermin auf den Anfang Februar zu verschieben. Die Pariser „Francs" brachte kürzlich die Meldung, zwischen dem Deutschen Reiche uno Rußland sei unter dem 11. Juli d. I. ein Schutz- und Trutzbündniß.zu Stande gekommen, welches sich namentlich auf die Orienldinge be ziehe. Das genannte Blatt, welches von dem berüchtigten Emil de Girardin geleitet wird, brachte sogar den Wortlaut des erwähnten Ver trages und behauptete überdies, in dem Besitze einer beglaubigten Abschrift desselben zu sein. Von zuständiger Seite wird nun versichert, daß die ganze Erzählung auf Erfindung beruhe und ein Vertrag, wie der bezeichnete, überhaupt nicht existire. Lebensversicherungsanstalten giebt es in Deutschland jetzt nahe an 40, in Deutsch- Oesterreich gegen 15, in der deutschen Schweiz 2. Unter den deutschen Anstalten hatten die nach benannten zu Ausgang des vorigen Jahres je einen Versicherungsbestand von mehr als 50 Millionen Mark: Gotha (288,259,400 M.), Germania in Stettin (190,951,443 M.), Con cordia in Cöln (124,801,726 M.), alte Leipziger (103,080,650 M.), Lübeck (102,809,747 Bi.), Stuttgarter Lebensversicherungsbank (98,327,946 M.), alte Berlinische (79,197,619 M.), Magde burger Lebensversicheruugsgesellschaft(51,843,481 M.). Die Zusammenstellung im „Bremer Han delsblatte", welcher wir diese Daten entnehmen, überzeugt uns von der soliden Fundirung der Mehrzahl der geschilderten Institute; sie belehrt uns aber zugleich, daß noch inimer doch nur ei« kleiner Procentsatz der Bevölkerung von den hier dargebotenen Segnungen Gebrauch macht. (Versichert waren im Deutschen Reiche Ende 1875 : 508,519 Personen mit 1,622,672,300M.) Indem sie zugleich diese Segnungen mit authen tischen Ziffern erläutert, enthält sie eine ernste Mahnung an alle Diejenigen, welche, obwohl ihnen die Gelegenheit so nahe gerückt ist, noch versäumen, in der zweckentsprechendsten und sicher sten Weise für die materielle Zukunft ihrer An gehörigen zu sorgen. Oesterreich-Ungarn. Das Leichenbegängniß Anastasius Grün's, zu dem sänimtliche steierische Städte Deputationen nach Graz entsandt hatten, gestaltete sich zu einer großartigen Trauerkundgebuug der gc- sammten Bevölkerung und wurde durchaus der bürgerliche Charakter eingehalten. Die Haltung der außergewöhnlich zahlreichen Volksmassen war imposant, ruhig. Die Balkons und Fenster waren mit schwarzen Tüchern behangen, an ein zelnen Häusern waren Blumengewinde angebracht. Die Amtsgebäude, namentlich das Rathhaus, die Universität, das Landhaus, der Bahnhof waren besonders reich dekorirt. Alle Gaslater nen in den Straßen, durch die sich der Zug be wegte, waren mit Trauerfloren behängt. Alle Kaufläden waren geschlossen. Die Luft war durch den Fackeldunst dicht verschleiert, alle Fen ster und Balkons längs des ganzen Weges wa ren voll besetzt. Der Saal im Bahnhof, wo die Abschiedsfeierlichkeit stattfand und von wo die Leiche nach dem Wunsche des Todten nach seiner Besitzung Haselbach gebracht wurde, war durch schwarze Tücher in eine Trauerkapelle ver wandelt. Türkei. Den in den letzten Tagen in den Tagesblät tern — in manchen mit besonderer Vorliebe — ireitgetretenen Befürchtungen des naben Aus bruches eines Kreges der Großmächte und nament ¬ lich Rußlands mit der Türkei folgest heute, be ruhigendere, friedlichere Mittheilungen. Nach denselben hat die Pforte ihre Friedensbedingun- aen folgendermaßen ermäßigt: 1) Vertheilung der Kriegsentschädigung auf. 10 Jahre; 2) Be setzung von 2 serbischen Festungest bis: zur voll ständigen Zahlung der Kriegsentschädigung; 3) Anerkennung des Fürsten Milan ohne Investi tur in Konstantinopel; 4) Bildung eines neuen serbischen Ministeriums. Auf den, Kriegsschauplätze ist alles beim Alten. Der serbische Generalissimus Tschernajeff, der Niederlage über Niederlage erlitten, soll jetzt den Fürsten Milan zum „König von Serbien" pro- clamirt haben. Die Geschichte, die lustig anzu hören wäre, lägen derselben nicht so traurige Ereignisse zu Grunde, wird aber jetzt als er funden bezeichnet. Sultan Abdul Hamid hat zur Erleichterung der Friedensverhandlungen eine zehntägige Ein stellung der Feindseligkeiten, vom letzten Freitag angegangen, verfügt. Gleiche Anordnung hat Fürst Milan von Serbien getroffen. Die Negierung der Pforte hat eine neue, dritte Kommission zur Untersuchung über die Vorgänge in Bulgarien ernannt. An der Spitze der Kommission steht der frühere Handelsminister Sadullah Bey. Der Kommission gehören außer Muselmännern auch Griechen, Bulgaren und Armenier als Mitglieder an. Die Schuldigen sollen an Ort und Stelle sofort und mit aller Strenge bestraft werden. Bezeichnend genug ist die Weise, in welcher der Geburtstag des russischen Kaisers,* in voriger Woche, in Serbien gefeiert wurde. Bei der all seitigen Feier, namentlich aber in den höheren Kreisen, telegraphirte der Obercomniandant der serbischen Truppen, der russische General Tscher najeff, an den Kaiser Alexander: „Sire! Die russischen Offiziere und alle getreuen Unterthanen Euer Majestät bringen dankend ihre loyalsten und aufrichtigsten Glückwünsche zum Feste dar. Wir Alle, die wir hier sind, senden unsere hei ßen Gebete zum Allmächtigen für die Verlänge rung der für die Humanität so wohlthätigen und für das Glück des Auslandes so nolhwen- sigen Tage Euer Majestät. Die serbische Armee eiert diesen festlichen Tag im Feuer von Kugeln und Karlätschen gegen den Feind unserer heili gen Religion." Fürst Gorlschakoff antwortete ür den Czar: „Se. Majestät, unser allergnädig- ter Kaiser, hat mich beauftragt, Ihnen seine ebhafte Befriedigung über die in Ihrer Depesche ausgesprochenen Glückwünsche auszudrücken. Se. Majestät ladet Sie ein, ihr Wohlwollen der iraven Armee auszudrücken und ihr zu sagen, mß sie mit lebhaften, Interesse die Fortschritte zes heldenmüthigen Kampfes der Serben gegen ihre Feinde verfolge." In einem Zustimmungsschreiben des Londoner Zweiges der polnischen historischen Gesellschaft an die Serben befindet sich folgende Warnung vor Rußland: „Während wir Eure Tapferkeit >ewundern, halten wir es für unsere Pflicht,' Euch gegen die Regierung zu warnen, durch deren Rath und durch deren Versprechungen auf Hilfe Ihr verleitet wurdet, die Waffen zu er- xeifen. Wir haben ein Recht zu sprechen, weil wir in Folge trauriger Erfahrungen wissen, zu welchem Preise der Erzfeind politischer Freiheit und nationaler Unabhängigkeit seinen Beistand an Solche verkauft, die sich einbilden, daß sie diese unschätzbaren Besitzthümer durch seine Ver wendung erlangen können. Wir büßen in, Exil >en Jrrthum unserer Vorfahren; seid durch unser Beispiel gewarnt, ehe es zu spät ist." Stadtverordneten-Verhandlungen. In der 8. öffentlichen Sitzung (am 10. August) heilte zunächst der Herr Vorsitzende ein den in diesem Jahre in Plauen stattfindenden sächsischen Gemeindetag betreffendes Schreiben des Vor- tandes des Letzter» mit. Ein zum Vortrag ge- angender schriftlicher Nachtragsbericht des Hrn. lug. Barthel über die Stiftskassenrechnung vom Jahre 1875, der von den Herren vr. Heubne^ und Rud. Vogelsang als weitern Mitglieder