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93 Donnerstag den w NWst. FrailkenbeMr Nachnchtstilatl und , Bezirksanzeiger. Amtsblatt der König!. Amtshauptmannschaft Flöha, des König!. Gerichtsamts und des StadtratHS zu Frankenberg. Erscheint wöchentlich drei Mal. Vierteljährlich 1j Mark. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Post-Expeditionen. Bekanntmachung. Die Besitzerin des in der Chemnitzer Straße hier gelegenen Hauses 377 des Brd.-Cat., Frau Johanne Christiane Gerlach geb. Delling, beabsichtigt in ihrem vorbezeichneten Hause eine Kleinviehschlachteret zu errichten. In Gemäßheit 8 17 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 21. Juni 1869 wird Solches mit der Aufforderung bekannt gemacht, etwaige EinnMdungen gegen diese Anlage, soweit sie nicht auf Prioatrechtstiteln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen-und spätestens bis zum 28. August IS. bei uns anzubringen. Frankenberg, am 9. August 1876. Der Stadtrat h. " Meltzer, Brgrmstr. Bekanntmachung. Herr Robert Julius Heydt, Besitzer des in der Chemnitzer Straßr hier gelegenen Hauses 413 deS Brd.-Cat., beabsichtigt in diesem Hause eine Kleinviehschlächterei zu errichten. Diejenigen, welche hiergegen nicht auf Privatrechtstiteln beruhende Einwendungen zu erheben gedenken, haben letztere bei deren Verlust bis spätestens 28. August d. I. bei uns anzumelden. Frankenberg, am 9. August 1876 Die Creditbeschlänkung. l». I*. 6. Wohin immer man jetzt hört, da tönen Klagen, nichts als Klagen. Die schwere Noth der Zeit ist das meist diskutirte traurige Gesprächsthema in allen Landen. Nicht in dem durch mißbräuchliche Anwendung in Verruf ge kommenen, sondern in trüb-ernstem Sinne gilt die Redensart, daß selbst die ältesten Leute so schlimmer Tage nicht gedenken, als die gegenwärti gen sind. Die fetten Jahre „des wirthschaft- iichen Ausschwungs" haben wir freilich auch er lebt — aber kein Joseph war da, der uns ge- rathen hätte, Vorrathshäuser anzulegen für die kommenden Jahre der Dürre. Doch nein! Prediger hat es genug gegeben, welche, von dem allgemeinen Schwindel nicht mit ergriffen, ihre warnenden Stimmen erhoben; aber diese Stimmen verhallten, wie die des Predigers in der Wüste. So kam es, daß nur ganz Wenige aus der allgemeine^ Sündfluth sich retteten, die Tausende hingegen mit ihren Tausenden als Opfer des großen „Krachs" in das Elend der Verarmung sanken. Schlimmer viel schlimmer sind wir daran, als Egypten in den sieben magern Jahren unter Pharaos und seines Major domus Joseph Regiment. Abgesehen selbst von den Speichern, welche der traumkundige Mini ster vorsorglich hatte füllen kaffen, folgten damals den sieben Jahren der Ueppigkeit doch auch nur sieben unfruchtbare Jahre, während bei uns der kurzen Bethörung eine lange Buße folgt, deren Ende noch nicht abzumeffen ist. Egyptens Völ ker wurden die Opfer einer harten Naturnoth wendigkeit — wir sind die Opfer eigener Schuld. Begreiflich ist es darum, daß wir überall und überall Klagen vernehmen, aber es ist auch wenig förderlich. Zu fleißiger Arbeit zwar zwingt uns die Noth — die Arbeit aber so ertragreich zu machen, daß die Noth von uns weicht, das will klug bedacht und bedächtig ausgeführt sein. Nach den Fleischtöpfen Egyptens haben wir keine Sehnsucht — wir leiden noch an Indige stionen vom übertischten Mahle — doch aus dem Proletarierthum möchten wir wieder her aus. Das ist ein bescheidener und berechtigter Wunsch und seine Erfüllung kann nicht ausblei ben, wenn wir nur mit den rechten Mitteln darauf hinarbeiten, üble Gewohnheiten dagegen, die uns anhaften und auf unserem Wege uns wmmen, abstreifen. Die Selbsterkenntniß ist >ier wie überall die erste Bedingung und Grund- age zur Besserung. Glücklicher Weise hat es ,ei uns nicht an Berufenen gefehlt, welche ohne Furcht und Scheu auf unsere Fehler und Mängel uns aufmerksam machten, und wir sind denen dankbar, welche um unsere Besserung sich be mühten, selbst wenn sie uns dabei beschämten. Nicht gerade wenig und auch nicht leichte Vorwürfe sind uns gemacht worden. Daß wir das Prinzip befolgen, zwar billige, aber schlechte Waare zu liefern, ist noch nicht so schlimm, als daß uns nachgesagt wird, es fehle uns diejenige Rsellität, ohne welche man auf dem Weltmarkt nicht Platz gewinnen kann. Glücklicher Weise dürfen wir glauben, daß die mangelnde kauf männische Reellität in den geschäftlichen Be ziehungen zum Auslande schnell schwinden und einem gleichmäßig ehrenvolleren und gewinn reicheren Prinzipe Platz machen wird. In den Tagen der politischen Misere Deutschlands hatte auch der deutsche Kaufmann einen beschränkten Geltungskreis, war er auf dem Weltmärkte ebenso zurückgesetzt, wie sein zerrissenes Vaterland ge ring geschätzt. Als das deutsche Reich erstand, als erste Landmacht Geltung gewann und auch zur See würdig auftrat, da erst war mit einem Schlage der deutsche Handel von den früheren Beschränkungen befreit. Was Wunder, daß der kleine Industrielle an die ungewohnten großen Verhältnisse seinen gewohnten kleinlichen Maß stab anlegte, daß er bei dem ersten nach weiter Ferne abgeschlossenen Geschäfte, für welches er keine Folge hoffte, ungebührlichen Gewinn zu erzielen trachtete I Das ist zwar nichts weniger als löblich, aber es ist doch erklärlich, und man wird leicht zugestehen, daß der deutsche Kauf mann bald gewitzigt und schon aus Klugheit reell sein wird. Als einen anderen Grundschaden deutschen Handels und deutschen Gewerbes bezeichnete man unsere unwirthschastliche Gewohnheit, langen Credit zu nehmen und zu geben. Laut und nachdrücklich wurde verlangt, daß man von dem Gebrauche, später und unpünktlicher Zahlung abgehe, weil dieser Gebrauch uns auf dem Welt markt concurrenzunfähig mache und Unsicherheit selbst in unsern innern Verkehr trage. Mit eindringlicher Beredsamkeit und mit unwider leglichen Gründen wurde di« Parole der „Credit- DerStadtrath. Meltzer, Brgrmstr. Beschränkung" empfohlen, aber leider mit ein eiligem Erfolg. Die Großhändler und Fabri kanten freuten sich, im Reichsanzeiger selbst be- ürwortet zu sehen, was schon lange ihres Her fens Wunsch gewesen, und sie begannen alsbald, jener Mahnung ihrerseits zu folgen und nur noch kurzen Credit zu gewähren. Auf diese Weise droht uns sogar auS den unzweifelhaft besten Lehren Gefahr, weil sie in doppeltem Sinne zu unrechter Zeit befolgt werden. Großhändler und Fabrikant haben es leicht, Baarzahlung oder doch Zahlung nach kurzer Frist zu verlangen; dem Kleinhändler aber ist es unmöglich, diesem Verlangen nachzukommen, so lange nicht das Publikum angefangen hat, sich an Baarzahlung zu gewöhnen. In jetziger Zeit, wo der Consum sich bis auf's Aeußerste verringert, ist das ganz unmöglich, daß der Detaillist, der sich eben mit Mühe durchschlägt, gesteigerten Ansprüchen Genüge thun kann. Eine Creditbeschränkung wäre für den kapitalarmen „kleinen Mann" in den meisten Fällen gleich bedeutend mit der Entziehung der Möglichkeit ferneren Erwerbes. So lange die gegenwärtige Kalamität anhält, muß aber im Gegentheil Alles geschehen, was den „kleinen Mann" vor dem Schicksal bewahrt, dem Proletarierthum gänz lich anheinizufallen. Das Gemeinwesen hat hieran ein außerordentliches Interesse und die sem Interesse sollten die „oberen Zehntausend", » die Reichen, nach Maßgabe ihres Reichsthums Opfer bringen. Die sogenannten „kleinen Leute" sind die einzige sichere Schutzwehr, welche von der modernen Gesellschaft die Gefahren des. Sozialismus abhält. Hüten wir uns, Lücken in diesen Damm reißen zu lassen! Selbstoerständl ch wollen wir hiermit nicht dem alten Pump-Schlendrian das Wort geredet 5 haben, davon sind wir weit entfernt. Wir wünschen vielmehr, daß die Segnungen einer - schnellen Geschästserledigung auch uns recht bald ; Z zu Theil werden. Dies Ziel aber ist nicht da- durch zu erreichen, daß der Großhändler den ? Detailisten drängt, sondern dadurch, daß daS Publikum durch regelmäßige, baare Bezahlung den Kleinhändler in den Stgstd setzt, den Fabri kanten schnell zu befriediWt. ,, Nur auf dies« Weise ist es möglich „ daß schort ein kleines Ca pital den arbeitsamen und reellen Kaufman« nährt; nur daS baarzahlende Publikum kann