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HWWW die auf französischem Gebiete liegenden Krieger gräber im Felde sowie auf den Kirchhöfen zu entleeren und die Gebeine gesammelt auf Be- gräbnißplätzen beizusetzen, die zu diesem Behufs von der Regierung angekauft sind. Solche Plätze sind angekauft bei Mars-la-Tour, nächst dem dort errichteten französischen Denkmale, und bei St. Ail, Habonville, in der Nähe des großher zoglich hessischen Denkmals am Bois de la Lusse. In den Pariser Blättern erscheinen jetzt aller hand Beschreibungen der „großen Manöver der deutschen Armee", ein sprechendes Zeichen dafür, welcher Aufmerksamkeit sich Deutschland zu er freuen hat. Einzelne Stellen der Beschreibung im „Figaro" sind zu interessant, als daß sie dem deutschen Lesepublikum vorenthalten werden dürften. Jedes Jahr — so beginnt der Be richterstatter — um dieselbe Zeit hallt Europa wider von dem Rufe: die großen Manöver der deutschen Armee beginnen, und jedes Jahr scheint das Ereigniß an Bedeutung gewachsen. Der Gesandte des französischen Blattes schildert so dann, ehe er zu den Uebüngen selbst übergeht, sein Costüm, in welchem er in Leipzig und Merseburg aufgetreten sei. Er habe eine ganz Helle Hose, ein himmelblaues Jaquet, einen grü nen Phantasieshlips rc. angezogen und habe auf diese Weise das Ansehen eines vollkommenen „Deutschen" (wir würden sagen „Engländers") erlangt. Auch habe er sich des Sprechens so viel wie möglich enthalten, denn, wie schon Tis sot in seinem (auch in diesem Blatte früher er wähnten Buche): „Reise im Milliardenlande" melde, sei Vorsicht im Gebrauche der französi schen Sprache auf deutschem Boden nothmendig; man werde beim Gebrauch des gallischen Idioms mit wüthenden Blicken angesehen, und selbst die Kaufleute wollten Französischsprechenden Nichts verkaufen. (I) Dann heißt es weiter: „Es giebt thatsächlich Niemanden, der nicht einen Verwand ten in der Armee hat, der Arbeiter, der Bauer hat in derselben mindestens einen Sohn oder Bruder. Die Söhne der Bourgeoisie find Of fiziere; Diejenigen, die nicht auswandern wollen, finden ihren Unterhalt ini Heere, denn in die sem armen Lande, dessen geringe Mittel ganz von dem Militairbudget aufgezehrt werden, ist die militairische Carriere die einzig mögliche. Die Truppen bleiben immer in den Bezirken stehen, in denen sie ausgehoben sind, und .in Folge dessen laufen bei den Uebüngen alle Ort schaften zusammen, um ihre Verwandten zu be grüßen. Während der Dauer derselben nährt sich die Bevölkerung der Dörfer mit von den Lebensmitteln der Soldaten." In dieser seines Gewährsmanns Tissot würdigen Weise geht die Schilderung fort. Den Kaiser bezeichnet dieser vorzügliche Historiker stets mit dem Namen Wilhelm IV. „Da kommt der Kaiser", ruft er mit einem Male aus, „er ist zu Pferde, hoch und gerade neben dem Könige von Sachsen, der die Uniform seines preußischen Husarenregiments trägt. Guillaume IV. hat fast gar nicht geal tert, und der Marschall v. Moltke, welcher we nige Schritte hinter ihm hielt, ebenso wenig. Nicht eine Linie in dem glatten Gesicht erinnert an die berühmten Feldherren vergangener Jahr hunderte, nicht ein Zug hat sich seit 1870 ver ändert und doch sagt man, der Marschall sei eben von einer Krankheit erstanden. Mit nahezu 80 Jahren von einer Krankheit auferstehen ist nichts Geringes. Wahrhaftig, dieser Kaiser und sein Feldherr werden 100 Jahre alt." Ernst von Bandel, der hochbejahrte Schöpfer des Hermann-Denkmals im Teutoburger Walde, ist von einer italienischen Reise leidend bei Ver wandten in Donauwörth eingetroffen und dort bedenklich erkrankt. England. Die amtliche „Gazette" veröffentlicht in einem besonderen-Blattc den vom britischen Botschafts- Entrüstung, die die Vorgänge in Bulgarien her vorgerufen hätten, für vollständig berechtigt, ob schon in einzelnen von den Journalen mitge- theilten Fällen Uebertreibungen vorgekommen sein möchten. Die Schilderung Baring's von dem Blutbad in Batak übertrifft Alles, was in dieser Beziehung bis jetzt bekannt geworden ist. In Batak allein wurden 5000 Personen getödtet. Baring verlangt die exemplarische Bestrafung Mohamed Aga's und Achmed Aga's, die für das Blutbad in Batak verantwortlich seien, wäh rend die türkische Regierung Achmed Aga noch durch Verleihung des Medschidtehordens ausge zeichnet habe. Baring hält ferner die Anwen dung strenger und ernergischer Maßregeln und die Handhabung einer unparteiischen Justiz zur Herstellung der Ruhe für unumgänglich erfor derlich. Die Gesammtzahl der ermordeten Christen wird auf 12,000 geschätzt, während vie Zahlj aller getödeten Muselmänner höchstens 200 be-4 trägt, die Zahl der niedergebrannten Ortschaften wird auf 58 beziffert. Der Bericht schließt mit der Erklärung, daß die Art, wie der Aufstand unterdrückt worden sei, eine äußerst unmensch liche genannt werden müsse, für jeden Schuldigen hätten 50 Unschuldige leiden müssen. Rußland. Die Negierung fährt fort, der Pforte Schwie rigkeiten zu bereiten. Sie erklärt, an der Frie densarbeit sich nicht weiter betheiligen zu wol len, bis die Waffenruhe zwischen der Pforte und Serbien in formellster Art abgeschlossen ist; die Türkei dagegen erklärt, sie könne einen formellen Waf- ienstiUstand erst dann bewilligen, wenn ihr Ga rantien dafür gegeben werden, daß der russische Freiwilligen-Zuzug nach Serbien eingestellt wird. Es scheint außer Zweifel, daß der 10tägigen Waffenruhe ein 4wöchiger formeller Waffenstill stand folgen wird. Ebenso zweifellos ist es aber, daß man alltäglich von einem Waffenstillstands bruch hören wird. Montenegro hat sich der Waffenruhe angeschlossen. Ein der serbischen Negierung selbst unange nehmer'Zwischenfall ist die nun doch bestätigte Proclamirung des Fürsten Milan zum König von Serbien durch die Armee. Man schließt daraus, daß die Negierung Milan's die Armee nicht mehr in der Hand hat. Fast alle Befehls haber, vom Obergeneral bis zum Hauptmann, seien Russen und das Heer stehe eigentlich nicht mehr im Dienste serbischer, sondern russischer Interessen und eine serbische Politik, die mit der russischen nicht im Einklang wäre — meint man in Wien —, könnte leicht zu einem Putsche des Heeres führen. Die in orientalischen Angelegenheiten sehr gut unterrichtete Augsb. Allg. Ztg. sagt in einem längeren Artikel: Ans ganz Asien liegen uns Nachrichten vor, welche es außer allem Zweifel setzen, daß die Wogen einer allgemeinen mn- hamedanischen Bewegung hoch zu gehen anfan gen nnd die orientalische Frage, bei dem näch sten Versuche, sie durch die Waffen einer,Lösung zuzuführen, nicht auf den näheren Orient be schränkt bleiben, sondern sich vom Fuße des Atlas bis an die Ufer des chinesischen und ochotzkischen Meeres erstrecken wird. Und in der That sehen wir heute schon den Emir von Kasch- gakien, den Athaleg Gazi, Vertheidiger des muhamedanischen Glaubens und Mitten Eng lands, siegreich in die westlichen Provinzen China's eindringen und die geheimen muhame danischen Gesellschaften in diesem Reiche sich leb haft regen, um ihm den Weg zum Drachenthore zu bahnen. Hierbei müssen wir bemerken, dass eine alte Prophezeiung, die weit und breit un- fecretär Baristg in Kofistantinopel erstattetem Bericht über feine Mission zur Untersuchung dec Vorgänge in Bulgarien. Der sehr ausführliche Bericht giebt zunächst eine übersichtliche Dar stellung ver Entstehung und des Verlaufs der aufständischen Bewegung und zählt dann die einzelnen Fälle von Vergewaltigung der Frauen, Plünderung von Ortschaften und anderen Greuel- thaten auf, welche in Bulgarien vorgekommen sind. In einem dem Berichte beigegebenen Be gleitschreiben erklärt der Botschafter Elliot alle Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Die Reichs-Schulkommission hält in diesen Tagen ihre diesjährige Herbstberathung ab. Sachsen ist in der Commission durch den Ge heimen Kirchen- und Schulrath »p. Gilbert ver treten. Den Vorsitz führt der Geheime Regie- rungsrath im preußischen Unterrichtsministerium -vi-. Bonitz. Wir werden bald den letzten Thaler ansge geben haben — das ist eine Thatsache, die weit weniger schlimmer ist, als sie klingt. Ja, es giebt sogar Viele, welche diese Stunde herbei sehnen. Die Thalerfeinde führen als Grund ihrer Feindschaft ihre Vorliebe für das Gold an, das im täglichen Verkehr sich nicht eher ein bürgern kann, als bis der gewohnte „harte Tha ler" verschwunden ist. Vorläufig hat die Neichs- regierung nur erst der Umlaufszeit des Doppel thalers eine Grenze gesteckt. Mit dem 1. No vember d. I. soll der Doppelthaler außer Cours gesetzt und dann nur.noch drei Monate lang an bestimmten Stellen eingelöst werden. Eine merkliche Lücke wird dadurch nicht entstehen, da von der genannten Münzsorte im Ganzen nur für 65 Millionen Thaler ausgeprägt und hier von bereits 42 Millionen in den öffentlichen Kassen zurückbehalten sind. Auch von den rest lichen 23 Millionen ist wohl schon ein beträcht licher Theil durch Einschmelzung aus dem Ver kehr gezogen worden. Falsche Einthalerstücke preußischen Gepräges mit der Jahreszahl 1867 sind im Umlauf. Die selben sind aus Zinn- und Blei-Composition. An dem abgefeilten Rande und der schlechten Prägung sind sie leicht zu erkennen. Die vor einiger Zeit von der General-Tele- graphen-Verwaltung getroffene Einrichtung, wo nach die Depeschenboten gehalten sind, von den Empfängern der Telegramme Drahtantworten anzunehmen und gegen eine Vergütung von 10 Pf. fünf Minuten lang zu warten, hat sich so gut bewährt, daß neuerdings angeordnet wor- oen ist, die den Stadtboten zugegangene Wei sung auch den Landbriefträgern zu ertheilen. Die letzteren sind fortan entweder die Ueber- -ringer der telegraphischen Antworten oder selbst- könnte, so wollen Schwarzseher darin doch ande rerseits eine Verallgemeinerung einer gewissen Unsicherheit darin erblicken. Wer hat Recht? Beide? Von einem Fabrikanten in Gößnitz wird zur Warnung für andere Fabrikanten und Geschäfts treibende berichtet, daß ein gewisser M. Caspar in Köln dort ein Zimmer gemiethet hat und von da aus von allen Seiten Waaren verschreibt, um sie ehrlich oder auch unehrlich schuldig zu bleiben. Gerade in der jetzigen faulen Geschäfts zeit, wo Jedermann gern Geschäfte macht, ist Gaunern Thür und Thor geöffnet, wenn Die jenigen, denen solche Offerten zugehen, es im Interesse der ehrlichen Geschäftswelt nicht vor ziehen, derartige Schwindeleien sofort zu ver öffentlichen. Der Handelsbericht des Hauses Gehe u. Co. in Dresden vom September 1876 beschäftigt sich eingehender mit einer neuen Pflanze, der L«Iia x«ntl>ii «pinosi. Dieses neue von einem westrussischen Gelehrten kürzlich der msdicinischen Welt empfohlene und als unfehlbar bezeichnete Mittel gegen die Hundswuth wird aus Podolien und Südfrankreich bezogen, und soll nach der, auf 20jähriger Erfahrung beruhenden Versiche rung jenes Gelehrten stets den gewünschten Er folg aufs Beste gehabt haben, vorausgesetzt, daß die Anwendung noch vor Ausbruch der Wuth stattfand. Die Dosis wird für Erwach sene auf täglich 3mal 60 Centigramm trockenes Pulver der Xanthiumblätter angegeben (für Kin- Her die Hälfte), und soll der Gebrauch 3 Wochen hindurch fortgesetzt werden. Für Thiere sei ein erheblich größeres Quantum zur Anwendung zu bringen. Hoffentlich bestätigen sich diese Anga ben, damit endlich ein Mittel zur Bekämpfung dieser schrecklichen Wuthkrankheit gefunden ist. ständiger Telegramme, woraus den auf dem Lande Wohnenden nicht unerhebliche Erleichte rungen erwachsen, weil sie gegen Bezahlung von 10 Pf. einen sichern Boten für häufig weite Entfernungen gewinnen. Nach Anordnung der französischen Regierung wird mit dem I.Octbr. d. I. begonnen werden,