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mich, in ein» Stadt zu verweilen, die so reich an großen Erinmrqvaen ist und diese Erinnerungen stet» an Ereig nisse knüpfen kann, welche für Deutschland entscheidend wurden. Wa« Sie von RefultaW der letzten Zeil gesagt, spricht auch Meine Uebetzeugung au«, daß dieselbe^ eine gnädige Fügung der Vorsehung gewesen find, aber ich muß hinzufügen, daß Ihr König al« Feldherr durch Hel- denmuth und Besonnenheit, sowohl in der Führung seiner braven sächsischen Truppen, wie später durch das Kommando einer Armee zur Ereichung dieser großen Resultate wesent lich beigetragen hat. Auch in dem Erstreben der deutschen Einheit ist Ihr König deu Fußtapsen seine« unvergeß- lichen Vater» gefolgt und hat da« vom deutschen Volke lange Ersehnte mit erreichen helfen. Den Abend deS EinzugSlages verbrachte der Kai ser im Schooße der königlichen Familie und zog sich zeitig in seine in der ersten Etage de» könig lichen Palai« (die zweite bewohnte da» Königs- Paar) gelegenen Gemächer zurück, wo er bis Mit ternacht arbeitete. Ueber die große Parade am Mittwoch, die erste, welche der oberste Kriegsherr Deutschlands über das gesammte sächsische Armeecorps abhielt und welche der kommandirende General Prinz Georg befehligte, schreibt der militärische Be richterstatter des Lpz. Tgbl.: Die Truppen wa ren im Paradezug mit Gepäck; Infanterie, Jä ger und Pioniere in weißen Beinkleidern, Gre nadiere, Gardereiter, Carabiniers und Ulanen trugen den Roßschweif am Helm, die Husaren den Reiherbusch auf der Pelzmütze. Die Trup pen waren so zeitig aus ihren in der Umgegend gelegenen Quartieren ausgerückt, daß die ein- zeilnen Regimenter 10^ Uhr in die durch Points — Infanterie-, Jäger- und Schützen-Unteroffi ziere — markirten Alignements treten konnten. Die Aufstellung erfolgte in zwei Treffen. In dem ersten standen sämmtliche Infanterie-Regi menter, die Jäger und Pioniere ; das zweite wuroe von der Cavalleriedivision, der Artilleriebrigade und. dem Divisionsbrückentrain gebildet. Die beiden das erste Treffen bildenden Infanterie- Divisionen Nr. 83 und 24 befehligte General major v. Abendroth und Generallieutenant v. MontbS; das zweite Treffen kommandirie Gene rallieutenant Senfft von Pilsach. Die Infan terie war bataillonsweise, die Cavallerie in Es- cadrons und die Artillerie in Batterien auf- marschirt. Beim Eintreffen Sr. Maj. des Kai sers auf dem Paradeplatz wurden zuerst die Honneprs gleichzeitig von der ganzen Parade gemacht, während die Truppen dreimal Hurrah riefen. Während des Abreitens der Aufstellung durH Se. Maj. wurde von den Truppentheilen brigädeweise präsentirt. Sobald der Kaiser eine Brigade passirt hatte, begann die Forma tion zum Vorbeimärsche. Der Parademarsch, wurde zwei Mal ausgeführt; das erste Mal defilirten die Infanterie, Jäger und Pioniere in Compagniefront mit angefaßtem Gewehr, die Cavallerie und Artillerie im Schritt und zwar erstere zugweise, letztere in Batterien. Das zweite Mal fand der Vorbeimarsch der Infan terie in Cowpagniefront, jedoch in geschloffener Regimentscolonne mit Gewehr über statt, Ca vallerie und Artillerie defilirten im Trabe, erstere in Escadrons, letztere abtheilungsweise. Als der erste Parademarsch begann und das Musik corps der Königsgrenadiere den Defilirmarsch intonirte, zog König Albert den Säbel und sprengte an die Spitze seines Armeecorps, um dieses in seiner Gesammtheit Deutschlands ober stem Kriegsherrn vorzuführen; dasselbe geschah beim zweiten Mal desiliren. Kaiser Wilhelm reichte seinem getreuen Bundesgenossen, als die ser dann au seine Seite sprengte, die Rechte. Die Kaiser-Grenadiere (2. Grenadier-Regiment Nr. 101) hatten beide Male die hohe Ehre, von Sr. Majestät dem deutschen Kaiser bei ihrem König vorüber geführt zu werden. Auch das 2. Husaren-Regiment Nr. 19 wurde von seinem Chef, dem Morgens gegen 4 Uhr erst von Re gensburg, wo er als Jnfpectrur des bairischen Kontingents Truppenübungen beigewohnt hatte, eingejroffenen Kronprinzen Friedrich Wilhelm, welcher die Uniform seines sächsischen Regiments «»gelegt hatte, vorgeführt. König Albert, wie Kaiser Wilhelm und sein Heldensohn wurden, sich seltene Geräthe und kostbare Hochzeitsge schenke der königlichen Familie befanden. Im Speisesaale waltete der königliche Silberkämmerer^ im Buffetsaale der Kellermeister, die Speisen lieferte die königliche Küche, während die Weine sämmtlich aus den Kellern des Schützenhaus- restanrateurs gewählt waren. Ein Blick auf , die im bunten Schmucke der Uniformen, der Orden und Ordensbänder glänzenden Ge sellschaftwar im höchsten Grade interessant; der bürgerliche Frack war nur in wenigen Exem plaren vertreten, da nur die obersten Spitzen > der Reichs-, Staats- und Stadtbehörden eine Einladung erhalten hatten. Die Unterhaltung emfaltete sich bald auf, das Lebhafteste. End lich erhob sich König Albert und mit ihm sämmt- , liche Anwesende. Der König wendete sich zu i dem an seiner Seite sitzenden Kaiser und richtete . an Höchstdenselben eine kurze Ansprache. Mehr ' als fünf Jahre feien verflossen seit jenem 5. März 1871, wo zum ersten Male das königl. i sächs. ArmeecorpS die Ehre und Freude gehabt, l den siegreichen Feldherrn nach dem großen Kriege i von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Damals < habe sich der Kaiser überzeugen wollen, in ' ten Räume. Gleich darauf erhob sich der Kai ser und mit ihm abermals die ganze Versamm lung. Der Kaiser sprach: Erlaube Mir Eure Majestät, daß Ich Ihnen sofort für die überaus freundlichen Gesinnungen, denen Sie eben so beredten Ausdruck gegeben, Meinen Dank ausspreche. Sie haben der Zeit gedacht, wo ich aus dem Schlachtfeld! von Villiers Ihre von Euer Majestät und Ihrem Herrn Bruder rühm- und siegreich geführten Truppen zum letz ten Male auf dem Schauplatz schwerer Kämpft gesehen und haben dabei geäußert, drß Ich eben heute die Wir kung einer sünsjährigen reorganisirenden Arbeit hoffentlich bemerkt haben würde. Ich kann darauf nur erwidern, daß Ich Ihnen gern und mit voller Freude am Gelingen Meine Anerkennung für die Leistung innerhalb dieser fünf Jahre und zugleich Meinen Dank für die Freude auS- spreche, die e« Mir gemacht, Ihre Truppen in einer so vortrefflichen Versaffung gesunden zu haben. Wenn dieser Mein Dank sich an Alle richtet, die dabei thätig gewesen sind, so gebührt derselbe doch vor Allem Euer Majestät, da Sie den Grund dazu gelegt, dann aber Ihrem Herrn Bruder (Prinz Georg), der das Werk so erfolgreich fört- geführt. Ich fordere Sic auf, meine Herren, mit Mir und mit derselben Herzlichkeit, wie Ich, auf da« Wohl Sr. Majestät de« Königs von Sachsen und de» ganzen könig lichen Hauses zu trinken. Das Diner währte bis zu der von d-r Stadt veranstalteten Festvorstellung ini Neuen Theater, zu der sich wiederum eine glänzende Versamm lung eingefunden hatte. Für das Publikum waren ca. 400 Plätze freigeblieben, die übrigen nahmen die vom Nath, der das Theater für diesen Abend gepachtet, geladenen Gäste (Gefolge rc.1 ein. Um jene 400 Plätze waren gegen 6000 Bewerbungsgesuche eingegangen! Zur Seite des Kaisers saß rechts der König und diesen, folgten der Großherzog von Weimar, die Prinzen Karl und Albrecht von Preußen, der Herzog von Koburg rc. Zur Linken des Kaisers saß Königin Carola in weißer, mit roihem Sam met garnirter Atlasrobe, mit reichem Brillanten schmuck und dem preußischen Luisen- und dem sächsischen Sidomenordeu geziert, neben ihr Kron- alsbald mit dem steten Begleiter von Truppen paraden Bekanntschaft machen. Ueber dem wei ten Paradefeld war schon von den ersten Vor- mittagstunden an ein so dichter Staub gelagert, daß sich der Gesichtskreis dadurch ivesentlich be schränkte. Und von Minute zu Minute, je mehr sich die einzelnen Truppentheile näherten und die Masse der Wagen und der Fußgänger heran gezogen kamen, verdichtete sich der Staub in dem Maße, daß schließlich die Luft ein schleierhaftes Ansehen erhielt und die Kleider der Menschen Grau in Grau gefärbt wurden. Die Vertreter der ärztlichen Wissenschaft würden jedenfalls die Hände über den Kopf zufammenschlagen, wenn sie wüßten, wieviel Staub heute in die Lungen eines halben Hunderttausend Menschen gedrun gen ist. Auch flüssig nahmen die Zuschauer den Staub zu sich, deun das verabreichte Bier hatte stets eine trübe graue Oberfläche, welchen Um stand wir natürlich nicht den betreffenden Wirthen zur Last legen wollen. Es ging eben nicht an ders, die Menschheit mußte sich dem Alles er fassenden Staube geduldig unterwerfen. Jeden falls werden aber sich die Verfertiger von Da menkleidern über den heutigen Tag zu freuen Gelegenheit haben, denn viele, sehr viele^kost- bare Toiletten sind wohl für immer unbrauch bar geworden. So hat jeder Uebelstand auch seinen Nutzen. — Von Nachmittags 4 Uhr an fand im großen Saale des Schützenhauses könig liche Tafel statt, an der allein 21 fürstliche Herrschaften theilnahnien. Die Tafel bestand aus 242 Gedecken, deren Service sämmtlich von der königl. Kämmerei in Silber und Porzellan geliefert war. Unter den Tafelaufsätzen, welche die Tafel zierten, befanden sich die prächtigsten und schwersten Schaustücke der königlichen Sil berkammer, darunter ein Aufsatz von dem Ge wichte eines Centners; vor den Plätzen Ihrer Majestäten des Kaisers und des Königs prang ten eine silberne Vase, die ein Geschenk der Stadt Freiberg ist, sowie der Tafelaufsatz, welchen eine Anzahl Leipziger Bürger Sr. Majestät, als er noch Kronprinz war, aus Verehrung für seine Heldenthaten im Felde überreicht hatten; silberne Teller von hohem Werthe waren keine Selten heit, während unter den übrigen Schaustücken welchem^Zustande das sächsische Armeecorps ' nach einem blutigen, verwüstenden Kriege sich befunden habe; heute habe Er Gelegenheit ge habt M bemerkM, was seitdem in glücklichen Wedensjahren Ur unsere Truppen geleistet und geschaffen wordeA, nnd er werde gewiß die Ueber- zeugung gewonnen haben, daß dieselben jeden Augenblick fähig und bereit feien, dem Ruf ihres obersten kaiserlichen Kriegsherrn zu folgen, wenn es gilt, für die Ehre und Sicherheit Deutschlands einzutreten. Wie damals, so fühle der König auch jetzt die Verpflichtung, für das Wohlwollen, mitswelchem der Kaiser sich über unsere Trup pen ausgesprochen, Dank auszusprechen, und um diesem Gefühl allgemeinen Ausdruck zu geben, forderte er die Versammlung auf, mit ihm ein dreifaches Hoch zu bringen' Sr. Majestät dem deutschen Kaiser Wilhelm! — Ein donnernder mit wahrhaft militärischer Präcision ausge brachter Hochruf schallte dreimal durch die wei- als sie den Säbel zogen und an die Spitzen der Regimenter sprengten, mit tausendfachen FrE senden Zurufen des die Tribünen besetzt WM deMMltkums begrüßt. 1- Uhr war dasWM zende Schauspiel, dem auch die Königin CarM zu Wagen und Prinzeß Georg zu PseriMbei- wohnten, zu Ende: — Ueber die kleinen Leiden bei solchen Schauspielen schreibt ein anderer Be richterstatter desselben Blutes: In Böhlen (wo hin von früh 5 Uhr an Tausende imd Aber tausende von Zuschauern durch von 10 zu 10. Minuten abgelassene Extrazüge allein von Leip zig aus befördert wurden) angelangt, sollte man prinz Friedrich Wilhelm und neben diesem Prin zeß Georg in blauer Seidenrobe mit Spitzen überwurf und Schmuck von Brillanten und far bigen Edelsteinen. Nach ihr folgten der Groß- Herzog von Mecklenburg, Prinz Friedrich Karl, Prinz Georg, der Herzog von Altenburg rc. Nach Schluß des Theaters hörte der Kaiser und die übrige glänzende Versammlung den groben Zapfenstreich an, den die gesammten sächsischen Militärmusikchöre (800 Mann) auf dem Augustus- platze ausführten. Dabei waren wiederum die Festbauten dieses Platzes glänzend illuminirt und zu alledem breitete ein hinter dem Museum abgebranntes äußerst kunstreiches Feuerwerk von Zeit zu Zeit einen wahrhaft feenhaften Schein über die vielen stattlichen. Gebäude und die monu mentalen Decorationen des Augustusplatzes; über all dieser künstlichen Lichterpracht aber leuchtete in ruhiger Klarheit der Vollmond. „Dazu die Klänge der Militärmusik von sämmtlichen säch sischen Regimentern — es war ein einziger, ein wahrhaft ergreifender Eindruck, wie denn auch viele der anwesenden fremden Gäste sich entzückt darüber äußerten." — Donnerstag früh begaben sich der Kaiser und der König, gefolgt von ihrer glänzenden militärischen Umgebung, mittelst Equi pagen nach Gruna, um den Manöver» des säch-