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OertlicheS und Sächsisches. Frankenberg, 3l. Juli. — Die Neue Reichsztg. beschäftigt der mehr fach erwähnte «emper idem wiederholt mit den Amtsblättern und zwar anläßlich unsres Artikels „Zur Abwehr^, von dem der Verfasser sagt, daß er sich am meisten mit der Person des «emp«, i«iein befasse, eine Behauptung, die wie derum den Borwurf der Unwahrheit verdient, da nur nebenbei von uns bemerkt wurde, wen das Lpz. Tgbl. unter dem Anonymus zu suchen sich berechtigt hält und was unS für diese An- nähme spricht. Wir müssen uns leider aus Rücksicht auf unsre Leser, die uns den Vorwurf machen würden, daß wir sie zu viel mit unsern eigensten Angelegenheiten beschäftigen, versagen, an dieser Stelle nachzuweisen, wie der »emper iäem zwar wieder viel schreibt und angreift, aber uns in unsrer Verwahrung gegen seine Schmähungen nicht widerlegt. Er will „Wahr heit und Unparteilichkeit, Sittlichkeit und Ge rechtigkeit" in seinem ersten Aufsatze von den Amtsblättern gefordert haben, eine Forderung, die zu vollberechtigt ist, als daß sie, wie «empor iäem jetzt unter der wiederum gefälschten Adresse an die „nationalliberalen Amtsblätter" sagt, in un serer Abwehr hätte„Entrüstung"verrathen können. Die Zahl der ausgeprägt nationalliberalen, also einen ganz entschiednen Parteistandpunkt ein nehmenden Amtsblätter ist, so weit wir die sächsische Provinzialpresse kennen, eine verschwin dend kleine und darum würde es dem hochedlen «empor iäem gewaltig schwer fallen, den Beweis der Wahrheit für seine unver—srorene Behaup tung der „Tausende von Beispielen" des!Zu- widerhandelns gegen jene berechtigte Forderung, die „täglich in den königlichen Amtsblättern zu finden" seien, anzutreten. Wir haben nur gegen diese allgemeine und leichtsinnige Behauptung pro- testirt. Für die Rechtfertigung dieser Behaup tung hat er auch jetzt nur die vage Ausrede, er habe nicht alle sächsischen Local- und Amts blätter gemeint, dies ist die einzige kühle Ent schuldigung, dafür hüllt er sich aber in den Mantel der beleidigten Unschuld, deren Ehre angegriffen, die mit Schmuz beworfen worden, während er dieser Handlungen sich gegen die Localblätter schuldig gemackt und wir nur seine ehrenrührigen Angriffe in der Allgemeinheit, in der er sprach, znrückgewiesen haben. Auf Er widerung seiner neuesten wieder nicht belegten Breitspurigkeiten einzugehen, fehlt uns Zeit und Platz und gestattet uns, wie bemerkt, die Rück sicht auf die Leser nicht. Die Provinzialpresse wird gewiß nicht verfehlen, in andrer Weise entschieden Verwahrung gegen solche Verhetzereien einzulegen und hofft nur, daß die Versicherung des «empor iävm in seiner neuesten Erklärung: „er wird für Wahrheit und Recht eintreten, wo und wann es ihm geboten erscheint", besser Erfüllung finde als in seiner ersten Philippika gegen die bösen Amtsblätter, die — nicht in das junkerliche Kampshorn stoßen! Das Hei terste bei der ganzen Sache ist, daß die Amts blätter den liberalen Parteiblättern nicht un abhängig genug und auf der andern Seite den Reactionären nicht genug von oben her beein flußt sind. — In vielen deutschen Städten beschäftigt man sich bereits lebhaft mit den Vorbereitungen zur diesjährigen Feier des Nationalfesttags, des 2. Septbr. Es wird auch hier sich empfehlen, daß die Vereine, welche bisher an der Feier sich betheiligten, schon im Voraus mit ihrer heurigen Antheilnahme sich beschäftigen, um mit Vor schlägen und definitiver Betheiligungserklärung der wohl auch in diesem Jahre zu bildenden städtischenFestdeputation entgegentreten zu können. — Ende der vorigen Woche hat auch in un serer Pflege der Kornschnitt begonnen. — Der Obstbauverein für Frankenberg und Um gegend wird nun doch noch auch in diesem Jahre trotz der schweren Schäden, welche manche Obstsorten durch die Maifröste erlitten, eine Obst-Ausstel lung abhalten und zwar zu dem Zwecke, die Sorten bekannt zu machen, die auch unter un günstigen Witterungsverhältniffen in unsrer Gegend Ertrag liefern. Erwähnt sei dabei, daß die auf höher gelegenen Punkten gepflanzten Obst bäume durchgängig fruchtreich sind, während die in den Thälern stehenden Ernte gar nicht ver sprechen. Die gedachte Ausstellung wird wie derum gemeinsam mit den landwirthschaftlichen Vereinen zu Mühlbach und Ortelsdorf arrangirt werden und sich auf Producte des Gartenbaues, Blumen und landwirthschaftliche Erzeugnisse aller Art erstrecken. Voraussichtlich wird sie wieder im Nerge'schen Locale zu GunnerSdorf im September oder Octobrr abgrhalten «erben. — Rach einer so eben veröffentlichten Be kanntmachung des Finanzministerium- hat vom 1. Octbr. d. I. ab die in Flöha an diesem Tage zu eröffnende Bezirkssteuereinnahme als Provinzialgeschäftsstelle der Altersrentenbank zu fungiren, während infolge der am selben Tage erfolgenden Aufhebung der Bezirkssteuereinnahme zu Augustusburg vom gleichen Tage ab die Func tion als Provinzialgeschästsstelle der Altersrenten dank dem dasigen Forstrentamte übertragen wor den ist. — Eine heitere Diebstahlsgeschichte wird uns aus dem nahen Gersdorf erzählt. Der dasige Lehrer fand am Freitag, als er nach kaum einstündiger Abwesenheit in 'seine um 3 Uhr verlassene Woh nung zurückkehrte, Spuren eines ihm inzwischen von einem Spitzbuben abgestatteten Besuches, bei deren Verfolgung man die Wahrnehmung machte, daß der Dieb einen dicht an» Schulhause stehenden Obstbaum erstiegen und von diesem durch ein Fenster seinen Weg in das obere Stock werk genommen hatte. Als man noch mit die ser Entdeckung beschäftigt ist, kommt Hr. Gast- wirth Enghardt dazu, der durch seinen Jagd hund die noch frischen Spuren wittern läßt, welche annehmen lasten, daß der Dieb nicht all zulange erst sich entfernt. Der Hund umläuft den Baum mehrmals und rennt darnach dem nahen Walde zu, wo ihn die nacheilenden Ver folger vor einem Baume laut bellend finden, in besten Zweigen sie den gesuchten sauberen Vogel erblicken, der zwar nicht selbst sang, dem's aber wohl schon in den Ohren klang: „Aujust, sollst mal' runterkomm'n". Se. Majestät der König hat seine Kur in Bad Nagatz beendigt und besucht gegenwärtig eine Anzahl interessanter Alpenpartien, uni am 6. August zu mehrtägigem Aufenthalte in Mün chen einzutreffen. Die Rückkehr nach Dresden wird am 10. August erwartet. Zum Rector Magnificus der Landesuniver sität auf das neue Universitätsjahr 1876^77 wurde am Donnerstag Geh. Medicinalrath Nr. Thiersch gewählt. In Dresden tagt augenblicklich die General- conferenz deutscher Eisenbahnverwaltungen zur Berathung und Feststellung eines einheitlichen Tarifsystems. Ueber die Arbeiten an der Elbbrücke bei Riesa wird weiter berichtet: Als man am 25. Juli mit Abtragen des defecten Pfeilerkopfes beschäf tigt war, stürzte ein großer Theil desselben von selbst zusammen und stürzte nach vorn in die Fluthen. Die darauf beschäftigten Maurer konn ten sich noch rechtzeitig retten, so daß wiederum alles ohne Unglücksfall vorübergegangen ist. Da man nun von einer Benutzung dieses Pfeilers zur Jnterimsbrücke absehen will, soll das Sprengen der Eisentheile wieder beginnen. Meißen, die so viel und so gern besuchte fröh liche Stadt, hat jetzt einen neuen Anziehungs punkt, der zahlreichen Besuch aus der nähern und auch weitern Umgebung heranzieht, in der seit mehrer» Wochen schon in den bekannten anmuthigen Anlagen des Geißler'schen Eta blissements am Bahnhof errichteten Ausstellung von Erzeugnisten der mannigfaltigen Industrie Meißens und seiner nächsten Umgebung. Die selbe erfteut sich eines stetig zunehmenden Be suchs auch von auswärts und sagt das Dr. I. von ihr, der Meißener Gewerbeverein habe sich in ihr ein rühmliches Zeugniß ausgestellt, daß er vermochte, in Zeit von nur 5 Wochen eine solche Ausstellung zu vollenden. Der wachsende Besuch hat zu dem Beschlusse geführt, die schmucke Ausstellung, um deren Zustandekommen nament lich der Besitzer des Ausstellungsplatzes wie der weithin bekannten altdeutschen Trinkstuben in Meißens Mitte, .Hr. Weinhändler Geißler, sich sehr bemüht hat, bis zum 3. Septbr. zu ver längern. Der am 6. Juli an der böhmischen Grenze auf dem Krirgwalder Forstrevier erschossen« Wilddieb ist nächträglich als ein seit langen Jahren bekannter, arbeitsscheuer und gefährlicher Mensch, der früher in Pornau, zuletzt aber in Hohenofen bei Kommotau wohnhaft «ar, namew» Helmert, ermittelt worden. Helmert hat fast Auch in Rußland hat das Säbekrasseln^au^ gehört. Zur Abwechselung wird dort ebenso laut als erfolglos Humanität gepredigt. Die Auf rufe zur Unterstützung der Serben und die Leit artikel, welche dem „Bruderstamm" gewidmet sind, fließen weit zahlreicher als die Rubel. Wer Rußland kennt, den nimmt die Erscheinung nicht Wunder. England hat jetzt die undankbare Aufgabe übernommen, zwischen der Regierung der Pforte in der letzten Woche eine Schwenkung vollzogen. Während sie vorher in Betreff oer Orientdinge dem < (türkenfreundlichen) englischen Standpunkt zuzuneigen schien, hat sie sich jetzt mehr der russi schen Auffassung zugewendet. Ob und welche Abmachungen diesem Gesinnungswechsel zu Grunde liegen, entzieht sich der öffentlichen Wahrnehmung. Mit der Thatsache selbst wollen wir um deswillen zu frieden sein, weil sie den vorher stark befürchte ten russisch-österreichischen Conflict auf Zeit we nigstens friedlich löst. und Serbien zu vermitteln. Ein Erfolg ist hier von nicht zu erwarten, denn die Großmächte werden es sich nicht nehmen lassen, durch ge meinsames Handeln die Vermittelung zu erschwe ren, damit nur ja Englands Einfluß am gol denen Horn nicht noch weiter zunehme. Frankreich hält sich klüglich von den orien talischen Wirren fern. Es triumphirt über den Credit, den seine weise Finanzwirthschaft ihm errungen und welcher sich in der abgelaufenen Woche wieder glänzend bewährt hat, als für die Stadt Paris statt der verlangten 120 Mil lionen über 6 Milliarden gezeichnet und an 1200 Millionen eingezahlt wurden. Weniger gut als um Frankreichs Finanzen sieht es um seine in nere Eintracht aus. Im Senat haben sich Bo- napartisten und Monarchisten vereinigt und bil den eine Majorität, welche zwar klein ist, aber doch ausreicht, einen Conflict mit der republi kanischen Deputirtenkammer heraufzubeschwören. Das Munizipalitätsgesetz wird in der vorbe- rathenden Kommission, in welcher seine Gegner die Majorität haben, wohl für die gegenwärtige Session begraben bleiben. Das Ministerium, auf das Wohlwollen des Marschall-Präsidenten und der Depntirtenkammer gestützt, wird gleich wohl im Amte bleiben und keinesfalls ohne äu ßerste Noth die Kabinetssrage stellen. — Am Schluffe der abgelaufenen Woche haben die Kam mern die Budgetberathung begonnen und dabei ausnahmsweise den Unterrichtsetat dem Militär etat vorangestellt. In der Türkei ist ein chronisches Uebel wie der akut geworden. Dem trostlosen Geldmangel abzuhelfen, hat man zu der trostlosen Emission von Papiergeld mit Zwangscours gegriffen. Vorläufig sollen für 3 Millionen Pfund Papier geld gedruckt werden, doch dürfte die türkische Regierung sich schwer bereit finden, die selbst gesteckte Grenze zu respectiren. — Ueber das Befinden des Sultans dringen offizielle Nach richten nicht in's Publikum; doch ist es ja deut lich genug, wenn die öffentlich colportirten Ge rüchte von einem in Bälde bevorstehenden neuen Thronwechsel ohne officiellen Widerspruch blei ben. — Auf dem Kriegschauplatz sind die tür kischen Waffen überall glücklich. — Die Differenz mit Rumänien ist bis auf Weiteres vertagt. Die Großmächte scheuten offenbar noch weitere Verwickelungen und gaben der Regierung des Fürsten Karl den mit lobenswerther Eile befolg ten Rath, von ihren Forderungen insofern wenig stens Abstand zu nehmen, daß sie deren Disku- tirung vertage.