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Frankenberger Rachrichtsblatt Bezirksanzeiger Amtsblatt der König!. Amtshauptmannschaft Flöha, des König!. Gerichtsamts und des LiadkathS zu Frankenberg L876. Die öffentliche Verpachtung der diesjährigen Obstnutzung auf sämmtlichen Chausseen und Straßen des hiesigen Chausseeinspections- bezirkes, umfassend die Amtshauptmannschaften Chemnitz und Flöha, findet abtheilungsweise den 2S. Juli Vormittags 9 Uhr im Gasthofe zum „Deuschen Hause" in Chemnitz, den 27. Juli Vormittags 9 Uhr im Gasthofe zum „Deutschen Hause" in Stollberg, den 28. Juli Vormittags 10 Uhr im Gasthofe in Flöha und Nachmittags 3 Uhr in der Nerge'schen Restauration in GuunerSdorf unter den vor Beginn der Versteigerung bekannt zu gebenden Bedingungen an den Meistbietenden statt. Chemnitz, am 20. Juli 1 876. (g 32829b.) Krantz, von Metsch, Chausseeinspector. Bauverwalter. Erscheint wöchentlich drei Mal. Vierteljährlich 1j Mark. 8» beziehen durch alle Buchhandlungen und Poll-Expevitionen. In der Zeit vom 25. Juni dieses Jahres Abends bis 26. Juni Abends sind aus den bei Langenstriegis gelegenen Schachtgebäuden des Hoffnungsjchachtes und des FnedrichSschachtes, sowie in der Zeit vom 10. Juli dieses Jahres Vormittags bis 11. Juli Vormittags abermals aus den Schachtgebäuden des Hoffnungsschachtes mittels Einbruchs mehrere fichtene Pfosten in der Länge von etwa 3 Metern, in der Breite von etwa 28 Centimetern und in der Stärke von etwa 3 Centimetern, sowie ein Vorlegeschloß entwendet worden. Solches wird hierdurch mit dem Ersuchen zur öffentlichen Kenntniß gebracht, alle auf Entdeckung des Thäters und Wiedererlangung des Gestohlenen bezüglichen Wahrnehmungen hier zur Anzeige zu bringen. Hainichen, den 18. Juli 1876. Königliches Gerichtsamt. Lobe. Hgr. Sonnabend, den 22. Zull. Die Agrarier. >>. Das Programm der Agrarier, also der In halt dessen, „was sie versprochen", ist in neun Punkten zusammengefaßt. Die ersten zwei be treffen die Steuerfrage, wonach auf eine „gleich mäßige Vertheilung aller Steuern binzuwirken, der bis jetzt überbürdete Grundbesitz und die redliche Arbeit in allen Berufszweigen entlastet" werden soll. Erreichen wollen die Agrarier die ses Ziel durch Beseitigung der Doppelbesteuerurg, welche in der Grund-, Gebäude- und Gewerbe steuer liege. In Betreff der Mittel und Wege geben sie nur an, daß das Renteneinkommen stärker herangezogen, die Steuerumgehungen des Geldcapitals verhindert werden müßten. Auf Grundlage der preußischen StSuerverhältnisse wird von der früher erwähnten Broschüre nach gewiesen, daß, wenn in der Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer neben der Classen- und Ein kommensteuer eine Doppelbesteuerung und damit eine Ueberbürdung vorliegt, dieselbe keine solche des platten Landes ist, wie die Agrarier sagen, sondern vielmehr Stadt und Land, Grundbesitz und Gewerbe gleichmäßig trifft, wozu noch kommt, daß die städtischen Steuern von Jahr zu Jahr zunehmen. Ferner ist der adelige Großgrund besitzer, der sich jetzt als Befreier des Bauern von seinen Lasten aufspielen will, daran zu er innern, daß es nur den langjährigen Anstren gungen des Liberalismus gelang, die Steuer freiheit des Ritters, der Jahrhunderte lang alle Lasten auf Bauer und Bürger abwälzte, zu be seitigen. Recht wohlfeil erscheint jetzt auch die Forderung der Steuerreformer der Aufhebung großer Steuerklassen, in Preußen ungefähr 74 Millionen, ohne daß ein doch nothwendig dafür zu beschaffender Ersatz angegeben wird. Was nun das Nenteneinkommen, das Großcapital anlangt, so ist der Lüge entgegen zu treten, als seien die Liberalen die Vertreter des Großcapi- tals und der Börsenwelt; sie sind vielmehr aus allen Ständen zusammengesetzt, aus großen und und kleinen Gutsbesitzern, aus Beamten und Gewerbtreibenden u. s. w. und zwar aus jeder dieser Klaffen weit mehr als aus Capitalisten. Die liberale Partei wird jeder Maßregel zu stimmen, wodurch die Steuerzahler, insbesondere auch der Rentier und der Capitalist, zur ehrlichen Angabe ihres Vermögens gezwungen werden, aber auch das strengste Vorgehen gegen Steuer hintergehungen des Capitals wird kein solches Re sultat erzielen, daß dadurch große Steuerklassen ersetzt werden können, wie das agrarische Pro gramm andeutet. Dasselbe erklärt weiter auf der Grundlage des Freihandels die Eingangs zölle als eine offene Frage, sodaß also der Agra rier auch allenfalls für die Fortdauer des Zolls auf landwirthschaftliche Maschinen stimmen kann; der Hauptzweck der agrarischen Führer ist eben nicht die Beseitigung der landwirthschaftlichen Beschwer den, sondern die Sammlungvon möglichst viel Stim men für die politische Partei der Altconservativen. In Betreff der nun weiter verlangten Steuer auf den Börsenumsatz und die ausländischen Werth- papiere, sowie einer Revision der Stempel- und Taxgesetzgebung, ist hervorzuheben, daß die na tionalliberale Partei neue Steuern nur bewil ligen will, wenn sie zur Herabsetzung älterer Steuern dienen, oder wenn sie zur Bestreitung der Staatsausgaben durchaus nöthig sind. Hier aus folgte die bisherige Ablehnung auch der Börsensteuer, wobei aber von den Rednern ge nannter Partei betont wurde, daß die Stempel steuer reformirt im ganzen Reich gleichmäßig gemacht, kaß der hohe Stempel beim Besitzwech sel von Grundstücken und Häusern, der in Preu ßen ein Procent beträgt, herabgesetzt und zu diesem Zweck der Ertrag einer künftigen Bör sensteuer verwendet werden müsse. Charakteristisch ist die Haltung der Agrarier in Bezug der Eisenbahnen: Staatsbahnen durch weg statt Privatbahnen, nicht aber in der Hand des Reichs, „der Besitzstand der einzelnen Staa ten soll nicht berührt werdend; hier hat bei den preußischen Altconservativen die Rücksicht auf ihre particularistischen Freunde aus den Mittel staaten den Ausschlag gegeben, daneben fordern sie Aushebung aller Differentialtarife. Wir stel len für die Eisenbahnen in den Vordergrund den Character von öffentlichen, der wirthschaftlichen Thätigkeit der ganzen Nation dienenden Stra ßen. Dabei verlangt auch das Interesse des Landwirt Hs nicht, daß alle Differentialtarife, sondern es verlangt nur, daß diejenigen Fracht- G unterschiede beseitigt werden, welche die auslän- dische Production auf Kosten der inländischen .F begünstigen, welche willkürlich den einen Platz vor dem andern bevorzugen und dadurch die deutschen Erwerbsverhältnisie stören. Einem wei- - H teren Punkt im Programm der Agrarier, der Forderung, daß nur dem Reiche die Ausgabe von Papiergeld gebühre, die Bankprivilegien zu beseitigen seien, ist zum großen Theil schon Ge nüge geschehen, die wilden Scheine sind ver schwunden, es giebt nur noch Reichscassenscheine, die Privatzettelbanken sind im Aussterben. Durch die Einrichtung der Reichsbank ist gesetzlich dafür gesorgt, daß sie keinen einseitigen Interessen, sondern der Wohlfahrt des gesammten Volkes zu dienen hat. I In drei weiteren Nummern des Programms wird eine durchgreifende Reform des Actien- gesetzes vom 11. Juni 1870, eine Revision der Gewerbeordnung und des Unterstützungswohn sitzes, sowie ein wirksamer Rechtsschutz für die Verträge zwischen Arbeitern und Arbeitgebern verlangt. Jedenfalls ist es thöricht, für etwaige aus den genannten Gesetzen entstandene Miß stände allein die Liberalen verantwortlich zu M machen, da in den Jahren 1867 bis 70, denen die Gesetze ihre Entstehung verdanken, die liberale Z Partei nicht einmal die Mehrheit hatte, die Re« gierung selbst im Wesentlichen eine conservative ' * war und auch die conservativen Reichstagsmit glieder in ihrer Mehrzahl den betreffenden Vorlagen zustimmten. Wenn im Actiengesetz / hauptsächlich dem Wegfall der staatlichen Geneh migung für die Bildung von Actiengesellschaften die Schuld am Actien- und Grttnderschwindel bei- gemeffen wird, so spricht dagegen einigermaßen das Beispiel Oesterreichs, wo trotz der Beibe haltung dieser Genehmigung der Schwindel min« bestens eben so arg war wie bei uns. Die Er fahrungen der Jahre 1871 bis 73 haben er kennen lassen, daß es allerdings Lücken auszu füllen giebt, durch scharfe Strafgesetze, strenge Verantwortung der Gründer, VerwaltunaSräthe und Directoren, worauf die ja aus der liberalen Partei hervorgegangenen Anträge abzielten, wäh«