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eS im Gegentheil beständig vorwärts zu bringen. Bereitschaft gehalten wird. — niemals einen Die Ansicht Derer, welche in der jüngsten Zeit Krieg beginnen, noch ohne di« ernstesten, trif- den Manövern in Deutschland beigewohnt haben, tigsten Gründe das Schwert aus der Scheide ist die, daß zu keiner Zeit die deutsche Heeres- ziehen wird." macht in einem so vorzüglichen Zustande ge- Aus sicherer Quelle wird dem „Wests. Mer- wesen ist, wie grade jetzt; die Reorganisation kur" mitgetheilt, daß für die nächsten Reichs- der Artillerie ist abgeschlossen, und ihr Material tagswahlen 86 socialdemokratische Agitatoren unübertrefflich. Die Reiterei ist nicht nur gut thätig sind, und daß sich die Partei mit der auf dem Schlachtfelds selbst, sondern auch im Hoffnung trägt, ca. 40 Sitze im Reichstage zu Recognoscirungsdienst und in allen übrigen erringen. Pflichten leichter Cavallerie auf das Aeußerste Rußland. geschult und wohlbewandert: das ist aber eben Czar Alexander hat mit dem türkischen Bot- für die Erfolge eines Heeres im Felde eine der schafter bei dessen Empfang in einer Weise über Hauptbedingungen. Die Infanterie endlich be- die inneren Angelegenheiten der Türkei gesprochen, steht aus den kräftigsten Männern des Landes, daß Kabuli Pascha sich bestürzt von der Audienz welche m Folge der allgemeinen Wehrpflicht zurückzog. Der österreichische Botschafter Baron jährlich aus- den Rechen aller Waffenfähig?« Langenau hatte bei dem Kaiser eine mehrstündige ausgesucht und unweigerlich m das Heer einge- Audienz. — General Fürst Windischgrätz ist in recht werden. Nicht zufrieden mit der Zünd- besonderem Auftrage aus Wien in Petersburg nadel, die sich wahrend des Krieges mit Frank- eingetroffen. — Die Sammlungen für die Ser- reich als dem Chaffepot nachstehend zeigte, wur- den nehmen einen größeren Aufschwung. den zahlreiche Versuche angestellt und schließlich ein neues Gewehr angenommen, welches zuver- Türkei. lässigen Mittheilungen nach dem Chaffepot ebenso Auf dem Kriegsschauplätze herrscht die alte überlegen sein soll, wie dieses dem Zündnadel- Unentschiedenheit und Thatenlosigkeit fort, doch gewehr überlegen war. Alle, die von der Sache wird eine entscheidende Action als unmittelbar etwas verstehen, sind der festen Ueberzeugung, bevorstehend erwartet. Von serbischer Seite wird daß das deutsche Heer jetzt das am besten be- ein Zurückgehen im Süden zugestanden. Vom waffnete in ganz Europa ist, und was die Or- Kriegsschauplatz wird nämlich nach Belgrad be- aanisation seiner Streitkräfte betrifft, so kann richtet: Der serbische Generalstab hat beschlossen, darüber nicht der mindeste Zweifel herrschen; sie daß der General Tschernajew alle bei Ak-Palanka hat in den Kriegen die Feuerprobe bestanden und Babina-Glava bisher innegehabten Positio- und sich jedesnial als vorzüglich bewährt. Auch nen verlaffen solle, da Abdul Kerim Pascha sich an Führern fehlt es diesem Heere nicht und leicht in Besitz derselben setzen könne. Nach tür wird ihm ebensowenig noch auf lange Zeit hin- kischen Berichten haben die von Fürst Nikita aus daran fehlen; denn wenn auch aller mensch- selbst geführten Montenegriner am 23. Juli in lichen Berechnung nach die Feldmarschälle Moltke der Nähe von Nevesinje (bei Mostar) eine em- und Roon, wie ihre Altersgenoffen nicht mehr pfindliche Niederlage durch Mukhtar Pascha er- im Stande sein dürften, während einer langen litten. Bei Veliki Jsvor hatten die Türken mit Reihe von Jahren etwaige neue Kriegsoperatio- dem Begraben ihrer Todten zwei Tage zu thun, nen zu leiten, so haben sie doch eine Schule wobei sie von den Serben angegriffen wurden, jüngerer Kräfte auf das Beste darin unterrichtet, Während man sich türkischerseits bemüht, die nicht in den Buchstaben, sondern in den Geist Serben möglichst schwarz zu malen, ihnen aller- ihrer Unterweisungen einzudringen. Das Deutsche hand Greuelthaten in die Schuhe zu schieben, Reich könnte in diesem Augenblicke 1,200,000 eine Revolution, eine Emeute u. s. w. zu er- Mann wehrkräftiger Männer ins Feld stellen, sinnen, ist man selbstverständlich in Belgrad wenn es die Noth erheischte, und die Reorgani- auch nicht säumig und erzählt hier wieder von sation des Landsturmes wird diese Anzahl noch den türkischen Grausamkeiten und dem Verhal- um mindestens 400,000 Streiter erhöhen. Das ten der türkischen Soldaten. Der „Schles. Ztg." ist eine ungeheuere Macht, zumal wenn man geht von ihrem Kriegscorrespondenten im serbi- dabei in Betracht zieht, daß ein einziger Wille schen Hauptquartier zu Paratschin unterm 17. sie leitet, ein einziger Sinn sie regiert, daß sie Juli ein Bericht zu, in welchem es heißt: Ein nach den vorzüglichsten Grundsätzen eingerichtet heute an den Fürsten eingetroffenes Telegramm ist, die Theorie und Praxis, Umsicht und Er- des Commandirenden der Drinadivision meldet fahrung aufstellen können und daß sie, unter entsetzliche Greuelthaten der türkischen Truppen, der Oberleitung des Königs selbst, solche Führer, Dieselben brennen nicht allein die christlichen wie den Kronprinzen, Prinz Friedrich Karl, Ortschaften nieder, sondern metzeln Weiber und Moltke, Blumenthal, Werder und andere ebenso Kinder. Hunderte dieser Unglücklichen flohen tüchtige Generale zu Befehlshabern und Füh- nackt und bloß ins Lager. Weiter berichtet der rern hat." Die Gewähr dafür, daß dieses ge- General, daß es zum besonder» Plaisir derHor- waltige Heer nicht zu einer leichtsinnigen Störung den von Baschi-Bozuks gehöre, kleine Kinder mit des Friedens werde gemißbraucht werden, findet dem Handschar zu zerschneiden, die Stücke in der Verfasser in dem Charakter des Kaisers und die Luft zu werfen und mit dem Messer wieder des Kronprinzen. Er hebt mit großer Wärme aufzüfangen. Ueberall, wo Serben todt oder die Milde und Humanität hervor, welche der schwerverwundet in die Hände der Türken fielen Kronprinz bei jeder Gelegenheit während des oder auf den Schlachtfeldern liegen blieben deutsch-französischen Krieges bewiesen und die ja wurden dieselben mit abgeschnittenem Kopfe oder auch in England hinreichend bekannt sei. Ueber Nase aufgesunden. Zwar wird die Türkei mie den Kaiser, von dem man sich in England da- der sagen, daß dies nur die irregulären Baschi- gegen eine ganz irrige Vorstellung mache, schreibt er: Bozuks oder Tscherkessen verübt hatten, aber es „Jedermann, der nur einigermaßen Kenntniß ist constatirt, daß reguläres Militär an diesen von dem Charakter des Kaisers gewonnen, weiß, Metzeleien Theil nahm. daß er außerordentlich gütig, gerecht, und man Die Wiener N. Fr. Pk. bringt von einem möchte sagen, weichherzig ist; er wird von allen ihrer Spezialkorrespondenten eine sehr günstige denen geliebt, die zu ihm in irgend welche Be- Schilderung der regulären türkischen Armee, ziehung getreten sind, hoch geehrt von seinen Sehr ungünstig lautet dagegen das Urtheil über Untergebenen und Dienern, und ist soweit davon die Irregulären — die fogenanntM Baschibo- entfernt, blutdürstig zu sein, daß er immer erst zuks. Die Baschibozuks sind Freiwillige islami- nach den ernstesten Vorstellungen Seitens der tischen Glaubens, welche die Regierung unter Minister, nach vielen harten Seelenkämpfen und gewissen Bedingungen bewaffnete und denen nach inbrünstigem Gebete einwilligte, die Feind- selbe das Recht einräumte, am Kampfe theilzu- seligkeiten gegen seine Nachbarstaaten zu begin- nehmen, ohne ihnen damit irgend welche Pflich- nen. Wir dürfen also wohl nicht bezweifeln, ten aufzuerlegen. Die Folg« davon war, daß daß so lange der Kaiser von Deutschland seinen der Abschaum des türkischen Proletariats und eigenen persönlichen Willen geltend machen kann, die Hefe der moralisch verkommenen, arbeits Deutschland — obwohl es nach allen Richtungen scheuen, auf der tiefsten Bildungsstufe stehenden hin gegen jeden Angriff von außen gewappnet Bevölkerung gerne die Gelegenheit ergriff, um und für jeden Fall in vorzüglichster militärischer unter dem Vorwande, das Vaterland zu ver- - theiditzen, zu sengen, zu morden und'zu rauben. Da die Baschibozuks nicht militärisch organisirt sind, zur Theilnahme am Kampfe nicht gezwun gen werden können unk Niemandem zu gehorchen haben, so kann man ihnen eine bestimmte Ver wendung im Kampfe und außer demselben nicht zuweisen. Sie kommen und gehen, wann es ihnen beliebt. Vor dem Gefechte stellen sie sich ohne Ordnung auf einen der Flügel, und wenn sie die Aufforderung erhalten, vorzugehen, kostet es meist viel Ueberlegung, bevor sie dieser fiach- kommen. Gewöhnlich ziehen sie es vor, den Ausgang des Gefechtes abzuwarten, und sobald sich die Gelegenheit hierzu eraiebt, in die nahe liegenden Ortschaften zu verschwinden, um zu rauben und, wenn es sein muß, auch zu morden. Ein Theil liebt es besonders, auf dem Schlacht felde Beute zu machen. Mit einer emsigen Ge schäftigkeit werden Todte und Verwundete ge sucht, ihrer Habseligkeiten beraubt, entkleidet und dann um einen Kopf kürzer gemacht. Ich ließ mir erzählen, daß diese Unmenschen es bei die ser Arbeit nicht so genau nehmen und dabei zwischen Feind und Freund wenig Unterschied machen. Zu den Baschibozuks zählen auch die ,Tscherkessen und Tataren. Erstere sind unter 'den Baschibozuks die Gefürchtetsten und Grau samsten. Mit langen Flinten, Säbel, Handschar und Dolch bewaffnet, durchziehen sie auf ihren kleinen flinken Pferden rudelweise Stadt und Land zum Schrecken der Bevölkerung. Sie find die wahren Hyänen der Schlachtfelder, denen nichts heilig ist und die weder fremdes Gut und Leben, noch Weiber und Kinder schonen. Würden diese Unmenschen in der Nähe der Armee bleiben, so könnte ihrem Treiben doch theilweise ein Ziel gesetzt werden. So aber durchstreifen sie das Land in allen Richtungen, lieben es, sich in Städten aufzuhalten und sind thatfächlich von den eigenen Bewohnern gefürch teter als der Feind. In Widdin beispielsweise sind um 6 Uhr Abends alle Gewölbe geschlossen, und Niemand von den Bewohnern wagt sich auf dse Straßen, die nun von diesen wilden Horden durchzogen werden. Die türkische Negierung hofft durch die allgemeine Bewaffnung der ma- homedanischen männlichen Bevölkerung der Armee eine kräftige Unterstützung zuzuführen. Sie be rücksichtigt hierbei nicht die Elemente, denen sie ihr Vertrauen zuwendete und erkennt jetzt schon zu ihrem tiefen Bedauern, daß sie sich in diesen wilden Horden eine drückende Last schuf, der sie sich auch nach Beendigung des Krieges nur schwer wird erledigen können, ohne daß dabei der eigent liche Zweck — Erhöhung der Wehrkraft — er reicht worden wäre. Falls die Regimenter, welche der Khedive sei nen, Lehnsherrn, dem Sultan, zu Hülfe schickt, nicht kampffähiger sind als diejenigen, welche aus Abyssinien zurückkehrten, dürsten sie sich ihren Kameraden gefährlicher als den Serben erweisen. In einem in Loudon eingegangenen Privatbriefe aus Suez vom 3. d. M. wird das Verhalten der egyptischen Truppen auf Grund des Zeug nisses einiger amerikanischer Stabsoffiziere einer sehr strengen Kritik unterzogen. Keine Armee, heißt es, erlitt jemals eine solch schmähliche Nie derlage wie die Egypter in Abyssinien. Die Offiziere waren schlimmer als die Gemeinen und stets voran, wenn es galt, einen Rückzug anzutreten. Die Abyssinier, von denen Einige blos mit Piken bewaffnet waren, griffen oie egyptischen Artilleristen in der entschlossensten Weise an. Nahezu sämmtliche moderne Kanonen und Mitrailleusen der Egypter sind in die Hände der Abyssinier gefallen. Die Truppen, die in Suez ankamen, sind in Lumpen und haben seit Jahr und Tag keinen Sold mehr empfangen. Der Khedive soll sehr erbittert über das Betra gen seiner Truppen sein, und auf seinen Befehl wurden jüngst in Boulac unweit Kairo 15 höhere Offiziere wegen Feigheit vor dem Feinde kriegs rechtlich erschossen. Ueber die Ermordung des Sultans Abdul-Aziz kommt erst jetzt eine Erzählung in Umlauf, von der sich alle Welt überzeugt hält, daß ihr« De tails verbürgt seien. Darnach wäre der in zwischen auch von Mörderhand gefallene Hussein