Volltext Seite (XML)
83. Dienstag, den 18. Juli. 1876. FrankenliergerMchrlchtsblatt und Bezirksanzeiger. Amtsblatt der König!. Amtshauptmannschaft Flöha, des König!. Gerichtsamts und des Stadtraths zu Frankenberg. Erscheint wöchentlich drei Mal. Vierteljährlich 1j Mark. Au beziehen durch alle Buchhandlungen und Post-Expeditionen. Die unbekannte Schwindlerin ist ca. 40 Jahre alt, mittlerer Größe, gesund und frisch aussehend und stark gebräunt gewesen, hat ein dxeisteS Benehmen gezeigt, ein dunkles Kopftuch, einen dunkelgestreiften Kattunrock und dergleichen Jacke getragen und einen Handkorb bei sich gehabt. Wochenschau. Li. 6. Der näher rückende Wahltermin, bei welchem es diesmal besonders heiß hergehen zu sollen scheint, beginnt bereits, die Gemüther zu erregen. Das erste Wahlmanifest ging in der vergangenen Woche von den vereinigten Liberalen (Fortschritt und Nationalliberale) der Provinz Sachsen aus. Diesem provinziellen Compromiß - Wahlmanifest ist daS Programm der deutschen Conservativen gefolgt. Sieht man von den Namen ab, welche unter dem Pro gramm stehen, so merkt man alsbald, daß man es auch hier mit einer Compromißarbeit zu thun hat, welche darauf berechnet ist, möglichst Vielen — von der äußersten Rechten bis m die Mitte der Nationalliberalen —gerecht zu werden.. Die Lage der Dinge im Orient erforderte letzthin wiederum die „von Fall zu Fall" nöthige Verständigung der befreundeten drei Kaisermächte. Diesmal waren es die Monarchen von Oester reich und Rußland, welche in Begleitung ihrer Minister zusammenkämen. Ueber das Ergebniß ihrer Besprechung berieth Tags darauf Kaiser Wilhelm mit dem aus Kissingen nach Würzburg beschiedenen Fürsten Bismarck. In Baiern gewinnt der Parteienstreit wie der neue Schärfe. Der Abgeordnete Joerg griff den Cultusminister Lutz mit Heftigkeit an. Freunde hat Herr Lutz auch auf der Seite sehr wenige, welche man als die Partei des Ministeriums zu bezeichnen liebt. Herr von Lutz ist auf seinem Posten nur dadurch möglich, daß die kleine Majorität der großen Minorität so ganz un vermittelt aeaenübersteht. In Sachsen gehen die Tage der ministeriel len Thätigkeit des Herrn von Friesen zu Ende. Als Nachfolger des Herrn von Friesen im Finanz ministerium wurde kürzlich Herr von Könnerttz, ein Schwiegersohn des Grafen Beust, genannt. Was das Ausland betrifft, so steht im Vor dergründe des öffentlichen Interesses noch immer der Krieg der Muselmänner gegen die Fusel- männer. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, wird dieser Krieg bald zu Ende sein. Die „tele- graphirten" Siege der Serben erweisen sich überall als Phantasien, die nur deswegen nicht in ihrer wahren Eigenschaft alsbald erkannt wurden, weil die gegentheiligen Berichte der Türken gleichfalls nrcht den besten Credit genie ßen und Serbien es verstanden hat, jeden un parteiischen Berichterstatter aus seinem Haupt quartier fern tu halten. Bei dieser Maßregel Wurde die serbische Regierung von der Rücksicht geleitet, daß einige Siege, wenn auch nur kurze Bekanntmachung. Aus einem hiesigen Weißwaarengeschäft hat sich die »ui, D soweit möglich beschriebene Unbekannte am 18. Juni » «., indem sie sich für eine Scheuerfrau und Tagelöhnerin aus Gunnersdorf ausgegeben, 1 Stück feine weiße Leinwand von 57 M., 1 blauleinene mit weißen Punkten bedruckte Frauenlätzschürze, 6 Ellen grünen Lüstre und ebensoviel Barchent und graues Schweiffutter, sowie 3 fertige Frauenjäckchen (1 von Lama mit schmalen schwarzen Streifen und 2 von dunkelgestreifter englischer Leinwand) zu erschwindeln gewußt und bittet man alle zur Ermittlung dieser Betrügerin und zur Wiedererlangung der vorgedachten Gegenstände zweckdienlichen Währüehmungen hier anzeigen zu wollen. Frankenberg, am 13. Juli 1876. Das K ö n i g l i ch e G e r i ch t s a m t. Wiegand. R. der französische Minister des Auswärtigen sie für unopportun erklärte und Frankreichs reser- virte Haltung in der orientalischen Frage Ott dem theuer erworbenen Recht begründete, sich um seme innere Entwickelung zu bekümmern. Der italienische Minister begnügte sich chit der Versicherung, daß der europäische Friede nicht gefährdet sei. Die französische Kammer beschäftigte sich in der vergangenen Woche vorwiegend mit dem Mairesgesetz. Nach heftigen Debatte^ wurde beschlossen, daß die MaiOS MirdenMWlicipal- räthen gewählt werden sollen, außer in den Hauptorten der Arrondissements. Aus Rußland kamen in der vergangenen Woche Worte innigster Theilnahme für die auf ständischen Slaven, aber auch nicht viel mehr als Worte. In Holland ist dieser Tage die seit einige« Monaten bestehende Ministezkrisis beendet,Mor den. Das Cabmet hatte wegeq des,Aon. der Kammer abgelehnten Milizgesetzes Mne Ent lassung eingereicht, zugleich aber beschlossen, Hs zum Schluß der Kammerberathungen die Ge schäfte weiter zu führen. Der König hat jetzt das Entlassungsgesuch zurückgewiesen. Rumänien ist fortgesetzt bemüht, mit den europäischen Staaten Handelsverträge abzuschlie ßen. Schon jetzt sollen den Städten, Mit welchen Verhandlungen im Gange sind, dieselben Zoll tarife zugebilligt werden, welche für den öster reichisch-rumänischen Handel gelten. OertlicheS und Sächsisches. Frankenberg, 1?. Juli. — Die Vorbereitungen für das am Nach mittag des 13. August hier stattfindende Volks- wettturnen sind im vollen Gange. Dasselbe wird in Hochspringen, Steinstemmen, Weit springen, Steinstoßen, Dauerlauf mit Hinder nissen und Ringen bestehen und ist Jedermann, gleichviel ob Mitglied eines Turnvereins oder nicht, zur Theilnahme berechtigt. Als Platz zur Abhaltung dieser in neuester Zeit erfreu- ucherMelse wieder auflebenden altdeutschen Art von Volkslpielen und Kraftmeffungen ist die Schießwiese in Aussicht und die Genehmigung der Scheibenschützengesellschaft, der Besitzerin der Wiese, bereits nachgesucht worden, an deren Er- theilung wohl nicht zu zweifeln ist. Einladun gen exgehen an alle Turnvereine Sachsens. Emäuartisrung der auswärtigen Thetlnehmer erfolgt nicht. ' tiren dürfen. Die Abmachungen von Reichstadt sind nur in diesem Sinne zu verstehen. Es ist ganz undenkbar, daß die Leiter Oesterreich- Ungarn's der Abmachung ihre Zustimmung gegeben hätten, wenn denselben eine andere Ten denz innewohnte. Die Vorkommnisse im Orient beschäftigten in pergangener Woche auch die Parlamente von England, Frankreich und Italien. Na mentlich wollte man wissen, ob die Greuelthäten, welche einigen Zeitungen zufolge von dsn Tür ken in Bulgarien begimaen sein sollten, wirklich vorgekommtn seien, Und oh die Regierungen denselben eventuell Nicht Einhalt zu Ihun ge dächten. Außerdem wurde in den Volksver tretungen der drei genannten Länder der Wunsch laut, von der bezüglich der Orientdinge geführ ten diplomatischen Correspondenz Kenntniß zu nehmen. In Betreff aus Bulgarien etklä Zeit geglaubt, ihr Credit für Anleihen ver schaffen möchten. Die Finanzwelt zeigte sich aber durchaus nicht leichtgläubig und selbst die slavenfreundlichsten russischen Banquiers wollten das Sprichwort, daß in Geldsachen die GeMüth- lichkeit aufhört, nicht Lügen strafen. Unter sol chen Umständen kann serbischerseits der Krieg nicht mehr lange weiter geführt werden, und die Nachricht, daß Fürst Milan das russische Cabinet um Vermittelung eines Waffenstill standes ersucht habe, klingt durchaus wahrschein lich. Weniger wahrscheinlich ist es, daß die Pforte auf einen Pact mit dem Fürsten Milan, dessen Absetzung sie decretirt hat, eingehen wird. Diese Absetzung kann Herrn Milan übrigens ganz gleichgiltig sein. Siegt er, so kann die Pforte ihn nicht absetzen — siegt er nicht, so wird schon Alexander Karageorgewitsch, der Thronprätendent, Sohn des frühern Herrschers, in der landesüblichen Weise ihn vom Throne schießen lassen, wenn Milan nicht vorzieht, dem undankbaren Vaterlande den Rücken zu kehren und seinerseits die Prätendentenrolle Karageorge- witsch's zu übernehmen. Noch ein anderer Umstand läßt auf ein bah; diges Ende des Aufstandes und auf einen sicheren Sieg der Türkei schließen: Das Ergebniß der Monarchenbegegnung auf Schloß Reichstadt. Die Eventualität eines serbischen Erfolges würde gar picht in Betracht gezogen und nur stipulirt, daß die siegreiche Türkei Serbien nicht solle annec-