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Sonnabend, den 15. Januar. 1876. Frankenberger Uachrichtsbtatt und Bezirksanzeiger. Amtsblatt der König!. Amtshauptmannschaft Flöha, des König!. Gerichtsamts und des StadtratHS zu Frankenberg. Erscheint wöchentlich drei Mal. Vierteljährlich 11 Mark. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Post-Expeditione». Bekanntmachung, die Anmeldung der Militärpflichtigen znr Aufnahme in die Militärstammrolle betreffend. In Bezug auf die Militärpflicht und die Anmeldung der Militärpflichtigen zur Aufnahme in die Militärstammrolle bestimmt die deutsche Wehrordnung vom 28. September 1875 unter tz 20 und 23 Folgendes: „8 20. 1. Die Militärpflicht ist die Pflicht, sich der Aushebung für das stehende Heer oder die Flotte zu unterwerfen. 2. Die Militärpflicht beginnt mit dem 1. Januar des Kalenderjahres, in welchem der Wehrpflichtige das 20. Lebensjahr vollendet und dauert so lange, bis über die Dienstpflicht der Wehrpflichtigen endgültig entschieden ist. 3. Während der Dauer der Militärpflicht heißen die Wehrpflichtigen militärpflichtig. 8 23. 1. Nach Beginn der Militärpflicht haben die Wehrpflichtigen die Pflicht, sich zur Aufnahme in die Rekrutirungs-Stammrolle anzumelden. Diese Meldung muß in der Zeit vom 15. Januar bis zum 1. Februar erfolgen. 2. Die Anmeldung erfolgt bei der Ortsbehörde desjenigen Ortes, an welchem der Militärpflichtige seinen dauernden Aufenthalt hat. Hat er keinen dauernden Aufenthalt, so meldet er sich bei der Ortsbehörde seines Wohnsitzes, d. h. desjenigen Ortes, an welchem sein oder, sofern er noch nicht selbstständig ist, seiner Eltern oder Vormünder ordentlicher Gerichtsstand sich befindet. S. Wer innerhalb des Reichsgebiets weder einen dauernden Aufenthaltsort noch einen Wohnsitz hat, meldet sich in seinem Geburtsort zur Stammrolle, und wenn der Geburtsort im Auslande liegt, in demjenigen Orte, in welchem die Eltern oder Familienhäupter ihren letzten Wohn sitz hatten. 4. Bei der Anmeldung zur Stammrolle ist das Geburtszeugniß vorzulegen, sofern die Anmeldung nicht am Geburtsort selbst erfolgt. 5. Sind Militärpflichtige von dem Orte, an welchem sie sich nach 2 zur Stammrolle anzumelden haben, zeitig abwesend (auf der Reise begriffene Handlungsdiener, auf See befindliche Seeleute u. s. w.), so haben ihre Eltern, Vormünder, Lehr-, Broo- oder Fabrikherren die Verpflichtung, sie zur Stammrolle anzumelden. 6. Die Anmeldung zur Stammrolle ist in der vorstehend vorgeschriebenen Weise seitens der Militärpflichtigen so lange alljährlich zu wiederholen, bis eine endgültige Entscheidung über die Dienstpflicht durch die Ersatz-Behörden erfolgt ist. Bei Wiederholung der Anmeldung zur Stammrolle ist der im ersten Militärpflichtjahr erhaltene Loosungsschein vorzulegen. Außerdem sind etwa eingetretene Veränderungen (in Betreff des Wohnsitzes, des Gewerbes, des Standes u. s. w.) dabei anzuzeigen. 7. Von der Wiederholung der Anmeldung zur Stammrolle sind nur diejenigen Militärpflichtigen befreit, welche für einen bestimmten Zeitraum von den Ersatz-Behörden ausdrücklich hiervon entbunden oder über das laufende Jahr hinaus zurückgestellt worden sind. 8. Militärpflichtige, welche nach Anmeldung zur Stammrolle im Laufe eines ihrer Militärpflichtjahre ihren dauernden Aufenthalt oder Wohnsitz nach einem anderen Aushebungs-Bezirk oder Musterungs-Bezirk verlegen, haben dieses behufs Berichtigung der Stammrolle sowohl beim Abgänge der Behörde oder Person, welche sie in die Stammrolle ausgenommen hat, als auch nach der Ankunft an dem neuen Ort derjenigen welche daselbst die Stammrolle führt, spätestens innerhalb dreier Tage zu melden. 9. Versäumung der Meldefristen 1, 6, 8) entbindet nicht von der Meldepflicht. 10. Wer die vorgeschriebenen Meldungen zur Stammrolle oder zur Berichtigung derselben unterläßt, ist mit Geldstrafe bis zu dreißig Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen zu bestrafen." Alle Diejenigen, welche nach den vorstehenden Bestimmungen der deutschen Wehrordnung am hiesigen Orte zur Anmeldung zur Militär- mstamrolle verbunden sind, werden hierdurch aufgefordert, die Meldung vom LS. Januar bis L. Februar dieses JahreS an hiesiger Rathsexpeditionsstelle zu der festgestellten Expeditionszeit zu bewirken. Frankenberg, am 10. Januar 1876. Der Stadtrat h. ,Meltzer, Brgrmstr. Bekanntmachung. Auf Grund der Registratur vom 7. Januar 1876 ist heute im Handelsregister für den hiesigen Gerichtsamtsbezirk für die neue Firma Gruhl St Kästner in Frankenberg das Folium 148 eröffnet und sind darauf die Herren Karl Friedrich Gruhl und Friedrich JulluS Kästner daselbst als Inhaber eingetragen worden. Königliches Gerichtsamt Frankenberg, am 12. Januar 1876. Wiegand. Seidler. Der Würgengel von 1875. (Aus der Wiener „Neuen freien Presse".) (Schluß.) Die Explosionen im belgischen Kohlenwerke zu Mons und in schwedischen Gruben, sowie in zwanzig englischen Schachten haben mehr als ein halbes Tausend Menschen begraben. Jene Zufälle würden vor einer Todtenjury in Pluto's Reiche auf Sorglosigkeit im Umgänge mit den Schrecken der Natur zurückgeführt werden. Ob jener Courierzug, der in den Bergöden von Ne vada von einer Semmeringsteile in den Abgrund rollte, oder jener Hunderte zermalmende Zusam menstoß auf einer südrussischen Bahn, in Oester reich der furchtbare Unfall bei Schwarzenau in Folge schwerer Schuld oder durch verwegenen Leichtsinn sich ereigneten, wird kein Lebender er fahren. „Die Todten kommen nicht wieder," erwiderte Robespierre dem tobenden Danton, ehe dieser den Karren bestieg, und „tobte Leute erzählen keine Geschichten," wie ein englisches Sprichwort lautet. Es ist dies eine von den Formeln, mit welchen sich solche Ungeheuer trösten, wie der hundertfache, wissenschaftlich geschulte Mörder in Bremerhaven. Der Massenmord der Elemente, wie der im vergangenen Jahre er lebte, führt mit einer gewissen psychologischen Folgerichtigkeit zum Massenmorde durch einzelne Menschen. Es ist elementare Gleichgültigkeit, die zerstört, ohne eine Spur von Feindseligkeits gefühl gegen unbekannte, aber sichere Opfer zu empfinden. Habsucht war in jenem Falle die einzige Triebfeder, die dem Menschlichen ange hörte. Es ist eine alte Redeformel, daß die Ci- vilisation ihre eigenen Kinder verschlingt. So erstehen im Schatten der bürgerlichen Gesellschaft Gruppen, welche allmälig den Pharisäer an den Nagel hängen und Zöllner und Sünder im Hel len Glanze des Tages zu sein jener langweiligen Maskerade vorziehen. Daraus entspringen solche Charaktere, die sich vor einer Todesstunde so