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iva» den schwarzen Herren gar nlcht in ihren Kram paßt«. LaSker wie Wirchow bewiesen glänzend, daß unter der scheinbar freisinnigen Forderung der Ultramontantn der Pferdefuß hervorschaue und interessant ist'S zu bemerken, wie der UltramontaniSmuS auf die Socialdemo- krati« und diese wieder auf jenen spekulirt. Wie in den Vorbereitungen zur ReichötagSwahl wird sich auch bei dieser selbst das Bündniß zwischen den -eiben Feinden des Reichs und der dermaligen gesellschaftlichen Ordnung zeigen, ein Bündniß, daS bald von der den Sieg davontragenden Par- tei gelöst werden wird, denn in sich sind ja ver schieden wie Tag und Nacht. In der bedeu tungsvollen Debatte zeichnete LaSker daS Auftrr- len deS CentrumS, das früher mit den Confer- vativen Hand in Hand gegangen und wies nach, daß jede Partei geschädigt werbe, die sich mit dem Centrum einlasst. In der Debatte stellte weiter Mallinckrodt daS von einem Ultramon tanen auffällige Verlangen nach Gewissensfrei heit, wurde aber von dem geistreichen Virchow in solch glänzender Weise geschlagen, taß wir die kurze Wiedergabe der bezüglichen Stelle auö Virchow'S Rede uns nicht versagen können: „Was Mallinckrodt von Gewissensfreiheit sprach, war überraschend. Man kann nicht in einem Athem von Ge wissensfreiheit und Kirchensreiheit reden, wenn man eben Katholik (Römling) ist. (Widerspruch im Centrum.) Nein, meine Herren, das können Sie' aus dem einsachen Grunde nicht, weil der Papst die Gewissensfreiheit verdammt hat. Er spricht im Syllabus von der Pest der Gewissensfrei heit und nennt sie eine fluchwürdige Verirrung. Frei lich geschah das im Jahre 1856 und damals war der Papst noch nicht unfehlbar, damals konnte er noch irren. (Heiterkeit.) Nun aber ist die Unfehlbarkeit ein Glaubens- jatz geworden und damit ist doch eine Gewissensfreiheit unvereinbar. Sie sprechen das Wort Gewissensfreiheit gelassen au«, scheinen aber keine Ahnung davon zu haben, was es eigentlich bedeutet. Die Welt versteht unter Ge- wiffensfreiheit die Fähigkeit, selbst zu entscheiden, wa« aut und böse ist; wie Sie damit die Unfehlbarkeit deS Papstes zufammenreimtn wollen, das ist mir unerfindbar.". Endlich ist der längst erwartete Bericht der Special - Commission zur Untersuchung des Ei- senbahnconcessionöwesenS im Druck erschienen und in den Händen der Abgeordneten. Er um- faßt 193 Quartseiten und behandelt die Dar stellung der Entstehung von 26 Eisenbahnunter nehmungen, darunter auch die der Pommer'schen Centralbahn, bei welcher der Geh. Rath a. D. Wagener als einer der Gründer betbeiligt war. Die gravirenben Thatsachen, welche LaSker über diese Gründung zur Sprache brachte, werden in dem Bericht einfach bestätigt. Aus den that- sächlichen Ermittelungen hebt die Commission die aufgefundenen Mißstände hervor und bezeichnet die Mittel, von welchen Abhülfe erwartet wer den darf. Schließlich spricht sich dieselbe für Uebertragung der höchsten Aussicht über daS Eisenbahnwesen auf Reichsorgane aus und, was Preußen betrifft, für die Trennung der AufsichtS- instanz von der fiScalischen Verwaltung der Bahnen. Die Summe der dem Erzbischof LedochowSki durch gerichtliches Urtel auferlegten Geldstrafen beträgt nach den beiden letzten Verurtheilungen 10,209 Thlr., die eventuelle Gefängnißstrafe lautet auf fast 4 Jahre. DaS häufig aus den leitenden RgierungS- kreisen inspirirte „Preuß. VolkSbl." bringt einen Artikel, der auf das Eintreten ernster Ereignisse in der Provinz Posen und in Westpreußen vor- bereiten soll und durchblicken läßt, daß demnächst der Belagerungszustand verhängt werben dürfte. Wie man hört, wird die preußische Regierung für ihren großen Silbervorrath einen Absatz in Indien und China finden, wohin vorläufig 4 Millionen Thaler abgegangen sind. Ob die Sendung damit abgeschlossen oder fortgeführt wird, dürste von dem erwarteten Erfolge ab- hängen. Im Ganzen verfügt die Regierung über 64 Millionen Thaler. DaS Kriegsgericht in der Angelegenheit deS Eapitän Werner ist nun in Wilhelmshaven zu sammengetreten. Die Entscheidung desselben wird in militärischen Kreisen und im Publikum mit großer Spannung erwartet. Die Einladungen, welche der Kaiser von Ruß- land an den Generalseldwarschall v. Manteuffel und die Generale von Kirchbach, v. TreSckow und Knappe v. Knappstädt zur Feier des St. CeorgSfesteS hat ergehen lassen, haben in ver- lin sehr angenehm berührt, und find «in neuer Beweis für die freundschaftliche Gesinnung, welche Kaiser Alexander für Deutschland und seine ruhmreiche Armee hegt. Die Universität Leipzig hat dem Großherzog von Hessen am 20. Novbr. durch eine Depu tation die Glückwünsche der Universität über- bringen und ihm ein Gratulationsschreiben in Form eines DoctordiplomS überreichen lassen, weil er vor 50 Jahren an diesem Tage seine akademischen Studien an der Universität Leipzig begonnen hatte. — Die juristische Fakultät der Universität Heidelberg hat den vielverdienten Volksmann Schulze-Delitzsch seiner Leistungen auf dem genossenschaftlichen Gebiete wegen zum Ehren-Doctor ernannt. Der Kölnischen Zeitung schreibt man aus Dortmund vom 20. Novbr.: „Die Agitation unter der Kasseler Frauenwelt zur Bestimmung von Normalpreisen für die in den letzten Jahren ganz unerhört heraufgeschraubten Lebensmittel der Wochenmärkte, Butter, Eier, Gemüse, Fleisch «., hat in Dortmund einen derartigen Anklang gefunden, daß sich sofort mehrere Dort munder,Hausfrauen an den Vorstand der Kaffe- ler Frauen gewandt haben, um mit ihnen die Einberufung eines FrauencongreffeS zur Fest- stellung der Preise für die westlichen Provinzen zu berathen. Dortmund ist zum Ort des Con- greffrS erwählt worden. Als Tag ist der 7. Decbr. festgesetzt. Mehrere der bedeutendsten Städte, wie Essen, Elberfeld, Düsseldorf, Krefrld, haben ihre Theilnahme durch Delegirte zugesagt. Alle Orte, welche infolge der wachsenden In- dustrie an der Theuerung leiden, werden aufge- fordert werden, sich ebenfalls durch Delegirte zu betheiligen, um den Druck auf die Händler so allgemein wie möglich zu machen." (Man scheint nur zu übersehen, baß die Preissteigerung, die allerdings eine übertriebene, unnatürliche Höhe angenommen hat, keine von den Verkäufern selbstständig gemachte, keine willkürliche ist: der auch in den landwirthschaftlichen Kreisen sehr fühlbar gewordene Mangel an Arbeitskräfte», die dadurch wieder beträchtlich gestiegenen Löhne des ländlichen ArbeitSpersonalS, die allgemein gestiegenen Preise aller Bedürfnisse und aller Gegenstände, die die Landwirthe in den Städten kaufen, machen folgerichtig auch ihnen eine Stei gerung der Preise ihrer Produkte nothwendig; dies ist ein Umstand, der leider von zu vielen unbeachtet gelassen wirb, die sich darin gefallen, nur den Lanbwirthen die alleinige Schuld an der nur zu drückenden Theuerung aller Lebens- bedürfniffe in die Schuhe zu schieben.) Schweiz. Der Nationalrath hat am Donnerstag nach dreitägiger Debatte im Fortgange der Beralhungen über die VerfaffungS-Commisston den Artikel 48, durch welchen die Unverletzlichkeit deS Glaubens und die Gewissensfreiheit sanktionirt wird sowie den Artikel 49, welcher die freie Ausübung deS Gottesdienstes gewährleistet und die Abschaffung der geistlichen Gerichtsbarkeit, das Verbot deS Jesuitenordens, sowie daS Verbot der Errichtung und Wiederherstellung von Klöstern ausspricht, in allen Hauptpunkten in Gemäßheit der Com- misffonSanträge angenommen. Beide Artikel find indessen zum Zwecke der definitiven Redak tion an die Commission zurückverwiesen worden. lieber die energische Art, in welcher die kleine Schweiz gegen Rom'S Anmaßungen vorgeht, ist ferner zu melden, baß der große Rath von St. Gallen daS Gesetz, nach welchem Geistliche, die konfessionellen Unfrieden stiften und ihr Amt zu politischen Zwecken mißbrauchen, mit einer Geld buße bis zu 1060 FrcS oder Gefängniß bis zu einem Jahre, im Rückfalle mit temporärer oder gänzlicher Amtseinstellung bestraft werden sollen, mit 84 gegen 52 Stimmen genehmig! hat. Frankreich. Nach der bekannten Verhandlung in der National versammlung, durch welche Mae Mahon'S Herr schaft auf 7 Jahre verlängert wurde, womit noch nicht gesagt ist, daß sie auch so lange dauern werde, waS bei den bekannten Eigenthümlich- keiten der Franzosen kaum glaublich, reichte das bisherige Ministerium seine Entlassung rin. DaS neugebildete zählt zum größten Theile die alten Mitglieder wieder und ist mehr orleanisttschrr Färbung. Der Bazaine'sche Prozeß beschäftigte sich bisher noch immer mit Zeugenaussagen; in letzter Woche erklärten Canrobert, Frossard u. A., daß im Oktober ein Ausfall nicht mehr hätte gewagt werden können, ohne völlig nutzlose Opferung der Armee. Weiter wurde über die Berhand- lungen verhört, welche Bourbaki mit der Kaiserin in England, General Boyer ebenfalls mit dieser und vorher mit Graf Bismarck in Versailles wegen der Capitulationöbedingungen, gepflogen. Die Kaiserin habe alle Anstrengungen gemacht, sagte der gleichfalls verhörte frühere Minister Rouher aus, die Rhein-Armee (die Bazaine'sche) zu retten, sie habe sich aber geweigert, auf BiS- marck'S Verlangen, ihre Zustimmung zu den FritbenSverhandlungen bedingungslos zu geben, einzugehen, da sie nicht habe in die Abtretung von GebietStheilen willigen wollen. England. Die kubanische Angelegenheit macht der Re gierung glücklicherweise keine Sorgen mehr. Nach dem sich herauSgestellt har, baß unter den er schossenen Gefangenen des „VirginiuS" keine Engländer gewesen, hat die Regierung keine Ver anlassung mehr, mit den Vereinigten Staaten in dieser Angelegenheit gemeinsame Schritte zu thun. Eine große Versammlung zu dem Zwecke, die Sympathien deS englischen Volkes mit dem Deutschen Kaiser und Volke im Kampfe gegen den UltramontaniSmuS auSzusprechen, ist auf den 27. Januar k. I. anberaumt worden. Mit glieder beider Häuser des Parlaments werden sich in der Versammlung einfinden. Der ang likanische Erzbischof' von Uork wird vermuthlich «ine Resolution beantragen und jede größe eng lische Stadt mindestens zwei Abgesandte schicken, um der Versammlung einen wahrhaft nationalen Charakter zu verleihen. Spanien. Die Madrider Regierung hat durch die Zu sage der Auslieferung deS weggenommenen „Vir- giniuS" und der noch in Gefangenschaft befind- Uchen Besatzung desselben der Regierung d«r Vereinigten Staaten Genugthuungan geboten, die von dieser angenommen worden ist, wodurch die friedliche Lösung der Angelegenheit gesichert er scheint. Carthagena wird durch die RegierungStruppen von der Land- und Seeseite beschossen. —— Vermischte-. In Havelberg erschoß sich dieser Tage ein Caffenrendant, weil man bet ihm einen Defekt von 100 Thlrn. entdeckte. Rach genauere» Ein sicht der Bücher ergab sich, daß «in Echreibfrh- lrr zu Grunde gelegen. Die Thüringer Eisenbahn-Direction hat ihren sämmtlichen Beamten daS Honorar für den Monat November als TheuerungSzulag« doppelt auSzahlen lassen.