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Boden Frankreich» von den Barbaren" geräumt sein. In richtiger Erwägung der Verhältnisse -ar der Marschall Mac Mahon alle Freudenbe- monstrationen der geräumten GebietStheile unter sagt; dieselben erscheinen in der That wenig schicklich, so lange nicht die Befreiung deS Bodens vollendet ist. Im Uebrigen werden gewiß alle Herzen in Deutschland in zwei Wünschen über- etnstimmen, in einem herzlichen Willkommen für die braven Truppen, die im fremden feindseligen Lande einen schweren Dienst gut durchgesührt und unter den mißlichsten Verhältnissen der deutschen EolbatendiSciplin Ehre gemacht haben, und in dem Wunsche, daß dieselben so spät wie möglich genöthigt sein mögen, den schweren und blutigen Marsch vom Rhein, oder wie eS seht heißen muß, von den Vogesen an die Seine abermals zu wiederholen. Die Erfüllung dieses letzteren Wunsches hängt allerdings nächst Gott zumeist von der Besonnenheit der Franzosen ab, steh, also, irdisch gerechnet, aus ziemlich schwachen Küßen. ES ist sehr begreiflich, schreibt man der„Schles. Pr." auS München, wenn in diesen Tagen fast Alle übrigen Interessen vor dem Monstreproceß <Spitzeder) zurücktreten, der soeben die Münchener Asfisen beschäftigte und der auch eine solche Fülle von Gesichtspunkten in sich schließt, wie kaum «iu anderer RrchtSfall in jüngster Zeit. Die Volks- wlrthschaftliche Seite eines Bankerottes, bei wel chem 19,00V Gläubiger und lv Millionen Gulden «ngagirt sind, braucht wohl nicht hervorgehoben zu werden; ebenso tief, wenn auch nicht minder Achtbar, griff der Fall in die Parteiverhältnisse BaiernS, in die Haltung der Presse, in die so cialen und religiösen Conflicle ein. Denn damtr, daß die ultramontanen Organe (wenigstens die beiden, welche in den katholischen Provinzen den »eisten Einfluß haben) sich zur unbedingten Ver- lretung dieses GeschästSbetriebeS herbeiließcn, da durch, daß Adele Spitzeder in Wallfahrten und Geschenken für derlei Zwecke ercellirt, warb die ganze Angelegenheit mit einem Anstrich von Fröm migkeit umgeben, welcher Tausende bestach und der noch stieg, als auch der hochultramontane Abgeordnete und Parteiführer Carl Barth sich zum Beschützer dieses Treibens machte. Der so ciale, ja fast kommunistische Kern aber steckte darin, baß man das ganze Unternehmen, daö doch auf der rohesten Ausbeutung der Beschränkt heit ruhte, als eine Bereicherung der „Armen" darstellte und nicht säumte, gegen jene zu schmähen und zu drohen, „die den ganzen Nutzen ihres Geschäftes für sich behalten". Die Artikel im „Baier. Vaterland", welche förmlich zu einer Zubenhetze aufriesen, bieten für diese Seile. deS Falles die beste Illustration. Unter diesen Um ständen findet natürlich die Katastrophe, von der wir sprechen, mit dem formellen Unheil noch keineswegs ihren Abschluß, sondern sie wirb in dem polnischen Parteileben BaiernS noch auf Jahre hinaus ein gewichtiger Factor sein, denn eine Lehre, die man mit baarem Gelb bezahlt, hastet am tiefsten. Am 20. Juli NachtS ist in Braunschweig die, so viel man weiß, zu einem geringen Theile noch auS der Zeit Heinrich des Löwen herrührenbe „Burg" ein Raub der Flammen geworden. DaS bis auf das untere Geschoß total zerstörte Ge bäude war sowohl in historischer Beziehung denk würdig, als in architektonischer interessant. Die riesigen Säulen vor der Südseite desselben, von welchen in älterer Zeit für die Fürsten ein Gang nach der kaum 12 Schritt entfernt liegenden Domkirche sührte, sind dem Einsturz nahe, die Gallerie, welche das Dach einrahmte, ist zerstör«. Der Bau, erst im Vorjahre gänzlich renovirt, diente in neuerer Zeit zu Militärzwecken, noch vor wenigen Jahren lagen Husaren darin. In jüngster Zett find die weiten Räume lediglich zur Ausbe- Wahrung von Mtlitäreffeeten benutzt. Auf de« Rittergute Echarteucke bei Genthin wurden am Sonntag, 13. Juki, drei durch Kai. ser Wilhelm de? Kirche geschenkte neue Glocken geweiht Durch Telegramm nach EmS wurde der Kaiser mit den Worten benachrichtigt; „In diesem Augenblick werden die durch Kaiser Wil helm'» Gnade geschenkten Glocken in Scharteuck eingeläutet." Daran anknüpfcnd erfolgte sogleich die kaiserliche Antwort: „Und Fried« sei ihr erf Geläute! Wilhelm." Die städtische Behörde in Augsburg hat zu Ehren der aus Frankreich heimkehrenden Trup pen 12,000 fl. bewilligt. Frankreich. An allen Orten der zu räumenden Departe- mentS rückt hinter der abziehenden deutschen Gar- nison französische Gendarmerie mit zahlreichen Polizisten ein, welche sosort Hand an die Bevöl. kerung legen und bclagerungSzuständlich jede Mög lichkeit einer DankeSäußerung für Hrn. ThierS hintertreiben, die Bevölkerung nicht zu Athem und Wort kommen lassen. Auf Vie Marseillaise wird gefahndet, Conrert und Bälle werden ver boten, Festbeleuchtungen werden gelöscht, die auS den Häusern strömenden Bewohner werben als Zusammenrottung auseinander gestöbert, kein Ru für Hrn. Thiers oder die Republik wird gestattet die Schenken und Kaffeehäuser müssen in flüber Abendstunde geschlossen werben, Verhaftungen von wiberspänstigen Enthusiasten und Ercedcnten finden überall noch am ersten Tage deS Wiedersehens statt. Der „Patrie" zufolge wird Mac Mahon nach der Räumung eine Proclamation veröffentlichen, deren Sinn folgender wäre: die Freude wegen Befreiung dürfe sich nicht in kindischen öffent lichen Belustigungen äußern. Sie müsse sich durch energische Beschlüsse für die moralische und politische Rekonstitution deS Landes kundgeben, baS durch den Verlust eines TheileS seines Ge- bieteS und die Zwietracht der Parteien erschüt tert sei. Mac Mahon hat dem Vernehmen nach die Einladung, der Gast deS Kaisers Franz Joseph zur Weltausstellung zu sein, in einem Schreiben beantwortet, in welchem er seinen Dank auS- spricht, gleichzeitig ober erklärt, daß er in keinem Fall früher jener Einladung Folge zu leisten im Stande sein werde, als bis der letzte fremde Sol dat daS französische Gebiet verlassen habe. ThierS befand sich kürzlich auf einer Reise im Norden Frankreichs und warb überall unter den begeisterten Zurufen: „ES lebe ThierS! ES lebe Vie Republik!" empfangen, was in Ver sailles ziemlich übel vermerkt worden ist, was schon daraus hcrvorgeht, daß die Regierung »er- breiten ließ, jene Empfangdfeftlichkeilen rc. seien abgekartet gewesen. Am 22. Juli begannen die großen Wallfahr ten, die einen Monat dauern werben. Der „Generalrath Ver Wallfahrten in Frankreich" hat bieseS Jahr „La Salette" bei Grenoble zum Haupt-Wallfahrlöort auSersehcn, und den Pil gern, die dorthin wandern, wird daS höchste Maß an Ablaß — so bestimmt ein päpstlicher Breve — zu Theil. Nach den übrigen französischen Wallfahrtsorten nach Lourdes rc. wird natürlich auch gepilgert werden, und der „Generalrath" rechnet darauf, daß eS ihm gelingen werde, we- nigstenS 500,000 Pilger auf die Beine zu brin- gen. Was damit für Zeit, namentlich für die Lanbwirthschaft momentan wichtige Zett vergeu det wird! Rußland. Die „Moskauer Zeitung" tritt mit einem merkwürdigen Projekte hervor. DaS Blatt will allen Ernstes große Ländergebiete Rußlands mit Chinesen bevölkern. Richt nur baS weitauSge- dehnte Amurland soll mit Colonien chinesischer Arbeiter angefüllt werden, ohne deren Arbeits kraft die Durchführung der projecitrten sibirischen Eisenbahnen gar nicht möglich wäre^ sondern auch-dte europäischen Länder Rußlands, bk Step pen Ateu-RußlandS bis an bin MAaM sollen von Chinesen belebt und ertragSfäHg gemacht werden. Auch im. Uralgebtrge könne die Eisen- Industrie durch die Arme chinesischer Arbeiter ungemein hochgehobcn werden und Dimensionen annehmen, wie man eS heute kaum ahnt. Der Vertreter Rußlands in Peking soll dahin wirken, daß der Auswandererstrom auS den chinesischen Hafenstädten nach Rußland abgeleitet werde' und zwar zu Lande sowie zur See mittelst der auS Odessa durch den Suez-Canal nach China fah renden russischen Dampfschiffe. Alle russischen Consuln in China sollen ihr Streben hierauf verwenden, und daS Blatt ist davon überzeugt, daß die Chinesen im eigenen Vortheil eS vor ziehen werden, nach Rußland auSzuwandern, an» statt nach Amerika. Die russischen Organe verlangen ziemlich ein» müthig die Annerion Chiwa'S. In russenseind- lichen Korrespondenzen schreibt man diese Ein- mülhigkeit der Presse dem Wunsche der Regit» rung zu und hält eS für wahrscheinlich, baß Rußland die vorläufige Besetzung Ehiwa'S ohne förmliche Anzeige in eine definitive verwandeln und dann eines Tages die Welt mit eine» „voll endeten Thatsache" überraschen werde. » B e r m i s ch t e s. Wie man der „KönigSb. H. Z." mittheilt, hat der Lieutenant, welcher seiner Zeit ein Ver gnügen darin suchte, seine brennende Cigarre mit den Nasenspitzen seiner Rekruten in zu nahe Berührung zu bringen, den Abschied genommen oder bekommen. Vorher hat er bekanntlich eine mehrmonatliche FestungSstrafe verbüßt. Der Slralauer Fischzug, daS seiner Zeit be rühmte Volksfest, ist, weil eS seine Bedeutung verloren hat, eingeschlasen. Aus den Wiesen, auf denen sich früher die Gäste zu vielen Tau senden tummelten, wachsen Häuser und Bau stellen. Vor einigen Tagen biß in der Nähe der Stadt Stallupönen in Ostpreußen ein wuihkranker Hund zwei Kinder, Vie sich jetzt in ärztlicher Behandlung befinden. Hierbei ist deS spartani schen MutheS der Mutter deS einep KindeS zu erwähnen. Die Frau packle, als ihr Kind von dem Hunde gefaßt wurde, das wülhenbe Thier im Genick und hielt eS so lange fest, bis eö er stochen werden konnte. Nicht viele werden eS dieser Frau auS dem Volke glcichthun. Das Krokodil, welches in den letzten Wochen den Hafen von Geestemünde unsicher mach-e, und den Badenden einen derartigen Schrecken einflößte, daß sogar die Jugend nicht einmal mehr in der Geeste baden wollte, ist nunmehr als Leiche auf- gefischt worden. 150 amerikanische Lehrer und Lehrerinnen ver ließen am SamStag den 21. Juni New-Dork, um «ine gemeinfchastliche Vergnügungsreise durch Schottland, England, Frankreich, Deutschland und die Schweiz zu machen. Natürlich werben dieselben auch die Wiener Welt-AuSftcllung be» uchen. Die Gesammtkosten dieser Tour, die,, abgesehen von der Oceanreise, etwa 6 Wochen bauern wird, stellen sich aus 400 Doll, sür den Kopf. Die!deutschen BolkSlehrer werden ihrer- eilS gewiß sich verwundern, baß 150 amerika nische VolkSschullehrer in der Lage sind, 400 Doll, zu einer Vergnügungsreise zu verwenden. ckxankenSerger Rirchennachrichten. 7. Sonntag nach TrinitatiS. VormittagStext: Mark. 8» 1—9; Herr Archid. Lesch. NachminagStext: Matth. 16, 15—19; Herr Diac. Fischer. Nach der Predigt: KatechiSmuSunterrevung . mit konsirrmrten Jünglingen, — Herr Diac. Fischer. „ Freitag«, den 1. August, früh 8 Uhr: Wochenkommn- nion. DirBeichttede hält Herr Diac. Fisch«.