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Sächsische Slaalszeilung den Freistaat Sachsen Staatsaryeiger für Ankündigungen: Di« 32 mm breit« Grundzeit« oder deren Raum 35 Pf, die 66 mm breite Grundzeit« oder deren Raum im amtlichen Teile 7g Pf, unter Ein gesandt 1RM. Ermäßigung auf GeschästSanztigen, Familiennachrichten und Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittag» 16 Uhr. Zeitweise Nebenblätier: Landtag».Beilage, Ziehungslisten der Staatsschuldenverwaltung, Holzpflanz«» - BerkausSliste« der StaatSforstverwaltung. verantwortlich für die Redaktion: OberregierungSrat HanS Block in Dresden. Erscheint Werktag- nachmittag- mit dem Datum de, Erschelnung-tag«^ Bezug-pret-: Monatlich 3 Mark, Einzeln« Nummem 1ö Pf. Lernsprecher: ««schäft-stelle Nr. 21295 - Schristleitung Nr. 1157». Postscheckkonto Dre-den Nr. 2486 — Stadtglrokonto Dresden Nr. 140. Dresden, Freitag, 22. August 4S3O Nr. ISS Das Ar-etts-efchaffungsprogramm. Die Reichspost vergibt für 200 Millionen M. Aufträge. Vor dem Abschluß der deutsch«dänischen Verhandlungen. Berlin, 22. August. Die Beihandlungen zwischen Vertretern der deutschen und der dänischen Regierung über die dänische Viehapifuhr nach Deutschland sind während de» gestrigen Tage« fortgesetzt worden und weiden heute zum Abschluß gelangen. Uber das Ergebnis wild alSdann «in Kommunique veröffenUicht werden. Der deutsch - rumänische Handelsvertrag. Berlin, 22. August. Sm Berliner Abendblatt wollte wissen, daß Rumänien den Handelsvertrag mit Deutschland tiindigen weide. Bon unter,ichteter Seite wird hierzu darauf hingewtesen, daß mit Rumänien nur ein provisorischer Handelsvertrag be steht, der nach den Absichten beider Regierungen am 3l. Januar durch einen endgültigen Beitrag „setzt werden soll. Die Berhandlungen hiersür waren sllr den Herbst vorgesehen. Es ist damit zu rechnen, daß sie planmäßig beginnen werden. Reichswehroffiziere vor dem Reichs» gericht. Berlin, 22 August. Tas Reichsgericht wird sich im nächsten Monat mit einem außerordentlich interessanten Strasfall beschäftigen. Der Prozeß dürste wertvolle Auf klärungen über die nationalistischen Zellenbildungsversuche «n der Reichs wehr bringen. Wie erinnerlich, wurden im Frühjahr dieses Jahre» in Ulm drei junge Reich»- wehrofsiziere verhaftet: Oberleuinant Hanl Wendt, Leutnant Richard Scheringer und Leutnant Han- Ludin, alle drei von dem in Ulm 'in Garnison liegenden FtldaNillerteregiment Nr. 5. Oberleut- nant Wendt hat inzwischen seinen Abschied ge nommen und ist Beamter bet der National sozialistischen Partei in Kassel geworden. Den Angeklagten wird vorgeworsen, daß sie ersten- e« versucht haben,im Dezember 1929 in Ulm, Hannover, Berlin und Eisenach die Verfassung de» Deutschen Reiche» ge- waltsam zu ändern, zweitens den Ver- such gemacht zu haben, Militärpersonen aufzufordern und anzureizen, ihren Vorgesetzten den Gehorsam zu ver weigern, drittens durch mündliche Äußerungen Mißvergnügen in Be ziehung auf den Dienst unter ihren Kameraden erregt zu haben, viertens vorsätzlich einen dienstlichen Befehl nicht befolgt und eine Gefahr für die Schlagfertigkeit der Truppe herbei- geführt zu haben. Tie Ermittlungen der Anllagebehörde haben ergeben, daß die drei Ossizirre im Kreise ihrer Kameraden und anderer Bekannter oder Freunde vielfach politische Fragen besprochen haben, ob wohl „Politik in der Reichswehr verboten" ist. Sie haben bei ihren Unterhaltungen wiederholt Lie Auffassung vertreten, daß der Geist der Wehr haftigkeit im Heer nicht genügend gefördert werde und daß auf eine „nationale Erneuerung" hip« gearbeitet werden müsse. Sie vertraten die Ansicht, daß die Politik der Reichsregierung und de» ReichSwehrmintsteriumS diesen Bestrebungen abträglich sei und. daß nur die nationalen Ver bände die nationale'Erneuerung erreichen könnten. Al» besonders verhängnisvoll wurde von ihnen und ihren Freunden der Rücktritt de» Generals v. Seeckt und d«S ReichSivehrmintflerS Geßler empfunden. Am Tage Allerheiligen 1929 fuhren die Offiziere gemeinsam nach München und suchten dort den Schriftleiter des „Völkischen Beobachter»" auf, dem sie ihre Wünsche vortrugen. Bei einer mehrere Stunden währenden Unterhaltung kam man überein, daß die jungen Offiziere zu nächst innerhalb ihre» Truppenteile« sür den von ihnen ausgesprochenen Gedanken wirken, dann aber auch bei befreundeten Regimentern Anhänger werben sollten. Nach Ulm zurückgekehrt, begannen die Angeklagten in, Sinne dieser Be sprechung zu wirken und auch an anderen Orten für ihre Absichten sich zu betätigen. Durch die dienstliche Meldung eine« in- vertrauen gezogenen Offizier» erhielten di« vorgesetzt«» »ommandofl«0en KennSni» von den Plänen, worauf die Verhaftung der nunmehr Angeklagten angeordnet wurde. Der Prozeß wird voraussichtlich öffentlich ver handelt werden und mehrere Tage «n Anspruch nehmen, da zahlreiche Zeugen geladen sind. Berlin, 22. August. Im Rahme« de» ArbeitSbrschassungSpro. gramm» der ReichSrrgiernng ist nunmehr dir Vergeb««« d»r Lieferungen durch die Teutsche RetchSpost zu «in,m gewissen Abschluß gela«gt. TaS Ergeb««» läßt sich dahin znsamme«. fasse«, daß siir 20» Million«« R«. «r«e Aufträge -« die deutsche Wirtschaft z«r Belebung de» ArbeiiSmarkte» gegeben worden sind, wa» einer jähr, licht« Beschästigung von rund 12500V Arbeitslose« entspricht, daß ferner fast durchweg eiuePreiSseukuug von 1v v. H., zum Teil darüber hin««», erzielt worden ist. Von den Auflrägen entfallen 132 Millionen RM. auf de Sch wachstr omindustrte, 23 Millionen RM. auf die Maschinenindu, strie, 20 Millionen RN. aus Bauten, der Rest auf übrige laufende Beschaffungen für Betriebszwecke. Die Preissenkung stellt sich wie folgt dar: die Schwachstromindustrie (Telegraphenbau, Fernsprechein, ich« ungen, Kabel- und Rundsunk- induflrie), die seit einem Jahre in einer rück läufigen Preisbewegung steht, hat Preis nachlaß bis zu 12 v. H. etngeräum». Die Krastfahrzeugindustrie verstand sich zu elner Preissenkung von 10 v. H. Tie Bestellung von Gegenständen de» lau fende« »«trtebSbedarf«» ward« vo« ver Gewährung eines Preisnachlasses von 10 v. H. abhSngig g « macht, der auch zugestanden wurde. NeueLauten werden nur mehr vergeben, wenn ein Preisnachlaß von mindestens 10 v. H. gegeben wird. Diese Forderung ist bisher vom beteiligten Baugewerbe fast allge mein angenommen worden. Schwierigkeiten ergaben sich bet der Vergebung der Zemcntlieferungen. H'er trat indes eine Reihe von Firmen auf, die von sich aus der Berlin, 22. August. Ter neue Entwurf über ein Reich-Wahl gesetz, der soeben veröffentlicht wird, gliedert sich in den eigentichen Entwurf, in die Anlage dazu und in die Begründung Die Anlage enthält eine Aufzeichnung der Wahl- verbände und Landesverbände. Bedeutsame Änderungen gegen da» heute noch gültige Wahlrecht finden sich im z 5 de» Entwürfe», in dem e» heißt, daß do» Reichsgebiet in 162 Wahlkreise eingeteikt ist, die zu Ver bänden und Ländergruppen zusammen- gefaßt werden, ferner im l 17, der die Be stimmungen über die Stimmzettel ent hält, in den 20 und 21, in denen da« Ver fahren der Restflimmen geregelt ist, und lm §34, der die Einteilung de» Reichsgebie tes in Wahlkreise und Verbände für 12 Jahre feflfetzt. Tie Wahlkreise haben durchschnittlich 385 000 Einwohner, von denen etwa 250000 stimmberechtigt sind. Die Wahlkreise werden zu größeren verbänden zu- sammengesaßt, wobei die politische Verwaltung»- bezirkSgliederung berücksichtigt wird. Tie 162 Wahlkreise sind zu 31 verbänden zusammengefaßt. Wesentlich ist, daß der amtliche S1 immzettel, der ave zur Wahl zugelassenen Parteien enthielt, abgeschafft «st. ES werden wieder Stimmzettel in Übung kommen, Wieste vordem Kriegeundauchnochin der ersten Zeit nach dem Kriege üblich gewesen sind. Der Stimmzettel wird einen oder zwei höchsten» drei Bewerber und ihre Parteibezeich^ nung enthalten. Innerhalb diese» Rahmen- «st - den Parteien überlasten, die Zahl ihrer Be werber zu bestimmen Innerhalb der 31 Wahlverbände gelten die Stimm zettel einer Partei für Verbund«», dle Bewerber einer Partei stellen eine »e- werbergruppe dar. Die innerhalb eines Sttmmkreise» erreichte Sttmmenzahl wird durch den festgesetztenSahlkoeffizienten bv" 70 000 geteilt. Je nach dem Ergebt» dieser Teil««« erhält di« Parte« Mandate, «e Deutschen Reich-post Angebote machten, die erheb lich unter den Preisen de« Zementkartells lagen, so daß die Inanspruchnahme deS ZementkarlellS biS auf weiteres nicht erforderlich sein wird. Da- gegen hält da« Li nole umkart ell an seinen Preisen, die erheblich über den Preisen gleich wertiger Bodenbeläge sich bewegen, fest. Linoleum wird daher bei den neuen Bauten der Deutschen ReichSpost bis auf weitere» im allgemeinen nicht mehr verwendet werden. Ter außergewöhn liche Rückgang der Preise auf dem Rohgummi- markte, die zurzeit nur mehr 16 v. H des Frie denspreise» betragen, führte zu Preisverhandlungen mit den Firmen der Gummireifen-In dustrie, von denen die Mehrzahl bisher einen Preisnachlaß von 10 v. H. zugestanden hat. Tie Berhandlungen über die weitere Senkung der Preise werden von der Deutschen Reichspost mit sämtlichen für ihre Lieferungen in Betracht kommenden Firmen weiter fortgesetzt. Weitere Kündigungen im Ruhrbergßau. Dortmund, 22. August. Beim CtillegungSkommissar sind folgende An träge auf Bergarbeiterentlastungen gestellt worden: Zeche „Bruchstratze" („Vesta") in Langen dreer 250 Mann, „Karolinen glück- in Bochum 2öO Manie, „Prlv-re-eut" in Bochum 100 Mann. Di« Kündigungen sollen am 1, September zum 15. September aus gesprochen werden. Bei der Gewerkschaft Ewald in Herten sollen 900 Bergleute ent lasten werden. Für den kommenden TienSlag hat der Schlichter die Parteien geladen, um über da» Arbeitszeit- abkommen in der Nordwestlichen Gruppe der Eisen- und Stahlindustrie in Berhandlungen ein- zutreien. nachbarte Verbände werden zusammen- gefaßt in Ländergruppen, In die«» wer den die Reststimmen noch einmal zusammen gerechnet und aus je 70 090 Stimmen ein Mandat zugeteilt. Tie Reichsiiste wird abgeschaftt. Reu ist ferner, daß nach dem Entwurf auch Ausländs deutsche, diplomatische und konsularische Beamte im AuSlande, wählen können, wenn sie zur Zeit der Wahl in Deutschland sind. O Die zwölf Ländergruppen. In dem Entwurf eine» neuen ReichSwahl- gesetze» ist die Zusammenfassung der Wahlkreis- verbände in zwölf Ländergruppen vorgesehen. Liese Ländergruppen sollen sein: l. Ostpreußen- Pommern (Provinz Ostmark, Grenzmark Posen- Weflpreußeu) mit zusammen zwei verbänden. 2. Brandenburg (Stadt Berlin, Provinz Bran- denburgl, zwei Verbände. 3. Schlesien (Provinz Lberschlesien, Niederschlesie«), drei Verbände. 4. Mitteldeutschland (Provinz Sachsen, Land Thüringen, Land Anhalt, Krei» Schmalkalden), drei Verbände, b. Rordmark (Provinz Schles wig-Holstein, Land Hamburg, Mecklenburg-Schwerin, Lübeck, Mecklenburg-Strelitz, oldenburgischer LandeS- wil Lübeck), zwei verbände. 6. Niedersachsen (Provinz Hannover, Land Braunschweig, Land Bremen, oldenburgischer Lande-teil Oldenburg), drri Verbände. 7. Hessen (Land Hessen, Pro- vinz Hessen-Nassau ohne die Kreise Grafschaft Schaumburg und Schmalkalden, Krei» Wetzlar), zwei Verbände. 8. Rheinland (Rheinprovtnz ohne den Krei» Wetzlar, oldenburgischer Lande-teil Birkenfeld), vier verbände. 9. Westfalen (Pro vinz Westfalen, Kreis Grafschaft Schaumburg, Land Lippe und Land Echaumburg-Lipp«), zwei ver bände. 10. Bayern (Land Bayern), vier ver bände. 11. Sachsen (Land Sachse«), zwei ver-, bände. 12. Sildwestdeutschland (Land Wart- temberg, Land Baden, Bezirk Sigmaringen), zwei verbände. — Auf eine« verband kommen durch schnittlich 1950000 Einwohner. Nächste Volkszählung im Lahre ISST. Berlin, 22. August. Mit Rücksicht auf die schwierige Finanzlage von Reich, Ländern und Gemeinden ist die tn dem üblichen fünfjährigen Zeitraum im Jahre 1930 fällig gewesene Volkszählung zunächst auf das Jahr 1931 verschoben worden. Ta die Schwierigkeiten in der Finanzlage von Reich, Ländern und Gemeinden anhalten, wird auf An regung Preußens die nächste Volkszählung, mit ver eine Berus«- und Betriebszählung verbunden werden soll, erst sür das Jahr 1932 in Aussicht genommen. Boyern klagt auf Erhöhung der Lokomotivquoien. München, 22. August. Tie bayrische Regierung hat beim Deutschen StaalSgerichlShof Klage gegen das Reich auf Erhöhung der Lokomotivquote von 4.91 Pro z auf 10,48 Pro z. gestellt. Tie Klage Bayerns stützt sich auf die im Eisenbahn verlrag mit dem Reich enthaltenen Bestimmungen über die Vergebung von Aufträgen der Reichs bahn und ist veranlaßt durch die ergebnislosen Berhandlungen der Länder Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden auf Erhöhung ihrer Quoten auf 8 bzw. 4,8, 2,7 und 3 Proz, was einer Ermäßigung der preußischen Quote um 6,89 Proz. auf 81,5 Proz. gleichaekommen wäre. Stellungnahme des preußischen Minister präsidenten gegen die Notverordnungen. Königsberg, 22 August. Im großen Saat de- GewertschastShause» er öffnete gestern abend der preußische Minister präsident vr. d. e. Braun in einer Mitglieder versammlung des OrtSverein» Königsberg der SPD. den Wahlkampf mit einer Rede über dar Thema „Preußen und das Reich'. Ter Ministerpräsident knüpfte einleitend an die ReichStagswahl vom Jahre 1928 an und stellte fest, daß sich die Sozialdemokratische Partei der Verantwortung nicht entzogen habe. Sie hab« die Leitung der Reichsgeschäfte trotz leerer ReichSlaffen und beginnender Wirtschafts krise übernommen. TaS wichtigste Ergebnis der Epoche ihrer Beteiligung an der Regierung sei der Abschluß der Ver handlungen über den youngplan, in dessen Gefolge finanzielle Erleichterungen eintraten und die Rheinland« vorzeitig von feindlicher Be satzung befreit wurden. Zur Lage der Landwirtjchast erklärte der Ministerpräsident, daß die deutsche Agrar krise einen Teil der Weltagrarkrise darstelle. Liese sei nicht durch einseitige Zollmaßnahmen zu lösen. Graf Kanitz hat durchaus recht, wenn er al» Reichsernährungsminister im März 1925 im Jndustriellub in Düsseldorf erklärte, daß prohibitiv wirkende Zölle eine Faulheilsprämie wären, die sich weder die Landwirtschaft noch andere Berufs zweige in Teutschland heute gestatten könnten. Die Agrarkrise kann, wie auch der Präsident der Hauptlandwirtschaftkkammer, vr. Brande», bei der Eröffnung der 18. Deutschen Ostmesse in König-- berg ganz zutreffend erklärte, nur durch eine geregelte — und er setze hinzu, aus gewissen Gebieten gesteigerte — Produktion, geregelten Absatz und WinschastSfrieden gelöst werden. Darauf ging der Ministerpräsident auf die erlassenen Notverordnungen der Reichs- regierung ein und legte seine« Standpunkt, ins besondere hinsichtlich der formellen Berechtigung dar. Die Voraussetzungen für die An wendung de- Artikel 48 der ReichS- verfafsung seien keineswegs vorhanden gewesen, weder sei die Ruhe und Ordnung gestört, noch gefährdet gewesen. Aber selbst wenn da« der Fall gewesen wäre, hätte die Einführung der Kopfsteuer, einer Krankenscheingebühr und die Herabsetzung der Leistungen der Arbeitslosen versicherung wohl kaum beruhigend gewirkt. Wenn gesagt werde, daß in Preußen durch Erlaß von Notverordnungen da» gleiche getan werde, was man beim Reiche kritisiert, so liege dari« eine völlige Verkennung de« Tatbestand«-. Di« end gültig: Ordnung der Reichssinanzen sei ein sehr schwerwiegendes Problem. E» sei sehr leicht möglich, daß da» Reich im Herbste vor einem neuen Defizit stehe« werde, weil ,« de« sinkenden Steuer einnahme« infolge der rüSlö»fige» Der neue Wahlgesehentwurf.