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Sächsische Staatszeitung : 25.10.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-191610254
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19161025
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19161025
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-10
- Tag 1916-10-25
-
Monat
1916-10
-
Jahr
1916
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 25.10.1916
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Fortsetzung zur Landtags-Beilage Sir. 64 1916 hätten in den vergangenen Zeiten zur Genüge alle wahr- genommen, doch in einer ganz anderen Weise möglich, au- den einzelnen Kanälen Vorräte herauszuholen, als das der besten amtlichen Organisation möglich sei. Er denke daran, daß z. B. der freie Handel doch vielleicht sich bei der Frühkartoffelernte im nächsten Jahre — eS seien ja schon solche Andeutungen auch wieder in der Presse erschienen — betätigen könnte. Vielleicht würde dann in günstigerer Weise die Beschaffung der Frühkartoffeln «öalich sein, als das in diesem Jahre habe geschehen können, raß man im übrigen sich durchaus auf den Boden der j tzigen Organisation zu stellen habe, daS sei ja von beiden Herren Berichterstattern besonders betont worden. ES könne auch gar nicht die Rede davon sein, daß man unter den jetzigen Verhält nissen eine Änderung eintreten lasse. Auch hätten sich die Kom- «unalverbände und die Gemeinden zu bescheiden, daß ihre Tätigkeit in der Heranziehung von Nahrungsmitteln durch diese zwaugSorganisation so gut wie ausgeschlossen sei. Der einzelne tommuualverband sei in der Hauptsache darauf beschränkt, die hm durch die Organisation zngewiesenen Nahrungsmittel zu ver- eilen. DaS sei eine Folge der ganzen Entwicklung, bei der man ich eben zu bescheiden habe. Aber was nun gerade die Be- timmung wegen der Kartoffelpreise anlange, wenn er darauf ivch einmal zurückkommen dürfe, so möchte er dringend bitten im Namen der Gemeinden, daß doch ein derartiges Vorgehen, >vie es dort stattgefnnden habe, für die Zukunft vermieden werden möchte, daß man nämlich, um den Preis für ren Konsumenten zu senken, die Gemeinden, den Staat und das Reich heranziehe. Es sei ja schon verschiedenfach anderwärts zum Ansdruck gebracht, welche Gefahren ein solches Verfahren in sich schließe. Er wolle sich hier auf die eine Bemerkung beschränken, daß dadurch die Gemeinde- finanzen geradezu ans das schwerste gefährdet würden. Lie Ge meinden seien ja, wie auch vorhin schon im Berichte zum Aus druck gekommen sei, in einer Weise belastet, daß ein Mehr jeden falls zu den allerbedenklichsten Schwierigkeiten führen müßte. Z. B. habe die Stadt Leipzig bis jetzt allein für die Unter stützungen der Angehörigen der Krieger etwa 60 Mill. M. auS- gegeben. DaS seien Summen, die sich tagtäglich noch erhöhten. Jeder Monat mehr bedeute eine Ausgabe von etwa 3Mill. M., die sich bei den weiter stattsindenden Einziehungen noch ent sprechend vermehre. Er bitte dringend, daß die Staatsregierung bei dem Reiche dahin vorstellig werde, daß davon Abstand ge nommen werde, in der Zukunft die Gemeinden zu Preisminde, rungen mit ihren Mitteln heranzuziehen. Das zu leisten seien — er glaube die Zustimmung der sämtlichen deutschen Gemeinden zu hab n — die Gemeinden tatsächlich nicht imstande, und cs sei das auch von dem Hauptausschuß des deutschen S'.ädtetageS noch besonders zum Ausdruck gebracht worden. Endlich möchte er sich nur noch einen Wunsch gestatten hin sichtlich der Beteiligung des Kleinhandels. ES sei ja auch in dem Berichte schon darauf Bezug genommen worden. Es seien aber doch gewisse Strömungen vorhanden, die darauf hinausgingen, den Meinhandel noch mehr auszuschalten, als das bisher ge schehen sei. Er spreche hier nicht von Sachsen, aber es seien an gewissen Zentralstellen solche Strömungen vorhanden. Er möchte demgegenüber ganz besonders betonen, daß in großen Gemeinden eS ohne Beterligung deS Kleinhandels und der Kleinhändler überhaupt nicht durchführbar sei, eine Verteilung der Lebens mittel so vorzunehmen, daß in möglichst gleichmäßiger Weise die Lebensmittel an die Verbraucher herangeführt würden. Gewiß sei nicht zu verkennen, daß eine gewisse Anzahl dieser Klein händler sich Mißgriffe hätten zu schulden kommen lassen, aber man wisse anderseits, daß die große Menge der Kleinhändler es sich angelegen sein lasse, in entsprechender Weise ihr Geschäft zu betreiben. Er glaube deshalb, daß die Staatsregierung, wenn solche Bestrebungen von zentraler Stelle aus auftreten sollten, sich den Dank weiter Kreise verdienen würde, wenn sie solchen Bestrebungen entgegentrete. Er möchte sich auf diese kurzen Bemerkungen beschränken. Heute seien ja der Sorgen und Schwierigkeiten sehr viele, und es werde wahrscheinlich in der Zukunft noch Gelegenheit sein, die einzelnen Fragen zu besprechen. Das stehe ja jedenfalls fest, wie auch der Hr. Minister des Innern zum Ausdruck gebracht habe, daß man einen Winter vor sich habe, der gar manche Schwierigkeiten bieten werde, aber man wolle darauf vertrauen, daß die zuständigen Stellen wie bisher so auch in der Zukunft ihre ganze Kraft einsetzen würden, um den Bedürfnissen Rechnung zu tragen, und er vertraue auch, daß die Maßnahmen, die j tzt seittN des Kriegsernährungsamtes, von feiten des Präsidenten, ins Werk gesetzt worden seien, von Erfolg sein würden, und daß insbesondere auch die Fürsorge gerade für unser großes Zuschuß- land Sachsen selten der Zentralstelle in einer Weise erfolge, daß unseren Wünschen auf diesem Gebiete dadurch Rechnung getragen werde. menschlichen Nahrung in unmittelbarem Zustande zugeführt wür- den: die Schwierigkeit liege in der Frage, was als Streckung-- , mittel an Stelle der Kartoffel treten solle. Man habe im Hinblick , auf unsere günstige Getreideernte Gerste oder Hafer als StrcckungS- mittel vorgeschlagen. Ob daS möglich sei, vermöchten nur die Stellen zu entscheiden, die einen erschöpfenden Überblick über i unsere Vorräte au diesem Getreide und über ihre BerwendungSnot- i Wendigkeit besäßen. Die Deputationen glaubten daher von einem ! bestimmten Vorschlag in bezug aus das StrcckungSmittel deS Brotgetreide» absehen zu sollen, träten ober im übrigen dem unter I, 2 ausgesprochenen Wunsche bei. Was nun endlich die 1,3 gestellte Forderung anbelange, „daß die Organisation für Beschaffung und Verteilung von Lebens mitteln und Bedarfsgegenständen, namentlich soweit die zahl- reichen Zentralstellen m Frage kommen, vereinheitlicht wird", so verstehe auch er diese dahin, daß die. dem Kriegsernährungsamt unterstellten KriegSwirtschaftsstelleu nach einheitbchen von einer vorgesetzten Stelle abhängigen Gesichtspunkten geleitet werden sollten. Diese Forderung verdiene die volle Unterstützung. Grundsätz ich sei sie gewährleistet durch die Schaffung deS KriegS- crnährungsamteS. Dieses in seiner Autorität zu unterstützen, es mit weitgehendsten Machtbefugnissen auSzustatten, betrachte er als die grundlegende Voraussetzung einer wirksamen Betätigung in der obersten Zentralstelle. Im Zusammenhänge hiermit werde aber weiter gefordert, „daß der ordentliche Handel in viel größerem Maße als bisher bei der Beschaffung und Verteilung zugezogen wird". Auch bei den Verhandlungen in den mit der Beratung der Ernährungsfragen betrauten Deputationen sei die Anschauung zum Ausdruck gekommen, daß es ein Miß griff gewesen sei, daß bei den KriegSwirtschastsstellen in der ersten Zeit der Handel mehr oder weniger ausgeschaltet worden sei. Keine staatliche Organisation, und sei sie von dem tüchtigsten Beamten geleitet, vermöge die Erfahrungen und die Geschäflskundigkeit des Handels zu ersetzen. Der deutsche Handel habe seinen Befähigungsnachweis vor der ganzen Welt in muster gültiger Weise erbracht. Ohne seine in freiem Schassen be tätigten Leistungen würde die großartige Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft sich niemals vollzogen haben. Gleichwohl seien sich alle darin einig, daß die Kriegszwangswirtschaft nicht ersetzt werden könne durch die freie Betätigung des Handels. Man könne die Preisbildung nicht unter die Gesetze von Nachfrage und Angebot stellen, wenn die Freizüg gkeit des Handels unter bunden sei. Auch sei nicht zu erwar.en, daß der freie Handel, d?r seinem Wesen »ach die für ihn günstigsten Absatzgebiete aufsuche, eine gleichmäßige Berücksichtigung aller Verbraucher vollziehen werde. Deshalb müsse während des Krieges an die Stelle der freien Entfaltung der wirtschaftlichen Kräfte die Zwangsorganisation treten, obgleich diese unter Umständen weniger rationell und weniger wohlfeil arbeite, als es der geschulte Handel zu tun in der Lage sei. Das schließe aber nicht aus, daß die staatliche Organisation sich bei der Lösung der ihr gestellten Aufgaben in weitgehendstem Maße des sachkundigen Handels bediene. Zivar sei in dieser Beziehung bereits ein Wandel zum Besseren ein- getreten. Man habe in die Kricgswirtjchaftsstellen erfahrene Kaufleute berufen; beim Bezug landwirtschaftlicher Produkte habe man den angesessenen Händlerstand als Kommissionär ver- wandt. Weil dies aber noch nicht allenthalben in genügendem Maße geschehen sei, so müsse immer und immer wieder betont werden, daß e» nicht nur im Interesse der Ver braucher, sondern im eigentlichen Reichsinteresse selbst liege, wenn der ordentliche Handel mehr als bisher bei der Beschaffung und Verteilung von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen zugezogen werde, d. h. nicht Leute, die ohne eine Spur von Sachkenntnis und Erfahrung sich lediglich durch die Aussicht auf leicht zu erwerbenden Kriegsgewinn vem Handel zugewandt hätten. Er könne auch seinerseits als Mit berichterstatter sich nur den Anträgen des Hrn. Referenten in allen Punkten anschließen und daS hohe Haus bitten, dem An träge der beiden Deputationen die Zustimmung zu erteilen. Vizepräsident Oberbürgermeister vr. Dittrich: In den letzten Tagen habe auch in dem Reichshaushaltsplan. Ausschuß eine eingehende Beratung der verschiedensten Gebiete dieser schwierigen Ernährungsfragen stattgefunden, sodaß eS wohl der Auffassung des hohen Hauses entspreche, wenn heute auf die einzelnen Fragen nicht eingegangen werde. Er möchte sich nur von« Standpunkte der Kommunalverbände beziehentlich der großen Gemeinden aus ein paar eigene Wünsche allgemeiner Natur hier vorzubringen gestatten. Der eine beziehe sich darauf, daß doch zwischen dem Erlasse von Verordnungen und dem Inkrafttreten von Verordnungen ein entsprechender Zeitraum gelassen werden möchte. Er wisse wohl, daß in verschiedenen Fällen es nicht angängig sei, noch größere Fristen zu setzen, aber eS gebe jedenfalls eine ganze Anzahl von Fragen, die geregelt werben könnten in einer Weise, daß vor allen Dingen den ausführenden Organen noch Zeit gelassen werde. Gerade je größer die Gemeinde sei, um so schwieriger sei die Durchführung, und es lasse sich selbst unter Anspannnng aller Kräfte im einzelnen Falle nicht immer ermöglichen, rechtzeitig oder wenigstens in der Weise eine Maßnahme vorzubereiten uw durchzuführen, wie es von den betreffenden Organen selbs gewünscht werde. Je größer die Gemeinde, um so schwie riger sei zumal unter den heutigen Verhältnissen diese Aufgabe, wo doch bekanntermaßen in den Verwaltunge eine große Menge von Aushilfspersonal mitarbeite. Dann gewissermaßen im Zusammenhangs möchte er sich die Bitte an die Staatsregierung erlauben, doch dafür eiuzutreten, daß bei den Zentralstellen über beabsichtigte Maßnahmen nicht früher Be merkungen und Notizen in die Presse gelangten, als bis die aus- führenden Organe selbst im Besitze dieser Verordnungen seien DaS sei ein Zustand, der zu schweren Nnzuträglichleiten führe und jedenfalls auch die Gefahr in sich berge, das Vertrauen zu den ausführenden Behörden mindestens zu beeinträchtigen, denn es werde dem Publikum kaum klarzumachen sein, daß die aus- führende Behörde selbst überhaupt noch nicht unterrichtet sei. Er bitte deshalb dringend, daß erst den ausführenden Organen Mit teilung zugehe über diese Verordnungen und dann diese Preß- uotizen erfolgten, überhaupt möchte hinsichtlich dieser Preß- notizen doch insoweit wenigstens eine gewisse Zurückhaltung vielleicht geübt werden, daß eben den ausführenden Organen die Mögl chkeit gegeben sei, ehe solche Notizen erschienen, doch ihre Bedenken im einzelnen Falle noch geltend machen zu können. Er erinnere nur an die Notiz, die bezüglich der Senkung des Kartoffelpreises in die Presse gekommen sei, die doch dann zu er heblichen Schwierigkeiten geführt habe. ES würde zweifellos all gemein sehr dankbar begrüßt werden, wenn in solchen Fällen di Spannung, ehe solche Notizen erschienen, so geniessen werde, da eine Möglichkeit gegeben sei, noch eben, soweit es notwendig er scheine, die Bedenken der ausführendcn Organe geltend zu machen Auch weiter sei vielfach — und daS hänge zusammen mit dem, was insbesondere der Hr. Mitberichterstatter erwähnt habe — der Wunsch zum Ausdruck gekommen, daß, soweit irgend an gängig, doch bezüglich der Beschlagnahmung und der HöchstpreiS- sestsetzungen die Frist so bemessen sein möchte, daß, soweit irgend möglich, die Verluste, die dem soliden Handel — er betone aus- drücklich: dem soliden Handel — dadurch entstünden, auf das denkbar geringste Maß abgemindert würden. ES könne ja mit unter nicht ander» sein, al» daß durch diese HöchstpreiSfestsetzungen und durch solche Beschlagnahmungen der em-elne sehr erheblici in seinem Vermögen geschädigt werde. Denn jetzt sei durch diese verschiedenen Maßnahmen, die getroffen worden seien, da» eine jedenfalls erreicht worden, daß gerade der solide Handel sehr vor sichtig geworden sei. Gerade diesen« sei e», und da», glaube er, Oberbürgermeister vr. Sturm-Chemnitz: Nachdem der Herr Vorredner verschiedene Wünsche, die aus den Gemeinden heraus geäußert worden seien, hier vorgetragen habe, habe er nicht die Absicht, zu den Anträgen im einzelnen zu sprechen. Er könne nur alles daS, was der Herr Vorredner ge sagt habe, unterschreiben, insbesondere alles das, was er in bezug auf die unglückliche Preispolitik deS Reiches ausgcführt habe, und auch daS, was er gesagt habe in bezug auf die unbedingte Not wendigkeit deS Kleinhandels. Aber er habe eine ganz dringende Bitte vorzi bringen, eine Bitte, zu der ihn eine Vorstellung veranlasse, die er noch direkt vor Beginn der Sitzung aus der von ihm vertretenen Stadt erhalten habe. Seine dringende Bitte gehe dahin, daß die Staatsregierung alles aufbieten möge, um gerade unserer Jndustriebcvölkerung mehr Lebensrnittel zuzusühren. Die Wichtigkeit, die der ungestörte Fortbestand unserer Industrie in dem gegenwärtigen Augenblick besitze, liege so auf der Hand, daß er darüber kein weiteres Wort zu ver lieren brauche, um so mehr, da er dem Herrn Regierungs- Vertreter dre Gründe, die seine Bitte als eine be sonders dringliche erscheinen ließen, mündlich mitgeteilt habe. Graf und Herr v. Schönburg-Glauchau, Erlaucht. Nur drei kleine Gedanken wolle er sich erlauben hier aus- zusprechen und, ehe er dazu komme, noch einen Punkt berühren, auf den ihn der Hr. Berichterstatter gebracht habe. Der Hr. Berichterstatter habe auf eine Erklärung der Regierung verwiesen, dcß der ordentliche Handel sich bei Höchstpreisen sehr schwer auS- schlicßen lassen werde. Er wolle hier nicht polemisieren, aber er meine, daß zu jedem Handel zweierlei gehöre, der Einkauf und der Verkauf. Höhere Preise beim Verkauf ließen sich bei Höchf preisen natürlich nicht erzielen, aber vielleicht könne der ordew liche Handel dadurch Geschäfte machen, daß er billig einkaufe un dadurch in der Lage sei, billia wieder zu verkaufen. Die Möc lichkeit des billigen Einkauf» sei jedenfalls durch die Höchstpreis an sich nicht beschränkt. Er enthalte sich, auf verschicdene Bor würfe einzugehen, die im Laufe deS Jahre» gegen die Zentral einkausSgenossenschajt erhoben worden seien, weil sie eS anderen Leuten unmöglich mache, auS dem Ausland billig Waren zu be ziehen. Er enthalte sich dessen nm so mehr, als er nicht genügen orientiert sei und keineswegs in der Lage sei zu beurteilen, ob diese Vorwürfe berechtigt seien oder nicht. Da» habe ihn aber doch auf den Gedanken gebracht, daß die Möglichkeit vorlicge, den Handel weniger auszuschalten al» bisher. Die drei Punkte, die er erwähnen wolle, seien folgrnde. ES scheine ihm, daß bei der Beschlagnahmung von Leben-Mitteln nicht allenthalben durchaus zweckmäßig vorgegangen worden se Zum Beispiel seien die Eier beschlagnahmt, und eS seien HS.t f preise dafür festgesetzt. Dabei komme auf den Kopf ein Ei für aber nun des öfteren mit Verwunderung gesehen, daß iin Gegen- atz zu den Anordnungen noch ganz neue Gebäude vielfach mit Kupferdächern gedeckt seien. DaS habe seine Verwunderung her- vorgerufen, denn er glaube, daß im allgemeinen zunächst doch die öffentlichen Gebäude und die juristischen Personen, wenn er sich o ausdrücken dürfte, ihr Eigentum hergebe«« follten, bevor in da» Privateigentum solche Eingriffe erfolgten. StaatSminister Graf Vitzthum v. Eckstädt (nach den stenographischen Niederschriften): M. H. k Der letzte Punkt, den der Hr. Graf v. Schönburg angeführt hat, die Beschlagnahme des Kupfers, gehört wohl streng genommeu nicht eigentlich in die Lebensmitteldebatte, aber ich will doch kurz darauf erwidern, daß auch die staatlichen Gebäude ihr Kupfer hergebe» nüssen, soweit nicht die Verwendung deS Kupfers auf dem Dache besonders künstlerischen Zwecken dient und ein Abbruch des Kupfers den künstlerischen Charakter de- Hauses zerstören würde. Der Hr. Graf v. Schönburg hat den theoretisch richtigen Satz aus esprochen, die Festsetzung von Höchstpreisen schließe es nicht ans, daß der Kaufmann zu billigeren Preisen ein- und verkauf?, indem -er die W re dort anffuche, wo sie billig zu haben ist. Dieser Gedanke ist richtig, aber nur in d r Theorie. Denn in der Praxis haben wir unS davon überzeugen müssen, daß die Höchstpreise eben zu Normalpreise» werden, weil jeder seine Ware als d e beste Ware anzubringen wünscht, und weil es bei der starken Nachfrage nach Waren sehr schwer ist, auch geringwertige Waren zu erlangen, wenn man dem betreffenden Erzeuger nicht den Höchstpreis gibt, den er verlangt. DaS liegt eben an der allgemeinen Knappheit an Waren. Einen weiteren richtigen Gedanken hat der Hr. Graf v. Schönburg ausgesprochen, indem er darauf hingewiesen hat, daß nicht nur die ärmere Bevölkerung Schwierigkeiten hat, ihre Ernährung sich.rzustellcn, sondern daß auch der Mittelstand mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen habe, daher sei es notwen- big, auch dein Mittelstände Nahrungsmittel zuzusühren. Das geschieht und soll geschehen besonder- durch die Massenspeisungen, die in den großen Städten vielfach mit gutem Erjolge ein gerichtet werden sollen und «nüssen. Hierbei wird sich auch die Möglichkeit bi ten, für die verschiedenen Schichten der Bevölke rung verschiedene Speisemöglichkeiten zu schaffen. Was den Wunsch des Hrn. Oberbürgermeister» I)r. Sturm anlangt, so möchte ich nicht unterlassen, zur Beruhigung d r Stadt Chemnitz zu versichern, daß unS die schwierige Lage de: Stadt Chemnitz bekannt ist, und daß «vir durch Zuweisung voa Nahrungsmitteln versuchen »verden, ihr zu helfen. Vizepräsident Oberbürgermeister vr. Dittrich Leipzig: Die letzte Bemerkung deS Hrn. Ministers gebe ihm noch Anlaß zu cmer kurzen Äußerung bezüglich der Massenspeilungen. Se. Exzellenz der Hr. Minister habe darauf hingewiesen, daß ja für den Mittelstand durch Massenspeijungen Fürsorge getroffen werden könnte. Er möchte, was diese Grenzbestimmung anlange, noch weiter gehen als Erlaucht Graf Schönburg. Er möchte meinen, daß, wenn Lebensmittelt verteilt würden, sich man überhaupt nicht mehr an das Einkommen halte, denn es habe sich bei den verschiedenen Bertei ungen, insbesondere bei der Mehlverteüung als Ersatz für die Kartoffeln geze gt, daß die Grenze, bi» zu der daS Bedürfnis gehe, sich heute überhaupt gar nicht bestimmen lasse. Tatsächlich sei es in allen den Füllen so gewesen, daß, abgesehen vielleicht von den allergrößten Einkommen — und das seien prozentual so weniy, daß sie überhaupt nicht in- Ge wicht fielen —, der Bedarf m den breitesten Schichten unserer Bevölkerung vorhanden sei. Man s^i z. B. — er führe das nur erläuterungsweise an — bis zu 3700 M. gegangen und habe dann festzustellen gehabt, daß im ganzen vielleicht kaum 5 Proz. der Bevölkerung ohne diesen Vorteil gewesen seien, und man habe bittere Klagen gerade aus den Kreisen gehöick, die üb r diese 3700 M. Einkommen hätten, und die Klagen seien nicht unberechtigt gewesen, denn eS seien eine ganze Menge Fälle vor handen gewesen, wo eine reiche Kmde«schar da sei, und wenn das Einkommen nur wenig über diese 3700 M. hinausginge, die Not an Nahrungsmitteln genau so läge wie bei den übrigen. Es seien eben tatsächlich in solchen Fällen Nahrungsmittel überhaupt nicht zu beschaffen, und es müßten dann, wenn das Bedürfnis berück sichtigt werden solle, alle Kreise berücksichtigt werden. Wolle inan nun nur die allerobersten, die allergrößten Einkommen aus- schließen, so spiele da- für die Sache gar keine Rolle, und die Verteilung an sich mache ungemeine Schwierigkeiten. Er glaube, das hätten alle die Organe empfunden, die diese Bestimmungen durchzuführen hätten. Wenn man die Leute alle mit dem Steuerzettel antretcn lassen müsse, so führe da» zu Mißstimmungen nach der verfch ebensten Richtungen hin. Er würde also sehr dankbar ein, wenn die StaatSregierung auch bei der ReichSregierung ent- chiedcn dafür eintrete, daß die Differenzierung nach dem Ein kommen be« Verteilung von Lebensmitteln w nn irgend möglich überhaupt nicht wieder zur Verwendung komme. Soweit er unterrichtet sei, hätten sich auch die Auffassungen bereit- geändert in dieser Richtui g, und man nähere sich der Auffassung, die er sich eben e laubt habe vorzutragen. Wa» nun aber die Frage der Massonspeisungen anlange, so möchte er doch allerdings nicht unterlassen, da diese Frage einmal airgeschnitten worden sei, darauf hinzuweisen, daß die Massenspeisungen doch auch zu recht großen Bedenken Anlaß gäben. Einmal sei zurzeit Noch durchaus bestritt n, ob überhaupt durch die Massenspeisungen aespart »verde, gespart an Nahrungsmitteln wie an Geldern, und deS w iteren sei die Schwierigkeit, für dirse Massenspetjungen die notwendigen Nah rungsmittel zur Verfüaung zu stellen, eine unter llmstä. den ganz ungeheuere. Diese Verantwortung lasse eS doch wohl not wendig erscheinen, daß man mit großer Vorsicht an eine weitere Ausdehnung herantrete. Man h be ja seit langer Zeit schon Speiseanstalten, und e» seien diese derartig erweitert worden, daß heute in den Kriegsküchen, die errichtet worden seien, wohl 2b- bi- 30 000 Portionen au-gegeben würden. ES habe sich da» allmählich entwickelt und gehe in einem verhältnismäßig nor malen Rahmen. Wenn man nun aber noch dazu kommen »volle, >ie Woche! Das sei doch gerade so gut, als ob mau gar nicht» bekomme! Da brauche man doch keine Beschlagnahmung! Die zw.ite Sache sei die. ES sei erwähnt worden, daß die irmere Bevölkerung mit genügenden und genügend billigen Nahrungsmitteln zu versorgen sei. ES sei aber von mancher Seite schon die Erfahrung gemacht »vorden, daß e- nicht die ärmste und nicht gerade die Arbeiterbevöllerung sei, die am ««eisten Not leide, sondern daß e» solche Leute seien, die ein leine» Einkommen von 2000 und mehr Mark haben, die sich in der äußersten Not befänden, weil sie nicht mehr zu jenen ge- »örten, die zu Vorzugsbedingungen Nahrungsmittel erhielten. Er wolle deshalb nur die Anregung hier ausgesprochen haben, ob eS nicht Mittel und Wege geben könnte, auch für diejenigen, die nach seinem Dafürhaltei« in der jetzigen Zeit am allerschlimmsten daran seien, nämlich für den kleinen Mittelstand, billige Lebens mittel auf irgendwelche Art zu verschaffen. Endlich wollte er sich noch eine kleine Exkursion erlauben. Zum Ausgangspunkt dieser Exkursion wolle er sich wählen Nr. 3 >es Deputationsantrages, wo die Rede sei von der Beschaffung von Bedarfsgegenständen. Jeder Beschaffung von Bedarfsgegen- tändcn entspreche jemand, der diese Bedarfsgegenstände her- >ugeben Hobe. Im vergangenen Winter nun habe sich das Reich roße Mengen an Kupfer verschafft von einzelnen öffentlichen Stellen. Alle hätten ihr Kupfer hergeben müssen, worüber ja nicht weiter zu klagen sei, da j d.r gern dem Vaterlands gebe, was er habe — er sei ja auch entschädigt worden. Da habe er
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