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Landtags-Beilage zur Sächsischen Staatszeitnng. Nr. 28. Beauftragt mit der Herausgabe: Hofrat Doenge» in Dresden. 1916. LaMagMrhandlnngcn. I. Kammer. 14. öffentliche Sitzung am 23. Februar. Präsident Oberstmarschall vr. Graf Vitzthum v. Eck- städt, Exzellenz, eröffnet die Sitzung 12 Uhr 8 Minuten, der auch Se. Königl. Hoheit Prinz Johann Georg, Herzog zu Sachsen, beiwohnt. Am Regierungstische: Se. Exzellenz der Staatsminister v. Seydewitz sowie die Regierungskommissare Ministerial direktoren Wirkt. Geh. Rat vr. Schroeder, Exzellenz, Geh. Räte vr. Wahle und Elterich, ferner die Geh. RS e Kohl- schütter, Oberlandforstmeister Winter, Vr.-Ing Krüger, Geh. Finanzräte vr. Hedrich, vr. Kretzschmar, Geh. Bau räte Schmidt, Hübler, Ca> zler, Toller, Geh. Bergrat Fischer, G. h. Regierungsrat Kraft, Regierungsrat vr. Barne- Witz, Oberfinanzrat Küttner und Friedrich. Entschuldigt sind Se. Magnifizenz Oberhofprediger vr. Dibelius wegen auswärtiger dingender Geschäfte und Oberbürgermeister vr. Kaeubler wegen Unwohl seins. Präsident: „M. H.! Ein um unser engeres Vaterland hochverdienter Staatsmann hat vor wenigen Tagen sein langes, arbeitsreiches Leben beschlossen. Die Nachricht vom Tode des vormaligen Staatsministers v. Rüger erweckt die Erinnerung an die Zeit, wo seine markante Persönlichkeit unserem Staatsleben ihr besonderes Gepräge gab. Zielbewußt, von unbeugsamer Energie nnd eisernem Willen bat der nun Verstorbene es verstanden, nicht nur hier in der Heimat seine staatsmännischen Überzeugungen durchzusetzen, sondern auch über die Grenzen unseres engeren Vaterlandes hinaus sich die gebührende Geltung zu verschaffen. Die Verdienste, die Hr. v. Rüger um Sachsens Finanzen sich erworben, haben in allen Kreisen ungeteilte Anerkennung gefunden, und auch in der jetzigen schweren Kriegszeit empfinden wir dankbar die Nach wirkungen seiner treuen, gesegneten Arbeit. In dieser dankbaren Anerkennung haben wir, wie auch das Hohe jenseitige Haus, einen Lorbeerkranz am Sarge des verschiedenen Ministers niederlegen lassen. Aber auch an dieser Stätte, wo er so viel und gern ge weilt, lassen Sie uns, m. H., das Andenken des Entschlafenen ehren, indem wir parlamentarischem Brauche entsprechend uns von den Sitzen erheben!" (Geschieht.) Hierauf tritt die Kammer in die Tagesordnung ein. D »r Vortrag aus der Registraude übernimmt Sekretär Domherr vr. v. Hübel. Prüft 2: Antrag zum mündlichen Berichte der zweiten Deputation über Kap. 73 bis 76, 78 bis 84, 86 nnd 87 des ordentl chen Staatshaushaltsetats für die Finanzperiode 1916/17, den Etat des Finanzministe riums betreffend. (Drucksache Nr. 53.) Berichterstatter Se. König!. Hoheit Prinz Johann Georg, Herzog zu Sachsen, bemerkt zn Kap. 75, Großer Garten, daß sich in den Akten eine Übersicht finde über die Pacht- und Mietzinsen, die aus dem Großen Garten erzielt würden. Daraus gehe hervor — das sei vielleicht ganz interessant —, daß die höchste Pacht für die Kon ditorei am Pavillon L gezahlt werde mit 13500 M. Für die einzelnen Pavillons fei der Mietzins ganz verschieden. Hu Kap. 76, Forstakademie zu Tharandt, sei im allge- gememen zn bemerken, daß sich von den Professoren 42, von den Assistenten 5, ein Sekretär und ein Expedient der bodenkundigen Abteilung im Heeresdienste befänden. Auch von den Dienern und Hausmännern sei ein Teil an der Front. Vor Kriegsausbruch seien 46 reichsdeutsche Studenten (nicht 76, wie es in dem Berichte über die Verhandlungen der Zweiten Kammer heiße) und 3 österreichische vorhanden gewesen, die alle zum Heeresdienste eingezogen worden seien. Infolgedessen seien augenblicklich keine Studenten an der Forstakademie. Bei Titel 12 sei ein neuer Betrag ein gestellt, und zwar sür den dentrologischen Höhengarten. Das sei mit großer Freude zu begrüßen, denn damit werde das Lebens werk eines alten, braven Mannes, des früheren Inspektors am Botanischen Garten, Poscharsky, erhalten, der, nachdem er in den Ruhestand getreten sei, diesen Höhengarten in Schellerhau ein gerichtet habe. Bei Kap. 79, Straßen- und Wasserbauverwaltung, finde sich bei den Akten eine Regierungserklärung, und da sei es vielleicht interessant, daraus mitzuteilen, daß 16 Staatsstraßenbauten angeordnet oder in Ausführung begriffen, 13 in Aussicht ge nommen seien, daß bei 21 Bauten die Ausführung noch nicht ent schieden sei, und daß Stromberechtigungsbauten 11 seien. Im übrigen habe er zu diesen wie zu den anderen Kapiteln nichts Besonderes zu bemerken. Alles Notwendige finde man in der Erläuterungsspalte. Die vom Berichterstatter zu diesen Kapiteln ge stellten Anträge stimmen mit denen der Zweiten Kämmer überein. (V l. Landtagsbeilage Nr. 21, S. 93. Die Kammer stimmt ihnen einstimmig zu und genehmigt damit auch ihrerseits nach der Vorlage die sämtlichen Einstellungen. Zu Punkt 3: Antrag zum mündlichen Berichte der zweiten D Putation über Tit. 19 des außerordentlichen Staatshaushaltsetats für 1916/17, den viergleisigen Ausbau der Linie Dresden—Werdau zwischen Dresden-Altstadt und Potschappel mit fünftem Gle.se bis Stein 35 VW (vierte Rate) betr. (Drucksache — Berichterstatter Aammerherr vr. v. Krege.Weltzie« —, zu Punkt 4: Antrag zum mündlichen Berichte der zweiten Deputation über Tit. 54 des außerordentlichen Staatshaushaltsetats für 1916/17, Gewährung von Baudarlehen aus Staatsmitteln an gemein nützige Bauvereine und Baugenossenschaften zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von Eisenbahnbediensteten betr. (Drucksache Nr. 63.) — Berichterstatter Präsident a. D. Domdechant V. Kirchbach —, zu Punkt 5: Antrag zum mündlichen Berichte der zweiten Deputation über Titel 44 des außerordentlichen Staatshaushaltsetats für 1916/17, Zweigleisiger Aus- bau der Strecke Stein-Hartenstein —Wiesenburg (Sa.) — zweite und letzte Rate — betr. (Drucksache Nr. 61.) — Berichterstatter Rittergutsbesitzer vr. Becker —, Zu Punkt 6: Antrag zum mündlichen Berichte der zweiten Deputation über Titel 45 des außerordentlichen Staatshaushaltsetat für 1916/17, Herstellung einer vollspurigen Nebenbahn von Theuma nach Plauen (Bogtl.) — vierte und letzte Rate — betr. (Drucksache Nr. 62.) — derselbe Berichterstatter —, zu Punkt 7: Antrag zum mündlichen Berichte der zweiten Deputation über Titel 18 des außerordentlichen Staatshaushaltsetats für 1916/17, Erbauung eines neuen Empfangsgebäudes auf dem Bahnhof Thal- heim (Erzgeb.) betr. (Drucksache Nr. 56.) — Berichterstatter Oberbürgermeister vr. Dehne —, zu Punkt 8: Antrag zum mündlichen Berichte der zweiten Deputation über Titel 23 des außerordentlichen Staatshaushaltsetats für die Finanzperiode 1916/17, die Erweiterung der Gleisanlagen auf der Ostseite des Bahnhofs Dresden - Friedrichstadt betr. (Druck sache Nr. 58.) — derselbe Berichterstatter —, und zu Punkt 9: Antrag zum mündlichen Berichte der zweiten Deputation über Titel 24 des außerordent lichen Staatshaushaltsetats für 1916/17, Erweiterung der Güteranlagen auf dem Bahnhofe Dresden Elbufer Altstadt betr. (Drucksache Nr. 59) — derselbe Berichterstatter — kann auf die Berichte über die Verhandlungen der Zweiten Kammer verwiesen werden. Vgl. die Landtagsbeilage Nr. 21. Die Kämmer faßt einstimmig auf Antrag der Be- rich'erstatter die gleichen Beschlüsse wie dort die Zweite Kammer, und genehmigt damit auch ihrerseits nach der Vorlage die Einstellungen. Zu Punkt 10: Antrag zum mündlichen Berichte der dritten Deputation über Kap. 1 bis 6 des Rechenschafts berichts auf die Finanzperiode 1912/13, Forsten, Do mänen und Jntraden, Kalkwerke, Kohlenfelder- Oberflächen, Hofapotheke, Elsterbad betr. (Druck sache Nr. 45.), Punkt 11: Antrag zum müudlichen Berichte der dritten Deputation über Kap. 10, 11 und 12 des Rechen schaftsberichts auf die Finanzperiode 1912/13, Braun kohlenwerk zu Leipnitz, Staatliche Hüttenwerke bei Freiberg und Staatliche Erzbergwerke bei Freiberg betr. (Drucksache Nr. 64.), und Punkt 12 der Tagesordnung: Antrag zum mündlichen Berichte der dritten Deputation über Kap. 73 bis 77» des Rechenschaftsberichts auf die Finanz)).riode 1912/13, den Geschäftsbereich des Finanzministe riums betr. (Drucksache Nr. 66.) führt der Berichterstatter Rittergutsbesitzer v. Hüttner namens der dritten Deputation in bezug auf die Berg akademie zuFreiberg und die Forstakademie zu Tharandt folgendes aus: Es sei der Deputation,aufgefallen, daß außerordentlich viel nicht deutsche Studierende in Freiberg und Tharandt gewesen seien, nahezu 50 Proz. aller Studierender. Die Deputation sei der Meinung, daß die meisten von diesen nichtdeutscheu Studierenden uns jetzt feindlich gegenüberstehendeu Nationen angehörten. Sie nehme mit Interesse, wenn auch nicht gerade mit freudigem Interesse, von dieser Erscheinung Kenntnis und spreche die Hoff nung aus, daß nach dem Kriege hierin eine Änderung eintreten werde und daß die hohen Kosten, welche die beiden Akademien verursachten, in Zukunft mehr unseren deutschen Studierenden allein zugutekommen würden. (Bravo!) Im übrigen spricht der Berichterstatter die einzelnen Kapitel in bezug auf Überschreitungen usw. durch und beantragt in Übereinstimmung mit der Zweiten Kammer, die sämtlichen vorgekommenen Etatüberschreitungen nach träglich zu genehmigen. Vergl. hierzu den Bericht der Zweiten Kämmer (Land- tagsbeilageu Nr. 17, S. 70; 20, S. 92; 21, S. 93. Die Kammer stimmt den gestellten Anträgen ein stimmig zu. Damit ist die Tagesordnung erledigt. Nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls wird die öffentliche Sitzung 1 Uhr 11 Min. geschlossen. I. Kammer. 15. öffentliche Sitzung am 24. Februar. Präsident Oberstmarschall vr. Graf Vitzthum v. Eck- städt, Exzellenz, eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 20 Min., der auch Se. Königl. Hoheit Prinz Johann Georg, Herzog zu Sachsen, beiwohnt. Am Regierungstische: Se. Exzellenz der Staats- Minister v. Seydewitz, sowie die Regierungskommissare Ministerialdirektoren Geh. Räte vr. Wahle und Elterich, ferner Geh. Rat Kohlschütter, Geh. Finanzrat vr. Kretzschmar, Geh. Baurat Toller, Geh. Bergrat Fischer, Oberfinanzräte Küttner und Friedrich. Entschuldigt sind Kommerzienrat vr. Reinecker und Geh. Okonomierat Steiger-Kleinbautzen wegen dringender Ge- schä te. Den Vortrag aus der Registrande übernimmt Hr. Sekretär Domherr vr. v. Hübel. Punkt 2 der Tagesordnung: Antrag zum mündliche»! Berichte der zweiten Deputation über Kap. 9, 11, 13 und 77» des ordentlichen Staatshaushaltsetats für 1916/17, Königl. Steinkohlenwerk Zauckerode, Staatliche Hüttenwerke bei Freiberg, Blaufarben, werk Oberschlema und Allgemeine Ausgaben für den Bergbau betreffend. (Drucksache Nr. 82.) Berichterstatter Oberbürgermeister vr. Dittrich verweist auf den ausführlichen schriftlichen Bericht der Zweiten Kammer. Die Deputation habe aber außerdem auch noch Ge legenheit genommen, in sehr eingehender Aussprache sich über die verschiedenen Fragen zu unterrichten, die bei diesen einzelnen Kapiteln in Betracht kämen. Er spricht die einzelnen Kapitel durch, wozu auf die Berichterstattung über die Sitzung der Zweiten Kammer verwiesen werden kann (vgl. Landtagsbeilage Nr. 20, S. 89 bis 92), und hebt zn Kap. 11, Staatliche Hütten werke bei Freiberg betreffend, hervor, daß bei den Maßnahmen, die hinsichtlich der Beschäftigung der Hütten nach den der Deputation vertraulich gewordenen Mitteilungen getroffen worden seien, sich auch für dieses Jahr und hoffentlich auch für das nächste Jahr ein günstigerer Abschluß erhoffen lasse. Die in Aussicht gestellte Bilanz, die ja wiederholt Gegenstand der Aussprache in der De putation wie auch hier bei den Plenarverhandlungen gebildet habe, sei jetzt fertig gestellt und der Rechenschaftsdeputation zu gegangen. Sie sei aufgestellt auf Grund eines sehr ausführlichen Gutachtens der Treuhandvereinigung, und es sei sehr erfreulich, daß sich diese Bilanz habe ermöglichen lassen, ohne daß tief ein greifende Veränderungen in der Buchführung nötig gewesen seien. Die Deputation habe aber auch eine Anfrage gestellt, in welcher Weise für die Beamten und Arbeiter der Bergwerke nach Ein stellung des Bergbaues gesorgt sei. Darüber sei ihr feiten der Herren Kommissare eine Mitteilung zugegangen, nach der sich die Verhältnisse folgendermaßen gestaltet hätten: Am Jahresschluß 1915 seien noch vorhanden gewesen 111 staatliche Erzbergarbeiter, von denen sämtliche Ende 1915 noch versorgt gewesen seien. An die Hüttenwerke — das werde vielleicht auch interessieren — seien insgesamt seit dein Jahre 1909 übergcgangen 198 Bergarbeiter. Beamte seien am Jahresschluß noch vorhanden gewesen 22, die ebenfalls vollständig versorgt worden seien. Es sei jedenfalls dieses Ergebnis sehr erfreulich, denn damit seien alle Befürch tungen, die hinsichtlich der Arbeiter an die Einstellung des Be triebes geknüpft worden seien» in vollständig befriedigender Weise erledigt. Endlich sei noch seiten der Herren Kommissare davon Kenntnis gegeben worden, daß seiten der staatlichen Hütten verwaltung, nicht, >vie es Wohl in der Öffentlichkeit verbreitet sei, seiten Privater alte Halden nochmals aus verwertbare Rückstände durchsucht wordeu seien, um nichts verloren gehen zu lassen, was von irgendwelchem Werte noch sein könnte. Zu Kap. 13, das Blaufarbcnwerk Oberschlema betreffend, dürfe erwartet werden, das jedenfalls das Blaufarbenwerk auch während der Kriegszeit vollbeschäftigt sein nnd cs ihm ins besondere nicht an Materialien für den Betrieb fehlen werde. 'Die votit Berichterstatter zu diesen Kap.teln gestellte» Anträge stimmen in t denen der Zweiten Kammer üder- em. Die Kammer st mmt ihnen einstimmig zu und ge nehmigt damit anch ihrerseits nach der Vorlage die sämtlichen Einstellungen. Punkt 3: Antrag zum mü»blichen Berichte der zwe ien Deputation über Kap. 2, 3, 4 und 10 des ordentlichen Staatshaushaltsetats sür 1916/17, Domänen und Jn traden, Kalkwerke, Kohlenfelder-Oberflächen und Brannkohlenwerk zu Leipnitz, sowie über Titel 4 des außerordentlichen Staatshaushaltsetats für 1916/17, Erwerbung von Kohlenfeldern usw. betreffend. (Drucksache Nr. 69.) Berichterstatter Geh. Kommerzienrat Wacntig hebt hervor, daß bei den Beratungen im Schoße der Depu tation die Anregung zur Erörterung gestellt worden sei, ob nicht durch Bereitstellung von Teilen des staatlichen Tomüncnbesitzes die Frage der Ansiedelung im eigenen Heime gefördert werden könne. Tie Deputation habe beschlossen, diese Anregungen soweit zu fördern, als sic sich dafür ausspreche, daß der Regierung zur Erwägung gegeben werde, ob gegebenenfalls Teile der Kammer güter für Kleinsiedelungen zur Verfügung gestellt werden konnten. Im übrige» kau» auf die Berichterstattung zur S tznng der Zweiteil Kammer iu der Laudtagsbeilage Nr. 17, Seite 69, verwiese» werden. Zlt Kap. 2 ergreift das Wort Sekretär Domherr I)r. v. Hübel: Er wolle zwar nicht beantragen, aber doch anrcgcn, daß ein Teil der in Staatseigentum befindlichen Landgüter nicht mehr verpachtet, sondern in Eigenbewirtschaftung des Staates genommen werde. Hierbei leite ihn nicht der Gedanke, daß er eine bessere Nutzung der Staatsgüter erzielen möchte; er wisse wohl, daß sich das Berpachtungssystem, vom fiskalischen Standpunkt aus be trachtet, durchaus bewährt habe. Die Gründe, die ihn zu dieser Anregung veranlaßten, seien ganz andere. Er möchte mit der Eigcnbewirtschaftung einiger Staatsgüter weitesten Kreisen des Volkes ein Anschauungsmaterial bieten, aus dein sie sich über die Erwerbsvcrhältnisse der Landwirtschaft unterrichten konnten. Zu solcher Aufklärung sei ein dringendes Bedürfnis vorhanden; nicht erst, seit dem man im Kriege stehe und eine Kriegswirtschaft hätte. Die Kämpfe um landwirtschaftliche Schutzzölle und um sonstige Maßnahmen zur Förderung der heimischen Landwirt schaft würden wahrscheinlich niemals die Schärfe angenommen haben, wenn über die Erwerbsverhältnisse der Landwirtschaft bessere Kenntnisse verbreitet gewesen wären. Jetzt aber im Kriege sei das Bedürfnis nach Kenntnis der landwirtschaftlichen Erwerbs verhältnisse ungemein gestiegen, und es bestehe aus Mangel an solcher Kenntnis leider in weiten Kreisen der Verdacht, daß die hohen Lebensmittelpreise, die der Krieg gebracht habe, nicht allein von der Kriegswirtschaft bedingt seien, sondern daß sie auch dazu beitrügen, der Landwirtschaft unberechtigte und unanstemessene Gewinne zu ermöglichen. Dieser Verdacht bestehe leider m weiten Kreisen. Er könne nicht unterlassen, auf einige Beispiele hin zuweisen, um darzulegen, Ivie dringend das Bedürfnis nach Auf klärung vorhanden sei. So habe z. B. ein angesehenes Leipziger Blatt immer wieder behauptet, die Landwirtschaft müsse in diesem Kriege Millionen und Abermillionan verdient haben, »ind es weise darauf hin, daß im Berichte des Verbandes Sächsischer landwirtschaftlicher Genossenschaften zu lesen gewesen sei, daß seit Kriegsbeginn die Spareinlagen, also die Kassen dieser Genossenschaften, zugenommen hätten. Das Blatt folgere ohne weiteres, daß dieses Geld, was in den Kassen der Genossenschaften erscheine, verdientes Geld gewesen sei. Bei keiner Industrie würde man so vorschnell urteilen, sondern sich zunächst näher ansehen, woher dieses Geld stamme. Wenn man das bei der Landivirtichaft getan hätte, so würde man wohl gemerkt