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"dieser Ansicht auch bei den Herren anstoßen und ihnen Stoff zu neuen Ausfällen bieten werden, an denen sie es zu offenbarer Heiterkeit der Versammlung schon gestern Abend nicht fehlen Ließen. Zu ihrer hohen Ehre theilten aber die Leitungen, die „Verdummungsinstitute", wie sie Hr. Ufert nannte, der es u. A. gewaltig rügte, -aß sie Anzeigen aufnehmen und nur Geld da- wit verdienen wollen, diese Angriffe mit dem norddeutschen Reichster, der, wie ein anderer Redner — ein Herr Große aus Chemnitz, wenn mir recht gehört — äußerte, gar kein Reichs tag, sondern nur ein Rednerhaus — ein Parla ment (8io!) sei, nur Gesetze für die privilegir- ten Klaffen schaffe und Bismarck zu Willen Steuern verwillige, ja, sie theilten solche selbst mit dem Grafen Bismarck. Durch lange Reden, mie sie z. B. Herr Lasker im Reichstage halte, werde nichts erreicht, nun dann wünschen wir zenen Herren Socialdemokraten mehr Erfolg, da ihre gestrigen Reden hinsichtlich der Länge wahr lich nichts zu wünschen übrig ließen, trotzdem sie wiederholt sich kurz fassen zu müssen erklärten. Wir meinen, wer in solchen Versammlungen auf treten will, müsse denn doch beachten, daß er seinen Platz ausfülle und Wiederholungen und Widersprüche vermeide, die gestern in einem Athemzuge kanien. Erst gesteht der Redner ein, daß die Arbeitgeber nicht Schuld an der der- maligen Lage seien, da auch sie den Verhält nissen unterliegen, und darnach schreit er über den Arbeitgeber, der Wochen lang in die Bäder reise, während seine Arbeiter für ihn schwitzen müssen. Das ist nur ein kleiner Beleg für die Art und Weise des Auftretens jener Herren. Wir vermögen ihre Entschuldigung, die sie bei dem Gelächter und dem vielen ironischen Bravo, das sie ernteten, vorbrachten, nicht anzuerkennen, daß man ihnen den Maßstab nicht zu hoch an legen dürfe, da sie nur schlichte Arbeiter seien. Wir rathen ihnen vielmehr an, einmal die Ver sammlungen des hiesigen Arbeitervereins zu be suchen, der uns eine bessere Meinung beigebracht hat, wenngleich die Socialdemokraten sein Prin- cip als ein falsches bezeichnen, nur ihren Sonder interessen Rechnung tragen, Alle aber,' die nicht in ihr Horn stoßen, auf's Heftigste angreifen. Wir sehen nach diesen Auslassungen, welche uns bei der in Aussicht gestellten Wiederkehr jener Herren, die auch diesmal eine Sammlung zur Deckung des Aufwandes vornahmen, vor aussichtlich nichts weniger als günstige Beurthei- lungen eintragen werden, von einer eingehenden Berichterstattung über die Reden ab, da sie zum größten Theile das behandelten, was in den Vorjährigen Versammlungen über die Partei, ihren Gründer, den wahren Retter Lassalle, ge sagt wurde und bei so manchem Wahren, was sie enthielten, darin gipfelten: Ihr hattet schlecht zum letzten Reichstage gewählt, es kann um besser für Euch werden, wenn Ihr einen Socialdemokraten wählt und wenn auch 20-Jäh- rige mit wählen dürfen! Nun bis zur Wahl haben wir noch genügend Zeit, uns die Sache mit dem socialdemokratischen Candidaten zu über legen und hoffentlich thut dies auch die große Mehrheit der Wähler des hiesigen Bezirks gründ lich, die letzten Wahlen von Chemnitz und Frei berg im Auge behaltend. Vielleicht beglücken uns die Herren Socialisten inzwischen wieder mit ihrem Besuche und wünschen wir dann der Ver sammlung nichts weiter als die Geduld und Ruhe, die sie gestern zeigte. Daß trotz der An wesenheit von Vertretern der entgegengesetzten Richtung und trotz aller Aufforderung durch Herrn Ufert Niemand das Wort zur Entgegnung «griff, wird den Veranstaltern wohl gezeigt haben, welch geringen Werth man dem großen Wortschwall und den langen Herzensergietzungen beimißt. Wir versichern nochmals, daß auch wir mit Znteresse verfolgen, was die Arbeiter zur Lösung 424 der Frage thun und beglückwünschen solchen Ex tremen gegenüber unsern Arbeiterverein und seine Leiter. Um auf die Verschiedenheit ihrer Wirk samkeit aufmerksam zu machen , und urtheilen zu lassen, haben wir überhaupt die obigen Mit- theilungen eigentlich nur gemacht. Wir wapp nen uns aber inzwischen mit dem Panzerhemd der stoischsten Ruhe, um der Wiederkehr jener Herren unbesorgt entgegensehen zu können, und trotz ihrer Schmähungen auf die Presse, die „Trompete" und welche Titel dieses als „Ver dummungsinstitut" in den Augen der Socialisten (oder nur Herrn Ufert's, da sie ja auch ihre Blätter haben?) dastehende Publikationsmittel hat, scheiden wir heute so vergnügt von ihnen wie gestern Abend. Auf Wiedersehen! F.rankenberg, 4. Juli. Der Geschäfts« gang in dem ersten Halbjahr 1870 hat sich bei hiesiger städtischen Sparkasse wiederum recht be friedigend gestaltet und ist ein neuer Beweis dafür, daß diese Anstalt in den weitesten Krei sen ein wohlverdientes Vertrauen 'sich erworben hat. Baare Einlagen wurden in diesen 6 Mo- naten gemacht: 54,374 LA 2 3 H>, für Einlagebücher gingen 9 LA 19 5 tz, und an zurückgezahlten Kapitalen 7500 LA ein, wäh rend 1577 LA 21 6 an KapiialSzinsen vereinahmt worden, und ein Kaffenbestand von 7160 E- 2 8 H auS dem Jahre 1869 zu verrechnen war. Die Gesammt-Einnahme be trug daher 70,621 LA 16 2 tz; dem ge ¬ genüber stellt sich eine Gesammt-Ausgabe von 65,304 LA 8 6 S>, nämlich: 37,390 LA 20 4 A> Rückzahlungen an die Einleger, 203 ^>. 4 2 Zinsen an dieselben, 25,500 LA neuauSgeliehene Kapitale, 2210 LA 14 JnSgemein (worunter 2000 LA Ge- winnantheile aus dem Jahre 1869 an die Stadt- haupikaffe), und verblieb somit am 30. Juni d. I. ein baarer Kaffenbestand von 5317 7 6 tz. Die Baarsumme, welche im abgelausenen Semester durch die Hände der AnstaltSbeamten zu gehen hatte, beträgt demnach: 135,925 LA 24 8 H. Frankenberg, 4. Juli. Unter dem Titel „Uhland'S Technicum zu Frankenberg bei Chemnitz in Sachsen" enthält die neueste Rum- wer der Leipziger Jllustrirten Zeitung folgenden günstigen Hinweis auf dies Institut, dessen ge deihliche nnb erfreuliche Entwickelung schon im Interesse unserer Stabt mit Genugthuung er- füllen muß: „Bei der außerordentlichen Bedeu tung, welche die Technik in diesem Jahrhundert gewonnen hat, scheint eS uns angemessen, hier mit einigen Worten auf eine Lehranstalt auf merksam zu machen, welche wohl einzig in ihrer Art dasteht, Uhland'S Technicum wurde Ostern 186.5 von dem Ingenieur W. Uhland gegrün- bet, hat gegenwärtig schon eine Schülerzahl von 155 und verfügt über sehr bedeutende Hilfsmit tel, indem eS seinen Zöglingen nicht allein eine entsprechend theoretische, sondern auch in der ei genen Maschinenfabrik und Eisengießerei die er- forderliche praktische Bildung zukommen läßt. Die Direktion verdient volles Vertrauen, und indem wir noch bemerken, daß ausführliche Pro- specke, in welchen Zweck und Organisation des TechnicumS, sowie auch die Aufnahmebedingungen näher bezeichnet sind, von dem Director deS Tech. nicumS, W. Uhland in Frankenberg, bezogen wer- den können, empfehlen wir diese treffliche Lehr anstalt der allgemeinsten Beachtung. Frankenberg, 2. Juli. Im benachbarten Berthelsdorf schlug gestern Nachmittag in der vierten Stunde der Blitz in da- Ulvricht'sche Haus unweit der DitterSbacher Flurgrenze und brannte dasselbe nieder. DaS Feuer ist auf da- allein stehende HauS beschränkt geblieben. Frankenbergs 5. Juli. Gestern Abend nach jll Uhr wurde von hier au- «in heftiger, doch nicht lange anhaltender Feuerschein nach AuerSwalbe zu beobachtet. - V erm i f ch t e ». Der sächsische Erzbergbau lieferte im'Jahre >869 ein« Ausbeute von inSgesammt 2,120,784 Thlr., wovon auf die Freiberger Reviere 1,845,117 Thlr., auf die Schwarzenberger Reviere 255,301 Tklr. und auf die Marienberger endlich 20,366 Thlr. entfallen. DaS sämmtliche in diesen Re- vieren beschäftige Personal betrug am Schluffe des genannten Jahres 9746 — bei den Stein- und Braunkohlenwerken 17,977 ercl. 830 weid- licke Arbeiter —, wovon auf die Freiberger Re- viere, ercl. 1009 Tagelöhner, 8139 Personen gerechnet werden müssen. Der Steinkoblenderg- bau hatte in den 3 Injektionen Chemnitz, DreS- den und Zwickau rin Erträgniß von 6,065,580 Thlr., während vom Braunkohlenbergbau in den beiden Inspektionen Chemnitz und Dresden eine Einnahme von 525,938 Thlr. erzielt ward. Hamburg ist seit drei Wochen der Schau platz eines StrikeS der Bauhandwerker, doch war eine Störung der Ordnung bisher nicht vorgefallen. Als nun neulich durch dieselben Conflicte herbeigeführt wurden, untersagte die Po li, eibehörde den Inhabern öffentlicher Locale, Arbeiterversammlungen abhalicn zu lassen. Am 30. Juni fand deshalb eine Versammlung von sinkenden Arbeitern unter Zulauf einer bedeu tenden Volksmenge auf dem Heiligengeiftselde statt. Die Polizei forderte sie zum AuSeinan» dergehen auf, griff, da ihr Widerstand geleistet wurde, die Versammelten mit blanker Waffe an und trieb sie auseinander. Von beiden Seiten fielen Verwundungen vor. Abends II Uhr war die Ruhe vollständig wiederhergestellt. — Nach Berichten vom 1. Juli haben 2000 Bür ger der Regierung den sinkenden Arbeitern ge genüber ihre Unterstützung als Specialconstabler angcboten. Die sinkenden Arbeiter, welche sich von Hamburg nach WandSbeck gezogen hatten, wurden von dort von der Polizei und einigen PiquetS Ulanen vertrieben. Der Begehr nach den im Norddeutschen Bunde cingesührten Korrespondenz-Karten ist fortdauernd sehr stark. Nachdem die zuerst auSgegebenen zwei Millionen Stück vergriffen waren, sind von Seiten der Ober-Postdirectionen bereits wieder 1H Millionen Stück nachverlangt. Am 10. Juli soll in Eckernförde das Monu ment, welches zum Andenken an den siegreichen 5. April 1849 errichtet worden ist, enthüllt wer den. Unter den Kriegern werden hervorgrhoben Generalmajor Herzog Ernst II. von Coburg-- Goiha, die Festungsbatterie unter Jungmann und die Nassauer Feldbatterie unter Hauptmann Müller, die wesentlich zum Sieg beigetragen ha ben und das dänische Linienschiff Christian VIII. in Vie Luft sprengten. Die deutsche Flotte wird um eine neue Pan zerfregatte vermehrt, die den Namen „Borussia" erhalten soll. Auch der Bau einer Korvette „Luise" ist in Angriff genommen worden. In Posen ist den im Jahre 1866 gefallenen Kriegern deS 5. preußischen ArmeecorpS «in Denkmal errichtet worden. Auf einem dretsachrn Sockel von Granit erhebt sich ein Löwe von Zinkguß. Der Kronprinz von Preußen soll die legreichen Truppen damals die Löwen von Ra- chod genannt haben. Darum wurde dieses Sinn bild gewählt. , In der Wechselstube der Handelsbank zu Wien st ein Betrug au-geübt worden, , der eben so turch sein« Kühnheit wie durch sein« Summe mponirt. ES wurde dort daS LooS de- Braun- chweiger LotterieanlehenS, welches den I. März mit dem Haupttreffer von 80,000 Thlrn. gezo gen worden war, zur E-comptirung präsentirt und anstandslos mit 138,692 fl. ausgezahlt. Jltzt hat sich herau-geftellt, daß da- LooS g«- älscht ist. Der Thäter, wahrscheinlich ein pflf- iger Schneidergeselle, ist noch-nicht aufgrgriffen. Ueber einen Brand in Uittwa bei Karlsbad