Volltext Seite (XML)
Staatsaiyeiger für Erscheint Werltag» nachmittag- mit dem Datum de» Ersch«inung»tages. Bezugspreis: Monatlich 3 Marl. Einzeln« Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574, Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirolonto Dresden Nr. 14V. den Zreiftaat Sachsen Ankündigung««: Die 32 nun breite Grundzeil« oder deren Raum 35 Pf, die 66 nun breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Delle 7V Pf., unter Ein gesandt 1RM. Ermäßigung aus Geschäftsanzeigen. Familiennachrichten und Stellen- gesuch«. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Ziehungslisten der Staatsschuldenverwaltung, Holzpflanzen - Berkaufsltfie« der StaatSforstverwrltung. Verantwortlich für die Redaktion: OberregierungSrat Hans Block in Dresden. Nr. 69 Dresden, Sonnabend, 22. März ^930 Das Ostprogramm. Berlin, 22 März Die Denkschrift des Reichrinnen- Ministeriums über da- Osthilseprogramm gliedert sich, wie verlautet, in eine Einleitung, in der der Uriache und Art der Not des Ostens dargelegt wird, und eine Reihe von Abichnitten. in denen die Hilfe, die aus den einzelnen Ge bieten gebracht werden soll, kurz skizziert wird. Das Ostorogramm sieht Hilse sür solgenoe Ge biete dr» preußischen StaateS oor: Ostpreußen, die pommerschen Kreise Bütow Lauen burg, RummelSburg und Stolp, die ganze Grenzmark Posen-Weflpreußen, die brandenburgischen Kreise Lands berg, Frteveberg, ArnSwalde und Züllichau-Schwiebu-, die niederschle- stschen Kreise Guhrau, Militsch, Nams- lau, Großwartenberg, Glogau, Frey stadt und Grünberg und ganz Ober- frhlesi en Außerdem ist eine Wohnungsfürsorge- aktton für daS Waldenburger Revier vorgesehen. Lie landwirtichasiliche Hilskaktion soll in gleicher Weise für Ostpreußen erfolgen. Zwestens ist eine Verstärkung der An siedlersiedlung und eine Neusiedlung beabsichtigt. Punkt 3 behandelt StützungSkäuse und Instandsetzungen von Gütern. Wenn Preußen 6 Mill. M. zu diesem Zweck aus- bringt, wird da« Reich Zuschüsse t« Höhe von 11,3 Mill. M. leisten. Außerdem sollen 58 Mill. M. Retchskreditmittel zur Verfügung gestellt werden, die aus dem Anleihewege zu beschaffen sind. ES ist ferner die Aufstellung eines Ostbahnbauprogramms vorgesehen das die vom Reichstag für dringlich erklärten Bahnprojekte umfaßt. An Chausseebauten sind 7000 km angefordert. Von diesen 7000 1cm, die besonders auf die Grenzmark Polen-Westpreußen, aus Nieder schlesien und Oberschlesien entfallen, sind 3000 Icm im Ostprogramm vorgesehen, die im Laufe von 10 Jahren gebaut werden sollen. Im Kapitel Wasserstraßen werden der Ausbau des ma surischen Kanal-, deS Oberländer Kanals von Elbing nach Masuren, der Oder blS Küstrin und die Fertigstellung deS Staubecken» von Ottmachau in Aussicht gestellt. Ganz besonders ist die Elek- trizttätSerschließung Ostdeutichlands nnd eine Strom Preissenkung tn Aussicht genom- men. Im Kapitel „soziale und gesuudhettliche Maßnahmen" werden 15 Millionen für Kanali- >aiionen, Bau von Wasserlestungen und Kranken häusern, Errichtung von Schulen, Kindergärten, Jugendpflegeeinrichtungen, Sportpläken und Schwesternstationen in national gefährdeten Ge- bieien ongesetz«. Zur Förderung der Wissenschaft sind 3 Mill. M-, für Neubau von Volksschulen 25 biS 30 Mill. M in Aussicht genommen. O Oie ostdeutsche Landwirtschaft an den Reichspräsidenten. Berlin, 22. März. Bei dem Reichspräsidenten ist folgendes Tele- gramm eingegangen: „Namens der ostdeutschen Landwirtschaft danken v>« unterzeichneten LandwirtschaftSkammern dem Herrn ReichSpiäsidente« sür seine väterliche Für sorge Möge Sw Exzellenz starken oand es ge- ltngen, in kürzester,,rist dieienigen durchgreifenden Maßnahmen zur Durckführung zu bringen, die allein unseren tn schwerster Not um sein Dasein ringenden Berufsstand retten können. Die Präsi denten der ostdeutschen LandwirtschaftSkammern v. Bernuih, Dr. Brandes, v Flemming Franzke, v. Oppen, Weber." Die Antwort des Reichsinnenminifiers an die thüringische Regierung. Berlin, 22. März. Der Reichsminister des Innern hat an das thüringische SiaaiSministerium in Weimar folgende» Schreiben gerichtet: Ihr Schreiben vom 20. März 1930 — IL 108 30 — in dem Sie meine Anfrage vom 17. Fe bruar 1930 beantworten und zu den Mitteilungen meines Schreibens vom 18. März 1930 Stellung nehmen, ist heute früh in meine Hände gelangt. Daß das letztgenannte Schreiben erst nach seiner Verbreitung durch Rund- funk undPresse bei Ihnen eingegangen ist, bedauere ich. DaS Schreiben ist, wie der Stempel des Einlieferungsscheines ausweist, am 18. März von 20 bis 21 Uhr bei der Post aus gegeben, die Presse aber erst am 19. März mittag» benachrichtigt worven. Die Verbreitung durch den Rundfunk habe ich nicht veranlaßt. Wenn Form und Inhalt meines Schreiben» Sie außerordentlich befremdet Haden und wenn Sie mitteiken, daß ein derartiges Vorgehen bi-her im Verkehr zwischen Reich und Ländern nicht üblich war, dann habe ich zu erwidern, daß mein Schreiben nur die einzig mög- ltche Antwort darstellte, auf das Vor gehen, das von einem Mitglied deS thüringischen StaatSmintsteriumS beliebt wurde und da» in der Tat bisher im Verkehr zwischen Reich und Ländern nicht üblich war. Meine Anfrage vom 17. Februar die ich durchaus vertraulich behandelt habe, ist nicht nur veröffentlicht worden, sondern StaatS- minister Frick hat in einer öffentlichen Versamm lung dazu erklärt, daß ich auf eine Antwort lange warten könne. ES würde mich außerordentlich befremden, wenn Sie auch nur einen Augenblick dem Gedanken Raum gegeben hätten, daß die Reichsregierung sich eine derartige Behandlung ge fallen lasten würde. Daß ein Beschluß des thüringischen Etaal»- miniflertumS mein Schreiben vom 17. Februar nicht zu beantworten, nicht vorlag. hätten Sie Ihrem Mitglied, Henn StaatsmiMfler Frick, mit- teilen sollen, al» Ihnen besten VoU»oersammlungS- rede bekannt wurde. Meine Anfrage war an da« thüringische SiaaiSministerium und nicht an Herrn Frick gelichtet. Und wenn Herr Frick der Be schlußfassung deS StaalSminifleriumS — wie er es getan — Vorgriff, dann lag «S bei Ihnen, Herrn Frick gegenüber daS Erforderliche zu ver anlassen. Mir ist nicht bekannt geworden, daß Sie Herrn Frick über die Sachlage belehrt haben, und darum haben Sie mich tn die Zwangs lage gebracht, das thüringische StaatS- Ministerium mit Herrn Frick zu identi fizieren. Durch die Mitteilung Ihrer Feststel lung über denBund„Avlerund Falken", mit der meine Anfrage vom 17. Februar tn der Form nunmehr beantwortet ist, ist zugleich der übliche amtliche Verkehr zwischen dem thürin gischen StaatSmtntsterium und meiner Amtrstelle wtederhergestellt. Soweit im Rest de» lausenden ^tattjahreS sür Thüringen noch JondSnnttel tn Betracht kamen, können Zahlungen jedoch nicht mehr geleistet werden, da über die betreffenden Fond» inzwischen restlos verfügt worden ist. Ob und in wieweit tm nächsten EtatSjahr Mittel au» Fonds meines Ministeriums zur Verfügung gestellt werden können, ist von der Beschlußfassung der gesetz gebenden Körperschaften und der weiteren politischen Entwicklung ab hängig. WaS die Frage angeht, ob die Voraus setzungen für die Gewährung eine» RetchSzuschusse» für Polizeizwecke von feiten de» thüringischen StaatSministeriumS noch vorliegen, so erkläre ich mich damit einverstanden,Untersuchungen zur Klärung dieser Frage anzustellen. Al» meinen Beauftragten zur Mitwirkung an dieser Untersuchung nach Ziffer I Abs 7 der Grundsätze benenne ich den ^tntstertaldtrektor Menzel, den Letter der zuständigen Abteilung tm Reich-mtnistertum de» Innern, de« Sie von der Anberaumung eines Termin« für den Beginn der Unterhandlungen gefälligst benachrichtigen wollen. Bis zum Ab schluß der Untersuchungen bleibt es selbstverständlich s bei der in meinem Schreiben vom 18. März mit-1 geteilten Anordnung. Auf die Au»sührungen im Schlußabsatz Ihres Schreibens einzugehen, liegt sür mich um so weniger Anlaß vor, al« die von Ihnen erwähnten Pressenachrichten meine Entschließungen nicht ver anlaßt haben. * Weimarer Gerüchte. Weimar, 22. März. Der Preußische Innenminister, der die Mitteldeutsche Landesbank in Magde burg kontrolliert und zu dessen Obliegenheiten eS gehört, deren Geschäftsführung zu überwachen, soll, wie hiesige Blätter sich au» Berit« melden lassen, bei der Mitteldeutschen LandeSbank (Gtro- zentrale für die Provinz Sachsen, Thüringen und Anhalt) Ermittlungen über die Jnanspruch- nähme von Geldern dieses Instituts für den Staat Thüringen angestellt haben. DaS Resultat dieser Feststellungen soll Gegenstand der Beratungen zwischen dem preußischen Innen ministerium und dem Reichsinnenministerium sein. Oer Anschlag der Hindenburg-Srtlärunng Berlin, 22. März Der Reichsinnenminister hat an die Länderregterungen einenLrlaß gerichtet, in dem mitgeteilt wird, daß die Reichsregterung dem Ersuchen deS Reichstages, die Kundgebung deS Reichspräsidenten vom 13. März über die Haager Beschlüsse öffentlich anzuschlagen, nach kommt und dieReichszentrale sürHetmat- dt etrst mit der Durchführung deS Anschlages be auftragt hat. DaS Plakat wird die Überschrift „Reichspräsident v. Hindenburg an daS Deutsche Volt" tragen und soll an geeigneten öffentlichen Stellen, insbesondere auch an den öffentlichen AmtSgebäuden angeschlagen werden und zwei Wochen hängen bleiben. Der Minister bittet die Länderregterungen die Landesabteilungen der Reichszentrale sür Heimatdienst weitestgehend zu unterstützen. Gteuerprogramm bis 10. April. Berlin, 22. März. Wie der „Börsen-Courier" aus parlamentarischen Kreisen erfährt, rechnet man in Kreisen der RegterungSsraktionen mit einer Erledigung de» Steuerprogramms der Reichsregierung bi» etwa zum 10. April. Sicherem Ver nehmen nach hat der ReichSfinanzmimster zu er- kennen gegeben, daß der 10. Apnl für sein Amt der letzte Termin sein müsse, an dem die Steuer gesetze in Kraft zu treten hätten. Seien die neuen Steuergesetze bis zu diesem Termin verab schiedet, dann könnten sie noch mit rückwirkender Kraft vom 1. April ausgestaitet werden. * Dis Glätte zur Mnanzresorm. Berlin, 22. März. Der Gesamtvorstand deS Reich-städtebunde- tagte gestern. Er nahm zur ReichSsinanzreform einstimmig eine Entschließung an, in der e« heißt: „Infolge de» Ansteigens der Ausgaben fü, WohlfahrtSerwerbSlose, für das ge- samte Schulwesen und die Polizei sind in der Mehrzahl der mittleren und lletnen Städte trotz größter Sparsamkeit große Fehlbeträge ent standen, die im Rechnungsjahre 1929 nicht «ehr gedeckt werden können, weil sowohl die Real- steuern wie die Werltarif« in vielen Fällen da« Höchstmaß deS Erträglichen erreicht haben. Diese Notlage wird gesteigert durch die zum mindesten gleichen Fehlbeträge für 1930. Be sonder- mißlich gestaltet sich die Lage in kleineren Städten bet Stillegung eine» ört- lichen Großunternehmen» durch erhebliche Min derung ihrer Steuereinnahmen und gleichzeitige Erhöhung ihrer WohlfahrtSlasten. Der Reichsstädte- bund erwartet daher von der bevorstehenden vor- läufigen ReichSsinanzreform eine Ausdehnung der Krtsenfürsorge auf alle Beruf« ohne zeitliche Begrenzung, eine aus reichende Beteiligung der Gemeinden an den erhöhten RetchSetnnahmen, ins besondere durch Erhöhung der Umsatzsteuer auf 1 Proz. und eine gesetzliche Ber- pflichtuug der Gemeinden zur Er- Hebung eindr Getränkesteuer. Ebenso dringlich ist der preußische SchuUapenau»gleich für 1930. Sa- Ergebnis der Kelloggpakt, lommisfion. Von 0r Ha«S Welsberg, Professor des Völkerrechts in Gens. Die in Ausführung eine» Beschlusses der letzten Bölkerbundsverlammlung eingesetzte Kommission zwecks Anpassung der Völkerbundssatzung an den Kelloggpak», die Ende Februar und Anfang März in Gens tagte, hat ihren Bericht soeben ver öffentlicht Ihr gehörten folgende Mitglieder an: Anloniade (Rumänien), v. Bülow (Deutschland), Lord Robert Cecil (Großbritanniens Cobtan (Spa nien), Cornejo (Peru), Cot (Frankreich), Ito (Ja pan), Scialoja (Italie«), Sokal (Polen), llnlxn (Schweden) und Woo Sai Seng (China) Präsi dent der Kommission war Scialo>a In der Einleitung zum Berichte ist beton», daß man nicht eine allgemeine Revision der Satzung hat vornehmen, sondern sich auf die durch den Kelloggpakt nötig gewordenen Resorme« hat beschränken wollen. ES wäre nun möglich gewesen, nicht» weiter zu tun als in die Satzung die Bestimmungen deS KriegSSchiungspakts wört lich aufzunehmen. Toch hat man von diesem Versuche abgesehen, weil dadurch Widersprüche und Unklarheiten innerhalb der Satzung ent standen wären. Notwendig war zunächst eine Änderung der Präambel. Bisher hieß eS darin, daß die Mit glieder de» Völkerbünde- „bestimmte Verpflich tungen übernehmen, nicht zum Kriege zu schrei ten". Künftig foil e» heiße«: „die Verpflichtung übernehmen, nicht zum Kriege zu schreiten". In Art. 12 der Satzung, wie sie zurzeit ia Geltung steht, haben die Bundesmitglieder ledig lich die Verpflichtung übernommen, bei allen Streitigkeiten, die zu einem Bruche führen können, wenigstens den Veriuch friedlicher Streiterlevrgung zu machen und deshalb die Frage entweder der SchiedSgenchlSbarkeit oder einem gerichtlichen Ver fahren oder der Prüfung durch den Rat zu unter breiten. Sie dürfen in keinem Falle vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Ver fahrens zum Kriege schreiten Diese Vorschriften müssen nach dem Abschluß de- Kelloggpakre» un bedingt geändert werden. Borangestellt hat man in dem neuen Art. 12 Abs 1 die Verpflichtung zur friedlichen Regelung aller Streitigkeiten, die zu einem Bruche führen können, und erst an zweiter Stelle betont: „Die HundeSmitglieder kommen überein, in keinem Falle zur Lösung ihrer Streitigkeiten zum Kriege zu schreiten." Von einem Verbot mili t ärtscher Gewalt anwen- dung außerhalb deS Kriege» ist, zum mindesten ausdrücklich, nicht die Rede. ES bleibt unent schieden, ob der Kelloggpakt militärische Gewalt anwendung dieser Art verbietet und wa» unter „friedlichen" StreiterledigungSmitteln zu ver stehen ist Auch Art. 13 Abs. 4 der Satzung enthält noch eine bedeuftame Lücke, indem er den Krieg gegen ein Bundesmitglied, da» sich einem Schiedssprüche nicht fügt, zuläßt. Deshalb mußte der Text diese» Absatzes im Sinne de» Verbotes des Krieges ge ändert werden. Da den Mitgliedern deS Völkerbünde» da» Recht genommen wurde, zweck- Durchsetzung eine» Schiedsspruches gegen ein recht-brüchigeS Mitglied zum Kciege zu schreiten, beantragten mehrere Mit glieder der Kommission, dem Rate die nöligen Vollmachten zur Durchsetzung eine» Schiedsspruches usw. zu übertragen. Sie waren der Meinung, man müsse dem Rate das Recht geben, die nötigen Anordnungen zur Durch führung der Entscheidungen mit Stimmen mehrheit zu treffen. Man wies zur Begründung dieses Vorschlages darauf hin, der Rat solle ja keine neue Entscheidung über die materielle Rechtsfrage fällen, sondern einfach die Ausführung einer rechts kräftig gewordenen Entscheidung sichern. Deshalb sei eS sehr wohl angebracht, von dem Grundsätze der Zlnstimmigkeit für diesen Fall abzusehen, zu mal bet dem Erfordernis der Einstimmigkeit der Widerspruch eine» einzigen RatSmitglrede- die Maß nahmen zur Durchführung der Entscheidungen ver hindern könne. Die Mehrheit de- AukschusseS war nicht bereit, den Grundsatz der Einstimmigkeit für diesen Fall zu beseitigen, gestand jedoch zu, daß die Stimmen der Parteien bet der Fest stellung der Einstimmigkeit nicht mitgezählt würden