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werden. — Windthorst erklärte gegen den Vertrag stimmen zu wüsten, da die vorgebrachlen Bedenken nicht geprüft und die Krefelder Interessenten durch den Ber z' trag überrumpelt seien. Der Vertrag wurde hierauf unverändert angenommen. Ohne Debatte wurde hierauf der Gesetzentwurf betr. die Vorarbeiten für em Kaiser- Wilhelm-Denkmal angenommen, ebenso die Vorlage betr. die Nationalität der Kauffahrteischiffe in dritter Lesung. ES folgten die Beratung des Antrages Windthorst, welcher die Unterdrückung des Sklavenhandels und der Sklaven- jagden in Afrika den verbünoeten Regierungen ans Herz legt. Windthorst (Zentrum) erklärte, sein Antrag sei heroorgegangen aus der großen Bewegung gegen die Sklaverei in Afrika, über welche auch die Thronrede eine anerkennenswerte Andeutung enthalte. Den Regierungen werde es ja angenehm sein, die Ansichten des Hauses über diese Frage kennen zu lernen. Seit Jahrhunderten werde die Sklaverei bekämpft und noch immer dauere sie fort, während doch an dem christlichen Prinzip fest gehalten werben müsse, daß jeder Mensch das Recht habe, fich frei zu bewegen. Redner erwähnte die bei den Sklavenjagden vorkommcnden Greuel, die von dem Kar dinal Lavigerie wahrheitsgetreu geschildert worden seien. Diese Greuel würden nicht enden, bevor nicht die Sklaven händler zur Raison gebracht seien. Sein Antrag solle zu erkennen geben, daß der Reichstag bereit sei, die Regierungen in allen Maßnahmen zu unterstützen und die erforderlichen Mittel hierfür zu bewilligen. Deutschland allein werde nichts ausrichten können, eS werde mit anderen Nationen zu sammengehen müssen. Er glaube nicht, daß er in dem Verdacht stehe, alles zu billigen, was der Reichskanzler thue (Heiterkeit), aber das vorgelegte Weißbuch ergebe, daß der Kanzler auf dem rechten Wege sei. Ein plan loses Vorgehen der einzelnen Regierungen würde nie zum Ziele führen. Sein Antrag bezwecke eine Sympa thiekundgebung für den erwähnten Passus der Thronrede, die volle Initiative müsse der Reichstag lediglich den Re gierungen überlassen. Bei dieser Sache handelte es sich um keinen Parteistandpunkt und um keine Konfession, hier müsse der Reichstag einig sein, um der fluchwürdi gen Sklaverei entgegentreten zu können. (Bravo.) Woermann (nat.-lib.) erklärte, dem Anträge werde seine Partei zusttmmen. — v. Helldorf (tons.) bemerkte, feine Partei sei mit dem Grundgedanken des Antrages ebenfalls einverstanden. — Staatssekretär Graf Bismarck erklärte, der Antrag Windthorst habe in weiten Kreisen Genugthuung hervorgerufen und die verbündeten Regie rungen seien erfreut darüber. Sie vernähmen gern diese Kundgebungen. Ueber die Lage der Dinge in Ostafrika seien die Herren durch das dem Reichstag vorgelegte Weißbuch orientiert. Neuerdings sei auch Portugal der Blockade beigetreten und habe seine Küste blockiert. (Bravo!) Die Kulturmijsion der europäischen Staaten set dadurch verschärft worden, daß die arabischen Sklaven händler sich gegen ihr Oberhaupt, den Sultan von Zan zibar, empörten. Dieser Sklavenhandel vernichte alle Kultur in Afrika. Deutschland werde auf die rückhalt lose Unterstützung Englands zu rechnen haben, um so sicherer erscheine also der Erfolg. Das erste Mittel gegen die Sklaverei sei mit der Blockade begonnen ; nicht genug zu loben sei die Umsicht und Entschlossenheit der Führer unserer Marine. Auch Frankreich habe neuer dings befriedigende Erklärungen über seine Stellung zur ostasrikanischen Blockade gegeben, was um so erwünschter sei, als es früher diesen Bestrebungen zwar freundlich gegenüberstand, seit geraumer Zeit aber der Sache fern blieb. Es werde von den verbündeten Regierungen eine bezügliche Vorlage vorbereitet, und es wäre ihnen er wünscht, vom Reichstage eine Andeutung zu erhalten, wie weit sie gehen könnten. Die Sklaverei sei unter dem Drucke der Kolonialpolitik schon zurückgegangen, aber es werde noch mehr geschehen müssen. — Bamberger (freis.) bemerkte, bei den bereits abgeschlossenen Blockade verträgen sei eigentlich der Antrag Windthorst überflüssig gewesen, zumal die Regierung wüßte, daß ihr in solchen Das gesunde Spielzeug muß darnach angethan sein, dem Kinde freien Raum für seine Phantasie zu lassen und sich eine Welt aus eigener Erfindung zu schaffen, muß dem Alter und der Vorstellungskraft des kindlichen Geistes angepaßt sein und ihm nicht ein erst künstlich zu weckendes oder durch lange, unterrichtsähnliche Er klärungen verständlich werdendes Vergnügen bieten. — Wie mögen da einfache Dorfkinder, denen die glän zende Well des Reichtums und der Ueberbildung ver schlossen ist, in ihrer Erfindungskunst ein leuchtendes Beispiel werden, wie diese Kinder mit viel Genialität den Stiefelknecht zur menschlichen Gestalt herausputzen, das Fußbänkchen, die Holzpantoffeln zu Wagen und Schlitten umgestalten, im Sommer aus Blättern einen ganzen Braulschmuck, Armbänder aus Beeren, Blumen stielen, Ringelblumen zusammensetzen, Kastanien, Eicheln zu Ohrringeln und Nippsachen aushöhlen, mit Bohnen und Erbsen Figuren zusammenstellen, aus Stühlen eine Stadt, aus Büchern eine Reihe von Stuben bauen, ihre Viehherden durch Kartoffeln mit vier Hölzerchen ! und ihre Menschengestalten durch biegsamen Lehm, aus I Hollundermark mit einer Schuhzwecke ihre Aeffchen < Fragen die Zustimmung des Reichstages sicher sei. «eine Partei werde dem Anträge Windthorst nicht zu- stimmem , Es werde nicht lange dauern, so würden die darin ausgesprochenen edlen Ziele, mit denen auch seine Partei ganz einverstanden sei, mit recht eigennützigen Dingen verquickt werden, und das wolle seine Partei nicht. Die freisinnige Partei könne eine Erweiterung des Rahmens der Kolonialpolitik nicht billigen, so lange nicht die Notwendigkeit dazu durch eine Veränderung der Lage unseres Handels erwiesen sei. Afrika sei für Ko lonisation nichr geeignet. Was die Maßnahmen in Ost afrika anbetreffe, so überlasse seine Partei der Regierung die Initiative, aber seine Partei verwahre sich ausdrück, sich dagegen, daß koloniale Abenteuer, wie Tonkin und Massäuah, auch von Deutschland inszeniert würden. — v. Kardorff (freikons.) betonte, der Antrag V indthorst habe eine durchaus internationale Natur, und auf eine solche internationale Kundgebung komme es an. Wenn das deutsche Reich eine solche Angelegenheit in die Hand nehme, dann werde sie auch zum guten Ende geführt. Das deutsche Volk sei der Meinung, daß unsere Kolonial politik bis zu dem Punkte gediehen sei, wo mit Pulver und Blei eingegriffen werden müsse, dann wird es auch gehen, v. Helldorffs Ausführungen hielten sich ebenso in dem von dem Reichskanzler gezogenen Rahmen für die Kolonialpolitik, wie die Leistungen der ostasrikanischen Gesellschaft, trotz aller Lügen der Presse, recht bedeutende seien. Peters möge den Ansprüchen mcht genügen, welche die Verwaltung an ihn stelle, aber ihm bleibe der Ruhm, dos ganze Gebiet der ostafrikanischen Gesellschaft ohne Waffen erworben zu haben. Die Sklavenjägerei werde nur von einigen Hundert Personen betrieben, die zu be seitigen nicht schwer sein könne. Seine Meinung wäre: Geben wir unseren Besitz in Afrika auf, so sei die ganze Kolonialpolitik lahm gelegt. — Grad (Els.) war mit I dem Anträge einverstanden und hoffte, daß seine ehe- I maligen Mitbürger jenseits der Vogesen ebenfalls an I dem Werke der Sklavenbefreiung teilnehmen würden. — l Singer (Soz-Dem.) war mit dem Grundgedanken des I Antrages einverstanden und hätte nur gewünscht, daß die ! Sklaverei an allen Orten und in allen Formen aufge- I hoben würde. Da der Antrag aber kolonialpolitischcn i Interessen diene, die er nicht billige, müsse er gegen den selben stimmen. Die Debatte wurde geschlossen. Windt- I borst führte im Schlußwort aus, ohne materielle Mittel I könne die Sklaverei nicht beseitigt werden. In welchemI Umfange diese Mittel anzuwenden seien, sei eine andere! Frage, die offen gelassen werde. Der Antrag wurde l sodann gegen die Stimmen der Freisinnigen und Sozial- I demokraten angenommen. Von ersterer Partei stimmte I Goldschmidt für den Antrag. Darauf vertagte sich das I Haus auf den 9. Januar 1889. örtliches nnd Sächsisches. Frankenberg, 15. Dezember 1888. f Ein recht zeitgemäßes gemeinnütziges Institut ist jetzt im benachbarten Auerswalde ins Leben gerufen worden, indem sich daselbst unter dem Namen „Trichinen- Versicherungsgesellschaft Saxonia" eine Gesellschaft ge bildet hat, welche, auf Gegenseitigkeit gegründet, sich die Aufgabe stellt, jedem, der, sei cs privat oder gewerblich, Schweine zu schlachten hat, vor dem Verlust zu bewahren, der bei Nlchtversicherung unfehlbar eintrelen muß, wenn das zu schlachtende Schwein mit Trichinen behaftet sein sollte. Die genannte Gesellschaft, deren Geschäftsbetrieb mit kommendem Neujahr beginnt, will ihr Arbeitsgebiet hauptsächlich auf den amtsbauptmannschaftlichen Bezirk Flöha erstrecken und die nahegelegenen fremden kreise mit in den Bereich ihrer Thätigkeit ziehen. Das Unter nehmen, welchem Herr Riltergutspachter Otto Ledig als Vorsitzender vorsteht, während die Geschäfts- und Kassen führung in den Händen des Herrn Robert Fichtner ruht, verdient sicher die Unterstützung aller Interessenten. — Ueber den gestern berichteten Leichensund an der schaffen rc. und damit beweisen, welche Mannigfaltigkeit durch den liebenswürdigen Drang einer kindlichen Phantasie geboten werden kann. Zum Nachdenken noch eine einfache Geschichte. Ein Vater hatte seinem 4jährigen Söhnchen, der kurz vor Weihnachten bei der Probe der Feuerwehr lebhafte Freudenrufe kund gegeben hatte, eine kostbare vollstän dige Ausrüstung von Feuerwehrgegenständen — Leitern, Karren, Haken, Stricke rc. — mit einer ganzen Kom panie Feuerwehrmännern auf dem Weihnachtstisch auf gestellt. Da bringt das Dienstmädchen dem Kinde auch eine Gabe, ein Kaninchen auf Rädern. Das Kind läuft von der Feuerwehr eiligst weg, um sein Kaninchen im Zimmer auf- und abzufahren, ihm Futter zu bieten, einen Stall zu bauen rc. und hat solche Freude an dem einfachen Stück, daß es sich den ganzen Abend nicht von ihm trennt und es sogar mit zu Bett nimmt. Die Feuerwehr wird weislich beiseite geschafft. Nach vier Jahren kommt sie wieder auf den Weihnachtstisch. Ein neues Kaninchen fehlt auch nicht. Da läuft der 8jährige Knabe zur Feuerwehr und läßt das Kaninchen stehen. ! Uebigauer Ueberfahrt bei Dresden teilt der „Dr. A." heute weiter mit, daß die Sektion der Leiche un- zweifelhaft die Bestätigung der Annahme eines Mordes ergeben hat. Näheres über die Ausführung hat bis jetzt indes noch nicht ausfindig gemacht werden können, es ist aber zu hoffen, daß es der Kriminalpolizei, die eine umfangreiche Untersuchung der Angelegenheit an geordnet Hal und oie eine große Regsamkeit entfaltet, gelingen wird, bald Licht in die bis jetzt noch dunkle Angelegenheit zu bringen. Vor allen Dingen hat bis jetzt die Persönlichkeit der ermordeten Frau noch nicht sestgestellt werden können, und es ist noch nicht gemeldet worden, daß irgendwo eine Frau vermißt wird. Für die Auffindung der Mörder dürfte auch von Interesse sein, daß aus der Lade, in welcher voraussichtlich der Leichnam nach der Albertbrücke gebracht wurde, fort während Blut herausgesicksrt sein wird; bis jetzt hat sich die Blutspur von der Brücke bis zur Pfotenhauer- straße verfolgen laffen; auf dieser Strecke waren sogar die Stellen zu benierken, auf welchen die Lade zum Ausruhen der Träger niedergestellt wurde. Es haben sich ferner zwei Personen gemeldet, welche die Lade von genannter Straße ab bis zur Jägerkaserne haben tragen helfen; auch sind der Mann und die Frau, welche die Lade in daS Wasser stürzten, in der sechsten Stunde von mehreren Personen gesehen worden. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Paronelli, Korrespondent zweier italienischer an erkanntermaßen deutschfeindlicher, von Irredentisten re digierter Blätter, ist vom Berliner Polizeipräsidium plötzlich ausgewiesen worden, und zwar mit der Be stimmung, das preußische Gebiet binnen 24 Stunden zu verlassen. Paronelli war Vorsitzender der Berliner, italienischen Gesellschaft und als solcher bisher selbst in regierungsfreundlichen Kreisen wohlgelitten. Persönlich Hal er sich immer durchaus deutschfreundlich gezeigt, was besonders in seinen Reden und Toasten bei Festlichkeiten der „Soeieta IluUuva" hervortrat; wiederholt hat er das demsch-italienlsche Bündnis zum Gegenstände schwung voller Ansprachen gemacht. Nichtsdestoweniger scheint es, daß er in seinen Korrespondenzen nicht immer gleichartige Tendenzen zum Ausdruck gebracht hat, besonders aber dann nicht, wenn cs sich um die Beurteilung unseres jetzigen Kaisers handelte. Mehrfach wurden wenigstens von deutschen Blättern seine Berichte scharf angegriffen. — Der Pariser „Gaulois" berichtet, die Ruffenan leihe sei fünf- oder sechsmal überzeichnet. Paris zeich nete übrigens weniger als die Provinz. Rußland könne sehen, daß es auf Frankreich rechnen könne. Auch daS „Journal des Debats" meint, daß die Subskription auf die Ruffenanleihe ein großer Erfolg war. Wie der „Post" gemeldet wird, sind in Frankreich 232706 Stücke für 1 163000000 Franks gezeichnet worden. In Belgien und Holland hat die Anleihe vollständig Fiasko gemacht. Zur Sache selbst wird der Wiener Presse aus Berlin geschrieben: Der unermüdliche Eifer, mit dem die ministerielle Presse, unterstützt von meh reren verständigen Organen liberaler Richtung, die neue russische Anleihe zu bekämpfen sucht, fängt nachgerade an, auch die Optimisten der Finanzwelt für das Schicksal der Anleihe besorgt zu machen. Die warnen den Zeilungsstimmen, die in den letzten Tagen an daS deutsche Publikum gerichtet wurden, haben eins sehr beredte Sprache geführt, weil sie sich mit lobenswerter Energie und Kaltblütigkeit darauf beschränkten, rein sachliche Bedenken gegen die Anleihe vorzubringen, und weil sie sich trotz aller Herausforderungen russischer und französischer Blätter von einer Hineinziehung der An leihefrage in die politische Diskussion fernhielten. Der Erfolg dieser konzentrischen und wohlbegründeten Be wegung ist auch heute schon unleugbar vorhanden. Denn einmal ist es doch nur ihr zu verdanken, daß die Gestaltung des Anleiheprojektes eine andere wurde, als man ursprünglich geplant hatte, sodaß sich die Teil nahme des deutschen Marktes nunmehr auf 35 Prozent beschränkt. Ferner laffen verschiedene Wahrnehmungen, die man während der letzten Tage hier mache» konnte, darauf schließen, daß die Ratschläge der Zeitungen, das Publikum möge nicht umtauschen, sondern bares Geld verlangen, in sehr weiten Kreisen beachtet und in beträchtlichem Maße befolgt werden dürften. Ist es aber wirklich gelungen, das Publikum über die Un zweckmäßigkeit der Operation auszuklären und es zu einer ablehnenden Haltung zu bestimmen, dann hat die gegen die Anleihe gerichtete Aktion einen Erfolg zu ver zeichnen, der weniger in diesem Augenblicke als in Zu kunft seine guten Früchte tragen wird. Denn wenn sich das deutsche Kapital heute von russischen Geschäf ten zurückzieht, dann wird auch das fremde Kapital, wenn Rußland demnächst mit größeren Anforderungen auslreten sollte, sehr vorsichtig und zurückhaltend sein müssen. Da es heißt, daß Rußland eine große Anleihe aufzunehmen gedenke, wenn die gegenwärtige Operation mit großem Erfolg ausgeführt werde, und da eine große Anleihe Rußlands hier für eine Kriegsanleihe