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dahln. Dis Radikalen sind indessen vorläufig noch nicht so verwegen, die Entscheidung herbeiführen zu wollen, sondern scheinen sogar in Erkenntnis der äußer sten Bedenklichkeit der Lage geneigt, der Verfassung zu zustimmen. Wenigstens haben sie in den letzten Tagen mehrere Beratungeu gehabt, in denen diese Neigung vorwaltete. Amerika. — Vereinigte Staaten. Angesichts des Pa namakrachs beginnt sich bereits die Begehrlichkeit in den Vereinigten Staaten zu regen. Im Senat zu Washington ist eine Resolution eingebracht worden, welche erklärt, die Vereinigten Staaten blickten mit ernster Bekümmernis und Mißbilligung auf die Ver bindung irgend einer europäischen Regierung mit der Herstellung eines Kanals in der Meerenge von Darien oder Mittelamerika und müßten eine solche Verbindung als nachteilig für die billigen Rechte und Interessen der Vereinigten Staaten, sowie auch als eine Bedrohung ihrer Wohlfahrt betrachten. Im weiteren ersucht die Resolution den Präsidenten, diese Ansicht den euro- päischen Negierungen gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Nachrichten aus Afrika spannendster Natur bringt jetzt beinahe jeder Tag. Sel ten hat der schwarze Erdteil die Aufmerksamkeit so in Anspruch genommen als gegenwärtig, und wenn auch mit der Häufigkeit der Meldungen die Zuverlässigkeit nicht immer Schritt hält, so liegt dies eben in den Ver hältnissen, an die ein europäischer Maßstab nicht gelegt werden kann. Das zeigt sich auch an der viel erörterten Frage, ob Emin Pascha und Stanley noch am Leben sind und wie sich ihr Geschick in den fernen, von aller Kultur abgejchnittenen Gegenden, die zwischen dem oberen Queüslusse des Nil und des Kongo liegen, gestaltet haben mag. Am 14. Dezember übermittelte der Telegraph die erste Kunde aus Suakim von dem bekannten Schrei ben Osman Digmas an General Grenfell, worin die Gefangennahme l)r. Schnitzlers und Stanleys durch die Truppen des Mahdi angezeigt ward. Der Inhalt dieses Schreibens ist vielfach für richtig gehalten, aber ebenso auch angezweifelt worden. Em Teil der Zweifler wies auf die bekannte Lügenhaftigkeit der Sudanesen hm, ein anderer Teil legte sich die Sache derart zurecht, daß Os man Digma die Engländer von einem m Vorbereitung begriffenen Schlag gegen bis Mahdisten bei Suakiw ab halten wolle. Man nahm an, daß der Unterbefchlshabcr des Mahdi auf dem Wege der Verhandlungen mit den Eng ländern Vorteile für die Aufständischen zu erreichen ver suche. Dem Streite darüber, wer nun eigentlich recht habe, scheint neuerdings ein schnelles Ende bereitet zu werden. Wie wir in der vorigen Nummer berichteten, ist in ganz unerwarteter Weise in London eine erfreu liche Kunde cingctroffen, die infolge der Verlesung in der Sitz rag des britischen Unterhauses durch den Mini ster Go>chen einen hohen Grad von Zuverlässigkeit zu beanspruchen vermag. Emin Pascha nud Stanley wären darnach als ge- rettet zu betrachten, sie sollen sich an dem großen nörd lichen Nebenflüsse des Kongo, dem Aruwimi, >m besten Wohlsein befinden. Wir setzen voraus, daß in der ver hältnismäßigen Ausführlichkeit, mit der die Reutersche Depesche aus Zanzibar von dem Erfolge der Stanley- scheu Expedition berichtet, eine Gewähr für die Zuver- - lässigkeil der ebenso überraschenden wie frohen Kunde liegt. An der Hand der mitgemeldeten Daten läßt sich, die Richtigkeit der Botschaft des Tippu Tip vorausgesetzt, etwa folgendes über die Ereignisse im Herzen Afrikas annchmen. Der längst für tot geglaubte Stanley, dessen Expe dition in den Sümpfen und Wäldern des oberen Aru- wimiflusseS elendiglich zu Grunde gegangen sein sollte, hat Emm Pascha wahrscheinlich Anfang oder Mitte Juni dieses Jahres in der von ihm gegen die Mahdisten da mals noch gehaltenen ägyptischen Acquatorialprovinz an getroffen und ihm durch die Vorhut seines großen Un- ternchmungSzuges den nötigsten Bedarf an Schießmate rial, a.r dem Emin Paschas Leute sehr Mangel litten, zugeführt, dann ist er von dort zurückgckehrt, um die in drei Abteilungen getrennt marschierenden Mannschaften seines Zuges heranzuholen. Ende August ist er dann vermutlich von der am Aruwimiflusse gelegenen Station Bonalaya wieder aufgebrochen und abermals nach Wa delai gezogen. Hier scheint er nun Emin Pascha zu dem Entschlusse bewogen zu haben, mit ihm nach dem Kongo zurückzukehren, denn die weitere Depesche der Castern- Telegraphengesellichaft besagt, die Nachricht sei zuverlässig, daß Stanley und Emin Pascha schon am Aruwimi an gelangt sind. Anzunchmen ist, daß die beiden berühmten Männer entweder an der Stelle angclangt waren, wo sich der Aruwimi mit dem Kongo vereinigt, oder daß sie Boten den Aruwimi hinabjandten, die über ihr Kommen dem in der Falls-Station am Kongo weilenden Tippu Tip die Nachricht brachten, welcher sie über Land östlich nach Zanzibar sandte. Tippu Tip märe sonach nicht der Verräter gewesen, für welchen er bereits von ! verschiedenen Berichten aus dem Kongostaate erklärt wor- > den war. Auch kann sich der Aufstand der Araber in Ostafrika nicht so weit landeinwärts erstrecken, wie mehr fach behauptet wurde, sonst wäre die wichtige Botschaft sicher verloren gegangen. Die Leistungen der Stanleyschen Expedition müssen aber schon jctzt vor dem Bekanntwerden der in Aussicht gestellten Einzelheiten die Bewunderung der Welt er regen, wenn man sich die Entfernungen vergegenwärtigt, um deren Zurücklegung es sich handelte. Nach dem Kartenmateriale, welches wir über die betreffenden Ge genden des Kongostaates und der Aequatorialregion des Nils besitzen, beträgt die Entfernung von der Aruwimi- Mündung bis Lado am Bahr el Gebel in der Luftlinie etwa 160—170 geographische Meilen; den größten Teil dieses Weges, der durch gewaltige Wälder und ausge dehnte Sumpfgebiete führt, hat ein Teil der Stanleyschen Expedition 4mal zurückgelcgt. Sie hat unter den schwie rigsten Verhältnissen ihre Aufgabe gelöst und den fast verschollenen deutschen Forscher der zivilisierten Welt wiedergcgeben. Zwischen diesen neuesten Meldungen aus Zanzibar und dem Inhalte des Brieses Osman DigmaS besteht nun ein scheinbar unlöslicher Widerspruch, wenn man nämlich nicht annimmt, daß Osman Digma absichtlich das Märchen von der Gefangennahme Emin Paschas und Stanleys erfunden hat. Dennoch läßt sich recht gut eine Erklärung dafür finden, daß die Mahdisten wirklich die ägyptische Acquatorialprovinz mit Krieg über zogen und sie auch thatsächlich besetzt haben. Emin Pa scha, oder richtiger vr. Schnitzler, hat jedenfalls vor sei- nem Abzüge von Lado einen ihn in der Würde des Gouverneurs vertretenden Mann dort gelassen, dem die Verwaltung der Provinz und die Fürsorge für die so lange im Dienste des Khedioe gebliebenen Truppen über tragen ward. Diesen Vertreter hat nun möglicherweise das Schicksal ereilt, von dem Osman Digma in seinem Schreiben berichtet. Sollte er ein Europäer, etwa der Italiener Casati sein, der lange Jahre mit vr. Schnitz ler zusammen in dem Acquarorialgebiet weilte, .so liegt eine Verwechselung mit Emin Pascha sehr nahe, denn von den Anhängern des Mahdi hat, das kann man wohl behaupten, keiner den Deutschen vr. Schnitzler je zu Gesicht bekommen. Der Führer der Horden des Madhi, den dieser nach dem Süden sandte, um auch dieses Land seiner Macht zu unterwerfen, mag cs nun mit der Wahrheit nicht ge nau genommen haben, wenn er davon berichtete, daß er den weißen Pascha in die Gefangenschaft brachte, nach dem die früheren Truppen Emin Paschas zu den Mah- drstcn übcrgegangeii waren. Anzunchmen rst wohl fer ner, daß gerade mit dem Scheiden I)r. Schnitzlers aus der von thm unter den schwierigsten Verhältnissen ver walteten Provinz der Halt Wegfi l, welcher tem Kbedive das Land bis dah n gegen die Eroberung des Mahdi sicherte. Man denke nur an den Zusammenbruch der ägyptischen Herrschaft im Sudan, als die europäischen Führer Hicks Pascha und andere entweder im Kampfe gefallen oder rom Mahdi gefangen genommen waren. Vermischtes. * Dor einigen Tagen veriankte die wegen ihrer Ab sonderlichkeiten bekannte Lady Florence Dixie in London die Einladungskarten für di.- Feste, welche sie in dieser Saison zu veranstalten gedenke. Dem üblichen Texte war die folgende Nachschrift bcigefügl: „In meinen Salons hat die lächerliche Sitte, welche darin besteht, daß die Frauen und Mädchen ruhig warten müssen, bis es dem einen oder anderen Herrn gefällt, sie zum Tanze aufzufordcrn, ein Ende. Es steht den Damen frei, sich aus der Gruppe der Herren einen beliebigen Tänzer zu holen; ich dulde nicht, daß in meinem Hause die Herren Paschas auf und ab spazieren, um zu überlegen, welche Dame ihnen als Tänzerin zusagt. Bei mir haben die Frauen das Wahlrecht." * Ein Heiratsschwindler. Mühlenhauer Hermann Schnitzer beschäftigt zur Zeit lebhaft die Berliner und auch auswärtige Polizeibehörden. Derselbe ist ein aller Zuchthäusler, Hal sich aber dessenungeachtet so trefflich erhalten, daß es ihm sehr leicht geworden ist, eine ganze Menge heiratslustiger Damen durch geschickt aus gesonnene Schwindeleien auf den Leim zu locken. Mit besonderer List verstand er es, Anzeigen abzufassen, welche ihm seine Opfer zusühnen. Mit Vorliebe gab er sich darin als Witwer in „nicht vorgeschrittenen Jahren" aus, der geneigt sei, auch eins Witwe mit wohlerzogenen Kindern heimzuführen. Natürlich liefen auf solche Anzeigen ungemein zahlreiche Anerbieten ein, von welchen er die auswählte, die sich für seine verbrecherischen Zwecke am geeignetsten erwiesen. Er zeigte fast täglich in den hierfür wirksamsten Blättern an und bezahlte dieselben von dem seinen zahlreichen „Bräuten" abgcschwindelten Gelbe. In'seinem Besitze fand man, als eine frühere, ebenfalls von ihm stark l ^schröpfte Braut ihn aus der Straße erkannte und fcstnehmen ließ, einen ganzen Berg von Liebesbriefen, aus denen hervvrging," daß Schnitzer sich bei seinen Geschäften der verschiedensten Namen und Titel be diente. In den meisten Fällen gebärdete er sich al» Beamter der Reichsbank, der Bürgschaft zu hinterlegen hatte, und diese pflegte er seinen Opfern abzuloaen. Gewöhnlich handelte es sich um Witwen aus dem nie deren Stande, die ihre Ersparnisse dem gewerbsmäßigen Liebhaber Hingaben. Der alte „Stammgast" des Zucht hauses wußte sehr „forsch" aufzutreten und um noch mehr als „Zukünftiger" Eindruck zu machen, trug er meist eine lange Kette mit Ordensauszeichnungen und mitten auf der Brust ein großes eisernes Kreuz erster Klasse. Die Zahl der bei ihm vorgefundenen gefälsch ten Papiere, mit denen er seine Bräute täuschte, be läuft sich auf mehr als 20. Ein Teil davon lautet auf den Namen Wilhelm Kusse. In mehreren Fällen hat er, um seine „Auserwählten" noch hinzuhalten und jeden etwa auftauchenden Zweifel zu heben, dieselben nach dem Standesamt« begleitet, um sich dort zu er kundigen, welche Papiere sie zu der Trauung beizu bringen hätten. In seinem Besitze wurden mehrere Verlobungsringe ohne Namen, alle aus falschem Golde, vorgefunden. Viele der Geschädigten haben sich wohl aus Schamgefühl bisher noch nicht gemeldet. (Fortsetzung in der Beilage.) .... - (Eingesandt.) Das so herrlich gelegene „Gasthaus zur Hoch- warte" hatte bisher zum Leidwesen vieler wenig zur Abhaltung von Vergnügungen, wie Bällen rc., seitens der hiesigen Vereine benützt werden können, da die in dieser Hinsicht in Frage kommenden Räumlichkeiten für größere Vergnügungen zu beschränkt waren. Diesem Usbelstande hat der jetzige überaus strebsame Wirt der „Hochwarte" nunmehr abgeholsen, indem er seinen bis herigen Saal durch einen umfangreichen Umbau der- artig erweitert hat, daß in den neuen Lokalitäten jetzt ' die mitgliedreichste hiesige Gesellschaft gemächlich Platz findet. Der Eindruck, den man beim Eintritt in den > neuen Saal, zu dem ein breiter bequemer Aufgang führt, empfängt, ist für den, der den früheren Saal gekannt, ein geradezu imposanter, und ist zu begreifen, ! wenn man erfährt, daß der neue Saal nicht weniger als 182 Quadratmeter enthält und bequem 250 bis 300 Personen faßt. Die Ventilation ist eine ausge zeichnete, sodaß, selbst wenn der Saal ganz gefüllt ist, , immer reine Luft herrscht. Geschmackvolle Kronleuchter und Siemenslampen verbreiten bei Eintritt der Dunkel heit ein blendendes Licht. Die geräumige Bühne läßt sich durch eine sinnreiche Vorrichtung in eine muschel- forniige Tonhalle umgestalten, und empfiehlt sich, wie § hier gleich bemerkt sei, der neue Saal ganz besonders desbalb zur Abhaltung von Konzerten und Vorträgen, weil er vorzügliche Akustik besitzt. Allen auswärtigen Gesellschaften kann dis Hochwarle als schöner Ausflugs punkt, namentlich, falls uns noch ein ordentlicher Schlittenschlag beschieden sein sollte, für Schlittenpar- tieen empfohlen werden Stallung für 10 Pferde ist vorhanden. Die Eröffnungsfeier der neuen Lokalitäten l findet am 1. Weihnachtsfeiertag durch zwei Konzerte (Nachmittags und Abends) unseres trefflichen Stadt« musikchors statt. Morgen, zum 1. Weihnachtsfeiertag, findet im hie sigen Schützenhaus ein großes humoristisches Gesangs konzert statt, bei welchem mehrere Mitglieder eines hie sigen besseren Gesangvereins mitwirken und dessen Reinertrag zum Besten der deutschen Reichsfechtschule bestimmt ist. In Anbetracht der tüchtigen bei diesem Konzert mitwirkenden Kräfte, welche bei dem sorgfältig gewählten Programm einen genußreichen Abend ver sprechen, und des guten Zweckes ist ein zahlreicher Be such des Konzertes recht zu empfehlen. Der strebsame Wirt unseres Schützenhauses, Herr Funke, wird das Seine thun, den Aufenthalt daselbst zu einem angenehmen zu gestalten. Frankenberger Kirchennachrichten. 1. IPIertax. Früh 6 Uhr: Liturgischer Mittengottesdienst; geleitet von Herrn Archidiak. Helbig. (Texte an denKirchthüreu.) — Früh s Uhr: Predigttext: Luk. L, 1—14; Herr Oberps. Lesch. Kirchenmusik: Weihnachiskanlate von Drobisch, ausgefübrt vom hies. Kirchenchore unter der Leitung de» Herrn Organisten Rümmler. — Nacht«. 5 Uhr: Gottesdienst mit Predigt. 2. kelertax. Früh IN Uhr: Beichthandlung; Herr Archidiak. Htlbig. - Früh s Uhr: Predigttext: Luk. 2, 15-20; Herr Archidiak. Helbig. Kirchenmusik: Der 24. Psalm vonJul. Otto, anSgesiihrt vom hies. MSnnergesangverein unter Leitung de» Herrn Ober!. Jähnichen. Nach der Predigt: AbelW- mahlsfcirr. — Nachm. 5 Uhr: Predigttext: Jes. 9, 6 u. 7; Herr Oberpf. Lesch. Kirchennachrichten für Ebersdorf und Lichtenwalde. 1. Wcihnachtsfciertag. Früh 9 Uhr: Gottesdienst in der StistSlirche mit heiligem Abendmahl. — Beginn der Beichte: ? > Uhr. 2. Weihnachtsseiertaa. Früh 9 Uhr: Gottesdienst in der StistSlirche. — Nachm. Uhr: Gottesdienst in der Schlok- kapelle.