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Sonnabend, den 8. Dezember. .^L<- ^ezirksa^^ Rudolf Mosse Inserat« werd« «U s M. für N gespaltene SarpuS- zelle bercSnet. Leinster Inserate» betrag so Pfe- Sompltjlerteunbtaa bell-rische Inserat« noch besondere« Tartf. Inseraten-Lnnabml für die sewelltM Lbend-lllummer bis vormlltag» rl>N-^ Erscheint täglich, mit Ausnahme der Soun- und Festtage, abends für den fol genden Tag. Preis vierteljährlich t M. so Pfg., monatlich so Psg., Einzel-Nrn. s Psg. Bestellungen nehmen alle Post- anstalten, Postboten und die Ausgabe stellen des Tage blattes an. schloß sich der Entwurf der bereits bestehenden Einrich tung der Krankenversicherung an. Nun wurde gewünscht, die Ortskassen durch Lohnklassen zu ersetzen. Die Re gierung werde gewiß für jede Verbesserung des Entwur- fes dankbar sein (Bravo), aber er glaube, diese Lohn klassen würden große Schwierigkeiten haben. Die Löhne änderten sich, sie würden zum Teil in Naturalien ge zahlt, wie sollten die Schwankungen da berücksichtigt wer den? Wie soll sich namentlich das Markenwesen gestal- ten? Eine Lohnstatistik existiere nicht. Trotz alledem Halle er die Lohnklassen für diskutabel. Nun werde eine Herabsetzung der Altersgrenze gewünscht. Aber wenn man diese auf 65 Jahre normiere, so müsse man die jetzigen Beiträge um 13 Proz., bei 60 Jahren sogar um 38 Proz. erhöhen. Hier sei also Vorsicht geboten. Sehr bedauerlich sei die Haltung einer gewissen Presse, welche die Absichten der Regierung so darstelle, als wolle diese nur eine Aufbesserung der Armenpflege. Dieses agita- torische Verfahren werde widerlegt durch die vom Reichs kanzler bei der Beratung der Unfallversicherung gegebenen Darlegungen über die Ziele der Sozialgesetzgebung. Was die mehrfach gewünschte A-ndcrung des Prämien- deckungsverfahrens durch ein Umlagcverfahren betreffe, so müsie man bedenken, daß letzteres die Arbeiter und die Industrie für die Zukunft, für den Fall eines un glücklichen Krieg s, bei Seuchen u. dergl. zu schwer be laste. Auch unter normalen Verhältniss n werde der Arbeiter durch das Umlageo-rfahren geschädigt, weil es höchst ungleich belaste. Die im Deckungsverfahren ge- sammelten Kapitalien werde man in der Weise wieder nutzbar machen, daß sie den Kreis n wieder zufließen, denen sie entzogen seien. E-n solcher Modus werde sich ja wohl finden lassen. Zu große Kapitalicnansamm- lungen seien nicht zu befürchten; sie würben etwa Milliaiden betragen, während Sparkassen und Stiftungen 5 Milliarden solcher Kapitalien besäßen, ohne daß Schlme- Bom Reichst«,e. In der Sitzung vom 6. Dezbr. waren eingegangen: Der neue Handelsvertrag mit der Schweiz und der Ge- setzentwurf, betr. die Vorarbeiten zu einem Nationaldenk, mal für Kaiser Wilhelm I. Auf der Tagesordnung stand- Erste Beratung des Gesetzentwurfs, betr. die Alters- und Invalidenversicherung der Arbeiter. Staatssekretär v Bötticher erklärte, die große Mehrheit des deutschen Reichstages habe sich auf den Boden der Sozialpolitik gestellt und eine Reihe von Einwendungen gegen die Vorlage werde hier kaum wiederholt werden, nachdem sie in der Press- bereits ihre Erledigung gefunden hätten. Die verbündeten Regierungen seien für die in der Presse statlgehabte Kritik des Entwurfes sehr dankbar. Nur vor einer Art von Kritik sei zu warnen, nämlich vor der nach dem Grundsatz- geübten: „ich kenne die Absich- ten der Regier»ag nicht, aber ich mißbillige sie". Be denklich sei es auch, Einzelheiten des Entwurfes aus dem Zusammenhänge Herauszureißen und sie besonders zu zer gliedern. Man hat, was Einzelheiten anbelangt, ge- wünscht, die neue Einrichtung zunächst auf einen engeren Kreis von Personen, etwa auf Vie der Unfallversicherung unterstehenden, zu beschränken. Diesem Wunsche wider- sprächen aber Gründe der Billigkeit. Wir werden etwa 13) Millionen Arbeiter haben, welche die Vorteile des Gesetzes genießen würden. Man habe ferner gesagt, die Vorlage könne sich auf die JnvaliditätSversicherung be schränken, allein die Altersversorgung würde gerade einen sehr heilsamen Einfluß ausübcn, denn alt zu werden hofften alle. Man habe weiter die Rente zu niedrig befunden, sie ein Butterbrot genannt. Aber man be denke die Belastung der Industrie. Lieber mit einer ge ringeren Last eine leistungsfähige Industrie, als mit zu hohen Renten den Ruin der Industrie und die Enttäu schung der Arbeiter. Bei Einrichtung der Ortskassen riakeiten entständen. Die preußische Regierung würde es gern gesehen haben, wenn di- Berufsgenoff-nschaft-n Träger der Versicherung geworden wären. Sw könne sieb aber auch den gegen eine solche Emruhtung spre» chcnden Gründen nicht verschließen und deshalb sei der abweichende Bundesratsbeschluß annehmbar gewesen. D,e c>dee einer obersten Reichsanstalt stieß, so sympathisch sie auch sei, doch auf groß- Schwierigkeiten. Der vorge- s-blaaene Anschluß an die Kommunalverwaltungen er- N f-K 2 <« MW- und b-ft-. Di- nnm»,. lich von sozialistischer Seite erhobenen Bedenken gegen Marken und Quittungsbuch seien wohl übertrieben und beruhten wohl nur auf politischen Tendenzen. Es ,e,ea alle Bestimmungen zum Schutze der Arbeiter und gegen den Mißbrauch der Quittungsbücher getroffen. Die QuittUllgsbücher seien für den Nachw-'iS der Zahlungen unentbehrlich, weil man sonst eine Prämie auf Faulheit und Vogabondage setzen würde. Wiss- man bessere Bor- schläge, als gemacht sind, so nehme die Regierung sie gern an. Eine absolute endgiltige Lösung des gesetzgeberischen Problems könne di- Vorlage nicht bringen. Was Kaiser Wilhelm I angestrebt, Kaffer Friedrich in seine März. Kundgebung ausgenommen, das zu verwirklichen erstrebe der regierende Kaiser und seine hohen Verbündeten. Diese Gesetzgebung wird eins der schönsten Blätter der deutschen G-schichie bilden. Die Abgeordneten möchten sich bei ihren Arbeiten leite» lassen von dem Satze > Liebet die Brüder I (Bravo!) Grillenb-rger (Soz.-Dem.) erwiderte, goldne Worte habe man genug gehört, aber goldne Thaten fehlten immer noch. Man wolle den Pelz waschen, ohne ihn naß zu machen. Sozialreform heiße bei der Regierung nicht, was es heiße« müsse: den Anteil des Arbeiters an der produktiven Arbeit erhöhen. Ihre Sozialreform sei nur eine kleinliche Armengesctzgebung. Die Unfall- und Krankenversicherung seien doch zu gut, um diese Vorlage Amtsblatt -er König!. Amtshauplmannschaft Flöha, -es König!. Amtsgerichts un- -es Sta-trats M Frankenberg L V?g?» - ? L auch deren Zeitungsboten auswärts sämtliche Bürlaus und Filialstellen der AnnoncenexpedillE Jn^ Tittmann. —Ebe L Ko. rc. außerdem in AuerSwalde Hr Gastwirt Anton Richter (im Erbgericht), in Riederwi-fa Weihnachtsnäschereien. Unter den Näschereien des Weihnachtstisches nimmt einen hervorragenden Platz das Marzipan ein, die be kannte Mischung aus Mandeln und Zucker. Jung und alt lassen sich das Gebäck munden, ohne sich viel darum zu kümmern, woher es stammt und woher es seinen Namen hat. Darüber gehen freilich die Meinungen aus- einander. Nach der einen Lesart führt das Marzipan seinen Namen nach dem Evangelisten Markus (Llaroi punis — Brot des Markus); nach der anderen von einem Italiener Marzo, welcher der Erfinder der süßen Kost gewesen sein soll. Das Eine scheint sicher zu sein, daß das Marzipan aus d-m Süden zu uns gekommen ist, doch nicht direkt, sondern über Frankreich. Hier spielte in früheren Jahr hunderten, wo überhaupt alles Zuckerwerk höher in Ehren und im Preise stand als heute, das Marzipan eine große Rolle. Marzipan in einem goldenen Kästchen war die Gabe der Kavaliere an die Geliebte ihres Herzens, eine Gabe, die allerdings nicht für sich allein überreicht wurde, sondern in der Umhüllung irgend eines kostbaren Kleider stoffes. Wenn die Dame das Gewebe auseinander rollte, fiel ihr als süßer Kern des Ganzen das Marzipankästchcn m die Hand. Der galante Bräutigam von heute hat noch Zeit, sich hieran ein schönes Beispiel zu nehmen! Zum Marzipan wurden übrigens früher nicht bloß Mandeln, sondern auch andere Früchte und Kerne ver- wendet, Pistazien, Nuß-, Aprikosen- und Pfirsichkerne; als besonders fein galt ferner ein Zusatz von Schokolade. Auch diese findet sich in mancherlei Verwendung unter den Gaben des Weihnachtstisches. Wir sehen sie als Kuchen, Kringeln, Baumbehang aller Art, zum Teil frei- lich nur in der Form des Ucbergusses, häufig auch rn engem Verein mit dem Marzipan, das den inneren Kern gab, während die äußere Hülle von der Kakaobohne ge liefert wurde. Ist doch auf diese Weise unser alter, ehrlicher Backpflrumenfchornstcinfeger fast ganz verdrängt worden, eine offenbare Ungerechtigkeit, denn sein Nach folger aus Schokolade oder schokoladenübergossenem Marzi pan entbehrt der echten Naturfarbe und ähnelt m seinem braunen Tone vielmehr einer national kostümierten Roi- haut, denn einem rechten ruß gen Kaminfeger. Wer aber von allen denen, die sich die Schokolade schmecken lassen, denkt daran, daß wir dieselbe in der That den Roihäuten, den Indianern, zu verdanken haben? Ferdinand Cortez, der große Held, soll der alten Welt die Bekanntschaft der Kakaobohne vermittelt haben. Zunächst lernte er si: im Aztekeniande als Zahlungsmit tel, als Geld, und später dann zu seiner Ueberrafchung als G-tränk kennen. Wie gut haben wir es dagegen! Wir ess n und trinken unsere Schokolade, ohne daß sie vorher den Durchgang durch so und so viel fremde Geld taschen genommen hat. Am spanischen Hofe, den Kortez mit dem neuen Genußmittcl bekannt machte, wurde die Bereitung der Schokolade eine Zeitlang als Geheimnis gehütet, aber auf die Dauer war dasselbe nicht zu be wahren. Bald verbreitete sich der duftende Trank durch ganz Spanien, zu Anfang des 17. Jahrhunderts auch nach Italien, und 90 Jahre nach Correz' Tode verzeich nete em Londoner Blatt als neuesten Genuß der Themse stadt: „In Vishopsgatc Streek, im Hause eines Franzo sen, ist ein köstliches westindisches Getränk, Schokolade genannt, zu haben; eS wird zu über Stunde bereitet und ist auch ungekocht zu billigem Preise zu kaufen." Wie später gegenüber dem Kaffee, erhob sich auch über den Nutzen oder die Schädlichkeit der Schokolade ein Streit unter den Gelehrten. Während der c-ne meinte, es sei nur eine Speise für Wilde, führte der andere den Beweis, daß die Schokolade nichts Geringeres sei, als die Kost der olympischen Götter, in trockenem Zustande die Ambrosia, in flüssigem der Nektar. Einer ähnlichen Ansicht scheint auch Linnö gewesen zu sein, in dem er den Kakao „Göttcrbaum" (Oae-w tsteodromu) j taufte. Ein Glück nur, daß jene Annahme nicht allge- mein geteilt wurde, denn sonst wäre wohl die Schokolade dem Bannflüche der Kirche verfallen, und die schönen Spanierinnen hätten sich nicht, wie Reisende zu Anfang des vorigen Jahrhunderts berichteten, ihr Täßchen duf tender Schokolade in die Messe nachtrag-n lassen dürfen. Wenn wir die Näschereien und Konditorwerke der heuti gen Zeit mit denen unserer Vorvorderen vergleichen, so finden wir manche, die uns kaum noch reizen würden; ja, einige würden als gesundheitsgefäbrlich dem Verbote der Polizei anhcimfallen. So die mir Klebestoffen be strichenen und mit Glasstaub bepuderten Bäume und Landschaften, denen ein winterliches Aussehen gegeben werden sollte. Verzehrte man diesen Ucbcrzug auch nicht, so lösten sich doch in der Wärme di- Glasteilchen ab und wurden eingeatmet. Nebenbei bemerkt, sieht man jetzt auch Weihnachts- und Neujahrskarten mit solchen glänzenden Ueberzügen, und cs bliebe wohl festzustellen, ob hierbei ebenfalls Glassplitter v rwcndet sind. Daß eine Erfindung der Zuckergußkünstler nicht auf uns ge kommen ist, dürften diejenigen bedauern, d e gern ihre Tafel mit Prunkstücken schmücken. Man baute Wintcr- landschaftcn auf, die in der Wärm- des Zimmers auf tauten, sodaß unter dem schmelzenden Ueberguß grüne Bäume und Wiesen zum Vorschein kamen, die Flüsse zu strömen begannen und Mühlen trieben. Ist diese Er findung verloren gegangen, so hat alle Stürme der Jahr hunderte der Pfefferkuchen überdauert, oder, richtiger ge sagt, der Honigkuchen, denn nach dem Pf-ffcr nennt sich das Gebäck nur, weil dieser einstmals den Gcsamtbegriff für alles Gewürz bildete. Als der berühmteste der deut schen Pferkuchen gilt bekanntlich der Thorner, und zwar erhielten die Pfefferküchler der Stadt Thorn ihr erstes Patent im Jahre 1547, und 1747 wurde dasselbe er neuert. Also blickt der „Thorner" jetzt auf einen Stamm baum von 341 Jahren zurück.