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zugsweise wiedergegeHr wird, sollen erst einige geschicht liche Notizen über jM Mühende Ackerbau» und Müller» ' kolonie Platz finden. — Bor mehr als 60 Jahren wurde «ach Amasia, Vilajet SiwaS, wo Mithridates einst ge herrscht, etwa 250 km landeinwärts von Samsun in Kleinasien eine deutsche Familie (Krug) aus Baden ver schlagen, welche sich ansässig machte und in der Müllerei ihren Erwerb fand. In dieser fruchtbaren gesegneten Gegend gedieh die Landwirtschaft und auch die Müllerei so gut, daß nach und nach deutsche Ansiedler aus der Dobrudscha, welche die rumänische Verwaltung nicht er tragen konnten, als Hilfskräfte nach Amasia gezogen wurden. Die Deutschen verließen gern die Dobrudscha und nahm die Auswanderung von dort nach Kleinasien immer größere Dimensionen an, weil die türkische Ver waltung eine weit leichtere als die rumänische war. Nahezu 300 deutsche Familien sind auf diese Weise nach Kleinasien gekommen, wo sie sich der Landwirtschaft und Müllerei widmeten. Als solche sind auch die Deutschen in dem oben erwähnten Konsularberichte ausdrücklich be zeichnet. Weiter heißt es darin über die jetzige Lage Amasias: Jener reiche und fruchtbare Landstrich Kleinasiens ist durch deutsche Einwanderer erst zu der sehr bemerkens werten Bedeutung gebracht worden, namentlich waren es die Müller, welche zeitgemäße Maschinen mitbrachten und mehrere Mühlen nach europäischem Muster »rüuoelcn. Jetzt ist Amasia daS beste Weizenland in ganz Klein asien ; auch verfügt cs über eine Fülle von Wasserkräften. — Weizenbrot ist das Hauptnahrungsmittcl der Türken und haben die deutschen Mühlen, welche vorzügliches Mehl liefern, nie Mangel an Absatz in ganz Kleinasien. Die Türken sehen dre Deutschen auch gern und unter stützt die türkische Regierung die Ansässizmachung deutscher Einwanderer in jeder Weise, während dies bei anderen Nationalitäten nicht der Fall ist. Die deutschen Mühlen werden sich in allernächster Zir an Zahl bedeutend ver mehren und ebenso wie die bereits bestehenden blühen und gedeihen. Frankreich. — General Boulanger, so wird aus Paris geschrie ben, tritt jetzt genau in der Maske aus, welche Napoleon vor dem Dezember-Staatsstreich trug. Louis Napoleon pflegte an eine scheinbar tiefsinnige Tendenz seine Offen barungen zu knüpfen, das that Boulanger beim letzten Bankett in Paris ebenfalls, indem er seine Rede mit den Worten begann: „Jedes Volk, welches leben will, muß stark sein." LouiS Napoleon protestierte gegen kriegeri sche Hintergedanken, gegen die Bedrückung des Gewissens und versprach, gegen das Bor her rschen der mitrrullen Interests« anzukämpfen; Boulanger gebraucht ganz ge- nau dieselben Phrasen. Ern Maun, wie Boulanger, der seine Agitationsgelder von den Getreidespekulanten in Chicago bezog, icheint besonders zum Vorkämpfer gegen die materielle Richtung unseres Zeitalters gccigml zu sein. Louis Napoleon erklärte, daß der Zwiespalt wie ein Traum beim Appell an das Vaterland verschwinden und der neue Zustand den Frieden verbürgen werde; natürlich wiederholt Boulanger auch diese Redensarten. Wie friedlich die Boulangisteu im Herzen gesinnt sind, beweisen die knechtischen Huldigungen, welche sie Rußland darbringen, beweisen ferner ihre fortwährenden Klagen über die nicht ausreichende Rüstung Frankreichs. Der Kriegsminister Freycinet besitzt die genügende Eitelkeit, um in dieser Beziehung einen Wettkampf mit Boulanger einzugehen. Freycinet läßt sich nicht spotten, auf hundert Millionen mehr oder w niger für Kriegszwecke kommt es ihm nicht an. Wie gefährlich die Organisation von Bürgern zu besonderen Zwecken einem Lande werden kann, beweist die Haltung der Pauivteuliga. Gegründet, die „Befreiung" von Elsaß Lothringen zu fordern, spielt sie jetzt die Hauptrolle bei der Agitation zum Umsturz Sembodja zu den Chefs gehört, mit welchen die Agenten der deutschen ostafrikanischen Gesellschaft Schutzverträge abgeschlossen haben wollen. Sembodja, dem wir dies oorhieltcn, fand unsere Behauptung ei .fach lächerlich, gar keiner Antwort wert, und erklärte, ein getreuer Unterthan des Sultans von Zanzibar zu sein, Lessen Flagge er bei jeder Gelegenheit führte. Ich w.U gleich voraurschicken, daß SembodjaS Angabe, uns gegenüber nur Befehle des Sultans auszuführen, eine völlig unrichtige war. Uns war nämlich im Innern ganz unbekannt geblieben, daß im ganzen Küstengebiete von Wanga bis Mozambique der Aufruhr tobte. Der selbe war teils durch den Regierungswechsel in Zanzibar, teils durch die Uebernahme des Zollregimes rc. durch die deutsche ostafrikanische Gesellschaft veranlaßt worden. In Pangani hatte ein kühner arabischer Bandenführer, Bu- schiri bin Salim, die Macht an sich gerissen, die Europäer in Pangani selbst und auf den deutschen Plantagen Lewa und Mbueni auSgeplündert und vertrieben. Dieser Mann, dem gegenüber der Sultan völlig machtlos war und ist, hatte nun wochenlang planmäßig daran gearbeitet, unsere Expedition zum Scheitern zu bringen und uns selbst in seine Hände zu bekommen. Er hatte Sembodja veran laßt, unsere Träger zur Flucht zu bringen; er gab ihm weiter den Auftrag, uns keine Träger zu geben. (Schluß'folgt.) der Republik. Natürlich sucht eine solche Verbindung von Strebern, wenn ihr ursprüngliches Ziel sich als nicht lohnend genug herausstellt, ihre Kraft nach einer höheren Erfolg versprechenden Richtung zu verwerten. Ruhland. — Wenn schon ein wenig verspätet, so doch immer noch nicht zu spät kommen einige Einzelheiten als Nach trag zu den Schilderungen an die Oeffentlichkeit, welche über das Eisenbahnunglück von Borkt bekannt geworden sind. Man schreibt hierüber aus Petersburg: „Wir erwarten in den nächsten Tagen hier den Oberstaats anwalt Koni aus Charkow, der nunmehr nach Abschluß der Lokaluntersuchung in der Angelegenheit des Eisen bahnunglücks bei Borkt die protokollarische Vernehmung aller derjenigen Personen vollziehen wird, welche wäh rend des Unfalls in dem verunglückten Zug gesessen haben. Auch der Kaiser und die kaiserliche Familie werden ihre Erlebnisse zu Protokoll geben. An der Lokaluntersuchung haben 35 Sachverständige teilgenom men. Dieselben haben, wie man vernimmt, den Bahn- Ober- und -Unterbau durchaus sachgemäß und intakt gefunden, sodaß die Ansicht, die Katastrophe sei indirekt eine Folge von Unterschleifen bei der Herstellung der Bahn, sich nicht aufrecht erhalten läßt. Es haben viel mehr drei Gründe bei dem Unfall zusammengewirkt: die übertriebene Fahrgeschwindigkeit, die Einstellung des Waggons des Wegebauministers, auf dessen Schadhaftig keit noch zwei Stationen vor Borki aufmerksam gemacht wurde, und die mangelhafte Funktionierung der Brem sen an den Hinteren Waggons, welche infolgedessen in die vorderen stehen gebliebenen Hineinsuhren Nach Be endigung der Untersuchung wird der Oberstaatsanwalt die Strafanträge stellen, doch hört man, daß der Kaiser geäußert haben soll: nachdem Gott gegen ihn uud seine Familie habe Gnade walten lassen, werde auch er nicht richten. Bon Einzelheiten der Katastrophe will ich noch erwähnen, daß das silberne Schreibzeug der Kaiserin, welches dieselbe gewöhnlich benutzt, wie eine Kugel zu- sammengedallt wurde. Ein ziemlich großer Splitter von vielleicht 2 Zentimeter Länge fuhr der Kaiserin durch die Haarsnsur des Hinterkopfes, ohne sie zu verletzen. Ihr Kleid wurde vollständig zerrissen, und als sie den Trümmerhaufen verließ, mußte ihr ein Militärmantel umgehängt werden. Draußen regnete es in Strömen und der Schmutz war fußtief. Trotz der Aufforderung des Kaisers, bei dem schlechten Wetter in einen der unversehrt gebliebenen Waggons einzu steigen, blieb die Kr-serin doch zwei Stunden draußen tn Schmutz und Regen und half bei der eist n Pflege der Verwundeten. Erst als ihr ein Schuh >m Schmutz stecken blieb, zog sie sich in einen der stehengevltebenen Waggons zurück. Jemand, der kürzlich Audienz bei den kaiserlichen Majestäten hatte, teilte mir mit, daß die Kassen» noch die Hand bandagiert und bewegt geäußert habe, es sei ihr, als ob sie durch Gottes Gnade ein ganz neues Leben beginne. Eine große Freude aber habe sie bei der entsetzlichen Katastrophe als Mutter gehabt: ihre Söhne fünf Stunden lang so mannhaft und hilfreich für ihre Leidensgesährlxn arbeiten zu sehen. Die Liebe und Verehrung des Volkes für das Kaiserhaus ist durch die traurige Angelegenheit jedenfalls noch gewachsen. Der religiös gesinnte Russe sieht in der gnädigen Bewahrung des Kaisers und der Seinen die Hand des Allmächtigen, der den Zaren noch zu Großem ausbewahrt habe." Serbien. — In Serbien haben es die Radikalen bei der WMbcwegung so toll getrieben, daß dcm König und inner R gierung endlich die Geduld gerissen ist. Nach dem am Mittwoch in den Orten Poscharewatz und Pe- trovatz förmliche Straßenkämpfe zwischen den verschiedenen Parteien mit Säbel uud Gewehr, Messer und Revolver stattgefunden hatten, vereinigte der König abends den Minisisrrat und dieser beschloß, alle bisher im Lande vollzogenen Wahlmänner-Wahlen für ungiltig zu erklären, dieselben unter strenger behördlicher Aufsicht nochmals vorzunehmen und die auf den 2. Dezember festgesetzten Hsuptwahlen auf den 16. Dezember zu vertagen. Vermischtes. * Unter den 952 Wörtern der deutschen Thronrede befinden sich nur 11 Fremdlinge: Revision, Finanzen, Reform, Kredit, Session, sozialpolitisch, organisch, Inva lidität, Parlament, Monarch, Politik. Das ist eine ge ringe Zahl in Betracht des Gegenstandes; man ist de ren sonst viel mehr zu vernehmen gewöhnt, so z. B. Industrie, wofür die Thronrede gewerbliche Arbeit sagt, Produkte, die sie Erzeugnisse nennt, Kolonieen, die sie als Ansiedelungen aufführt. * Das in nur allzu vielen Fällen so überaus trau rige Geschick der Auswanderer wird recht deutlich neuer dings durch eine Mitteilung der „königsb. Hart. Ztg." beleuchtet. Das Blatt schreibt: „Ein ergreifender An blick bot sich auf dem Ostbahnhofe dar. Mit dem von Berlin eintreffenden Personenzuge kam auch eine Familie aus Amerika, welche vor 3 Jahren dorthin ausgewandert war und jetzt, entblößt von allem und jedem, krank, schwach und hinfällig, wieder nach der Heimat bet So» bargen zurückkehrte. Vor 3 Jahren besaß die Familie in ihrer Heimat ein schuldenfreies Gütchen, das sie sich / durch Fleiß und Sparsamkeit erworben hatte. Hiermit nicht zufrieden, begann die Begierde nach Reichtum in dem Manne aufzusteigen, und durch Agenten und andere Personen verführt und beredet, verkaufte er seine Be sitzung und begab sich nach den „Goldgefilden" Kalifor» nienS, um dort das langgesuchte Glück zu finden. Dort verlor der Mann nicht nur sein schönes Barvermögen, sondern die Familie wurde auch ost von Räuberbanden überfallen und ausgeplündert. Schließlich stellten sich schwere Krankheiten ein, die eine 16jährtge Tochter dahin» rafften. Durch das Hin» und Herziehen von einem Ort zum andern schmolz das Geld immer mehr zusammen, b,s nur noch soviel vorhanden war, um zurück nach der alten Heimat reisen zu können. Gestern trafen die Leute hierein; jammernd schilderten sie ihr Unglück und die schrecklichen Zustände, welche in Amerika unter den Ein gewanderten herrschen. Die Leute besaßen in der That nur noch die notdürftigsten Kleider." — Trotzdem be trachten viele noch Amerika als das gelobte Land, da- immer wohl von den Wenigen, welche ourch Glück und , Geschick dort vorwärts gekommen sind, nicht aber von den Tausende", me im Strome dcs Lebens untergingev, gesprochen wird. * Eine neue Anwendung bat stzt das Telephon in Toronto, Ontario (Ver. St.) gesunden. Em dortiger Bürger war wegen einer Uebertretung vor Gericht ge laden worden, konnte aber wegen Unwohlsein nicht per sönlich erscheinen. Er telephonierte deshalb an den Polizeirichter, gestand seine Schuld und wurde per Tele phon zu einem Dollar Strafe und den Kosten verurteilt. — Und solch eine schöne bequeme Einrichtung sollten wir in Frankenberg entbehren? Es verlautet nämlich, daß vorläufig aus unserer Fernsprechanlage noch nicht» würde. * In einer kleineren Stadt Ungarns wurde der Trödler Jaikef Schlepper wegen unbefugten Hausieren» zu 25 Gulden Strafe verurteilt, doch stellte ihm der «tuhlrichter frei, die Strafe in 25 Tagen abzusitzen oder aber sich dafür ebenso viele Stockhiebe aufzählen zu lassen. Schlepper, der sich von seinem sauer erworbenen Gelbe nicht trennen wollte, sagte sich: „Es is Winter. Die Geschäfte g.h'u gar nich — mboh! werft de die Strof absitzen!" Doch die Behandlung im Gefängnis war roh und grausam und seine Kost, da er nicht „TreefeS" essen wollte,-auf Wasser und Brot beschränkt, weshalb sich ter arme Jaikef entschloß, doch lied.r die körperliche Züchtigung auszuhalten, die ja in höchstens einer Viertel stunde abgemacht sein würde. Doch schon beim 5. Streich waren die Schmerzen so fürchterlich, daß der fast ver- zweifclnde Gefangene um Einhalt bat und sich bereit erklärte, die ihm auferlegte Summe in Barem zu be zahlen. Nachdem ec dies gethan halte, fragte ihn der Richler: drit, dummer Kerl! Worum host Du dos Ult gleich gethon?" — „Nu", entgegnete der arme Jaik.f gekränkt, „probieren werd man Loch dürfen!" (Eingesandt.) Morgen, Sonnabend, Sonntag und Montag tritt im Gasthof zum Erbgericht in Auerswalde der Zauber künstler Millini auf. Wir entnehmen einer kürzlich im „Bogtl. Anz." erschienenen Beurteilung der Leistungen des Herrn Millini folgende Stelle: Die meisten Pro duktionen des Künstlers erregten allgemeinen Beifall und Heiterkeit, da sie in der That vorwiegend in ihrer Art ganz neu zu sein scheinen. Bou Stücken, die oft gezeigt werden, ist nur der unrrschöpfl che Hut zu nennen. Be sonders hervorzuheben wären folgende Sachen: Die neue Brutanstalt, bei der einige Eier mit Laub und dergl. in einen Behälter gesteckt wurden, lieferte alsbald 3 Käfige mit je einem Kanarienvogel. Die unerklärliche Uhrwan derung zeigte, wie Uhren, die zuerst von einem Manne in einem Kasten gehalten wurden, auf den Ruf 1, 2, 3 unten im Geflecht des Stuhles unter dessen Sitz hängen, bis auf eine, die auf dem Rücken des Genannten steckte. Verschwundene Ringe und allem Anschein nach zertretene Uhren kamen in verschlossenen Kästen und sonst auf rät selhafte Weise unversehrt wieder zum Vorschein. Mit erstaunlicher Schnelligkeit erfolgte die „magische" Ent fesselung und Selbstfesselung der Hände unter einem Zylinderhut rc. Frankenberger Kirchennachrichten. 1. Advent. Früh jSUHr: Beichthandlung; Herr Oberpf. Lesch. — Früh 9 Uhr: Predigttext: Joh. 15, 1—16; Herr Archi- diak. Helbig. Nach der Predigt: Abendmahlsfeier. — Nacht». 5 Uhr: Predigttext: Psalm 100; Herr Obrrpf. Lesch. Wochenamt: Herr Oberpf. Lesch. Getaufte: Franz Oskar Eckelmanns, Brauereibes. h., S. — Johann Hermann Schroth«, Privatexpedtenten h , S. — Max Emil Egers, Glasers in Glauchau, T. Beerdigungen: Franz Loui« Wilde«, Handarb, in Neudörs« chen, T., 3 I. 3M. 24 L. — Iuliu» Maximilian Ehrhardt«, kgl. Waldwärter« in Neudörfchen, S., 3 I. 1 M. 4 T. — Fried rich Wilhelm Uhlmanns, Ziegelbrenner» in GuimerSdors, S., 6 M. 18 T. — Karl Gottlob Kästner, Handarb. H-FO I. 8 M. 23 T. — Friedrich Ludwig August MachemehlS, HaNdarb. h., S.,