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Frankenberger Tageblatt und Dezirksanzeiger. Sonnabend, den 29. September. Beilage z« »28. 1888. Siichfisches. Frankenberg, 28. September 1888. — In der Umgebung von Leisnig haben sich neuer« dings wieder Hausierer eingefunden, welche dem Publikum unter dem Vorgeben, „dringend Geld zu gebrauchen" und „um jeden Preis verkaufen zu müssen", oder „aus einer Konkursmasse herrührcnd", Tuchstücke auffchwindeln, die aus der Wolle alter Tuchlumpcn gefertigt sind, was den Käufern gegenüber selbstverständlich verschwiegen wird. Letztere haben für den Schund dann natürlich mehr als oen reellen Wert, der sehr geringfügig ist, be zahlt, und freuen sich so lange über den „billigen" Kauf, bis sie die Ware verwenden wollen, dann merken sie, daß sie „reingefallen" sind. — Was alles vergessen wird! Im Bereiche der sächsiichcn StaatSeisenbahnen sind vom 1. April bis Ende Juni d. I. u. a. folgende Gegenstände herrenlos auf- gesunden und nicht reklamiert worden: 11 Plaids bez. Umschlagelücher, 2 Pferdedecken, 1 Tischdecke, 3 Feder- kissen, 1 Schlummerrolle, 55 Pakete mit Kleidungs stücken und Wäsche, 8 Damenmäntel, 1 Damenmorgen« kleid, 1 Damenrock, 4 Frauenjacken, 15 Schürzen, 3 Kmdermäntelchen, 8 Herrenüberzieher, 2 Herrenröcke, 3 Herrenhosen, 2 Westen, 3 Hosen, eine Menge Strümpfe, Vorhemdchen, Kragen, Manschetten und Handschuhe (so reichlich und in solcher Auswahl, um einen Laden damit ausstatten zu können), 5 Hundemaulkörbe, 63 Herren- Hüte, 17 Damenhüte, 50 Mützen, 245 Regenschirme, 60 Herrensonnenschiruie, 45 Damensonnenschirme, 16 Koffer, Taschen und Tchchchen, 11 Zigarrenspitzen, eine Partie Schuh-, Haar- und Zahnbürsten, 35 Messer, 27 Brillen und Klemmer, 29 Zigarrenetuis, 40 Portemon naies, 340 Spazierstöcke, 1 große neue Wanduhr, 2 Operngläser, 11 Armbänder, 1 künstliches Gebiß und schließlich eine Anzahl 'Bücher, Photographien rc. neben verschiedenen kleineren Gegenständen. Vermischtes. * Ein wohlhabender Farmer in Walertown (Ber. Staaten) wurde vor kurzem das Opfer einer schlau an gelegten Schwindeloperation. Zwei vornehm gekleidete Fremde, die sich durch ihre Paprere und Amtsmedaillen als kalifornische DetektiveS auswiesen, suchten den Far mer auf und erboten sich, ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit und Zahlung von 10000 Dollars ein Geheimnis zu verraten, welches ihm mehr als das Dop pelte der Summe wieder einbringen würde. Selbstoer- stündlich ging der Farmer auf den Vorschlag ein, machte aber als vorsichtiger Mann die Bedingung, erst dann die Belohnung auszuzahlen, wenn er seinen Gewinn in Händen hielt. Die DetektiveS waren hiermit einver standen und produzierten nun einen alten Brief, den sie einem sterbenden Minenarbeiter im fernen Colorado ab- genommcn haben wollten, und worin derselbe bekannte, vor vielen Jahren im Norden einen Mann ermordet und um 5 Barren Goldes im Werte von 25 000 Dollars beraubt zu haben, die er, weil zur schleunigen Flucht gezwungen, an gewisser Stelle vergraben hätte. Dann folgte eine Zeichnung und Beschreibung dieser Stelle. Durch geheime Nachforschungen hätten die DetektiveS nun herausgebracht, daß dieselbe sich auf dem Grundbe sitz des glücklichen Farmers befinden müsse. Sofort wurden Nachgrabungen vorgenommcn und nach einigen vergeblichen Versuchen wirklich fünf staubbedeckte Barren Goldes an den Tag gefördert. Der entzückte Farmer, ein harter Kopf, weigerte sich aber, die Prämie von 10000 Dollars auszuzahlen, bevor ein Kenner den Fund besichtigt und ein Gutachten über den Wert desselben abgegeben habe. Man depeschierte also an einen be kannten Goldschmied in New-Jork, der auch nach einigen Stunden cintraf, die Barren für echt erklärte und den Wert auf etwa 30000 Dollars schätzte, und nach Em pfang einer anständigen Belohnung wieder zurückfuhr. Auch die beiden DetektiveS erhielten ihre Prämie, außer dem das Geld für die Rückreise, womit sie den Zug be stiegen und verdufteten. Am nächsten Tage kam der wirkliche Goldschmied von New Jork und wunderte sich, daß ein anderer schon vor ihm dagewesen sei. Jener andere war natürlich ein Komplice der beiden vermeint lichen DetektiveS gewesen. Die 5 Goldbarren entpupp ten sich als dicke Kupferstangen, welche die Schwindler selbst vergraben hatten, um sie als Schatz wieder zu heben. Leider ist es ihnen vortrefflich gelungen. * Gefährliche Feinde beim Friedensmanöver traf das Schweizer Bataillon 92 am Jnspektionstage bei Ettiswyl. Schon stand das Bataillon in Reih und Glied und harrte des Inspektors. Da machte man plötzlich die unheimliche Entdeckung, daß nicht weit vor der Front ein kolossales Wespennest sich am Boden befand, auS dem es ganz schwarz Hervorwimmelle. Zuerst einzeln, dann immer zahlreicher und hartnäckiger flogen die We spen den Leuten um die Köpfe. Vom Stabe aus be merkte man eine sonderbare und ordnungswidrige Unruhe im Bataillon 92, und ein Adjutant kam dahergaloppiert, um zu schauen, was denn das für Foxen seien. Schon hatte er den Mund geöffnet zum üblichen Donnerwetter, als zum Unglück sein Pferd gerade mitten in das We spennest trat Die Wespen fuhren in wildem Schwarme auf und das Röß ging mit dem Reiter in rasenden Sätzen durch; man konnte nur noch sehen, wie der Unglückliche verzweifelt mit seinen Händen um sich schlug, dann Zügel und Bügel verlor und schließlich zu Boden fiel. Unmittelbar darauf kommt eine Dragoner- ordonnanz des Weges getttten und das Unglück will es, daß das Pferd ebenfalls in den Wespenschwarm tritt. Nun wiederholt sich ganz genau das Schauspiel von vor hin. Jetzt aber wurde die Sache ernst, denn immer näher rückte der Augenblick, in welchem der Inspektor und sein Gefolge näher kommen mußten. 2 Pioniere wurden beordert, das Wespennest mit Erde zuzudecken. Nachdem sie umfassende Vorsichtsmaßregeln getroffen, die Häupter verhüllt und ihre'Pfeifen angezündel hatten, rückten sie mit Heldenmut gegen die Stellung des Fein des vor; aber kaum hatten sie einige Schritte gelhan, so schwärmte ihnen dieser in dichten Scharen entgegen, worauf die beiden Heldenmut und Schaufeln fallen ließen und eiligst den Rückzug antraten. Inzwischen war auch unter der Mannschaft die Not immer mehr gewachsen, da die Wespen immer zorniger wurden. Da verfiel