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Frankenberger Hageötati und Aezirksanzeiger. Sonntag, den 26. Angnst. Beilage z« HSS Sächsisches. Frankenberg, 25. August 1888. — Gestern, Freitag, nachmittag in der 6. Stunde ist auf der Elisenstraße 19 in Dresden eine Witwe, nach einer andern Meldung die Gattin des Rechtsanwalts Asten, von einem jungen Manne mit einem Beile und *) Der AuSschub für Beschaffung Le« Kreuze« bestand au« den Herren Julius Barthel am Markt, Fabrikant Aug. Böttger» BmtSverweser Butler, Gasanstaltsiuspektor Koritzkh, Bürgermeister Meltzer und den Kaufleuten Gustav Schiebler und Heinrich Bor mann. Die meisten dieser Herren deckt längst der grüne Rasen, nur die Herren Koritzkh und Gustav Schiebler weilen noch — hoffentlich recht lange l — unter den Lebenden. Des S6. August, des 75jährigen Todestages de» jugendlichen Dichters und HeldenjünglingS Theodor Körner, wird an manchen Orten durch Festakt gedacht, namentlich an Körners Grab zu Wöbbelin in Mecklenburg. Bor 25 Jahren feierte man die 50jährige Wieder kehr des Todestages in ganz Deutschland in geradezu erhebender Weise; man befand sich damals in der Vor bereitung auf die 50jährigen Gedenktage der Völketschlacht von Leipzig — man betrachtete die „Körnerfeier" als eine Gedenkfeier nicht nur an Theodor Körner, sondern an alle Helden, welche in den Befreiungskriegen ihr Blut fürs Vaterland vergossen haben. Wir lebten damals auch in den vorbereitenden Ta gen eines einigen Vaterlandes. Die Schützen-, Turner und Sängerfeste von Anfang der sechziger Jahre waren Pfadebner der noch ein Dutzend Jahre vorher verpönten deutschen Vaterlandsidee. Die Gedenktage von 1813 mußten dazu angethan sein, die Sehnsucht nach d,m ei nigen Baierland zu fördern und namentlich in den damals Heranwachsenden Jünglingen wurzelte sich die Sehnsucht, beitragen zu können, das Vaterland neu, stark und einig erblüh»» zu sehen, fest ein. Mancher von den die 1863er Gedenktage begeistert milfeiernden Jüng lingen hat dann 7 Jahre später selbst mit in den Reihen der Kämpfer gestanden, welche die Einigung der deutschen Stämme, das neue deutsche Reich, hervorbringen halfen. Durch die gewaltigen und wuchtigen Ereignisse, welche in die 1870s71er Kriegsperiode fallen, könnte man wohl glauben, es sei die Erinnerung an die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 verblaßt und die letzteren seien, als durch die neueren Ereignisse überholt und somit für die heutige Zeit ziemlich belanglos, in den Hintergrund ge treten — dem ist aber nicht so; der Geschichtsschreiber wird wie den 1870er Krieg so auch 1813 und die fol genden Jahre mit leuchtender Schrift in das ewige Buch der Geschichte einzeichnen. Wir Zeitgenossen sprechen freilich nicht mehr so viel von den früheren Tagen, weil in uns die Erinnerungen an 1870,71 noch zu frisch sind, noch mitten unter uns eine große Schar braver Mitkämpfer von den französi schen Gefilden steht, und jeder einzelne derselben un» lebendig seine Eindrücke von St. Privat, Sedan und anderen historisch gewordenen Stätten schildern kann. 1863 weilte unter unserer Bürgerschaft noch eine stattliche Zahl jener alten ergrauten Krieger, welche 50 Jahre zuvor meist unter den Napoleonischen Heeres- massen mitgekämpft hatten.*) Wenn zu Anfang des / Jahrhunderts die' Politik Anser Sachsenland auch auf die Seite des große« Gegners Deutschlands geführt hatte die sächsischen Truppen und ihr Landesherr hatten doch immer mit „TreüS" dagestanden, wo durch binden des Wort ihr Platz war, und die für Sachsen nicht freu digen Ereignisse von 1813 find 1866 waren notwendig, um den einstigen Traum von einem einigen und mächti gen Vaterland in Erfüllung zu bringen. — Zurück von diesen Betrachtungen zum 26 August 1863! Es möge ein Rückblick auf diese , Gedenkfeier unseren Lesern nicht als am unrechten PlaWerschetne». Die „tzarraseiche", „Körnereiche" und das ^Mrnerkreuz" erscheinen uns als so selbstverständliche Zugehörigkeiten zu Frankenberg und dem Zschopauthal, daß wir cS wohl wagen dürfen, der damaligen Festfeier ausführlich Erwähnung zu thun, dürfte doch vön denen) welche hettt hier die „Genossen der Zeit" bilden, nur noch ein Vrüchjeil es sein, die dem Feste beigtwMt habcn! Patriotische Kreise hatten die Festfeiesc längst vorbe reitet und so zogen — es fiel der „Kvrnertafi" auf eine Mittwoch — in langen ZügtN7 geschart um ihre Banner, Männer, Jünglinge und Schüler von Frankenberg aus gen Lichteiiwalde, hin nach det Riesefielche, unter deren Schatten einst der Jüngling Theodor Körner geweilt hat, die Sage vom „Ritter Harras" zur Ballade um gestaltend. Drei Veteranen waren Ehrenplätze angewie sen: dem Herrn Seidenfabrikanten A. A. Behr, welcher als Lübcck.-r Jäger mit Körner einem Armeekorps (un ter Wallmodens Führung) angehört hatte; dem'Werk führer der Behrschen Fabrik, Herrn Anton Schmidt, det am L6. Äugust 1813 an der Katzbach mitgekämpft hatte, und dem Herrn Steuereinnehmer Fischer, jenem Urtypus des alten sächsischen Soldaten, der in Napoleon I. den größien Held im Kampf, Sieg und selbst im Niedergang des Glückes verehrte und bewunderte. Die ca. 800 ZugSteilnehmer und die vielfach größere Zahl der von Stadt und Land herbeigeeilten Festgenossen *) Bei der Feier de« 18. Oktober 1863 zogen im Ftskzugie nicht weniger al« 16 hiesige Veteranen au» den Befreiungskriegen Mtt aus! Frankenberger Kirchennachrichte«. Am 13. Sonntag Nach TrinitatiS werden kirchlich anfgebüten: Johann Karl Heinrich Ihle, Holzwarenhändter in Mühl bach, v>ä., und Christiane Frtcverike Kluge in Mühlbach, weil Karl Gottlob Kluges, Stellmachers in Dorsschcllenberg, Hinteri. Tochter. - ' Paul Adolf Hildebrand, Bezirlsschullehrer in Chemnitz, Ernst Adolf Hildebrands, emerit. Oberlehrer» in Striefen b. Dresden, ehel. jüngster Sohn, und Maria Magdalena Schadebrod, Karl Gustav Schadebrod«, Oberlehrers h., ehel. einz. Tochler. August Julins Rudolph, Weber h., Karl Friedrich Ru dolph«, B. u. WebermstrS. h., ehel. einz. Sohn, und Emilie Bertha Pönitz, Karl Gottfried Pönitz', B. u. Tischlermstr». h.» ehel. ült. Tochter. Eduard Hermann Albert, Gärtner h., ein gtsch. Ehrm., weil. Friedrich Hermann Albert«, Gärtner« h, hinterl. ehel. Sohn, und Albertine Bergmann, weil. Karl Gotthelf Bergmann», Posamentier» in Schlettau, hinter!, ehel. Tochter. einem Messer angegriffen und schwel verwutzbet Wie verlautet, Hatje, sich der Mey/ch in dst W-hvHn- Zutritt verschafft durch die Vorspiegelung, daß er für fMe« i Bruder Logis suche. Allem Anscheine nach ist ein Raub beabsichtigt gewesen, der durch die Hilferufe der Ange- 1 griffenen und da« Hinzukommen dritter Personen ver- I eitelt wurde. Der Verbrecher heißt Kunze, ist, obwohl I nur 26 Jahre alt, ein bereits vielfach vorbestraft«?. 1 Mensch und erst am 6. d. M. au» dem Zuchthause ent- i lassen. Die verletzte Frau wurde im Karolahause unter- i gebracht, während der Verbrecher verhaftet wurde. — Die Verhandlungen des fünften deutschen Tisch- l lertagcs zu Leipzig fanden am Dienstag mit der Be- 1 ratung des Gesellenwesens und du Gesellenreiseunter- I stützung ihre Fortseßüüg. Die Verhandlungen .hehntjn > sich auf das gesamte Gesellenwesen in genannte»« Ge- 1 werbe aus, es wurden die Streiks der neueren und j lich nahm der BerbandStag folgende Anträge einstimmig an: Um zufriedenstellende Verhältnisse zwischen Meistern I und Gesellen zu erzielen, beschließt der fünfte deutsche Tischler tag, bet der StaatSregierung dahin vorstellig zu werden, daß obligatorische Arbeitsbücher für Gesellen und Arbeiter jeden Alter» eingeführt werden. Bis dies statt findet, wird die Einführung von Berbandsbüchern und Entlassungsscheinen auf dem Wege der Selbsthilfe vor- 1 geschlagen. — Ferner wurde noch folgender Antrag an genommen: Bei etwa ausbrechenden Streiks hat der Jnnungsvorstand der betreffenden Stadt sofort dem be- treffenden. Zrntralvorstande Anzeige zu machen und unter Einführung von Drucklisten diejenigen Gesellen namhaft ! zu machen, welche den Ar-eihSpertrag gebrochen- haben. Diese Listen sind dem Vorstand der angeschlossenen In- j uungen seitens des, Zeutpalvorstqndes Mzuseuden und e» verpflichten sich die betreffenden Vorstände, den geschä digten Meister auf Antrag desselben laut tz 125 der ReichSaewerbeordnung vor Gericht zu vertreten. Im Weiteren Verlaufe der Verhandlungen wurde die Be gründung etnLr Unfallversicherung der HMlneiep warm empfohlen und es soll darum an zuständiger Stelle pe titioniert werden. Auch gegen die Mißstände für da» Gewerbe bei ausgebrochenen Streiks der Gesellen wurden j Maßregeln empfohlen und angenommen. In Hinsicht 1 auf die Führung des Meistertitels wurde beschlossen, daß dahin gewirkt werde, daß nicht bloß die Führung deS Titels „JnnungSweister", sondern überhaupt die Füh rung des Meistertitels strafbar werde. Auch gegen da» vielfach angefetndete SubmisfionSwesen soll auf Grund früherer Beschlüsse des Verbandes vorgegangrn werden. Das Auktionswesen soll in dem Sinne seine Regelung erfahren, daß nur vereidete^ Azijtionalöjjn auktionietcn von netzen und gebrauchter Gegenstände« gestattet werde und daß dieselben verpflichtet werden, ordnungsgemäße Bücher zu führen. UebrigenS fand da» Vorgehen der Chemnitzer Tischler gegen unberechtigte Mödelauktionen vielen Beifall seitens der Versammlung. Den Titel „Möbelfabrikant" sollen ferner nur die wirk lich Berechtigten führen dürfen. Ferner wurde die Bil dung von JnnungSkrankenkassen warm empfohlen. Der Verbandsvorstand, an dessen Spitze Obermeister Brandes- Berlin steht, wurde wieder- bez. neugewählt, als Ort des nächsten VerbandStageS wurde Hamburg bestimmt. — Drei fleißige, brave Arbeiter verunglückten am Donnerstag nachmittag in einer erst vor kurzem in Be trieb gesetzten Dampfziegelei in Leubnitz bei Werdau. Um sich eine Erleichterung in ihrer Arbeit zu verschaffen, hatten selbige tags zuvor in die Lehmmassen Keile ge- trieben, hiervon aber bis zur Unglückszeit solange unbe- ? kümmert Lehm abgehackt, bis die ganze gewaltige Lehm schicht zusammenstürzte und die 3 Arbeiter dermaßen verschüttete, daß 2 sofort tot waren und der dritte schwere Verletzungen an den Füßen erlitt. , gruppierten sich um die Rieseneiche, von welcher wenige Tage zuvor ein großer Kranz mit poetischer Widmung .... Kranz, Du au» dem Laubgezweige Dieser tausendjähr'gen Eiche, Schmiege Dich an Körner« Grab!. . . . nach Wöbbelin an da» Heldengrab abgesandt worden war. Musik und Gesang hatte die Festfeier eingeleitet; als dann ergriff Herr Brgrmstr. Meltzer das Wort zu län gerer Rede; in der ihm eigenen meisterhaften patriotischen Weise schilderte er, was Deutschland erduldet, wie seine Hrlven gekämpft und wie noch immer nicht die ersehnte Einheit des Vaterlandes gekommen sei. . . „Ihr deut- „schen Jungen, wenn Euch einst des Vaterlandes gesetz- „licher Ruf erklingen wird, dann werdet Ihr Euch nicht „hinter Schranzen und Zofen zurückhalten lassen, für „Euch schwöre ich unter dieser Eiche, daß Ihr für die „Sache des Vaterlandes freudig zum Sieg oder Tod „gehen wollt" . . . Der treuen Toten gedachte er dann; den anwesenden Mitkämpfern — den drei Greisen — übergab er dann als Dankessymbol Eichenzweige. Laut brauste das Zschopauthal entlang das „Hoch dem deut schen Vaterland!" Die Sänger ließen ihre patriotischen Weisen wieder erklingen; währenddem wurde eine junge schlanke Eiche, die „Körnereiche", seitwärts von der „HarraSeiche" ge pflanzt und Herr Stadtrat Gustav Schiebler sprach die Weiheworte dazu. Er erinnerte an die heldenmütige Begeisterung, die auch den jugendlichen Theodor Körner ergriff, da Deutschland geknechtet zu Boden lag, und stellte den Jugendheld hin als Beispiel für die deutsche Jugend . . „Leicht kann es kommen, daß wir, die wir „Dich pflanzten, die Freude nicht erleben, unser großes „deutsches Vaterland so, wie wir es wünschen und hoffen, „einig, frei und mächtig zu sehen" . . . „wachse, erstarke „und gedeihe, Du junge Körnereiche! Gott schütze Dein „junges Leben und keine frevelnde Hand verletze Dich!" — Drei Gewehrsaloen donnerten durch da» Thal und nachdem dann der Männergesaygverein ^„Lützows wilde Jagd" gesungen, trat Herr Bürgermeister Meltzer noch mals vor, die Idee des Herrn ÄmtSoerweserS Butter verkündend, droben auf dem Haustein-Gipfel ein Dank- und Ehrenzeichen an den Festtag und den Heldenjüngling zu errichten in Form eines eisernen Kreuzes. Auf die Frage, ob man die Ausführung dieser Idee fördern wolle, erscholl «in tausendstimmiges „Ja". Sofort wur den die ersten Sammlungen veranstaltet und ergaben recht erfreuliche Resultate, wie auch die fortgesetzten Sammlungen es ermöglichten, daß im Juni 1864 bereits das „körnerkrcuz", das schmucke Wahrzeichen deS Zscho- pauthaleS, enthüllt werden kannte.*) Im Park zu Lichtenwalde fand die Fortsetzung des Festes statt. Ein fröhlicher patriotischer Geist erfüllte die Festgenossen und half die „Körnerfeier" zu einem Ehrentag der Stadt zu gestalten. . . So feierte heute vor 25 Jahren unsere Stadt das Ehrengedenken derer, welche in dem Befreiungskriege dem Vaterland- ihre Dunste, Blut und Leben weihten! Es wird auch die Jetztzeit noch dankbar sich ihrer erin nern. Doch, wie ichon angedeutet, durch Zeit und Raum liegt uns jetzt näher, die späteren Ereignisse festzuhalten, um Kindern und Kindeskindern in Wort, Schrift und äußeren Gedenkzeichen die Erinnerung an das Weltreiche und Völkergeschicke umgestaltende Jahr 1870s71 fortleben zu lassen. Wir in Frankenberg sind dabei, in den Mauern unserer Stadt ein solches Ehrenzeichen zu er- richtefi. Ls sind noch nicht völlig die Mittel zusammen, um eS in der geplanten würdigen Weise vor unseren Augen erstehen zu sehen, aber wir sind der Ueberzeu- gung, daß es nicht allzulange dauern wird, bis eS mög lich ist, am Fuß- eines solchen Denkmals alljährlich an den Ehrentagen des Vaterlandes Kränze und Blumen niederzulegen und Theodor Körners Worte zu bethätigen: „Vergiß den treuen Toten nicht und schmücke Auch unsere Urne mit dem Eichenkranz."