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Vermischtes. * In Livorno stieg vor einigen Tagen der Lustschiffer ) Marighi mit seinem Ballon auf und führte an de« i daran hängenden Trapez Kunststücke au». Plötzlich er« i faßte ein heftiger Windstoß den Ballon und trieb ihn dem Meere zu. Der Luftschiffer stürzte au» einer Höhe von 400 Fuß in die See hinab. Man fischte ihn auf, § der Verunglückte liegt aber an einem heftigen Nerven«! Ä fieber krank darnieder daß nicht wenige Personen ihren ganzen Lefitz darin anlegten — der 5 Proz. Zinsen wegen. Die jetzige Zeitlage bietet nochmal» Gelegenheit, fich die Ruffeawerle langsam vom Halst und von der Börse zu schaffe«; man mag da» benutzen! Mit dem Vertrauen auf Rußland» Finanzkraft ist e» bekanntlich so weit gekommen, daß kein europäischer Staat mehr der russischen Regierung unter den üblichen Bedingungen Geld vorschteßen will, weil jede Garantie wahrer Sicherheit fehlt. . — Slfaß-Lothringen. Abermals betraf ein deutscher Grenzbeamter auf elsässischem Gebiete zwischen Niedersulzbach und La Chapelle sur Rougement eine» Franzosen bei unbefugter Ausübung der Jagd. Letzterer entfernte sich zwar sofort auf die Weisung de» Grenz« beamten über die Grenze, leugnet aber jetzt beharrlich seine Ueberschreitung. - — Deutsche Kolonten. Die neuesten Nach richten au- Ostafrika bestätigen den rüstigen Fortschritt der Arbeiten aus der Plantage Lewa der Deutsch-Ost- afrikanischev Plantagen-Gesellschaft in Usambara. Zu den früher vorhandenen 9 Gebäuden ist inzwischen noch eine Trockenscheune für den Tabak hinzugekommen. Die selbe ist 105 Fuß lang, 32 Fuß breit und 30 Fuß hoch und ist ganz au» Material gebaut, welche» an Ort und Stelle vorhanden war. Die Bedachung besteht aus Schilf und Gra». Die Scheune wird etwa 50000 Ta bakpflanzen zum Trocknen aufnehmen können. Bis jetzt find ungefähr 60000 Tabakpflanzen i» das durch zwei maliges Hacken Mbar gemachte Land verpflanzt worden, welche alle gut gedeihen ; diejenigen der ersten Anpflan zung besitzen bereits Blätter von 1 Fuß Länge. In zwischen sollen noch etwa 40000 Pflanzen in die Felder gebracht werden, sodaß im ganzen 100000 Pflanzen für die erste Ernte in Aussicht stehen. Ueber die Regenzeiten in Lewa ist eine genaue Angabe, da Witterungstabellen bis jetzt fehlen, nicht möglich. Die Aussagen der Ein geborenen widersprechen sich in diesem Punkte, indessen scheinen diejenigen R-cht zu behalten, welche für Dezember und Januar eine heiße trockene Zeit in Aussicht stellten. Die Hitze erlangte in dieser Zeit eine ungewöhnliche Höhe, und nur einmal ist ein freilich ausgiebiger Regen gefallt«. Nach genaueren Erforschungen ist die nächste Entfernung von Lewa nach dem Pangani auf 1j Stunde, also rund 6 Kilometer, festgestellt worden. Ein mit Lasten bepackter Reger, geht von Lewa bi» zur Küste in 7—8 Stunden, während Herr Schröder diese Strecke in 5 Stunden zurücklegte. Es ist beabsichtigt, von Lewa bis Tschogwe am Pangani eine fahrbare Ochsenstraße herzustellen, und die Kosten hierfür sind auf 1000 Rupee» veranschlagt. In unmittelbarer Nähe von Lewa giebt eS Wgeu der großen Waldungen weniger Vieh, indessen finde» sich einige Stunden weiter, den Pangant hinauf, zahlreiche M«dviehheerdt« von über 100 Stück. In Tschogwe ist alle Woche einmal Markttag, an welchem sich etwa 1500 Wenlchen versammelo; hier werden Elfenbein, Mais, Reis» Negerksrn, Zuckerrohr, Tapioka und kleine Fische gegen Kege», Fetstchafe und Hühner vertauscht. Die europäische»Produkte, wie Baumwollen zeuge, Perlen, Spiegel, Messer, Wsevdraht rc., werden meist von den nach Djagga und MassMud durchziehenden Karawanen eingetauscht. Frankreich. — Aus Pari» umo geschrieben: „Der Spruch des KaffationShofeS gegen den Untersuchungsrichter Big«au hat der Angelegenheit des OrdenSschacherS eine ganz neu» Vertiefung gegeben. LS ist die» der letzte Akt jener Gerichtsposse, welch« der Fall Wilson darstellt. Aber bei diesem letzten Akt fehlt sehr bedeutend der Beifall der Zuschauer; da» Stück ist durchgefallen und die Schau spieler werden ausgezischt, namentlich aber werden dies die Hauptdarsteller, der Juflizminister Falliere- und der Henneberg und v. Oertzen zu auusten der Vorlage auS- gesprochen, würde eine KommisfionSberatuvg abgelehnt. Die zweite Lesung findet also, gleich im Plenum de- HauseS statt. E- folgte« Wahlprüfimgen. Für giltig erklärt wurden die Wahlen v. Oertzen-Parchim (kons.), Clauß-Sachsen (nat.-lM, v. Funke (kons,), Panse (freis.). Bei der Prüfung der Wahl Clauß' meinte Singer (Soz.- Dem.), es habe in Sachsen bei de» letzte« Wahle« eine ganz unerhörte Beeinflussung stattgefunden. — v. Friesen (kons.) bestritt da- entschieden. Die konservativen und nationalliberalen Parteien hätte» fich da- Wort gegeben gehabt, jede Beeinflussung zu vermeiden. — Bebel (Soz.- Dem.) hielt aufrecht, daß die Kartellparteien in Sachsen fich unerhörter Wahlbeeinflussungen schuldig gemacht hätten, die Militärvereine hätten in die Wahlbewegung einge griffen, ebenso die Innungen und andere ntchtpolitische Körperschaften. Nächste Sitzung: Sonnabend. LageSgeschtchte. D«ttsches Reich. — Bei dem in Berlin stattzefuntenen Festess n zu Ehren des brandenburgischen Provinziallandtages brachte der Prinz Wilhelm einen Trinkspruch auf die Provinz Brandenburg au», worin er u. a. sagte: „Auf meinen Ritten durch die Mark im Laufe der Manöver über- . zeugten mich die blühenden Gefilde, die im vollen Be triebe befindlichen Gewerbe genügsam, worin der wahre Grund unseres Volkswohlstandes, daß er in der frucht baren Arbeit zu finden ist. Ich weiß wohl, daß im großen Publikum, speziell im Auslande, mir leichtsinnige, nach Ruhm lüsterne Kriegsgedanken imputiert werden. Gott bewahre mich vor solchem verbrecherischen Leicht sinn! Ich weise solche Anschuldigungen mit Entrüstung zurück." — Fast alle deutschen BundeSfürsten haben den Reichskanzler zu feiner jüngsten Rede und deren Erfolg beglückwünscht. Ueb« die Wirkung der Rede auf den russischen Hof wird d«e „Köln. Ztg." noch telegraphiert: In der russischen Hofgesellschaft hat die Rede sichtbar imponiert: trotz aller Feindseligkeit wird oft der Wunsch vernehmbar, es möge doch so ä» patriotischer russischer Bismarck auftauchen. Auch die pÄWische Haltung des Reichstages hat großen Eindruck gewacht Der Zar soll fich seiner nächsten Umgebung gegenübev sthr anerken nend über den Freimut der Rede auSgesprochW und seine hohe Achtung vor Bismarck betont haben. Jedenfalls darf man noch immer hoffen, daß, wenn fich die EM- mung erst einmal geklärt hat, die Wirkung eine M» sein wird. — Die Sozialistengesetzkommisston de- ReichStageS hat die Verlängerung de- unveränderten Gesetzes für zwei Jahre, bis 30. September 1890, mit allen gegen drei Stimmen beschlossen. Zum Referenten für das Plenum ist Abg. vr. Meyer-Jena bestellt. — Die Wein- gesetzkommtsfion dr» Reichstage» hat die erste Lesung des Entwurfes beendet und wird in die zweite Lesung am L1. Februar eintreten. — Der Abg. Goldschmidt hat im Reichstage ein«» Antrag eingebracht, nach welchem die Bestimmungen des Gesetzes über den Verkehr mit zink- und bleihaltigen Gegenständen auf da- Feilhalten und Verkaufen voii Konserven erst vom 1. Oktober 1889 ab Anwendung finden sollen. — Die russischen Papiere find bekanntlich für viele deutsche, und besonders kleinere Kapitalisten, ein LeidtnS- kapital. Vleichgiltig, ob nun etwa- starke Unvorsichtig keit vorgelegen hat oder nicht, «S ist Thatsache, daß noch immer viele Millionen russischer Werte in deutschen Händen fich befinden. Wenn es nur kleine Posten wäre«, die fich in den einzelnen Händen befinden, so ließe fich die Sache noch eher mit ansehen, Lber es ist konstatiert, Lazarett gebracht. Obschon der Grad der Verwundung wenig Hoffnung auf Erhaltung dieses, Offiziers zuließ, so erwies sich doch, was eine kräftige und bisher gesund erhaltene Natur vermochte: schon im Monat Juli war er retsefähtg, sodaß er die verhältnismäßig weite Reise zu seinen Eltern in Clausthal ohne Nachteil ausführen konnte. Immerhin war dieser günstige Zustand leider uicht von langer Dauer, denn heftige Rückenschmerzen begannen bald nach seiner Rückkehr nach Deutschland ihn sehr zu quälen. Badekuren und Operationen blieben wirkungslos. Erst im Sommer 1873 trat «ine bessere Zeit für den Invaliden ein, sodaß er bis zum Jahre 1879 sich einer glücklichen Ehe und dreier blühender Kinder erfreuen kovnte. Mit dem eben genannten Jahre begann aber die eigentliche und unbeschreiblich schwere Leidenszeit; er erhielt einen so starken Schlaganfall,, daß beide Beine und beide Arme al« ganz und die Zunge als halb gelähmt ärztlich erklärt wurden. Krämpfe bald stärkerer, bald schwächerer Art quälten ihn beständig; allein war er völlig hilflos wie ein Säugling. Sobald er für einige Stunden das Bett verlassen konnte, wurde er auf einem Fahrstuhl in die freie Luft gebracht, mußte hierbei aber stets mehrfach an den Sessel angeschnallt werden, weil ohne die» der Körper ganz zusammenfiel. Nur der Seift blieb gesund. Bor 4 Jahren erbot sich der inzwischen verstorbene Wirkliche Geheime Rat v. Langenbeck zu einer genaueren Untersuchung und konnte infolge derselben feststellen, daß die Kugel eine« Rücken wirbel seitlich getroffen habe, aber ohne wesentliche Be schädigung desselben abgeglitten und dicht daneben hinaus- gegangen sei; durch solchen Stoß gegen den Wirbel habe da- ganz« Rückgrat eine furchtbare Erschütterung erlitten, und diese allein habe zu den so überaus traurigen Zu ständen des Kranken geführt, für welche es eine Linde rung nicht gebe, noch früher gegeben habe. — Diese Zustände sollen hier nicht weiter erörtert werden; wohl aber ist es erstaunlich, daß solche Tag und Nacht, also fortwährend empfundenen Zustände von einem mensch lichen Körper neun Jahre lang ertragen werden können, und daß der Geist dabei noch gesund bleibe« kann. WäS dieseu aber aufrecht hielt, das war sein fester christlicher Glaube, der ihn eine» Tages in Krämpfen und mit halb gelähmter Zunge mühsam zu hem Schreiber dieser Zeilen aussprechen ließ: „Dem lieben Gott muß und werde ich stille halten!" Da- hat er denn auch getreulich gethan bis zu seinem letzten Atemzuge! Er war ein Held auf dem Schlachtfeld«, wie auch auf seinem Schmerzenslagers! Das einzige Labsal, welche- zu kosten ihm beständig ver gönnt war, war aufopferndste Menschenliebe, welche alle die Seinen, ihm beständig erwiesen und bewiese» haben. Ehr« stinem Andenken l S«teralstaa1»anwalt Bouchez. Das Schlimmste ist aber^ daß da- «ergernis jetzt auf die Straße gestiegtnist. Di- Bevölkerung von Pari- und anderen großen StädttM fängt jetzt an, die Träger de» Orden» der EhrealeMM öffentlich zu beschimpfe«! So erzählt da» „XIX. SiecltW daß in der Rue de Rivoli ein Herr von militärischeW Haltung, im Knopfloch die Rosette der Ehrenlegion^ MH einem Haufen Gassenjungen angegriffen und verhöhnt Ä worden sei. Einer der Gassenbuben stellte sich dem Aermsten frech in den Weg, zog seinen Hut und fragf-M „Entschuldigen Sie, mein Herr, wie viel haben Sie H dafür bezahlt?" Die andere« Bursche« lachten und Z schrieen: „Weg damit! 0kl uns Limousins! Da». ? riecht schlecht!" Da» ehrenvolle Abzeichen de» roten Bandes wird von dm Parisern bereit- nur noch mit dem Spottnamen „uns Limourins" nach der Unheil- vollen Frau Limoufln genannt. Und ähnliche empörende s Vorfälle wie in der Rue de Rivoli werden mehrfach ge- Meldet; auch aus LimogeS und Marseille. I« HavreZ wurde ein pensionierter Hauptmann gleichfalls auf Mv Straße mit dem Rufe „Limouriul" verhöhnt. Dieser^ hat die Beschimpfung aber nicht so ohne weiteres hin^H nommen, sondern an den General Faidherbe, al- de«W Sroßkanzler de- Orden« der Ehrenlegion, eine TiagaoeW gesandt, welche auch noch von anderen in Havre MW nenden Rittern der Ehrenlegion unterzeichnet worden ist. H In dieser Eingabe wird um die Streichung jener Per- , sonen au« den Ordenslisten gebeten, welche da» Kreuz 8 „durch Vermittelung der Gauner" erhalten haben. Die „ Bittsteller erklären, sie wollten nicht länger mit de« l Edmond Blanc, Jacquot, Legrand und andern auf eitler Stufe bleiben. General Faidherbe hat »och mehr der- ) artige Bittschriften und Eingaben erhalten; so au- dr» ß Departement» Vogesen, Rhone und Jsere." V Jttrlien. Z — Auch die italienische Regierung geht mit Schütz- H zöllen vor. König Humbert unterzeichnete ein Dekret, H durch welches der Getreidezoll von drei auf fünf Frankert M erhöht wird. A Rußland. H — In diplomatischen Kreisen verlautet, Gier» be- H reite auf des Zaren Befehl rin Rundschrribrn an die § Großmächte vor, worin die Aufmerksamkeit auf die That- Z fache gelenkt wird, daß die gegenwärtige Lage tu B«l- Z garien dem Berliner Vertrage widerstreite. — Der kürzlich gemaßregelte General der Infanterie, Z Fürst Barclay de Tolly, wird seinm Wohnsitz künftig in H Deutschland nehmen. Bulgarien. — Auf dem Schwarzen Meere in der Nähe der H bulgarischen Küste wurden mehrere verdächtige große Z Segelschiff« bemerkt. Ma» vermutet, daß e« sich dabei Ä um die Ausschiffung von Jnsurgentenbanden handelt. ' Z Türket. ' ' — Die „Agence Havas" meldet au» Kairo, nach Z dort vorliegenden Privatnachrichten habe in Beyruth ei« I heftiger Konflikt zwischen Christen und Muselmänner» stattgefunden. Almertka. j — Vereinigte Staaten. Aus New-York wird geschrieben: Die nordamerikanischen Arbeiter zeigen ihre» Z einwandernden Kollegen eine außerordentlich große Ab- S Neigung, die bei den Arbeiterverbänden geradezu in Feind- - seligkeit übergeht. Die Arbeiterverbände haben in de» < größeren Städten bereit» eine solche Macht erlangt, daß i «S piele Fabrikbesitzer gar nicht mehr wagen, einem Ar- ! belter ohne Erlaubnis des betreffenden Verbandes Arbeit zu gebe«. Die Erteilung dieser Erlaubnis wird aber von dem Eintritt de-betreffenden Arbeiters in den Ber- j band abhängig gemacht. Um ausgenommen werden zu können, muß sich der Bewerber dem Vorstände vorstellen, ß sich hinsichtlich seiner politischen Anschauungen einer Prü- i fung unterziehen und Gehorsam und Befolgung der Ge- H sellschaftSstatuten geloben. Die Union beschließt darnach V über die Aufnahme. Entscheidet sich der Verband für s die Aufnahme, so muß ei« Eintrittsgeld entrichtet wer- L den, dessen Bettag zwischen 15 und 50 Dollars schwankt. D Kann der Bewerber die SintrittSgebühr nicht sofort in H Bar entrichten, will er sich nicht den Statuten unter- O werfen, oder kann er mit seinen politischen Ansichten H keinen Anklang finden, so wird er nicht in die Union auf- H genommen und es wird ihm dann häufig schwer werde», < in seinem Fache Arbeit zu finden. Oft wird diese Auf- 's nahm« in den Verband seitens desselben wochenlang H verzögert und der Einwanderer auf diese Weise empfind- - lich geschädigt, da er während der Wartezeit ohne Ber- 1 dienst und Beschäftigung ist.