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Sächsische Slaalszeilung Staatsan^eiger für den Freistaat Sachsen Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» Ersch«iuung»tage». Bezug»prri»: Monatlich S Marl. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. LS 574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Etadtgirvtouto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 nun breite Grundzeit« oder deren Raum 35 Pf, di« 6S mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Delle 70 Pf, unter Ein« gesandt 1RM- Ermäßigung aus Geschästbauzetgen, Familiennachrichten und Stellen« gesuche. — Schluß der Annahme vormittag- 10 Uhr. Dresden, Freitag, 2S. November Nr. 277 Zeitweise Nebenblätter: Land tag---Beilage, Verlausslifle von Holzpflanzen auf den Staatsforstreviere», verantwortlich für die Redaktion: Oberregierung-rat Han» Block in Dresden. IS2S Das neue Gesetz zum Schutz der Republik. will solche Schutzbeflim Berlin, 29 November. Wenn auch die heutige Reich-tagSsitzung. in der kaS dem Volksbegehren zugrunde liegende „Freiheit-gesetz" in erster Lesung behandelt werden soll, politisch Überaus interessant zu werden ver spricht, so werden sich größere parlamentarische Kämpfe darum doch nicht entwickeln. -Inders steht eS um das Ge,eh zum Schutze der Republik, das der Reichsinnenminister Severing am Montag dem Reichstag vorzulegen gedenkt. Hier haben sich zwischen der Auffassung der Reichsregierung und derjenigen des Reichs rates wesentliche Berschievenheiten ergeben, so haß das Gesetz in der Form, die ihm vom Reichs- rat gegeben wurde, kaum mehr dem entsprich«, was die hinter dem ReichSinnenniinister stehende Mehrheit der Sabine lsmitglieder fordert. Bei solcher Sachlage der Dinge ist die Möglichkeit, daß eS zu einer Doppelvor'age kommt, durchaus ge geben. Wollte daS Gesetz in seiner bisherigen Form den Schutz politischer Persönlichkeiten, soweit sie denr republikanischen Lager angehören, sicher stellen, so dehnt der Entwurf de» Reichs rat» diesen Schutz ans im politisch»» -Veb.^Oach-nd« Persönlichkeiten SP«,- Haupt au», gleichviel welcher politi schen Richtung sie angehören mögen. Ähnlich bestimmte der Entwurf der Reichö regierung, daß nur solche verstorbenen republika nischen Staatsmänner vor Beschimpfungen und Be leidigungen geschützt werden sollen, die drrrch Aewalttätigkelt um» Leben gekommen sind Prak tisch wäre da» dahin hinauSgelausen, daß zum Beispiel nur da» Andenken RathenauS oder Erz- bergers in Schutz genommen worden wäre. Der angewendet wissen, politisch tätig gewesen spiel allein schon ist ReichSratSenlwmf in Toten überhaupt soweit sie im Leben sind. An diesem Bei zu erkennen, daß der mancherlei Beziehung Reichsrat dagegen mungen auf alle umsassender ist, als das vom Reich-innen- mintfler eingebrachte Gesetz. Fraglich ist nur, ob der Entwurf de» ReichSrals politisch den Zweck zu erfüllen geeignet ist, den man regierungsseitig mit der Einbringung des Republik,chutzgesetzeS verfolgt. - Besondere Schwierigkeiten ergeben sich im übrigen auch in den Punkten, die von dem Recht der Auflösung von Vereinen und des Verbots von Zeitungen handeln Da»Recht zur Ergreifung von Maßnahmen, die in diese- Bebtet hineingehören, steht verfassu«g»gemSb den Ländern zu, so zwar, daß das Reich nur auf dem Wege über die Länder gegen Vereine oder Zeitungen vor gehen kann. Über diese verfassung-rechlichen Be stimmungen setzt sich der Gesetzentwurf Severing- Hinweg, die Reich-regterung fordert von den Län dern die Anerkennung der Zuständigkeit de- Reich»- innenministerS in diesen Dingen ohne Berücksich- tigung der Länderrechte Drotzdem aber im ReichS- rat die preußische Regierung sich für den Ent- wurf de» Reiche« einfetzte, wahrte der Reich<rat die Rechte der Länder mit großer Mehrheit. Durch nicht- kann die Unsicherheit über do» Schicksal, . da» .. de« Republikschutzgesetze» i« Parlamente harrt, deutliche« gekennzeichnet werden Tenn zweifelt»« werden die Widerstände, die ihm im ReichSrat entgegengesetzt wurden, im Reichstag eine nicht geringe Resonanz finden, vor allem dürsten di« katholischen Parteien, also di« Bayrische Volk-Partei und da» Reich«- zentrum, mit ihrer Opposition gegen da« Re- publikrchutzgesetz Trümpfe in die Hand gewinnen wollen, die sie dann ausspielen werden, wenn e» um Reich-reform und Reichtfinanzreform gehen wird. Einstweilen verlautet nur, daß die Reichs regierung am Montag versuchen wird, gegenüber dem vom Reichsrat abgeänderten Sntwurs eine- RepublikschutzgeietzeS den uriprünglichen Wortlaut wieder herzustellen. Wieweit ihr die Parteien aus diesem Wege Gefolgschaft leisten werden, läßt sich heute noch keine-weg« übersehen. Die letzten britischen Truppen im Rheinland. London, 2» November. „Time»" weisen daraus hin, daß heute die letzte Etappe der Zurückziehung der brittsche« Lruppen a»S dem Rheinland beginn». «S stehen »ur noch zwei Bataillone im Rheinland die ««sang Dezember abdesSrdert werden sollen. Die Befreiungsfeier am Deutschen Eck. Koblenz, 29. November. Bei der BesreiungSfeier, die in der Nacht zum 1. Dezember am Deutschen Eck flattfindet, werden die Reich«- und die preußische Regierung durch den Minister für die besetzten Gebiete vr. Wirth und den Kultusminister vr. Becker vertreten sein; wahrscheinlich wird auch Wohlfahrt-Minister vr. Hirtsiefer an der Feier teilnehmen. Di« Feier wird vom Frankfurter Sender übernommen und auf die Sender Stuttgart. Leipzig, Breslau, München und den Deulichlandsender übertragen werden. Oie Unterbringung der deutfchstämmigen Rußlandbauern. Berlin, 29. November. Wie ivir au« politischen Kreisen hören, hat der deutsche Vertreter in Montteal die Presse- Meldungen, wonach der kanadische Einwanderung-» minister die Zulassung der deutschstämmigen Bauern ln Kanada während der Wtnlermonate verweigert haben s-kk, M unzutreffend bezeichnet. Zkl PM tischen Kreisen steht man jedoch die Aussichten da für, daß die Flüchtlinge noch während de- Winter« in Kanada untergebracht werden können, al« un günstig an. AI« wir weiter erfahren, ist gestern ein erster Transport von 1000 Auswanderern aus Mokkau nach Riga abgegangen. Zn Deutschland nichts von einer Rats» tagung in London bekannt. Berlin, 29 Noveniber. Zu der Meldung des „Marin", daß ge plant sei, die Januartagung de- Völker- bundSratS nach London zu verlegen, und sie dort einige Tage lang gleichzeitig mit der Londoner Seeabrüstungskopserenz abzuhallen, hören wir von unterrichteter Seite, daß in Deutschland über einen derartigen Vorschlag nichts bekannt ist. Man nimmt in hiesigen politischen Kreisen an, daß eS sich lediglich um Gerüchte handelt Die Gaarlonferenz. Einigung über das Arbeitsprogramm. Paris, 29. November. Die Vorverhandlungen über das Arbeit-- Programm der deutsch sranzösischen Saarkonferenz haben dahin gesühr«, daß der erste Unteraus- schuß (Gruben) und det zweite Unter- au-schuß (Handels- und Zollfragen) morgen ihre Arbeiten ausnehmen werden. Ten Vorsitz auf deutscher Seile führt im ersten Unter ausschuß Geh. RegierungSrat Ministerialrat Claussen vom ReichSwirtschasikwinisterium, im zweiten Unterausschuß Ministerialrat Weymann vom ReichSfinanzmtnisterium. Sin wichtiger Tag im Reichstag. Berlin, 29. November. Auf der Tagesordnung der ReichStagssitzung. die heule um 2 Uhr beginnt, fleht nur die erste Beratung de» aus dem Volksbegehren hervorgegangenen „Gesetzes gegen die Versklavung des deutschen Volkes". Damit verbunden ist die Beratung de» An trages vr. F r i ck (Nationalsozialist), den Volksentscheid nicht vor dem12.Ianuar stattftnden zu lassen und de» Antrage- Graf Westarp (deutschnational), in der Reichs- flimmordnung die hohen kirchlichen Feiertage, den dritten und vierten Advents sonntag. den Palmsonntag und den Weißen Sonn tag al- Wahltage aukzuschließen. Keine Ooppelvorlage des Republik- schutzgefetzes. Tie Reichsregierung hat sich laut „Bossischer Zeitung" entschlossen, di« vom ReichSrat an dem neuen Repubiikschutzgesetz vorgenommenen Ände- nmgen nicht zu beanstanden. Sie wird also kein« Toppeloorlage erbringe». Lockerungen der Wohnungtzzwangswirt» schäft in Bayern. München, 29. November Ten in der letzten Zeit in andern deutschen Ländern vorgenommenen Lockerungen der Woh- nungSzwang-wirtschaft ist nunmehr auch Bayern gefolgt, und zwar mit zwei Verordnungen, die beide ab 1. Januar 1930 in Kraft treten. Die erste Verordnung enthält eine Abänderung der Wohnungsmangelverordnung und bringt für die hochwertigen und die teuren Wohnungen erhebliche Frei setzungen von bisher bestehenden Vor schriften. So ist z. B. der Vermieter einer hochwertigen Wohnung in der Auswahl seine« Mieter- völlig frei. Teure Wohnungen können unter bestimmten Voraus setzungen frei vermietet werde« Die zweite Verordnung bezieht sich auf die Lockerung des Mieterschutzes und der Mietzin«- ordnung und setzt die auf diesem Gebiete bereits eingeleitete Befreiung neubegründeter Miet- verhälln'sse fort. Tie Bestimmungen über gewerb lich und geschäftlich, benutzte Räume und über die Unlermiete sind unverändert in Kraft geblieben Präsidentenwahl im preußischen Landtag. Berlin, 29. November. Im Preußischen Landtag wurde an Steve de- zurückgetre«enen Abgeordneten vr. Porsch (g.) Abgeordneter Baum Hoss (Z.) zum zwelken Vize präsidenten mit 288 Stimmen gewählt. ' Schulzwang zur Verfaffungsfeier. Berlin, 29. November. Ter der Kommunistischen Partei angehörende Elektrotechniker Lehmann in Grunau in Schlesien hatte seine schulpflichtigen Sinder nicht zur ver- sassungtfeier in die Schule geschickt, weil er den Standpunkt vertrat, daß die Eltern, die mit der jetzigen Staattform nicht einverstanven sind, auch ihre Sinder nicht zu der SchuloerfassungSfeier zu schicke« brauchten. DaS Hirschberger Amtsgericht ver urteilte nach einer Meldung der „D. A. g." auS Hirschberg Lehmann mit der Begründung, daß die Schulfeiern einen Teil de- Unterricht- darsiellten und daher von allen Kindern besucht werden müßten. Dieser Ansicht ist jetzt auch da« Kammergertcht beigetreten, indem es die Revision Lehmanns gegen das amtSgertchtliche Urteil verworfen hat. Rach Auffassung de- Kammergericht« hat zwar jeder Deutsche da« Recht, seine Meinung sret zu äußern, ober nur innerhalb der allgemeinen Gesetze. Zu diesen Schranken der Betätigung der freien Meinungs äußerung gehöre auch da- Schulpflichtgeseh, welche» jeder Familienvater beachten müsse. Entschließungen der -Deutschen Bauernschaft". Berlin, 29. November. Der Verein „Deutsche Bauernschaft", der heute seine zweitägigen Au-schußsixungen beendigt hat, faßte in deren Verlauf drei Resolu tionen. In der ersten wird u a. gesagt, da» Vertrauen in den Erfolg einer Zusammensassung der Kräfte müsse beeinträchtigt werden, wenn — wie die» durch Landbundstellen undGrüne Frout geschehe — diese Arbeit flaat-poliiisch mißbraucht und sür agitatorisch« parteipolitische Selbstzwecke in Anspruch genommen werde. In der zweiten Resolution heißt e» u. a.: Der in großen Umrißen sich abzeichnende deutsch- polnische Handelsvertrag widerspreche in allen wesentlichen Punkten den Interessen der deutschen Wirtschaft, insbesondere der deutschen Landwirtschaft. In der dritten Resolution wird u a. gesagt: Tie deutsche Agrarpolitik müsse auf die Existenz« Verbesserung der klein- und mittel bäuerlichen Wirtschaften und auf die Aufstiegsmöglichkeiten der jungen Generation ihr ganz besondere« Augenmerk richte«. Dem notleidenden Pächterstande müsse d«rch Sch«fs««g «t«e» D«»erp«cht- rechte« geholfen werden. Zur Beieiitgung de« derzeitige« Mißverhältnisse« zwischen Einnahmen und Ausgaben in den landwirtschaftlichen Be trieben sei die sofortige Verwirklichung der vom Reichstag beschloßenen und von der Reich-legie- rung geplanten handelSpolrtischen Mafnahmen betreffend Zollerhöhuvgen für Butter, Vieh und Fleisch und die Getreiveprersfla^ung-altion u«- bedingt erforderlich Disziplinarverfahren gegen Berliner Studenten. Berlin, 29. November Zu den Vorgängen, die sich kürzlich in der Universität nach einer Kundgebung der allgemeinen Studentenschaft abgespielt haben, wird jetzt laut „Lokalanzeiger" bekannt, daß gegen die AuS- schußmitglteder und gegen denvorstan.d der Studentenschaft Disziplinarunter suchungen eingeleitet worden sind. Dem Vorsitzenden der Studentenschaft, Hoppe, der nicht immatrikuliert gewesen ist, wurde seine Neuimmatrikulatton verweigert Hoppe hat gegen die Maßnahme Beschwerde eingelegt. Sie gestrige« Seratuogen der Reichrtag-sraktionen. Berlin, 29. November. Im Reichstag hielten gestern nachmittag sämt liche Fraktionen Sitzungen ab. Die sozialdemokratische Fraktion be sprach lediglich die politische Lage und faßte tetn« *^i^ Neich-saßSfraktio« de» Wtrt- schaft»partet beschäftigte sich mit den ««trägen auf früheren Ledeuschkuß am Weihnacht-Heiligabend Tie Fraktion beschloß wie da- Nachrichtenbüro de« VVZ. erfährt, diese Anträge zu bekämpfen. Die Fraktion der Deutschen volk»- parlei setzte ihre Erörterungen über Finanz- und Steuerfragen fort. Über daS Ergebnis der Beratungen erfährt da» Nach richtenbüro de« BDZ: „Die ReichktagSsraktion der Deutschen Volk-Partei hat sich in ihren leiten Sitzungen erneut und eingehend mit den Fragen der Finanz- und Steuerreform befaßt. Sie war einmütig der Überzeugung, daß eine weitere Hinausschiebung dieser Reform avgesicht» der wirtschaftlichen und finanziellen Lage nicht mehr verantwortet werden kann. Infolge besten hat die Fraktion beschlosten, die Reichs- regierung zu ersuchen, auf Grunv einer vom Kabinett gebilligten Vorlage de» ReichSfinanz- ministerS al-bald Verhandlungen mit den Re- gierung-parteien aufzunehmen mit dem Ziele, daß über Art, Umfang und zeitliche Folge der not wendigen Steuersenkungen spätesten« bi« Ende dieses Jahres Klarheit geschaffen wird." Die demokratische ReichstagSfraltion hat sich, wie da« Nachrichten-Büro de- VVZ. hört, in ihrer Fraktion-sitzung mit der zukünftigen Gestaltung der Reichsbahn besaßt. Die Fraktion wird die ReichSregierung ersuchen, dem Reichstag Mitteilung über da» Gesamtergebnis der Pariser Verhandlungen de« OrganisationSkomitee« zu machen. Tie Mitteilungen, die bi« jetzt über da» neue ReichSbahngesetz bekannt geworden sind, geben Anlaß zu den stärksten Bedenken. Die demokratische ReichStagSfraktton wird dem Reich«- oerkehtSminifler Stegerwald Vorschläge zuleiten, die im deutsche« Jrttereste bet den kommenden Haager Verhandlungen Berücksichtigung finde« müssen. Die Zentrumsfrattton trat gestern nach Schluß der Sitzung zu längerer Beratung zu sammen. Tie Fraktion beschäftigte sich auSgiebig mit dem polnischen Liquidatton-abkommen, da« einer sehr scharfen Kritik von allen Selten unterzogen wurde. Eine endgültige Stellungnahme wurde aber nicht beschlossen. Die Agrarfragen werden vorläufig noch zurück- gestellt, da die maßgebenden agrarischen Abgeord neten noch verhindert waren. Die deutschnattonale ReichStag«- fraktion beendete ihre Fraktion-sitzung nach fast siebenflündiger Dauer erst in der zehnten Abend stunde. Die Verhandlungen wurden für vertrau- ltch erklär». Al« Redner für di« Beratung de» „FreihettSgesetze»" tm R«ich»tag*pl«num bestimmte die Fraktion die Abgeordneten Vr. vber- fohren und Freiherrn v. Fretztagh - Loringhoven. Wie i» Reichstag« verlautet, ist di« heutig« sechs-