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71, 26. März 1904. Nichtamtlicher Leu. 2801 der Ausstellung errichtet und liefern Arbeiter zur Aufstellung der von den ausländischen Ausstellern gesandten Pavillons. Außer dem bauen diese Werkstätten für Hunderte von amerikanischen Ausstellern ganz besonders schöne Vitrinen und Pavillons. Wie die St. Louiser Zeitungen melden, werden die gesamten deutschen Ausstellungsgegenstände bis zum 20. April spätestens eingeräumt sein. Deutschland wird zu den ersten Staaten gehören, die voll kommen mit dem Einräumen fertig sind. Auch England und Frank reich dürften früher in St. Louis fertig werden als auf irgend einer andern Ausstellung. Aus Japan sind fünfzehn Wagen ladungen Ausstellungsgut eingetroffen, ebenso hat China ganze Wagenladungen eingeliefert und teilweise eingeräumt. Es unter liegt keinem Zweifel, daß die Ausstellung vor dem Eröffnungs- termin vollständig fertig sein wird, wie noch nie vorher eine internationale Ausstellung. Der größte Ansturm von Aus stellungsgut wird aus Amerika selbst in den letzten Tagen des April erfolgen. Man nimmt an, daß der Monat April 25 bis 30 000 Wagenladungenqpllein aus Amerika nach St. Louis bringen wird. Es werden alle möglichen Vorkehrungen getroffen, um ein Anstauen von Wagen und Gütern zu vermeiden. Auch die amerikanischen Aussteller werden sich jedenfalls beeilen, rechtzeitig fertig zu sein, da bei der Prämiierung diejenigen Aussteller, die vor dem Eröffnungstage vollständig fertig eingeräumt haben, einige Points mehr erhalten als diejenigen, die bei der Eröffnung der Ausstellung noch im Rückstände waren. (Nach: »Mitteilungen aus dem deutschen Reichskommissariat für die Weltausstellung in St. Louis.« Universitäts-Jubiläum. — Die Universität Chicago beging am 23. d. M. die Feier ihres fünfzigjährigen Bestehens. Der deutsche Botschafter hielt eine Ansprache, an deren Schlüsse er im Aufträge des Kaisers folgende Botschaft verlas: »Die Universität Chicago vereint heute deutsche und ameri kanische Gelehrte, um die Reziprozität der Beziehungen zwischen der Wissenschaft beider Länder zu feiern. Das glückliche Er eignis, dessen Bedeutung Mir bewußt ist, hat Meine vollste Sympathie. Ich danke der Universität Chicago für die Meinem Botschafter erwiesene große Ehre und hoffe, daß die Universität Wi lhelm U.« ist dessen Ernennung zum Ehrendoktor der Universität. Mit ihm wurde aus Anlaß der Feier einer Reihe deutscher Gelehrten die gleiche Ehre zuteil. Alte Schulbücher. — Der Nationalzeitung (Berlin) ent nehmen wir die nachfolgende Betrachtung eines Familienvaters, der als Beamter häufigen Versetzungen in andre Landesteile Preußens ausgesetzt ist und betreffs des Übermaßes der deutschen Schulbücher-Erzeugung schmerzliche Erfahrungen gesammelt hat. Er schreibt: »Wenn ein Halbjahr zu Ende geht, erfährt meine Alters und Jnvaliditätsbücherei, die eine anmutige Sammlung ausge dienter Scharteken umfaßt, jedesmal eine unerwünschte Ver mehrung. Wer als versetzungsfähiger Beamter mit einem halben Dutzend hoffnungsfähiger Sprößlinge nahezu ein halbes Dutzend preußische Provinzen hat abklappern müssen, kann ein Lied von der Anhäufung alter Schulbücher singen, die alle einmal ein gutes Stück Geld gekostet haben. Da stehen zunächst in stattlicher Reihe die alten Kirchen- und Schulgesangbücher. Jede Provinz mehreren Provinzen deren mehrere gibt. Wenigstens lese ich auf dem Titelblatt eines in Lübben erschienenen Gesangbuchs: »Aus Veranstaltung der Herren Stände des Markgrafentums Nieder lausitz«. Die Wahrscheinlichkeit liegt vor, daß die Herren Stände der Oberlausitz ihre besondere Veranstaltung getroffen haben. Diese Gesangbücher, fast durchweg alphabetisch geordnet, unter scheiden sich zum Teil durch den Umfang, zum Teil durch den Text. In den einen ist man offenbar bemüht gewesen, den ursprünglichen Text in möglichster ^Reinheit« herzustellen, ohne sich an etwaige Derbheiten zu stoßen; in den andern hat man ^ diese Derbheiten sorgfältig ausgemerzt ^ und sie ^ durch lieber für den Konfirmandenunterricht. — Darauf^ fiilgen^die Rechenbücher, auch eine recht hübsche Menge. Als ich vor vierzig Jahren als zehnjähriger Bursche die zweite Klasse der Dorf schule verließ, hatte ich noch kein gedrucktes Rechenbuch ge sehen. Unser Rechenbuch war unser alter Kantor, und ich kann versichern, daß ich damals in numeris besser beschlagen war, als Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 71. Jahrgang. jetzt meine sechzehnjährige Tochter, die mit mindestens einem Dutzend methodenfester Lehrbücher geplagt worden ist. — Unter den andern Veteranen sind die Geschichts- und Lesebücher, die lateinischen Grammatiken und die griechischen und römischen Klassiker am häufigsten vertreten. Am wenigsten strapaziert sind die naturwissenschaftlichen Leitfäden, die noch so reinlich und harmlos in die Welt blicken, als wären sie erst eben gekauft. Und doch stehen einige von ihnen schon länger als zehn Jahre im Dienst — die Naturwissenschaften werden halt immer noch ein wenig beiläufig behandelt, namentlich auf den Gymnasien. — Die Schulbücher haben im letzten Jahrzehnt ge schmackvollere Einbände erhalten als früher, wo sie alle denselben -ledernen« Eindruck machten. Darum sollte man sich vor der schauderhaften Unsitte hüten, die auf einigen Lehranstalten herrscht, die Bücher, auch die mit den stärksten Einbanddeckeln, in blaues Papier einzuschlagen. Das ist doch ein häßlicher Zug von Uniformierungswut, der den Büchern alle äußere Eigenart raubt. Wie fade sehen diese Gesellen in ihrem blauen Rock mit den weißen Achselklappen aus!« Goethebund. — Der Vorort des Goethebunds, Dresden, hat einen Delegiertentag der örtlich begrenzten Zweige des Bunds Beratungen sollen den Vorbereitungen des allgemeinen Schiller- Gedenktags am 9. Mai 1905 (der hundertsten Wiederkehr von Schillers Todestag) gewidmet sein, auch der Verteilung des schen Finanzministeriums eine Reihe von Postzollvorschristen für die Einfuhr von Mustern und Briefsendungen nach Italien mit geteilt. Diese Vorschriften begegnen in ihrer strengen Durch führung lebhafter Unzufriedenheit. Der Vossischen Zeitung (Berlin) wird unter dem 18. d. M. aus Rom geschrieben: »Bei dem bekannten maßlosen Fiskalismus in Italien kann cs nicht wundernehmen, daß hier auch die aus dem Ausland kommende geistige Nahrung besteuert wird. Um dieser anstößigen Tatsache ein Mäntelchen umzuhängen, hatte die bisherige Zoll praxis sich darauf beschränkt, die gebundenen Bücher mit einem Eingangszoll von 20 Lire auf den Doppelzentner zu belasten. Jetzt ist man damit nicht mehr zufrieden. Um auch die un gebundenen Drucksachen aller Art belasten zu können, ist durch einfache Verordnung des Postministers die Zulassung der Streif bandsendungen aus dem Ausland in einer Weise beschränkt worden, die sogar durch hiesige Zeitungen als -bedauerlich, miß bräuchlich und ungesetzlich«, weil im Widerspruch mit den inter nationalen Postverträgen, bezeichnet wird. -Offenbar im puren Interesse der Zollverwaltung hat der Minister den Postämtern drei Verzeichnisse von Artikeln zugehen lassen, deren Postversand ganz neuen Bestimmungen unterworfen wird. Das Verzeichnis ^ zählt die Artikel auf, die unter keiner Bedingung, auch nicht geben Zahlung des Zolls, ^auf dein^Post- Benachteiligungen besonders des Fremdenpublikums bilden werden, — und im Verzeichnis 6 endlich entdeckt man zu sehr unliebsamer Überraschung eine den Verkehr mit Drucksachen aufs schwerste schädigende Verschärfung der bisherigen im Gebiete des Weltpost vereins geltenden Bestimmungen über die Maximalgewichte. Auch die Sendungen unter L und 0 sollen der Zurückweisung (anstatt der Nachzahlung des Mehrportos durch den Empfänger) unter liegen, wenn sie das neue herabgesetzte Maximalgewicht über schreiten »oder sonstwie nicht den vorgeschriebenen Bedingungen ent sprechen«. Die neuen Maximalgewicht«: betragen: für ungebundene Bücher, Broschüren, Zeitschriften und lose Drucksachen aller Art 1 Ic§ (statt wie bisher 2 k^); für gebundene Bücher 400 § (statt wie bisher 2 k^); für Zeichnungen, Karten, Stiche, Photo- 371