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Sächsische Staatszeilung den Zreiftaat Sachsen Staatsan^eiger für Erscheint verklag- nachmittags mit dem Datum de-LrschetnungStageS. Be-ugSprei»: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern IS Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 212S5 — Schriftleitung Nr. 14574, Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140, Ankündigungen: Die 32 nnn breite Grundzeile oder deren Raum SS Ps„ die 66 nun breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 70 Pf, unter Ein gesandt 1RM. Ermäßigung auf Geschäftsanzeigen, Familiennachrichten und Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittag- 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landlags-Beilage, Verlaufsliste von Hol-Pflanzen auf den Staatsforstrevieren. verantwortlich für die Redaktion: I. v.: vr. Fritz Klauber in Dresden. 192S Dresden, Mittwoch, 22. Mai Ar. 116 Sedenlen gegen das amerikanische Zugeständnis. Paris, 22. Mat. Der „Chicago Tribune- wird auS Washington gemeldct, daß der Beschluß Hoover», die amerikanischen Schuldensordernngen herabznsetzrn, -war -iemlich allgemein ge. billigt werde, daß aber doch einige «reise, darnnter vor allem die Senator»« Smoot «nd Borah, das Vorgehen de» Priljidenten nicht iu nnierflützen schienen, «ährend Smoot alS Vorsitzender deS FtnantanSschnsse» die Ansicht vertreie, daß die Rattfi-ierung des französisch.amerikanisch»« Schuld»«, abkommens als Vorbedingung sür die Herabsetzung der amerikanischen Ansprüche ausgestellt werden müsse, sei Senator Borah der Meinung, daß die Regelung, die in Paris vor- bereitet werde, für Deutschland unbillig sei. Wenn, so habe Senator Borah erklärt, eine Regeln»« der Schulden- und ReparattouS- Probleme erreicht werden könne, die eine end- gültige Berständigung darstelle und rin Gefühl der Genugtnnng bei allen beteiligten Parteien auslöst, dann wäre eS Pflicht und Schuldigkeit der Bereinigte« Staate«, ei«e vernü«fttge Ko«- zession z« machen. AVer die Zugeständnisse der Alliierten schiene«, de« Zeitungsberichten -«. folge, Nicht weitgehend genug zu sein. Er glaube daher nicht, daß sie »ine endgültige oder zufriedenstellende Regelung bedeuteten. ilmbildung der Landwirtschaft-, lammeru. Tie preußische Negierung hat jetzt den ersten Entwurf eines neuen Landwirtschaftskammergesetzes an die interessierten Kreise zur Stellungnahme gehen lassen Der neue Gesetzentwurf bestimmt, daß jeder Verufsangehvrige der Land wirtschaft das aktive und passive Wahl recht mit dem 20. bzw. 25. Lebenswahr haben soll. Berufsangehöriger ist jeder, der in der Landwirlschaft tätig ist, gleichviel, ob Besitzer, tätige Landfrau, Inspektor, Angestellter oder Land- aibeiter und tätige Landarbeitersrau. Es werden zwei Wahlgruppen geschaffen: in der einen wällen die Betriebsinhaber und wahlberechtigten Ehegatten, sowie die selbständigen Leiter fremder Betriebe zwei Drittel tet Kammersitze, und in der anderen alle übrigen Berussgenossen ein Drittel. Bon diesem Schema werden Abweichungen zugelassen, wenn das zahlenmäßige Verhältnis von Selbständigen zu Nichtselbfländigen in einem Kammerbezirk erheblich vom Reichsdurchschnilt ab- weickt. Der Wahlgruppe der Nichtselbständigen werden überall Sitze in den Präsidien der Kammern gesichert. Der Staat schallet sich außerdem kräf tiger als bisher mit seinem Aussichtsrecht ein, um die Arbeit der Kammern immer genau beobachten zu können Zu den Konkordat-Verhandlungen in Preußen. Berlin, 22. Mat Bei einem Abschluß der KonkordalSoerhand- lungen zwischen Preußen und der Kurie ist, wie der Demokratische Zeitungsdtenst berichtet, damit zu rechnen, daß auch die sinanzielle Auseinandersetzung zwischen dem preußischen Staat und der katholischen Kirche eine Neu regelung erfährt. Insgesamt betrugen die Leistungen des pieusischen EtaateS rund 1,4 Millionen Mark. Nach den bisherigen Verhandlungen könne an genommen werden, daß sich die finanziellen Auf- Wendungen Preußens in Zukunst schon infolge der Neuschaffung von Erzbistümern und Bistümern steigern würden, und zwar sei in Zukunft ein Betrag von insgesamt 2,8 Millionen Mark in Aussicht genommen. Unabhängig von den Kon- kordattbestimmungen feien die Zuschüsse, die der preußische Staat an die katholischen Geistlichen und Kirchen leiste. Sie betrügen sür das laufende Rechnungsjahr rund 21,4 Millionen Mark. Inner halb der preußischen StaatSregierung sei man durchaus bereit, entsprechende finanzielle Ver handlungen auch mit den Vertretern der evange lischen Kirche zu führen. Ablehnung -er wesentlichsten deutschen Vorbehalte. Antwort auf die deutschen Vorbehalte. — Noch keine Einigung über den Verteilungsschlüssel. - Erstarkung des deutschen Widerstandes. Paris, 22. Mai. Wie nach den letzten Meldungen anzunehmen war, haben die Gläubigerdelegationen im Laufe des gestrigen Tages ihre Erwiderung aus die deutschen Vorbehalte in eine endgültige Form gegossen und werden sie heute der deulfchen Delegation in Gestalt eines Brieses, dem ein An hang angesügt werden soll, übermitteln lassen. ES ist amNich über den Inhalt der beiden Schrift stücke nicht das geringste zu erfahren; auch die deutjche Delegation erklärt, daß sie über den Ver lauf der gestrigen Verhandlungen nicht unterrichtet worden ist und daß sie demgemäß einstweilen dazu noch nicht Stellung nehmen kann. Wenn man aber den Informationen der französischen, aber auch der englischen Presse glauben darf, so muß geschlossen werden, daß die wesentlichsten deutschen Vorbehalte zum Teil vollkommen abgelehnt, zum anderen Teil nur unter der Bedingung einer fühlbaren Ab milderung angenommen worden. Allerdings sind auch in diesen Punkten die Angaben der in Frage kommenden Organe nicht einheitlich. So behauptet z. B. die französische Presse, daß für die letzten 21 Reparationsjahre die Gewinne der Reparations- bank dazu verwendet werden sollen, den vermin derten Anteil Italiens und Frankreich- an den Annuitäten der eisten 37 Jahre auszugleichen. Englische Stimmen dagegen behaupten, daß man in diesem Punkte den deutschen Wünschen nach- gelommen sei, diese Gewinne zur Bestreitung der deutschen Reparationen heranzuziehen. Es kann aber kaum ein Zweifel darüber bestehen, daß das Ausblingungsmoralorium, das von Deutschland für eine Mindestbauer von zwei Jahren gefordert wurde, abgekehnt wird, desgleichen auch die Be ¬ teiligung der österreichischen Nachfolgestaaten an den Tributkeistungen sür die letzten 21 Jahre Auch bezüglich der Hohe der von Deutschland geforderten Annuität lauten die vorliegenden An gaben nicht einheitlich Ein Teil der französischen Presse behauptet, daß die durchschnittliche Jahres leistung von L050 Millionen Goldmark grund sätzlich Zustimmung gesunden habe, während man anderseits auch der Lesart begegnet, daß man von Deutschland noch eine Zusatzleistung von min- besten- 25 Millionen Franken jährlich für die be sonderen Ansprüche der Belgier fordere. Im Gegensatz zu der Haltung der hiesigen Presse, die sich den Anschein gibt, als werde vr. Schacht die neuen Bedingungen ohne weiteres annehmen, muß darauf hingewiesen werden, daß die deutsche Delegation sich in den letzten Tagen den Wünschen der Gläubiger unzugänglicher er wiesen zu haben scheint als in der voraus gegangenen Zeitspanne. ES ist noch nichts darüber bekannt geworden, raß vr. Schacht gewillt ist, aus den Transferschutz im vollen Umfange zu ver zichten, ivie er ihn als Voraussetzung für die An nahme des Youngschen Planes als unerläßlich von vornherein bezeichnet hat. Es liegt auch in Deutsch lands Interesse, daß die Öffentlichkeit in der Heimat sich gerade hinsichtlich dieser Forderung rückhaltlos hinter die deutsche Abordnung stellt. Es erscheint dies um so notwendiger und an- gebrachter, als die Alliierten unter sich, wie es durchaus den Anschein hat, über den Verteilung?- schlüssel zu einer Einigung noch nicht gelangt sind. Tie Schwierigkeiten ter Konferenz liegen also nicht nur in der Frage der Leu schen Vor behalte, so daß ein überstürztes „Ja" nur vom Übel fein lönnie. Die protestationSseier in Speher. Speher, 22. Mai. Bei dem Festakt zur 400-Jahrseier der Pro- testation ergriff nach der Begrüßung durch Kirchen präsiden» v. Fleischmann aus Speyer der Vertreter der Reichsregierung,Staatsselretär Schmid-Berlin das Wort. Wenn die Reichsregierung einen Sonder vertreter zur Feier entsandt habe, so führte er u. a. aus, würdige sie dabei die Tatsache, daß die Pro- testation zu Speyer vom Jahre 1529 nicht nur den: evangelische:: Volksteil Namen und Mesensinhalt gegeben habe, sondern zu den bedeutendsten und solgeschwersten Ereignissen der deutschen Geschichte gehöre. Ter Grundsatz der religiösen Toleranz sei zu einem Element des deutschen Volksempsindens geworden und verfassungs mäßig auf das feierlichste gesichert. Heute sei durch die Netchsverfajsung der Grundsatz klarer Absteckung der Grundlinien zwischen Staat und Religion verwirklicht. Die Freiheit der Religionsübung und der Ber einigung zu Religionkgesellschaften würden vom Reich gewährleiste». Somit sei eine Grund forderung der Protestatio« Bestandteil d es m oder nenV er fassungsrechtsgeworden Der offiziell« Abgesandte der heutigen ReichS- regierung könne dieser Gedenkfeier beiwohnen, ohne irgendwie durch die Tatsache behindert zu werden, daß die Protestatio« einen Streitfall eisten Ranges -wischen der damaligen Reichsgewalt und den Anhängern des neuen Glaubens hervorlief. Wie vor 400 Jahren gegen ken türkischen Eroberer, so stehe, so fuhr Staatssekretär Schmid fort, das deutsche Volk auch iu dcr Gegenwart trotz ter konfessionellen Spaltung, die als historisches Fakmm hingenommen weiden müsse, einmütig in der Verteidigung seiner höchsten nauonalen Inter essen zusammen. In der alten Kaiserstadt, deren Mauern während eines Jahrtausend so ost deutsches Schicksal sichtbar geworden ist, erinnere man sich mit stolzer Bewunderung des heroischen Freiheits kampfes des Pfälzer Landes im letzten Jahrzehnt. Noch sei die Leidenszeit sür die Lande am Rhein nicht endgültig überwunden. Wir aber, fuhr der Red«« fort, Wiste», doch die Rheinhessen, Nhein- und Saarländer unbeschadet aller konfessionellen und weltanschaulichen Gegensätze in vorbehaltloser Geschlossenheit auch fernerhin die deutsche Wacht am Rhein halten werden, bis die Sonne der Frei heit auch die letzten dunklen Wolken siegreich durchdringt. Daraus nahm Staatsrat Vr. Korn als Ver treter der bayerischen Regierung das Wort. Er führte u. a. aus: Die staatliche Anteilnahme ist in der Erkenntnis begründet, wie wichtig und lebens- voll es sür den Staat ist, wenn die in ihm ver- Iietenen religiösen Bekenntnisse in erhebender Er innerung an ihr geschichtliche- Werden als die Wurzel ihrer inneren Kraft dos überkommene, in heißem Mühen errungene Erbe ihrer Väter pflegen und ehren. Tie Grüße des deutschen evangelischen Kirchenbundes und des deutschen evangelischen Kirchenausschusfes, deren Präsident er ist, überbrachte v. Kapler-Berlin. Er führte u. a. aus: Wir danken der evangelischen Kirche der Pfalz, daß sie inmitten der Nöte und Be drängnisse dieses hohe Fest veranstaltet hat. Als evangelische Christen wollen wir Protostanten bleiben gegen alle Mächte, die da- Evangelium in seinem freien Lauf hemmen. Bleibe^ wir Hüter Les evangelischen Glaubens und der Gewissens- sreiheit! Weiter sprachen für den deutschen evangelischen Kirchentag stellvertretender Vorsitzender v. Wolf- Aachen, sür die protestierenden 14 Städte Kirchenrat und Dekan Weigel, für die Ausländsdeutschen deS Ostens Bischof Pölchau-Riga, für die deutsche Schweiz Unioersitätspkosessorvr.Gul.Zülich, als Ver treter deS internationalen Verbandes zur Ver- kcidigung und Förderung deS Protestantismus Bischof Baltazcr-Debreczin und als letzter Generalsuper intendent v. Schöttler Magdeburg sür die Luther heimat. Die mnerpolitische Lage in Peru. New York, 22 Mai. Gerüchte, die von einer Revolution in Peru wissen wollten, werden hier sür unbegründet erklärt. CS feien zwar einige Studenten in Lima grkvokt worden, doch fri di- öfs-r?Mch-vrd» «ung im allgemeine» nicht gestört worde». Deutschland und die MndecheitenpoM. Nunmehr liegt die amtliche deutsche Denkschrift zur Minderheitenfrage vor. Sie darf als ein Dokument von bleibendem Wert betrachtet werden. Man darf Wohl sagen, daß die in ihr aufgestellten Richtlinien jedenfalls verwirklicht werden müssen, wenn die Minderheiten Vertrauen zum Völkerbund bekommen und die in ihrer Unterdrückung liegende« Gefahren beseitigt «»erden sollen. Natürlich stehen die einzelnen praktischen Vorschläge, die Deutschland macht, zur Diskussion. Man müßte aber schon bessere- zu sagen haben, wenn man sie ablehnen wollte. Was bisher seitens des Völkerbundes in Sachen der Minderheiten geschah, bleibt jedenfalls weit hinter den Forderungen der Gerechtigkeit zurück, wie sie in der deutschen Denkschrift vertreten werden. Es ist eins der traurigsten Kapitel de- Friedensschlusses von Versailles, in dem 12 Millionen Deutsche in Europa nicht-deutschen Staatsgeivalten untergeordnet werden. Gerade dieses Unglück be deute» aber anderseits auch eine heilige Ausgabe für Deutschland. Es ist gewissermaßen zur sührenden Mal t auf dein Gebiete der Minderheitenpolitik geworden, hat hier mehr Erfahrungen als andere zu machen und muß naturgemäß das, was eS sür die deutschen Minderheiten selbst fordert, auch anderen Minderheiten zugestehen. Innerhalb der deutschen Neichsgrcnzen genießen alle fremd sprachigen Minderheiten wohl heute schon ein Höchstmaß kultureller Selbständigkeit. DaS gute Beispiel, mit dem die deutsch« Reichsregierung Europa vorangeht, ist der stärkste Rückhalt sür di« Forderungen der deutschen Denkschrift, und auch die Ciegervvlker werden sich auf die Tauer dem, was gerecht ist, nicht entziehen können. Freilich herrscht bei ihren gegenwärtig noch vorwiegend der Imperialismus, der sich in Versailles so rücksichtslos austobte, höchstens im Hinblick auf die öffentliche Meinung durch ein paar billige und wenig ernst gemeinte moralische Floskeln verbrämt. Uber kurz oder lang werden aber einmal alle europäischen Staaten begreifen müssen, daß ver nünftige Behandlung der Minderheiten in ihren Gebieten sür jeden einzelnen Staat vorteilhafter ist, als Ler ersahrungsgemäß unfruchtbare und ge fährliche Versuch der „Assimilierung". Im Völkerbund erlitt bekanntlich Teutschland zunächst eine Niederlage, als im März diesesJahres trotz der glänzenden Rede Stresemanns das Minderheiten- problem vertagt wurde. Man griff zu dem üblichen Verlegenheitsausweg eines Sonderausschusses, der dann gegen DentschlandS Auffassung so klein gemacht wurde, daß gerade diejenigen Staaten in ihnen leinen Platz mehr sanden, die über die Minder heitenfrage aus eigener Erfahrung würden mit sprechen können. Man bildete ein Dreierkomitee, in dem Japan, England und Spanien vertrete« ist.' Kann dieses Komitee wegen seiner Kleinheit schon nichts Entscheidendes leisten, so wird e- auch kein übermäßiges Vertrauen sür sich be anspruchen können, da der überwiegende Einfluß der Entente, besonders der englische, in die Augen springt. Man hätte schon in der Zusammen setzung der Minderheitenkommission einen stärkere» Willen zur Gerechtigkeit und Ächlichkeit beweisen müssen. Immerhin beweist die Einsetzung diese- Dreierlomitees, das gegenwärtig in London an der Arbeit ist, daß man sich der vorliegende« Ausgabe doch nicht einfach entziehen kann. So ist wenigstens der Anknüpfungspunkt sür die Fort führung der Arbeiten gegeben. Es wird mit de, Minderheitenfrage schließlich wie mit der Ab rüstungsfrage gehen: die Genfer Instanzen ver sagen, und so muß sich Deutschland an andere Instanzen wenden, an die eigentliche Abrüstungs konferenz hier, an die kommende größere Minder heitenkommission da, vor allem letzten Endes an die öffentliche Meinung Europas, die denn doch auch als politischer Faktor zu beachten ist und sich einmal zur Geltung bringen wird Der erste Teil der deutschen Denkschrift sucht di« Garantie der Völkerbundes für die Minder heitenrechte genauer zu umreißen. DaS ist nötig, damit nicht jedes Aufgreifen einer Minderheiten frage von den betroffenen Staaten sofort alS un zulässige Einmischung in ihre „inneren" Angelegen heiten abgelehnt werden kann. ES muß außerhalb der selbstverständlichen Loyalität, die von jedem Staatsangehörigen zu verlangen ist, im übrigen doch die Möglichkeit geboten werden, kulturell, sprachlich «nd religiös mit dem LNgchEMtr»