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^ 66, 21. März 1904. NichianUltch« Teil. 2625 vorhandenen Druckfehler nicht vergessen wurden. Hiergegen ließ sich natürlich nichts machen, da eben nach dem Erlöschen der Schutzfrist jedem der Nachdruck freistcht. Man war aber seitens des Nachdruckers darauf bedacht gewesen, die ganze Art und Weife der Ausstattung so nachzuahmen, daß nur die genauere Prüfung den Leser zu überzeugen vermochte, daß nicht die Ausgabe der hochangesehenen Verlagsfirma in Frage stehe, sondern eine andre, von einem andern Verleger hcrgestellte. Nach Lage der Sache bestand auch kein Zweifel darüber, daß diese Nachahmung der Ausstattung, insbesondere des Formats, des Einbands, des Aufdrucks usw., nur den Zweck verfolgte, das Publikum zu täuschen. Mit Rücksicht hierauf mußte auch die Frage, ob diesem Verfahren auf Grund des Bürgerlichen Gesetzbuchs (ZZ 823 bezw. 826) ent gegengetreten werden könnte, bejaht werden. Leider ist diese Sache nicht gerichtlich ausgetragen, sondern nach Erstattung eines Gutachtens von sachverstän diger Seite in Güte erledigt worden, so daß die Erwirkung einer präjudiziellen Entscheidung nicht möglich war; aber es unterliegt wohl keinem Bedenken, daß die Gerichte sich ebenfalls auf den Standpunkt des Gutachtens gestellt und die Anwendbarkeit des Bürgerlichen Gesetzbuchs bejaht hätten. — Ein andrer Fall, der allerdings weniger für Buchverlcger als für Zeitungen- und Zeitschriftenverlegcr Interesse hat, ist der des Abdrucks von Mitteilungen, an denen ein Urheberrecht nicht besteht, derart und in der Form, daß hierdurch der Anschein erweckt wird, es handle sich um Originalmitteilungen, die dem uachdruckenden Ver leger als solche zugekommen und von ihm auch als solche bezahlt worden seien. Auch bei dem Falle des sogenannten Gedaukendieb- stahls, der in der Nrheberrechtsgesetzgebung ebensowenig berücksichtigt wird, wie in der Gesetzgebung über den Schutz des gewerblichen Eigentums, kann die Heranziehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs von erheblicher Bedeutung sein. Wer jemand den Plan für die Ausarbeitung eines Buches mitteilt, kann sich urheberrechtlich nicht gegen ihn wenden, wenn dieser den Plan aufgreift und selbst ein Buch nach Maßgabe des ihm mitgcteilteu Plans herstellt. Dagegen würde ihm ohne Zweifel das Bürgerliche Gesetzbuch eine Handhabe bieten, um Ersatz des Schadens erlangen zu können, der ihm durch die betreffende Handlungsweise er wachsen ist. Es wird also fortan neben dem Spezialgesctz auch das Bürgerliche Gesetzbuch berücksichtigt werden müssen, wenn es sich um Beantwortung der Frage handelt, ob gewisse, mit der guten Sitte des Verlagsbuchhaudels im Widerspruch stehende, gleichwohl aber nicht unter das Urheberrecht fallende Handlungen wenigstens zu einer zivilrechtlichen Ahndung Anlaß geben können. Kraemer. Herzog Carl August und der Pariser Buchhändler Pougens*). In der großherzoglichcn Bibliothek zu Weimar befindet sich ein Aktenheft^ (in Folio, 0. 7), dessen Deckel folgende Aufschrift »^eta, den Antrag des Bürgers Pougens, eine Niederlage französischer neuer Bücher in Weimar zu veranstalten, betrf. 1802.« Dicse Akten hat der Geheime Hofrat, Herr Oborbibliothekar P. v. Bojanowski in Weimar zu einer für die Freunde der Lite ratur und für Buchhändler interessanten Schrift zu gestalten gewußt. Die erwähnten Schriftstücke bieten aus dem literarischen *) Herzog Carl August und der Pariser Buchhändler Pougens. Ein Beitrag zur Geschichte der internationalen Be ziehungen Weimars von P. von Bojanowski. 4". (26 S.) Weimar 1903, Hermann Böhlaus Nachfolger. Brosch. 1 ^ 20 H. hatten. Seine internationalen Beziehungen auf dem Gebiete der Literatur und der Kunst beginnen etwa mit 1772, mit dem Ein tritte Wielands in die Residenzstadt an der Ilm. Die glanzvolle Entwicklung der deutschen Literatur, mit der Weimar damals merksamkeit der Nachbarvölker in Anspruch. Wenn anfänglich die Straßen, die nach Weimar führten, nur wenige Wanderer auf- wielen, so wuchs bald die Zahl derer, die aus Frankreich, Eng land, Rußland, aus Amerika zur deutschen Musenstadt pilgerten. Besonders lebhaft zeigte sich diese Entwicklung in bezug auf Frank reich. 1773 fand sich in Weimar vorübergehend ein Franzose von Bedeutung, der Diplomat Cacault, ein. Cr war 1771 als Flücht ling nach Deutschland gekommen und bald zu Nicolai, Gleim, Ramler, Mendelssohn und vor allem zu Lessing in Beziehungen getreten. Sein Interesse für die deutsche Literatur drückte er durch eine Übersetzung der Oden Namlers (1777) und der Dramaturgie Lessings (1785) ins Französische aus. Cr kam nach Weimar, um Wieland kennen zu lernen. 1782 kamen zwei andre Franzosen, der Abbö G. Th. Fr. Raynal, ein damals vielgenannter Schriftsteller, und der Hellenist I. B. G. Ansse de Villoison nach Weimar. Villoison ivar schon mährend des Aufenthalts Carl Augusts in Paris mit dem Herzog in Beziehung gekommen und verweilte vom Mai 1782 bis Februar 1783 in Weimar. Er ist gewisser maßen der Entdecker Weimars für Frankreich. In seinen ^pi8toIa.6 Vinri.rien8e8 (1783) berichtet er seinen Landsleuten überschwenglich von dem »Mediceerhof in den thüringischen Landen, der dem Florentiner gleiche, mit dem Unterschied jedoch, daß der Fürst ebenso unterrichtet, ebenso erleuchtet, ebenso Freund der Literatur, zehnten Jahrhunderts mehrte sich dann infolge der politischen Ereignisse in Frankreich die Zahl der Gäste aus diesem Lande in Weimar. Nur einige Namen seien genannt: 1795 kam der Fran zosen (1796—1802). Später tragen sich der Politiker C. Jordan, der bereits 1791 und dann 1798 in Weimar geweilt hatte, sowie der Philosoph und Moralist I. v. Gerando mit ähnlichen Plänen. Die wiederholte Anwesenheit der Frau von Staöl mit ihren Be gleitern Benjamin Constant und Simonde de Sismondi (1804, 1808) bildete einen Höhepunkt in dem Verkehr, der sich von Frankreich nach Weimar hin entwickelt hatte. Die Befreiungs kriege bewirkten natürlich einen Stillstand. Aber wenige Jahre nach dem Friedensschluß wurde der Verkehr wieder lebhafter. Der Genius Goethes übte eine kraftvolle Anziehung aus und führte einen I. I. Ampere und V. Cousin nach Weimar, bis zuletzt David d'Angers dorthin eilte, um die Kolossalbüste Goethes in Marmor, eine französische Apotheose des Dichters, zu schaffen. Indessen nicht bloß in diesen längern oder kürzern Besuchen, die hervorragende Persönlichkeiten abstatten, bezeugt sich die Teil nahme, die man in Frankreich Weimar zuwendete. Zahlreiche Mitteilungen aus jenen Jahren bekunden, wie sich schon früh die Aufmerksamkeit der führenden Geister auf die deutsche Literatur und damit auch auf Weimar richtete. Auch die Briefe, die der Pariser Buchhändler Charles Pougens 1802 und 1803 an den Herzog Carl August schrieb, und Antworten des letztern, teils nach dessen eigenen, teils nach Goethes Konzepten (zum erstenmal von Bojanowski veröffentlicht), bezeugen dies, wenn schon darin neben dem literarischen sich auch ein geschäftliches Interesse geltend macht. Graf Charles Pougens, geboren 1755 in Paris, kam im Alter von 21 Jahren als Attache zu dem Vertreter Frankreichs nach Nom. Kunst und Wissenschaft behagten ihm indes inehr als die diplomatische Tätigkeit. Obwohl Pougens in Rom infolge der Pocken unheilbarer Blindheit verfallen mar, blieb er in amt licher Tätigkeit, bis der Ausbruch der Revolution ihn völlig ver mögenslos machte. Gezwungen, sich nach eigenem Erwerb um zusehen, gründete Pougens in Paris eine Buchhandlung und setzte mit' Eifer seine wissenschaftlichen Studien fort, die sich namentlich auf Sprachforschung und Moralphilosophie erstreckten. .347