Volltext Seite (XML)
Staatsan^eiger für Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» ErscheinungStageS. BezugSprei»: Monatlich 3 Mark. Einzeln« Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Rr. 14V. den Freistaat Sachsen Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum SS Pf. die 66 win breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 7V Pf., unter Ein« gesandl 1RM. Ermässigung auf GejchäftSanzeigen, Familiennachrichten und Stellen« gesucht. — Schluss der Annahme vormittag» 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Belage, Berlaufslistc von Holzpflanzen auf den Staatsforstrevieren. Verantwortlich für die Redaktion: Hauptschriftleiter Karl Bethke in Rähnitz-Hellerau. Dresden, Donnerstag, 12. April Nr. 86 11928 Die amerikanische Note über den Antikriegspakt an Deutschland. Berlin, 12. April. Laut „D. A. Z." wird der Berliner ameri- taniiche Botschafter, Sh urman. voraussichtlich im Laufe des heutigen Tages dem Reichsautzen- mimster vr. Stresemann einen offiziellen -efuch adstatten «nd ihm die gesamte zwischtn StaatssetreNlr »rllogg «nd Aussenminister Briand über den Abschluss eine» Antikriegs. Paktes geführte Korrespondenz, die ans sieden rotumenten besteht, überreichen. Dem Bries, wechsel wirb eine Note deigefügt sein, in der die SteichSregierung aufgefordert wird, ihre Stellung« ah me z« einem gemein samen Abkomme« zwischen den Bereinigten Staaten, De«tschta»d, England, Frankreich, Japan «ad Italien über die Ungesetzlichk eit» - «rkläruxg jedes Krieges znm Ausdruck zu bringen. Zur gleichen Zett werden auch die diplomatischen Vertreter der Bereinigten Staaten in London, Tokio und Rom bei dem Antzen- tniaistrr der betresfende» Länder einen Parallel- fchritt unternehmen Oie deutsch-litauischen Handels Vertragsverhandlungen. Berlin, 12. Äpül. Wir wir erfahre», trifft die von anderer Seite verbreitete Nachricht, dass die deutsch-litauischen hanvelSoerfragSverhandluttgen bis auf weitere» verschoben seien, nick» zu. Vielmehr ist nur ver einbart worden, dass die Verhandlungen, die ursprünglich am t6. April beginnen sollten, erst zwei Tage später, anr 18. April, beginnen. Tiefe kurze Verschiebung beruht lediglich auf technischen Gründen, die darin liegen, dass Litauen zu gleicher Zeit auch Verhandlungen mit Polen führt Tie deutsch-litauischen Vertändlungen finden in Berlin statt Oie HeichSliste des Zentrums. Berlin, 12. April. Wie da» Nachlichtenbureau des V. T. Z. erfährt, hat der Vorstand der Zenlrumspartei in seiner gestrigen Sitzung die Retchsliste für die Reichs tagswahlen in folgender Reihenfolge ausgestellt: ReichLtagsabgeordneter Reichskanzler Or. Marx, Vr. Wirth, Stegerwald, Frau Neber-Tüssel- dorf, Herold, Esser, Klöckner, Hofmann-LudwigS- Hasen, Lämmer»; Wegmann nnd vr Krone, dann folgen Frau Fuchs-Hamburg, Bahnmeister Gast,- Landwirt Hetging, Postassistent Kampschulte und Lehrer Weidekamp. Tie zehnte Stelle ans der Reichsliste ist srcigeblieben sür einen Doppel* mndatar der preußischen Landtagsliste. Oie Sicherheit während des Wahlkampfes. Berlin, 12. April. Ter Berliner Polizeipräsident hatte gestern Vertreter der verschiedenen Parteien ins Polizei präsidium eingeladen, um mit ihnen bestimmte Fragen, die sich auf die Sicherheit und Ordnung während des Wahlkampfe» beziehen, zu besprechen. Er äusserte dabei, er habe das allergrösste Inter esse daran, dass die Polizei ior Wahlkampf möglichst im Hintergründe bleiben könne. Im einzelnen tnlte der Polizeipräsident u. a. mit, dass während des kommenden Wahlkampfes die Polizei sich nicht in den Wahllokalen aushalten werde. Cie solle nur cingreifen, wenn sie von dem Versammlungsleiter angefordert würde. Graf Westarp Spitzenkandidat in Potsdam II. Berlin, 12. April Ter Landesverband Potsdam H der Teutsch- nationalen BollLpartei hat laut „Lokalanzeiger" als Spitzenkandidaten sür den Reichstag aufgestellt den Parteioorsitzenden Grafen Westarp. Oer Kevolverüberfall beim Untersuchungsrichter. Berkin, 12. April. Ter feflgenommene Milverschworene an dem Plan der gewaltsamen Befreiung des gefangenen Schriftsteller» Braun gestand nach seiner ankXm,. Sie „Bremen" heute nach Amerika gestartet. Dublin, HL. April. Das Flugzeug „Bremen" ist heute früh S,38 Uhr vom Flug platz Baldonnel zum Fluge nach Amerika gestartet. Tie deutschen Flieger werden begleitet von den, Lberbtsthlsh«ber der irisch«» Luststrrit- kräjte Fitz Maurtce, d«r an die Stelle des vor einige« Tagcn nach Teutjchland znrückgr- lkhrten Spindler getreten ist. Eine grosse Menschen menge, ««ter der sich auch Präsident Eosgrav«, der drntfch« Konsul, der Gtneralsiabschef der Armee des irisch«» Fr«istaate» »nd Mitglieder der Regie rung befand««, wohnt«« d«m Abflug d«r „Bremen" bei, bi« sich mit bkwundrrnugswür- dig«r Lrichtigtrit vom Erdboden lsst«. Ein irisches Flugzeug gab ihr das Gelkit über Fr« land. Tas Wrtter ist günstig. Tie Flitger sprucht« die Hoffnung aus, dass öS ihnen grttuge« w«rd«, d«u Flug iu 3« Stunden durch,-führ«». T«r Flugplatz von Baldonnel glich vom frühen Morgen an einem «mftgen Bienenkvrbe «nd um 3,3.'» Uhr war alle» für den Start berrit. Tas Wetter war schön, dcr Himmel wolkenlos u«d die Be- diugungt« sür den Abflug ideal. Währrnd di« FUtgrr anf die StmrLe der Abfahrt wartete», trafen die »«chanikcr die letzte« notwendige« Vorvtreitu»-«« i« dem Helt«« Licht ber Schün- werfrr. Nach «in««, lrtzte« Abschtednehmr« be stieg Köhl de« Führerfitz, ««d auch seine Bt« glritrr nahmen ihre Pllyc rin. Die Alngzeuge d«s irischen Fr«istaai«s, die di« Eskorte bil deten, stiege« z««rs» anf nnd ihnen folgte die „Brem««". Tie „Bremen" hat d.e irische Küste bei EastelloS, westlich von Galway, überflogen. Die „Bremen" hat also von Baldonnel ans rein westlichen Kurs gehalten Tie Entfernung von Balvonncl nach dem Flugplatz Mitchellsield bei New Wrk beirägt etwa 4800 Kilometer, so dass unter günstigsten Um' ständen mit der Ankunst der Flieger in Mitchell' sield morgen nachmittag gerechnet werden kann- Tas Wetterbureau in Halifax erwartet Stürme ans Osten mit der Richtung anf Ncnschotiland. Oberst Fitz Maurice hat kurz vor dem Abflug dem Vertreter der „Associated Press" eine Mittei lung für Amerika übergeben, in dcr er seine Freude darüber äussert, dass es ihm, durch die Grossmut des Freiherr» v. Hünefelv, vergönnt sei, an dem Amerikaflug teilzunehmen und die Ehre heroorhebt, znsammen mit Hanptmann Köhl das Flugzeug „Bremen" steuern zn dürfen. Tie „Bremen" sei seiner Ansicht nach das beste Flug- zeug, das die Technik sür den Fing über den Atlantischen Ozean herzustellen vermochlc. New York, 12. April. Wie dcr „International Ncws Service" melvet, passierle die „Bremen" heute früh um 7,05 Uhr die Galway-Bucht an der Westtüste Irlands stark in nordwestlicher Richtung fliegend. Tie „Bremen" befindet sich nrmnrehr über dem ossene» Ozcan. Die Nachricht von dem Abslng der „Bremen" hat in ganz Amerika grosses Aussehen erregt. Tie Zeitungen veröffentlichten schon bald nach dem Eintrefscn der Nachricht Extrablätter, so dass das Wagnis der deutsche» Flieger trotz der frühen Morgenstunde in kurzer Zeit in allen Stadtteilen bekannt war. Tie Hoffnungen aus Gelingen des kühnen Unternehmens sind in Anbetracht der wenig günstigen Wettermeldungen vom Atlantischen Ozean jedoch vermischt mit ernsten Besorgnissen nm das Schicksal der Flieger. Trotzdem rverden schon jetzt seitens der hiesigen Behörden Maß nahmen erwogen, nm de» deutschen Fliegern einen gebührenden Empfang zn bereiten. Der Lohnkonflikt in der sächsischen Metallindustrie. Ore soen, 12. April. Oie heute im Arbeitsministerium geführten Verhandlungen wegen der Löhne in -er sächsischen Metallindustrie sind nach dreistündiger Nauer vertagt worden. Es ist eine paritätische Schlichlerkammer eingesetzt worden, die ihre Verhandlungen am Montag, den 16. d M., vormittags 10 Uhr, auf ¬ nehmen wird. Ehemniü, 12. April. Gkstrru «rltess d«r Verband Sächsischer Metall- industrieller die Bekanntmachung, dass die ge samten Metallarbeiter Sachsens mit den, Ablans der Tonnerstag-Schicht ansgefperrt werde». Es handelt sich nm etwa 199- dis 170 GW Arbeiter. I» dieser Zahl sind auch die rund 20 099 Metall arbeiter enthalten, die sich schon jetzt im Aus stand befinden. Die gestiigcu äusserst langwierigen Ver handlungen zwischen Vertrekern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Metallindustrie unter dem Vorsitze de» Landcsschlichters Ministerialrat Haack über Löhne und Arbeitszeit in der Leipziger Metallindustrie sind abermals vertagt worden. lichen hartnäckigen Weigerung, eine Auskunft über sich und seine Mitbeteiligung zu geben, ein, daß der Plan seit acht Tagen sorgfältig vor bereitet worden sei. Er behauptet jedoch, daß er die anderen Mitverschworcnen nicht gekannt l-abe und dass überhaupt kciner von der Persön lichkeit de» anderen Kenntnis gehabt lfabe. Er gab dann an, dass er Karl Philipp heisse. Er fei SchlSchtergeselle von Beruf und 24 Jahre alt. Tie bet ihm gefundene Dreysepistole will er er hallen haben. Arrch die anderen seien in der selben Weise ausgerüstet worden. Man glaubt, dass Braun gleich den bekannten kommunistischen Reichstagsabgeordneten Stoecker, Höllein und Ge nossen sich irgendwo versteckt halten und bet ge gebener Gelegenheit «uher Lande» gehen wird. De» Grenzflattonen sind entsprechende Anweisungen erteik». ' - ' . : Oer japanische Schritt in Moskau. Tokio, 12. April. Der russische Botschafter ist von, «Inistcr- präsidente» Tanaka rmpsangcn worden. Tanaka gab der Ansicht Ausdruck, dass die Verbin dung der japanischen Kommnntstrn mit MoSkan durch die poltzetltche Nutersuchuug erwiese» worbe« sei. Ta- mit Hube bie Sowjetregirrung gegen de« 8 4 des rnisisch.japanischen Vertrage» verstosse«, der Vvu ber Nichteinuüfchnng i« die in«ere« Ange- legruheite« des V«rtrag»partu«r» handelt. Die j«pantsche Note, die de« Anssenkommiss«, I» «»»kau «usgrhtlndtgt werden wirb, ist bo» japanischen Kabinett bereit» »rftAti-t worbe». Eie ist l» schürfe» T»»e -»h«l«e« »»b »er« Ia»-t bie Etnstellnng ber Unterstütznug ber w». WMtftitche» Vew«,»»- t» -apa« b««h Russland. Die franzöfifche Liga für Menschenrechte. (Zu ihrem 30 jährigen Jubiläum.) Von I»r. Hans Wehberg. In diesen Tage» feiert die sra»zösijche Liga sür Menschenrechte das Fest ihres 30 jährigen Be stehens. Zwar ist der von Zola an den Prä sidenten der Repnblik in der Treyfusafsäre ge schriebene Brief, der letzte» Endes zur Begründung der Liga führte, schon am 13. Januar 1898 ver- öfsentlicht worden. Zwar fand dcr Zolaprozess, während dessen Tagung der frühere Ehcf der Justizverwaltung Ludooic Trarieux die erste Vor besprechung zur Gründung der Liga anregle, schon im Februar 1898 statt. Aber die eigentliche Propaganda znm Eintritt in die „Liga sürMenschen rechte" vollzog sich in de» Tage» dcS April 1898. Damals gelang es, mehr als 300 hervorragende Persönlichkeiten des öffentliche» Lebens, dec Wissenschaft nnd Knust, die Elite Frankreichs, zum Cintrikt in die Liga zn veranlassen. Deshalb wird anch von der Liga selbst nicht der Augenblick ihrer formellen Gründung (1- Inni 1898), sondern der vorhergehende Zeitraum als ihre Geburtsstunde belrachtet. Tie Liga, die eine rein sranzösische Vereinigung ist, obwohl sie seit einer Anzahl von Jahren uüt den Schwestergesellschasten der verschiedenste« Länder in reger Verbindung steht, lM es sch zur Ausgabe gemacht, die Prinzipien der F eiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit nnd Gerechtigkeit, vie m der bctlihmtcn Erlläiung dcr Mensche» rechte niedeigelcgt sind, zn verteidige». So wie im Zolaprozess die Männer der Liga dafür kämpfte», daß der unschuldige jüdische General- stabshauPtm ann Dreyfus wieder den Weg von der Teuselsinsel zurück nach dcr Heimat fand, so ist die Liga seit dreißig Jahren immer zur Stelle gewesen, wenn cs galt, eine Lanze für Recht nnd Gerechtigkeit zu brechen. Ganz bc- sonders hat sie sich durch ihr Vorgehen gegen Urteile der französisch-,, Kriegsgerichte ausgezeichnet. Eie hat sorgfältig jeden Fall geprüft, in dem auch mrr die geringsten Anzeichen vorhanden waren, daß ci.r Fehljprnck vorlaz. Wurde diese Frage bejaht, so verlangte man mit unerschütterlicher Hartnäckigkeit die Revision des Fehlurteils. Sehr bemerkenswert ist in neuerer Zeit be sonders das Eintreten der Liga sür die Rehabili tation des französischen Unterleutnant» Eh'apclant vom 98. Jnsankeiieregiment, der im Oktober 19l t während der Kämpfe am Bois dec- Loges von einem französijchen Kriegsgerichte znm Tode vernrteilt und unmittelbar darauf standrecht lich erschossen wurde. Ehapelant war bei dein Versuche, seine Stellung gegenüber einein furcht baren deutschen Angüsse zu lfalten, bereits ei» Bei» zerschmettert worden ES wurde trotzdem gegen ihn der Vorwurf erhoben, daß er seine Stellung nicht mit der nötige» Tapferkeit vertei digt habe. Arif einer Tragbahre liegend wrrrde er am folgenden Tage, auf Grund des KüegsgeüchtS- urteils, erschossen. Seit 1920 finden wir in der Zeitschrift der Liga, den „Blättern für die Men schenrechte", diesen Fall immer wieder erörtert. Der Generaljekrelär dcr Liga, Guernut, der von der Unschuld Ehapelants feljenscst überzeugt ist, hat über ihn eine besondere Schrift veröffentlicht. Die Liga hat es auch erreicht, dass anr 10. März 1923 das Berufungsgericht zuRiom die Cacheanden höchsten Gerichtshof Frankreichs verwies, weil eS die Tatsachen, die dem Urteile des Kriegsgerichts zrrgnmde lagen, für erschüttert ansah. Ilberraschendcrweise l>at je doch der französische Kassationshof am 9. November 1927 den Antrag auf Aushebung jenes Urteils abgelrhnt nnd sich in fast allen Punkten der» Urteil des Kriegsgerichts angeschlosse». Aber schon hat der Generalsekretär der Liga ar» 20. März 1928 irr einer grossen Dentschris» das Urteil des Kassationsgerichtshoses erneut an gegriffen. Der Fall wird in Frankreich nickt zur Ruhe kommen, bi» die Liga überzeugt ist, dass dem toten Unterleutnant sein Recht zuteil wrrrde. Tie Liga hat sich in hervorragendem Masse auch der aussenpolitischen Probleme angenommen. Zwar wäre es falsch, zu sagen, dass sie aus einem radikalpazifist'schcn Standpunkte steht Aber sie hat seit dein Ende de» Krieges immer dort gekämpft, wo e» -alt, die Versöhn ung zwische« Deutschland und Frankreich