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Sächsische Staatszeitung : 07.02.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-192802078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19280207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19280207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-02
- Tag 1928-02-07
-
Monat
1928-02
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 07.02.1928
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Dienstag, 7. Februar iyro Ätz« di« Ber»h«gu»gSrev* verpufft« in« Leere. Lt kam zu tzen ^meldeten Ausbrächen der Vvl» leitzenichuft. u«d e« floß va» erste Blut tzi, Kampf tz« Inder um ihr» Berfassung. Und Damit eS tu diese« politische« Drama »Wt an etiwn, humo ristische», Intermezzo fehle, verbrannte man netzen den Bildern Baldwin-, Birkenhead- und Simon» auch da» Bild Macdonald», de» Sozialisten und .Freundes der unterdrückten Büller-, der cZ sich hatte einfallen lassen, in einem Bries au da» in dische Volk gegen den Boykott zu polemisieren: offenbar weil er heilfroh wäre, wenn die vorzeitige BetsassungStommission ihre Ausgabe uoch vor deu Wahlen ersüllen könnte, damit er, gegebenenfalls, al« künftiger Ministerpräsident von der Verant- wortnng für die heikle indische Angelegenheit ent lastet wäre. Immerhin hat die Waffe de- Boykott« sich schon bei ihrer ersten Anwendung als sehr wirksam erwiesen. Lord Irwin, der gegenwärtige Bize- lünig von Indien, der mit der versteckten Drohung aufrrumpfte, do* britische Parlament «erde sich durch keine» Gegendruck beeinflussen lassen und sich aus jeden FaN nach dem Bericht de- Aus schusses richten, soll .wegen geschwächter Gesund heit- demnächst eine« viermonatlichrn Europaurkaub c. „treten, von dem er vermutlich nicht mehr zurück- kehre« wird. Daß mau eineu Militär, deu Oberst leutnant Str LeSlle Wilson - bi«l)cr Gouver neur von Bombay —, zu seinem Stellvertreter auSersehen hat, deutet daraus hi», daß man in London Lord Irwin weniger sein draufgängerische» Temperament übelmmmt, als keinen Mangel an diplomatischer Reserve Tie voraussichtliche ve- rusung eine* Inder-, des ältesten Mitgliedes de- vollziehenden Rate» von Bombay, auf Wilson- Losten, erscheint demgegenüber nur als eine Geste, di« daraus berechnet ist, Antonomiesrenndlichkeit vorzuläuschen. Viel Glück wird di« vorzeitige Simon- Kommission in Indien ledenfalls nicht haben. Teun eS ist natürlich schwer, ei» Dreihundert- milltouenvolk mit einer Verfassung zu begönnern, gegen die eS sich mit Händen und Füßen sträubt. ch Kabtneiisrat in Berlin. .1 erliii 7. Februar. Tas ReichakabiueU ist heute vormittag unter dein Vorsitz de- Reichspräsidenten zu dem an- gelündigten Kabinettskat zusammeugelretcu, der sich mit der Hilse für Ostpreußen beschäftigt. Au der Sitzung nehmen außer den Ministern des Reiche- al« Vertreter des preußischen Kabinetts Innenminister Grzesiuski, WohlsahrtSininifler Hirt- kicser und LaudwirtschaftLuinistc: vr. Steiger teil. D«r frGnrofiich.ameritanisch< Gchie-G-enchisverteag. . Part- 7 Februar. Der Wortlaut des gestern unterzeichueten französisch-amerikanischen Schiedsgerichte Vertrages, der al» Erneuerung de» am gleichen Tage ab- gelavsenen alten Schiedsgericht-Verträge- zu be zeichnen ist. wird erst veröffentlicht werden, nach dem der amerikanische Senat ihn ratifiziert hat Nach .Petit Journal" befiehl der Vertrag au- einer Präambel und cm- vier Artikeln. Tie Prä ambel stellt fest, daß beide Mächte seit 150 Jahren in Frieden und freundschaftlichen Beziehungen lebten und erklärten, endgültig aus den Krieg al» Instrument ihrer nationalen Politik verzichten zu wollen. Artikel 1 sehe vor, daß alle Streitigkeiten, die zivilen den beiden Ländern entstehen könnten, durch edw tz«r«itS im früheren «ettrag vorgesehen« «n-gleich-komMission geißelt Wertz», dl» au» zwei amerikanisch«» »nd zwei französische» Delegierten sowte einem Vertreter einer dritte» Mncht besteht. Artikel li bestimmt, daß sämtliche Streitig keiten puristischer An dem internationalen Gerichts hof im Haag oder einem anderen Gerichtshof unterbreitet werden, vorbehaltlich der Billigung der Scbiedtspiüche durch den amerikanisch«» Senat. Artikels nimmt von den» SchtedtgrrichtSver- fahre» a«S: 1. Streitigkeiten, die sich au» de, inuereu Gefetzgedung jedes der beide» Länder er geben; 2. Streitigkeiten, die dritte Mächte be treffen; 3. Streitigkeiten im Zusammenhnng mit der Monroe-Doktrin und 4. Streitigkeit«, die sich au- der Anwendung der Artikel de- Bötterbund-- statutt ergeben. Artikel « endlich erklärt, daß der Vertrag so- fort nach der Ratifizierung durch bei» amerikani schen Senat und dnrch da» französische Parlament tn Kraft treke. Sine Berhifümg in -er ReparationsfchwmdelaffLre. Part». S. Februar. Ter mit der Unlerluchung der Betrügereien bei Eachlieserung-tonnaüeu beauftragte Unter- juchungsrichter hat heute nachmittag einen Vieh händler Levy verhaften lassen. Levy soll mit ie'uen beiden GeschäftSieilvaben» Pferde, Hammel und Schweine nach Frankreich eingesührt und bei der ReparationDkmnmisflon Rechnungen eingereicht haben, die aus größere Menge» «nd bessere Quali täten, als geliesert morde« waren^ gelautet haben sollen. Der Untersuchungsrichter hat gegeu di« beide» Geschäststeühader Levys »amenS Goudberg iind LouiS Goldschmidt Borsührungrbeschl erlassen. Das SprachemxrhLttnis in -<r Provinz Bozen. Rom, 6. Februar. „Giornale d'JtaUa" uikldet, daß eine genaue BoUSjählung ü» der Provinz Bozen sestgestellt hat, daß am 31. Dezember v. I. diese Provinz 2L3000 Einwohner zählte, von denen 47 700 italienischer Sprache und 205 300 deutscher Sprache waren. Bevorstehende präfidentsthasts- wahlen in Portugal. Paris, 7. Februar. Nach ctuer Meldung der .Chicago Tribune" au- Lissabon sollen am 4. März die Präsident- schajtSwahlen stattfmden, was als erster Schritt zur Wiederherstellung normaler Verhältnisse an gesehen werde. Präsidenischastskandidat sei der bisherige Präsident, Geiwral Larmoua. Er »verde voraussichtlich, da ted« ernstliche Opposition fehle, gewälU werde». Die Oppositiou gegen dke Kandidatur des jetzige!» Präsidenten soll, wie einige Morgenblätter berichten, dadurch beseitigt sei», daß Malschall Gomez Costa, der Führer der AusflandSbewegung vom Mai 1026, vo» der Regierung^ des Lande- verwiesen wurde. Wie HavaS berichtet, ist er gestern nach Rom ab gereist. Gerüchte über -ie Lage auf Kreta. Part-, «.Februar. -ava- meldet au» Athe». baß »ach dort ri»- getr»sfe»e» Nachrichten gestern i» verschietze»e» Lrie» von Kreta zugleich erregte 3»fa««r»küuste stattgekNutze» hätte», dei be»e« »»r durch e»ergk- sche Maßuatzme» eruste Zwtfche»fälle vermiede«. vmrtze» seien, «ä schei»t seslz»ßeh«n, baß tz«r sriltz«, -»ftizmAaß«, be« R«Äl<n»G PemgaUI A»«dur»S, gege» tz<» seit »eh^ren »o»atcn «t» Haftbefehl Vvrliegt, hk»te« bles« Nuttttebe» steh«. Japan und -ie Abschaffung -er Unterseeboote. Tokio, 7. Februar. Lie Erklärung Kellogg«, daß di« amerikanische Regierung bereit sei, mit allen Mächten der Welt eine» Vertrag abzuschließen, durch den der Ge brauch von Unterseebootei« untelsagt werden würde, wird in Tokio mehr als frommer Wunsch, den«« al« praktischer Vorschlag betrachtet. SS scheint, daß daS Marinedepartement diesen Vorschlag für eine nicht ernstere Sache hält, al- da- neulich veröffentlichte Programm der Flottenoennehrung, a» dessen «uiführnng di» Marinekreis« nicht glauben. ES wird in Abrede gestellt, daß Kellogg vor feinen Erklärungen in Tokio Erkundigungen eingezogen hab« und hinzugesügt, daß sich die Ansicht Japans über die Abschaffung der Unter- seeboote seit der Washingtoner Konferenz nicht geändert habe. Japan habe den Vorschlag grund sätzlich angenommen, aber nur unter der Be dingung, daß all« Mächte ihn annehmen. Die chiuesischeR Nationalisten im- -ie ltnmheu in Indien. Hongkoug, 7. Februar. Ate au» Kanton gemeldet wird, stehen die Meldungen über die Unruhen tu Indien ia China zurzei» tm Mittelpunkt de- Interesse-. Die chinisischrn Rationalisten sind der Ansicht, dab sich die Lage in Indien noch erheblich verschärfen werde und erklären, die Unrul-eu seien nicht spontan entstanden, sondern von den indischen Unabhängigkeitesührer» bewußt organisiert wordeu. Da Santo» nur etwa lOOO Kilometer von der indisch«»« Grenze entfernt liegt, ist e« den chinesischen Nationalisten möglich, enge Verbindungen zu den Letter» der indische!, Unruhen aufrechtzuerhallen. Die Unruhen wurden bereit« im letzten Jahre auf der panasiaiischen Konferenz tn Schanghai von dem indischen U«. abhängigteitSsührer Pratap vprauSgcsagt. Pratap hat in Kanton einen Vertrauensmann, der die Lage nach angeblich direkt aus Judie»« erhaltene!» Nachrichten al- für die UnabhängigkeitSkämpser günstig schildert. Die indische» Führer hoffe» zu- nächst in Kalkutta und in Nordofi-Indie» Erfolg zu erringen. Richter und Volk. Voit AmtSgerichtärat Dr. Fischer in Zöblitz. s. Neben Klage» über die lange Tauer der gc- richtlicheu Verfahre» laufen solche über den For malismus, der die Gerichte beherrsch«, nebenher. Man nennt die Richter Paragraphen-Menschen, die einfach nach Schema k ihre Entscheidungen träfe» und hinsichtlich der Formvorschriste» wie ein« Klette am Wortlaut der Gesetze hiuge». Wer so denkt, beweist nur, daß ihm der Unter schied zwischen körperlicher und geistiger Arbeit fremd ist. Er hat da« Recht verwirkt, eiu in diese» Tinge» Beachtung heischendes Urteil z» fälle««. Daß der Verkehr der Vollsgenojje» uuterein- ander allgemein gültige und freiwillig anerkannte Normen und Formen fordert, leuchtet jeden« ein. Auch für die Rechtshandlungen, sowohl sür die Rechtsgeschäfte als auch sür die gerichtliche» Ver fahren muffe,» bestimmte Vorschriften gellt». ES kan» weder den, Richter überlassen werden, nach seinem Bett«bei» zu bestimmen, in welchen Formen und innerhalb welcher Fristen sich die Verfahren vor ihn« abzuspielcn haben, noch lvnnen die Be teiligten gänzlich vvu jeder Borschrtft über die Art, die Forur und die Zeiten ihrer Rechtshandlungen hei Gericht desreit jein. Sonst würde teil- eine Willlürherrschaft der Richter, teil» ei» planlose- und endlose- Geschreibsel und Gerede der Parteien und damit eine vollständige Verwirrung und Un- sicherhcit der Rechtspflege und Rechtsprechung die Folge fein. Man unterscheidet zwischen dem materiellen Recht und den» Prozeßrecht. Erstere- betrifft die Sache selbst, umfaßt also, wie daS bürgerliche Recht oder da- Handelsrecht oder das Strafrecht die Rechtsfätze, die die Rechtsverhältnisse der Volks- genossen untereinander regeln. Letztere-, das Pro zeßrecht, ist „formale-" Recht, da- enthält die Summen der Rechttsätzc über die Fon» der Ber- wirklichung des materiellen Rechts, nämlich seiner Feststellung und Vollstreckung, das u. a. den Ver kehr der Parteien mit den Gerichten regelt. Ursprünglich, namentlich in den Anfänge» Nom?, vor allem auch nach alten« deutschen Recht spicltci, sich die Rechtshandlungen mittel« bestimmter typj. scher Worte. Wo»tsormeln und unter Symbolen, bestimmten Gebärden, Körperhaltungen ab, welche die Bedeutung der Handlung sichtbar Vorfahrten. So wurden Landübertragungeu, einem Brauche der indogermanischen Völker entsprechend, aus dem Grundstücke selbst durch Übergabe einer Hand voll Erde oder ganzen Erdscholle vollzogen, woran sich die gemeinsame Grenzbegehung und die feierliche Besitzräumung selten« dcS Veräußerer- anschlok. Auf dieses „Verlassen" des Grundstücke- ist der jetzt noch gebräuchliche Ausdruck „Auflassung" zurück, zufahren. Später verlieren die alten Formen ihre Bedeutung. Mit der Ausnahme des römischen Rechts in Deutschland, seit etwa dem 15. Jahr hundert, gewann die Formlosigkeit der Rech'?- Handlungen, vor allein hinsichtlich de- materiellen Rechts, die Oberhand, wenngleich sich natürlich mich Ausnahmen erhielten. Auch das Deutsche Bürgerliche Gesetzbuch 13. August 1896 erkennt att Regel die Jc m- sreihert der Rechtsgeschäfte an, wenn eS auch sür manche Geschäfte besondere Formen vorschreibt. Ta die BZUnuirungeir. dieses. .Aalchbuchs aus Handelsgeschäfte unwendbar sind, gilt, daß auch viese formlos gültig sind, soweit nicht die Vor schriften des Bürgerlichc» Gesetzbuches für zewüse Gescl-äfte eine bestimmte Form fordern. Im allgemeinen sind also all« mündlich ab- gegebenen ErUSrungen und mündlich abgeschlojsencu Berträge, daser» die VertragSttile i» ihrem Willen übereinstimmeu, wirljam. Nur wenn ein Rechts geschäft, worunter auch ei»» Vertrag zu rechnen ist, der ausdrücklich in« Gesetz vorgeschriebene» Form ermangelt, ist e- nichtig. DaS Gesetz fordert teils einfache Schriftjom, teil- gerichtliche oder notarielle Beglaubig»»«, teils Errichtung des Geschäft- vor Gericht ober Notar mittels Beurkundung, in manche»« Ländern nur vor einen« voi« beide», zuweUen aber unter Jules Verne. Zum hundertsten Geburtstag deS großen Romantikers am 8. Februar. Bon vr Sbuarb Kaller. Es exytteit ein zeitgenössisches Bild, das JuleS Berne an Bord eines Schiffe- als „Kapitän Aronnaz" zeigt: einen Mann «n mittleren Jahren, mit durchgechigien, gar nicht „abenteuerlichen" Züg«» TaS «st der einzige, «nS bekannte Fall, in dem Jule« Berne sich mit einer seiner Phan- tasiegestaUen identifizieren ließ. Er wählte nicht etwa d«n geheimnisvolle» Kapitän Nemo, seine vollendetste Schöpfung Er begnügte sich damit, der er»fle Forscher und Menschenfreund Armmax zu sein dessen Abemeuer nur Mittel zum Eud- zweck sind: der Wissenschaft zu dienen Und die^S eine Bild «ft ein Symbol für die Beurteilung deS ganzen Meniche» IuleS Berne. Er war keinesfalls ein abenteuerliches Genie, das sich verdrängte Sehnsüchte von der S«ele schrieb Er war ein stiller, gläubiger, ernsthaft denkender Mensch. Ein wirllicher Dichter und tein „Schrei ber". Ein Dichter, der sich zusällig ein Gebiet erwählte, das vorher und nachher Domäne der Seusationrhascher war und wurde. T ie bescheidene Provmzpadt AmienS war sein Wohnsitz, von hier aus hat er die Welt erobert. Aus seiner kleine» Jacht pendelte er an den Küsten Frankreich- cuikang, fernab von de» Stätten seiner schriftstellerisch««, Erfolge, von Paris, da« feine Werke verschlang, da- damals noch mehr als heute Frankreich war Tie Leler kannten ihn nicht, sie glaubten an einen kraftstrotzenden Abenteurer, konnten nicht auf deu Gedanken kommen, daß dichterische Kraft allein auSreichen sollte, um so viel glühende Phantasie, so viel packende Dramatik in Buchform zu ver arbeiten Er schrieb jeuicn ersten Roman „Sieben Woche» inr Ballou", uod dieser Erfolg und die wenigen Jahr« nachher genügte««, um ihn zum «oeliberühmten Dichter, zum meistgelese»«» Aul« seiveS Laude« »u machen. Er war mit einem Schkag aller Sorgen ledig und konnte daran gehen, seine »veitcren Werke bis zur letzten Feinheit auszuarbeiten, sich in seine Materie mit enem heiligen Ernst zu Ver liese«, der allen seinen Büchern noch den Nimbus wiffeuschaftliner Arbeit »«rleiht. Sm einzigartig«!, überwältigeuder Ausstieg! Wo lag da- Geheimnis dieses Erfolges? CS mag damals ein Rätsel gewesen sein, heute ist eS leicht zu lösen. DaS Geschick hatte der Welt just im richtigen Augenblick ein Genie geschenkt, das, mit seherischer Gab« ausgestattet, daS große Pro blem der Zeit in dichterische Form bringen konnte. D»eseS Probien, war die Technik. ES ist sür den Menschen der mechanisierten 20. Jahrhunderts schtver, sich in ein Zeitalter ohne Technik hineinzudenken. Noch schwerer, sich vor- zustelleih wie der Mensch, dem die Technik uoch ferne stebt, zu dem langfamen Bordringen der neuen Zeit Stellung nimmt. Sick) in den Gemütszustand der Borfahren hineinzudenken, die die überwältigen de» Wunder der Tampsmajchtne. der Eisenbahn, der Luftballons, des Telegraphen und gar des Telephons erlebten, ohne ahnen zu können, wohin vie Entwicklung gehen sollte, die in jedem Wunder immer noch eiu Wunder für sich und nicht — wie eS heute der Fall ist — in jeder neuen Erfindung eine Konsequenz des Vorhergehenden, eine Anzah lung auf kommende Möglichkeiten sahen. Aber mau «nag sich denken, wie überwältigend die Wir kung war, al- die dichterische Kraft eines Berne urplötzlich in da- Chao- der sich überstürzenden Wunder ein System brachte, al- Maschinen und wifsenschastlich« Probleme Segen stand dichterischer Verherrlichung wurden, al- au- den damals be kannten bescheiden««» Anfängen die unerschöpfliche Phantasie de- Dichter* die kühnsten und unerhör testen Perspektive» eröffnete u»d tn jedem Roman von neuem dargetau wurde, daß da- Bisherige nur ein bescheidener Anfang ist, aus dem sich erst ein tommeude* Zevalter der Tech»it ausbauen soll. So wurde Jule- Verne zum großen Propheten nnd Dichter d«r Technik, dessen Werke un- auch heute noch fasziniere», obwohl seine Borhersaßen zum Teil längst cingetrosfen oder gar überholt worden sind. Nie Kieselalgen als Leben-norm. Ter Mensch nennt sich ja so gern den „Herrn der Erde" und übersieht dabei, daß er nur eine» verschwindenden Bruchteil der ganze» LebenSmaffe auSmachk, die sich auf unserem Erdball befindet. Wollte man die „Norm" des Lebens nach den jenigen Lebewesen annehmen, die die allergrößte Verbreitung besitzen, so müßten als „Herrn der Erde" — die Kieselalgen gelten. Diese über raschende Tatsache betont der große Naturforscher Raoul Franc- u« einem Auflatz über die Größe der LebenSniasje in der Leipziger „Illustrierten Zeitung". Er hat im Humusboden in einem Kubikzentimeter bi« zu 60000 Kieselalgen gefunden, und inr Plankton deS Meere- ist ihre Zahl nicht geringer. Sie überragen dadurch an LebenSmaffe alle anderen OrganiSme» um ein Vielfaches, und wenn man der Wirklichkeit nahe kommen wollte, müßte man alle Lebenkbegriffe von ihnen ab leiten, die übrigen Lebewesen nur al- Ausnahme», ansehcn, zumal die Kieselalgen zu deu ältesten Lebewesen gehören. Sucht man sich eine anschau liche Vorstellung von der LebeuSmasse, die wir kennen, zu verschaffen, so findet man nicht das geringste Anzeichen von Leben außerhalb der Erde. A»uh auf der Erde ist nur die feste, flüssige und lustige Aufenschale von Leben erfüllt. Für da- Erdinnere hat Fraucö gezeigt, daß schon wenige Meter unter der Oberfläche alle- Lebe» erloschen ist. Höhlenbewohner können ia diesem Sinne nicht al- unterirdisch angesehen werden, weil die Höhle« nicht- al- Ein- senkuoge» der Erdoberfläche sind. Luch die tiefsten Tiefen de* Wasser- befinden sich noch auf der „Oberfläche". Tie Lufthülle ist bi- ln große Höhe» von fliegenden Wesen aller Art belebt »nd trägt «in .LnstpIarUton* mit de» Paffatwinde» du ständigen Kreislauf um die Erde herum. Nie hoch sich diese Lebewesen in der Luft befinden. weiß man nicht, und die AuualMk von Svante Arrhenius, dab einzelne Bakteriensporen durch den Luftdruck i» den Weltraum geschleudert werden, »st nur eine Vermutung. Aus der Erde selbst ist nur eine sehr dünne Schicht vom Lebe» besudelt, uud daher kaun das Leben aus die Erde als Äauzc- keine» nennenswerten Einfluß ausübcn. Die Lebe»?- »nasse ist viel zu gering, als daß sie den geo- physikalischen Kräften gegenüber etwa- bedeuten würde. In, Weltall spielt das irdische Leben kamu eine größere Rolle als ein Atom i» nnserem Körper. Dadurch allem schon wird die „unendliche Klein heit" des Mensche«« erwiese»«, von der wir uns in unserer Weltanschauung so gar keine Vorstellung mache,«. Selbst auf der Erde hat der Mensch „nr wenig Einfluß. Er hat ztvar ei» Hundertstel ihre« Oberfläche in den Kulturländern umgestaltrt, ab«» die Festländer, die zudem zum dritten Teil Wüsten sind, treten schon rein geographisch gegen da? Wasser und die Lust zurück, di« der Hauptvelbrec- tungiraum de- Leben- sind. Ta* Cüßwasscr in dem sich so überwältigend viel« LebenSvorgänge ab- spielen, ist nur zum geringste»» Teil offen und oberirdisch; mehr al- ueun Zehntel seiner Mjjc sind von den, Humusboden der Festländer der- schluckt und fluten al- Grundwasser an der oberen Grenze der »vasscrundurchlässigen Schichten dahin. Ebenso reich wie dieser unterirdische Süßwasser- ozean mit seinen al- Flüsse uud Seen zutage tretenden AuSläusern ist das Weltmeer besiedelt. Dabei kommen die Fische, Korallen, Tange und Muscheln, an di« man zunächst d<nft, al» „Leben?- masse" gar nicht in Betracht neben der unend lichen Menge von Bakterien, Kieselalgen, Radio- larien, Foramtniferien »sw. Tie kalte» Meere sind von einer so großen mstrojlopischen Leben?- menge durchsetzt, daß man ihr Quantum höher schätzt a« da- einer gleichgroßen üppig gewachsenen Wiese. Dagegen kommen auch die Urwälder der Erde al* Gesamtmenge nicht auf. TmAwüttzeater. «dolf Lußman»« Gaß fptel dürfte eim» Kaffenerfolg verbArg«. N
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