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Oesterrerchische Eisenbahnen. Kaiser-Franz-Joseph Orientbahn. In der am 10. November abgehaltenen außerordentlichen Generalversamm lung der Orientbahngesellschaft wurde die Fusion derselben mit der Central- Italienischen Bahn beinahe einstimmig von den versammelten Akzionären be schlossen. Aus den Vorlagen des Verwaltungsrathes geht hervor, daß derselbe am 24. September durch den Finanzminister von der Konzession des südöster reichischen Eisenbahnnetzes in Kenntniß gesetzt und aufgefordert worden ist, bei der Generalversammlung anzufragen, ob sie zu einer Fusion geneigt scy. Dem Schreiben des Finanzministers an den Verwaltungsrath lag folgender Entwurf eines Vertrages zwischen den Konzessionären der Wien-Triester Eisen bahn und der Kaiser-Franz-Joseph Orientbahn-Gesellschaft bei: „Indem die Staatsverwaltung für die Eisenbahn von Wien nach Triest und andere, ein südliches Bahnnetz bildende Linien die Konzession ertheilt, er mächtigt sie zugleich die Inhaber dieser Konzession, die der Orientbahn-Gesell schaft konzessionirten Bahnlinien mit dem Südbahnnetze zu vereinigen, und es haben die kontrahirenden Theile zur Durchführung dieser im allgemeinen Interesse wünschenswerthen Vereinigung folgendes Uebereinkvmmen getroffen: Art. 1. Das Netz der Kaiser-Franz-Joseph Oricntbahn, beschränkt auf die Linien, welche im Artikel 2 des Uebereinkommens vom 23. September l. I. *), mit dem die Konzession des Südbahnnetzes ertheilt wird, bestimmt sind, wird mit den durch dasselbe Uebereinkvmmen bezeichneten Linien des Südbahunetzes vereinigt und es tritt die für dieses Netz konzessionirte Gesellschaft aktiv und passiv in alle Rechte und Verpflichtungen der Orientbahn-Gesellschast ein, sowohl dem Staate als Dritten gegenüber. Demzufolge übernimmt die Südbahn-Gesellschaft alle von der Orientbahn-Gesellschaft eingegangenen Verpflichtungen, und tritt für die Erfüllung aller durch die genannte Gesellschaft abgeschlossenen Neberein- kommen, Verträge, Pachtungen, Käufe und sonstigen Verbindlichkeiten an deren Stelle ein. Art. 2. Von den . . . Mitgliedern, welche den Verwaltungsrath bilden sollen, werden fünf aus den wirklichen oder bevollmächtigten Mitgliedern des Verwaltungsraths der Orientbahn gewählt. Art. 3. Die Akzisn der Orientbahn-Gesellschaft werden annullirt und durch Obligazionen der neuen Gesellschaft ersetzt in der Art, daß 25 Orientbahn-Akzien mit 150 Francs Einzahlung durch 16 voll eiugezahlte Obligazionen der neuen Gesellschaft ersetzt werden. Diese Obligazionen der neuen Gesellschaft werden denen der Lonrbardisch-Denezianischen Eisenbahn-Gesellschaft gleich sehn, sohin 15 Francs Interesse tragen und mit 500 Francs anwrtissrt werden, unter Ein- räumung des Vorzugsrechtes auf die der Südeisenbahn-Gesellschaft vom Staate gewährte Zinsengarantie. Der Umtausch der Orientbahn-Akzien gegen die Obli gazionen wird drei Monate nach dem definitiven Abschlüsse des gegenwärtigen Vertrages bewerkstelliget werden, jedoch ohne eine Unterbrechung des Zinsen genusses für die Besitzer der Orientbahn-Akzien. Art. 4. Die ans 31. Dezember 1857 abgeschlossenen und von der General versammlung genehmigten Rechnungen und Bilanze der Orientbahn haben bei Aufstellung der Rechnung für die Vereinigung als Grundlage zu dienen. Art. 5. Sobald der gegenwärtige Vertrag die allseitige Bestätigung er halten haben wird, übergibt die dermalige Orientbahn-Gescltschast au die neue Gesellschaft ihre Aktiven und alle Verwaltungszweige. Diese Uebcrgabc umfaßt: 1) den Kaffenbestand au Barschaft, die Werlhpapiere und Titel, das Mobiliar und di- Borräthe, mit einem Worte: alle beweglichen Werthe, welche das Aktiv vermögen der Orientbahn-Gesellschast bilden, ohne Ansnahme und Vorbehalt; *) Dieser Artikel lautet: „Die Konzessionäre sind ermächtigt, mit den ihnen laut des vorhergehenden Paragraphen überlassenen und übertragenen Eisen bahnen sowohl jene, welche der k. k. priv. Lombardisch-Venezianischen Gesellschaft, als jene, welche der k. k. priv. Franz-Joseph Orientbahn-Gesellschast überlassen und übertragen worden sind, unter Zustimmung der betreffenden Gesellschaften zu vereinigen und für dieses Gesamminetz eine einzige Gesellschaft zu gründen. Erfolgt jene Vereinigung, so wird dem Lvmbardiscb-Venezianischeu Eisenbahnnetz, dessen Bestand übrigens unverändert bleibt, die Eisenbahn von Padua nach Ro- vigo hinzugefügt, und das Netz der Franz-Joseph Orientbahn auf die Linie Marburg- (beziehungsweise Pragerhof-) Ofen über Nen-Kanischa, Stuhlweißen- turg-Uj-Szöny, Oedenburg-Kanischa beschränkt. Wenn von den Eisenbahnen im Banate eine Zweigbahn his an einen Punkt des linken Donauufers zwischen Efseg und Bukovar geführt werden würde, liegt den Konzessionären nach Vol lendung der Linie Oedenburg-Kanischa die Verpflichtung ob, die Eisenbahn von Kanischa über Effeg bis zu dem gedachten Punkte zu bauen und die Hälfte der Kosten des Baues einer Donaubrücke daselbst zu tragen. Wenn nach Vollen dung der Linie Kanischa-Effeg die Eisenbahnen der Gruppe der Kaiser-Franz- Joseph Orientbahn und der kroatischen Bahn durch zwei aufeinander folgende Jahre mindestens 7 Proz. des auf dieselben verwendeien Kapitals als Reiner trag abwerfen, so sind die Konzessionäre verpflichtet, insofern es die hohe Re gierung verlangt, eine Verbindungsbahn zwischen der Linie Agram-Sissek und der Linie Kanischa-Effeg herzustellen. Nach Ablauf des Jahres 1865 sind die Konzessionäre verpflichtet, eine Zweigbahn von St. Peter nach Fiume und die Bahn von Villach nach Briren herzustellen, insofern es die hohe Regierung ver langt und ein Drittheil der Herstellungskosten des Unter- und Oberbaues, mit Inbegriff der Grundeinlösungcn dieser beiden Eisenbahnen trägt." 2) alle Berathnngs-Protokolle und Korrespondenzen, alle Verträge, Titel, Rech nungsbelege, Entwürfe u. s. w., überhaupt alle zur Geschäftsführung der Ge sellschaft gehörigen Akten, lieber Alles wird ein Inventar ausgenommen und es wird die abtretende Verwaltung durch den Akt der Neborgabe von aller Ver antwortlichkeit entlastet. Art. 6. Gegenwärtiger Vertrag wird in kürzester Frist der Generalver sammlung der Akzionäre der Orientbahn zur Ratifikazion und der k. k. Staats verwaltung zur Genehmigung unterbreitet. Für den Fall, daß der gegenwärtige Vertrag von der Generalversammlung nicht ratifizirt oder von der k. k. Staats verwaltung nicht genehmigt werden sollte, wird er als null und nichtig angesehen. Art. 7. Alle Streitfragen, welche zwischen der Orientbahn-Gesellschast und den Konzessionären der Südbahn-Gesellschaft entstehen sollten, werden endgültig durch drei Schiedsrichter entschieden, von denen Einer von jedem der kontrahi renden Theile, und der dritte — vor Beginn der Verhandlung — von diesen beiden gewählt wird." Epsln-ungen und Verbesserungen. Eine Drehscheibe mit Dampfkraft. In einer der letzten Versammlungen des Vereins der Civil-Jngenieure in Paris wurde eine Mistheilung gemacht über die Anwendung des Dampfes zu Betreibung der großen Drehscheiben von 11 bis 12 Meter Durchmesser und zum Auswaschen der Lokomotivkessel. Es findet diese Anwendung statt auf dem Bahnhof zu Gpernay, wo sich die Hauptreparaturwerkstätten der Ostbahuen be finden, und auf jenem zu Nancy. Eii/i kleineß Lokomobihffst ans der Drehscheibe befestigt gegenüber von einem der beiden Triebwerke, welche zur Umdrehung der Drehscheibe mit der Hand dienten. Die Dampfmaschine überträgt mittelst der Kurbelstange die Bewegung direkt auf die Kurbel des Triebwerks der Dreh scheibe, während die an der Horizontalwelle des Triebwerks befindliche zweite Kurbel durch ein kleines Schwungrad ersetzt ist. Der Mechanismus ist so an geordnet, daß die Drehscheibe von der Maschine in beiden Richtungen gedreht werden kann. Der Kessel der Maschine ist wie ein kleiner Lokomotivkessel mit viereckiger Feucrbüchse und messingenen Siederöhren konstruirt, er hat eine Länge von 1,55 Meter , einen Durchmesser von 0,60 Meter und 30 Siederöhren von 44 Millimeter innerem Durchmesser bei 0.75 Meter Länge. Die Gesammtheiz- fläche beträgt 4 Quadratmeter, der Gesämmtinhalt 240 Liter. Die am Kessel ! befestigte Maschine arbeitet mit einem Druck von 4—6 Atmosphären. Der Dampfkolben hat einen Durchmesser von 0,12 Meter und 0.36 Meter Hub, so daß bei einer Arbeitsgeschwindigkeit von 1 Meter im Mittel pro. Sekunde die Maschine 80 Umdrehungen in der Minute macht. Das Brennmaterial besteht in kleinen Cokes, welche zu Lokomotivfeuerung unbrauchbar und deren Werth zwischen 20 und 30 Fr. pro Tonne variirt. In Epernay und in Nancy, wo diese Maschinen fast ununterbrochen Tag und Nacht in Gang sind, um die an kommenden und abgehenden Lokomotiven zu drehen, ist der Verbrauch au kleinen Cokes in 24 Stunden beill 100 Kilogr. Der Aufwand für die Maschine be ¬ trägt in 24 Stunden: Taggeld für 2 Maschinisten (1 für Tag, 1 für Nacht) . 6 Fr. 100 Kilogramm kleine Cokes g „ Del 1 Zusammen . 10 Fr., während früher bei Handarbeit für 12 Taglöhner, von welche» je 6 bei Tag und bei Nacht am Triebwerk der Drehscheibe beschäftigt waren, ü 2 Fr. 50 C. Pro Mann, 30 Fr. anszngeben waren. Eine weitere Verwendung der Dampfma schine findet statt zum Auswaschen der Kessel der in der Rotunde des Maschinen hauses befindlichen Lokomotiven. —Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß die beschriebene Anordnung sich nur da lohnen kann, wo, wie auf den genannten Stazioiien, die Zahl der täglich zu drehenden Lokomotiven eine sehr große ist. Eisenbahn-Betriebsmittel. Die Schnellzug-Lokomotiven der Braunschweigischen Staatsbahn. *) Nach Einführung der Courier- und Schnellzüge, deren geringe Achsenzahl und bedeutende Geschwindigkeit besondere angemessene Lokomotivkvnstrukzionen er forderte, entschied die anerkannt ruhige und sichere Bewegung der mit innenlie genden Cylindern versehenen Maschinen für die Wahl der Letzteren, und ist durch > die ununterbrochene Regelmäßigkeit und Sicherheit des Betriebes, so wie durch den geringen Reparaturkosten- und Brenmnaterialaufwand die Richtigkeit und Zweckmäßigkeit dieses Systems für die hiesigen Verhältnisse außer Frage gestellt. *) Aus der „Beschreibung der Bauwerke der Herzoglich Braunschweigischen Südbah» von Börßum nach Kreiensen. Braunschweig 1858."