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eines Einbruches in ein in der Nähe befindliches Ritter gut in der Nacht zum Sonntag verhaftet wurde und seit seiner Entlassung aus dem Zuchthaus Waldheim, am 8. August, nicht weniger als gegen 30 Einbruchsdiebstähle in der Gegend seines Wohnorts verübt hat. ' — I" Zwickau hat sich ein Verein gebildet, welcher seinen Mitgliedern im Falle der Erkrankung für den rückständigen Mietzins und zwar im Sterbefalle noch auf 3 Monate nach dem Tode aufkommt. — Bon einer blutigen That ist abermals aus dem Vogtlande zu berichten. In Rützengrün bei Auer bach wurde am Montag gelegentlich der Kirmesfeier vor einem Gasthofe ein junger Mann namens Schubert aus Brunn von den 2 Brüdern Schmutzler aus Rodewisch vhne jedwede Veranlassung niedergestochen, sodaß für sein Leben zu fürchten ist. Nach der That, bei welcher es auf eine andere Person abgesehen gewesen sein soll, flüchteten die Unholde, nachdem sie noch verschiedene Fenster und Thüren im Dorfe eingeworfen und einge stoßen hatten. Der Gendarmerie gelang es jedoch bald darauf, beide sestzunehmen. , — Eine Neuerung im Lerkehrswesen ist zwischen Gera und Ronneburg eingerichtet worden. Letztere Stadt wird von einer großen Anzahl (ca. 200) Webern und sonstigen Fabrikarbeitern bewohnt, welche in den großen Etablissements Geras ihr Brot verdienen. Diese Arbei ter können jedoch wegen der hohen Mietpreise mit ihren Familien nicht nach Gera übersiedeln und mußten daher den Inständigen Weg täglich hin und zurück zu Fuß machen. Der Stadlrat Ronneburgs hat nun mit der Berwaltung der sächsischen Staatseisenbahnen ein Ueber einkommen getroffen, wonach letztere jeden Morgen vor 6 Uhr einen Extrazug von Ronneburg abgehen läßt, welcher die Arbeiter rechtzeitig zum Arbeitsbeginn nach Gera bringt. Abends nach 7 Uhr fährt ebenfalls ein besonderer Extrazug die Arbeiter nach Ronneburg zurück. Die Stadt Ronneburg übernimmt die Bezahlung des vereinbarten sehr billigen Preises der von Anfang De zember an werktäglich verkehrenden Züge und berechnet jedem Arbeiter für tägliche Hin- lind Rückfahrt pro Woche Ij M., sodaß sich die einzelne Fahrt auf nur 12z Pfg. stellt. Der Stadt Ronneburg sowohl wie der kgl. säch sischen Staatseisenbahnverwaitung ist für dieses gemein nützige Vorgehen im Interesse der Arbeiter die höchste Anerkennung zu zollen, hat doch diese Einrichtung noch den weiteren Vorteil, daß die Arbeiter früh frisch und kräftig zur Arbeit kommen und abends pünktlich zu ihrer Familie zurückkehren und nicht auf dem Nachhausewege bis spät in die Nacht im Wirtshaus sitzen bleiben, wie es vielfach Sonnabends, wenn sie den Lohn in der Ta sche hatten, der Fall war. — In der Amthorschen Handelsschule zu Gera mußte der Schulunterricht vorläufig ausgesetzt werden, weil unter den Schülern derselben die ägyptische Augen krankheit ausgebrochen ist. — In Halle kam am 24. v. M. ein Ziviltrans porteur aus Bremerhaven mit dem in Zwickau ver hafteten Schlosser Gebauer aus Dresden an und nahm, anstatt den Verhafteten im Polizeigewahrsam unterzu bringen, mit demselben im „Gasthofe zum blauen Hecht" Quartier; der Gefangene hatte nichts Besseres zu thun, als unter Mitnahme der Legitimationspapiere des Trans porteurs während der Nacht von neuem zu entweichen. — Wiederholt wird gewarnt, Obst mit schwarzen Punkten oder abwischbaren Flecken zu kaufen. Es ist nunmehr durch wissenschaftliche Untersuchungen festgestellt worden, daß diese Punkte eine Art Pilze sind, die in der Luftröhre sich vernu hren und dann Keuchhusten ver anlassen. Man genieße daher kein Obst, ohne es vor her zu schälen oder wenigstens die Schale gehörig zu reinigen. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Ein Urenkel Kaiser Wilhelms, der Herzog von Schonen und Prinz von Schweden, Sohn des Kron prinzen von Schweden und der Prinzessin Viktoria von Baden, ist in bedenklicher Weise erkrankt, sodaß seit dem 27. v. M. Bulletins ausgegeben werden, eine Maßregel, die in Schweden nur geübt zu werden pflegt, wenn ernst liche Besorgnisse gerechtfertigt erscheinen. Kaiser Wilhelm erhält regelmäßige Berichte über den Krankheitszustand des Prinzen. — Der Kriegsminister, der Chef der Admiralität und der Generalquartiermeister Graf Waldersee haben dem Kaiser über eine in voriger Woche von ihnen un ternommene Jnspizierungsreise nach Kiel Bericht erstattet. Es handelte sich dabei vorwiegend um die seit Jahren in den maßgebenden Kreisen erwogene Hafenbefestigungs frage und um den Nordseekanal. — Der als Nachfolger des Generals v. Tümpling zum kommandierenden General des 6. (schlesischen) Armeekorps ernannte Generalleutnant v. Wichmann gilt für einen hervorragend schneidigen und energischen General. Er hatte im Feldzuge 1866 Gelegenheit, als Oberstleutnant sich an der Spitze des 8. Dragonerregi- mentS in dem Gefechte bei Nachod, in welchem er auch verwundet wurde, besonders auszuzeichnen. Im deutsch französischen Kriege fungierte Oberst v. Wichmann, der jetzt im 62. Lebensjahre steht, als Chef des Gcneral- stabes des 2. Armeekorps, später als Kommandeur der 25. (hessischen) Kavalleriebrigade. — Der „Rcichsanzeiger" veröffentlicht den kaiser lichen Erlaß, betreffend die Aufnahme einer 4prozentigen Reichsanlcihe in der Höhe von 28 Mill. M. für den Zollanschluß Hamburgs, sowie für die Bedürfnisse des Heeres, der Marine und der Reichscisenbahnen. — Im preußischen Abgeordnetcnhause wird cs dem nächst ob des im Namen des Zentrums vom Abg. Rei- chcnsperger-Olpe gestellten Antrags auf Wiederherstellung der unter Falks Leitung des Kultusministeriums besei tigten Artikel l5, 16 und 18 der preußischen Verfassung zu lebhaften Debatten kommen. Mit diesem Anträge geht das Zentrum, um einen gewöhnlichen, aber zutref fenden Ausdruck zu gebrauchen, „aufs Ganze". Sind jene Berfassungsartikel wiederhergestellt, die der römisch- katholischen Kirche die völlig ungehinderte Bewegung ge statten, so wird damit die gesamte unter der Aera Falk entstandene kirchcnpolitische Gesetzgebung unhaltbar und die römisch-katholische Kirche hätte alsdann in der preu ßischen Monarchie jene unumschränkte Freiheit wieder, die sie vordem gehabt und die sie nicht einmal in katho lischen Ländern besitzt. Der Antrag ist, wie gesagt, vom Abg. Reichensperger eingebracht worden, sein Vater ist aber unzweifelhaft der Führer des Zentrums selbst, Windthorst. Es unterliegt keinem Zweifel, daß nur wenige Abgeord nete außer dem Zentrum für den Antrag Reichensperger stimmen werden. Wenn man die große Rede nachliest, die Fürst Bismarck im Jahre 1875 für die Beseitigung jener Artikel der preußischen Verfassung gehalten hat, dann unterliegt es keinem Zweifel, daß die preußische Regierung diesem Anträge, selbst wenn derselbe von bei den Häusern des Landtages genehmigt werden sollte, nie mals ihre Zustimmung erteilen wird. Fürst Bismarck betonte damals, daß diese Artikel den Papst zum sou veränen Oberhaupte der katholischen Kirche in Preußen machten und daß dies nach dem Vatikanum kein Staat, der auf seine Autorität etwas halte, zugebcn könne. So viel auch Fürst Bismarck inzwischen seine Ansichten in der kirchenpolitischen Frage geändert haben mag, so wird man doch annehmen dürfen, daß er in diesem speziellen Falle seine frühere Meinung beibehaltcn hat. — Aus der Uebersicht über die Ergebnisse der Klas sen- und Einkommensteuer in Preußen ist zu ersehen, daß befreit von der Klassensteuer sind: 21,055924 Personen, darunter wegen Jahreseinkommen unter 420 M. 7,410060 und 12,633314 bisher zu den aufgehobenen Klassensteuer stufen 1 und 2 gehörige Personen. Es bleiben ferner hin (nach Abzug der Einkommensteuerpflichtigen und der Befreiten von derGesamtseclenzahl) noch klassensteuerpflich tig: 5,285257 Personen. Der Einkommensteuer unter liegen 2,50 Prozent, der Klassensteuer 19,56 Proz., be freit sind 77,94 Proz. der Bevölkerung. Bekanntlich wird nunmehr auch vorgcschlagen, die 3. und 4. Klassen steuerstufe (Einkommen von 900—1050 und von 1050 bis 1200 M.) zu beseitigen. Zur 3. Stufe gehören 343589 Personen mit einem Steuerbetrug von 3,092301 M., zur 4. Stufe 273367 Personen mit einem Steuer betrag von 3,280404 M. Es würden somit nach Auf hebung der 3. und 4. Stufe klassensteuerpflichtig bleiben nur noch 4,688301 Personen. Diese Zahlen beweisen schlagend, wie tief die Bresche ist, die in das Personal steuersystem bereits gelegt ist, und die, welche in dasselbe noch gelegt werden soll. — Der zurückgetretene Führer der Nationalliberalen v. Bennigsen hat im Gespräch mit politischen Freunden Veranlassung genonimen, sich über seine Stellung zur praktischen Tagespolitik auszusprechen, und bestimmt er klärt, kein Mandat für eine der parlamentarischen Kör perschaften übernehmen zu wollen, sich dagegen mit größerer Energie den provinziellen Wohlfahrtsaufgaben Hannovers zu widmen. — Die Zahl der Juristen nimmt in Preußen ganz erheblich ab. Auf der Universität Berlin studieren allein 153 Juristen weniger, als im vorigen Semester. — Thüringen. In Eisenach wurde in voriger Woche der „erste deutsche Bauerntag" abgehalten, welcher von ca. 400 Teilnehmern besucht war. Als Aufgabe und Zweck des dabet gebildeten „Allgemeinen deutschen Bauernvereins" bezeichnet das Statut: die unabhängige Vertretung und Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Interessen der bäuerlichen Berufsschicht und des bäuerlichen Grundbesitzes. Der Bauernverein als solcher soll keine politische Partei vertreten. Oesterreich - Ungar«. — Die Statthalterei zu Prag hat nach dem Ans pruch einer eigens zu dem Zwecke einberufenen Enquöte- ommission den gesamten Prager Polizeibezirk als von der Blatternepidemie infiziert erklärt und die strengsten Maßnahmen gegen die Weiterverbreitung angeordnet. Frankreich. — Ein von der Regierung veröffentlichtes Gelbbuch über die Verhandlungen mit China wegen Tonkin ent hält eine Depesche des Marquis Tseng vom 24. Novbr., I worin derselbe die Erklärung des Ministerpräsidenten Ferry bedauert, daß die Besetzung vonHunghoa, Sontay und Bacninh unerläßlich sei. Diese Erklärung wider spreche den früheren Erklärungen des Ministers, welche von einem einfachen Protektorate sprechen. Ferry ent gegnete unterm 30. Novbr., die Politik Frankreichs habe sich nicht geändert; Frankreich wünsche die Befestigung des Protektorats, freie Schiffahrt auf dem Songkoi und Sicherheit des Handels; der Plan einer militärischen Expedition nach Tonking sei durch nichts modifiziert; die Verantwortlichkeit für einen Konflikt falle auf China, nicht auf Frankreich. England. — Dem „Observer" zufolge sollen internationale Maßregeln ergriffen werden gegen Verschwörer, die von Sprengstoffen Gebrauch machen, deren Verkauf streng kontrolliert werden soll. Die deutsche Regierung habe es indes abgelehnt, die Initiative zu ergreifen, mit dem Bemerken, daß die fremden Mächte die deutschen Vor schläge nicht billigte, als der Gegenstand bei früheren Angelegenheiten erörtert wurde. Wenn bestimmte Vor schläge gemacht werden, würde Deutschland dieselben an nehmen. Spanien. — In Casa Campo bei Madrid hat am 3. Dezbr. der Hof mit seinem deutschen fürstlichen Gaste und dessen Gefolge eine Jagd abgehalten, wobei der deutsche Kronprinz und General v. Blumenthal die meisten Treffer hatten. Am folgenden Tage begaben sich der König, der Kronprinz und der Prinz Ferdinand Ludwig von Bayern, der Schwager des Königs, der am 2. d. in Madrid eingetroffen, nach dem berühmten Kloster Eskurial (im Guadarramagebirge), wo sie vom Musik chor der Douanierschule, welches die preußische Volks- Hymne spielte, empfangen wurden und die mit großem Glanze ausgestatteten Zimmer, sowie die im Palaste be findlichen Kunstschätze und Kostbarkeiten besichtigten. Hierauf besuchten der König und der Kronprinz die Klosterräume, die königliche Schule, die Bibliothek und die Begräbniskapelle des königlichen Hauses, in welcher von Karl V. (gest. 1558) an fast alle spanischen Könige ihre Ruhestätte gefunden haben. Am 5. d. fanden zu Ehren des Kronprinzen Truppenmanöver statt, an wel chen 1 Infanterieregiment, 2 Jägerbataillone, 2 Husarcn- regimenter und 1 Artillerieregiment teilnahmen. — Be züglich der Rückreise des Kronprinzen melden spanische Zeitungen, die Einschiffung werde bestimmt am 15. d. in Barcelona erfolgen, wo bereits Vorbereitungen zum festlichen Empfange getroffen werden. Italien. — Der vor einiger Zeit von Banditen in der Nähe von Trapani auf Sizilien gefangen genommene Herzog von Castelmonte, für den bekanntlich seine Familie 150000 Lire als Lösegeld erlegen mußte, ist bald nach der Rückkehr zu den Seinigcn an den Folgen, welche die Gefangenschaft auf seine Gesundheit ausgeübt hat, gestorben. Rutzland. — Unzweideutige Beweise der friedlichen Politik der Regierung sind die wiederholten Ermahnungen des Mi nisters Tolstoi an die chauvinistische Presse, sich aller Hetzereien gegen die Nachbarstaaten zu enthalten; der Kaiser wolle mit allen Staaten, ohne Ausnahme, in Ruhe und Frieden leben und habe Hrn. v. Giers u. a. den Auftrag erteilt, dem kaiserlichen Willen überall den Ausdruck in vollkommen positiver Weise zu geben. Afrika. — Madagaskar. In London sind frühere Meldungen bestätigende Nachrichten eingelaufen, wonach die Franzosen Mohambo und Teneriffa an der Nord ostküste der Insel beschossen hätten. 2 französische Fre gatten sollen ferner abgesandt sein, um das Fort „Dau phin" und andere Punkte an der Südküste der Insel zu bombardieren. — Südafrika. Der deutsche Landerwerb von Angra Pequena ist, wie die „Wes.-Ztg." bestätigt, bis zum Orangefluß ausgedehnt. Die Bremer Firma Lüderitz u. Ko. hat bis zum 26. Grad südlicher Breite die ganze Küstenstrecke, und zwar in einer Breite von 20 geographischen Meilen landeinwärts, erworben. Die ganze Küstcnstrecke im Besitze genannter Firma hat nun mehr eine Länge von etwa 45 und eine Breite von 20 geographischen Meilen. Aus dem kleinen 10 Quadrat meilen großen Besitze um Angra Pequena sind nunmehr 900 deutsche Quadratmeilen geworden. Von einem Er folge der englischen Bemühungen, Herrn Lüderitz in seinem Unternehmen zu stören, schreibt das Blatt, ist in den letzten Berichten noch nichts zu bemerken. Amerika. — Südamerika. Der kürzlich erfolgte Friedens schluß mit Chile hat für Peru eine merkwürdige Folge gehabt. Wie man dem „New-Jork Herald" meldet, haben die chilenischen Behörden, als sie die öffentlichen Gebäude in Peru räumten, alles mitgenommen: Ge mälde, Spiegel, Möbel, Archive, Federn und selbst alte Teppiche. Der Palast, die Munizipalität, die Kasernen rc. sind vollständig leer. Die Chilenen behaupten, daß sie