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Von längerm anhaltenden Wachen ermüdet und in der sichern Erwartung, daß ihnen Hülfe gebracht werde (cs waren erfahrene Arbeiter unter denselben, welche die zur Durchbrechung des Schuttkegels erforderliche Zeit wohl bemesse» konnten), stiegen sie mittelst einer Leiter auf den circa 12 Fuß über der Tunnelsohle an gebrachten Boden, welche den Maurern in den Feierstunden gewöhnlich zur Ruhestätte diente, legten sich hier neben einander nieder und entschliefen, um sich nicht mehr zu erheben, indem sie durch das fortgesetzte EinathmeN von schlechter Luft betäubt wurden und starben. Aus ihrer Lage war zu entnehmen, daß sie den Tod ohne Kampf gefunden haben, sie zeigten keine krampfhaften Stellungen. Einige hatten sich aus ihren Kleidern Kiffen bereitet und unter das Haupt gelegt. Die Leichen dieser Arbeiter wurden nicht wie die früher ge fundenen mit Rücksicht auf Heimath und Konfession in verschiedenen Kirchhöfen, sondern in Einem gemeinsamen Grabe auf den« alte» Gottesacker bei Trimbach feierlich beerdigt und dabei von Herrn Professor Bläst dahier die rührenden und schönen Worte gesprochen, welche nie aus unserni Gedächtnisse schwinden werden. Besonders hat er mich dabei noch dadurch verpflichtet, daß er es übernahm, Worte des anerkennenden Dankes an die brave Mannschaft zn richten, welche mit so edler Aufopferung und Hingebung die Rettung ihrer Kameraden versuchte. Mit diesem beende ich meine Darstellung des Verlaufes der traurigen Katastrophe und gehe über zur Untersuchung der Ursachen derselben. Entstehung des Unglücks. Ich habe mir alle Mühe gegeben diese aufzudecken, und glaube versichert sepn zn dürfen, daß der Ausspruch des Richters, welcher die noch im Gange befinrliche Untersuchung leitet, mit der meinigen übcreinstimmen wird. Wie Ihnen der Plan zeigt, ist der Schacht von oben herabgcmessen auf eine Tiefe von 140 Fußen durch verw'itterbares Gestein (Opalinusthon), sodann auf 15 Fuß durch solides Gestein (unterer Eisenrogenstein), auf 300 Fuß durch solches von der ersten Gattung (Posidonienschiefer) und endlich in seinem untern Theil auf eine Tiefe von 80 Fuß wieder durch solides Gestein (Liaskalk) ge trieben. Der oberste Theil wurde gemauert, der mittlere mit hölzernem Rahm werk und Schalung solid eingebaut, die in festem Felsen gelegenen Theile des Schachts bedurften bei der Solidität des natürlichen Gesteins keines Einbaues. Der im Eingang meines Berichts beschriebene Wärmeapparat war so ein gerichtet, daß seine Anwendung nicht die geringste Gefahr mit sich bringt, wenn die gewöhnlichste Vorsicht beobachtet wird. Der Ofen sammt dem eisernen Steigrohr wird, da eine außerordentliche Luftströmung durch denselben stattfindet, nie bis zu einem solchen Grade erhitzt, daß das in der Nähe befindliche Holz werk sich entzünde» kann, wie dieses ein ganz in derselben Weise konstruirter unter dem Schacht Nr. III. funkzionirender jetzt noch zeigt. Die diesem Ofen durchströmende Lust zeigt in dem Feuer selbst eine Temperatur von höchstens 50" Reaumur, indem die Hand jede beliebige Zeit lang über das Feuer ge halten werden kann. Da die Fläch- des Querschnitts des Schachts ungefähr die 80fache derjenigen des Rohres beträgt, so kann auch eine starke Erwärmung der Luft im Schacht nicht stattfinden, und es muß dcßhalb die Ursache der Ent stehung des Feuers nicht in der Ausstrahlung der in dem Ofen erzeugten Hitze, sondern in dem Auswerfen von Funken gesucht werden. Der hölzerne Eiubau des Schachts befand sich circa 75 Fuß über der Mündung des Kamins, bei der »crhältnißmäßigen unbedeutenden Geschwindigkeit der in den Schacht ansfieigenden Luft iss es mrmöglich, daß einzelne Hunke» bis zu dieser Höhe sich erhoben. Der obere Boden war 3 Zoll dick mit Lehm bedeckt und es konnte somit auch -ine Entzündung desselben durch herabfallende Funken nie statlfinden. Für die von ganz glaubwürdige» Arbeitern uns gemeldete Thatsache, daß das Feuer im vbern Theil des Schachtes sich entwickelte, konnten wir gar keine Erklärung finde», bis ein bei dem Durchbrechen des Schnttkcgcls gemachter Fund Ochern Aufschluß gab. Es lag nämlich zwischen den herabgeschlagenen Resten der Holzböden ein 2l Fuß langes, 3 Zoll dickes, aus 4 Zöpfen ge drehtes, größteutheils unversehrtes, an dem einen Ende aber abgebranntes Seil stück, an dem andern Ende befand sich ei» mit drei Schrauben befestigter eiserner Zaum mit Hacken. Wir erkannten dieses Stück als den nntern Theil des große» Seiles, mittelst dessen im verflossenen Winter und Frühjahr die von Bückten lind Läufelfiugen ans ans den Hauenstcin zum Schacht I. geführten Gewölb- steiue ans den untern Holzboden abgelaffen wurden. Nach der Aussage der mit dem Bau der beiden Böden beschäftigte» Zinimer- lente war es versäumt worden dieses Seil in die Höhe zu ziehen, und es nahm die in dem Plan angegebene Lage ein. Dasselbe war stark getheert, abgerieben und an einigen Stellen der Hanf aufgerissen. Diese Umstände, insbesondere aber die angegebene Länge des unverbrannten Stücks liefern den Beweis, daß das Seil durch einen Funken in der unmittelbaren Nähe der Mündung des Kamins entzündet worden ist. das untere Ende brach ab, fiel auf den Holzboden, mit diesem auf die Sohle des Tunnels und wurde daselbst durch die herabstür- zenden Holz- und Schutlmassen bedeckt. Der obere Theil des Seils brannte hinauf, bewegte sich, da es in einer Länge von über 500 Fuß frei hing, hi» und her und theilte das Feuer dem Holzbau der Mittlern Schachtstrecke mit. Mit dem Ausbrennen desselben erfolgte das Nachstürzen des lockern Schiefer gebirgs und die Bildung des Schuttkegels, welcher die unglücklichen Arbeiter abschnitt. Die hinter dem Schacht befindliche Schmiede und Trockenhütte blieben vom Feuer unversehrt, ebenso die Wasserleitung. Bei dem Durchbrechen des Schuttkegcls zeigte die in demselben enthaltene, aus kleinen Stücken bestehende Schiefermaffe cine rothe Farbe, während sie im natürlichen Zustande eine blauschwarze besitzt. Dies erklärt sich daraus, daß dieser Schiefer (Posidonienschiefer) einen starken Gehalt von Bitumen enthält, welcher das Glühen der Steine sehr begünstigt, und die Entwicklung von Kohlen oxyd und andern schädlichen Gasen zur Folge hat. Hierin liegt auch der Grund der Ansammlung der schlechten Luft, welche die Nettungsarbeit erschwerte. Das Quantum des durch das Glimmen der Holzstücke erzeugten, schädlichen Gases hätte für sich allein nicht hiugereicht, die Luft in dem ungeheuren Raume deS Tunnels in dem Umfange zu verschlimmern, wie dieß wirklich, der Fall war. In Vorstehendem habe ich Ihnen meine auf die genauesten Erhebungen und dem wirklichen Thatbestand gegründete Ansicht in Betreff der Entstehung des Feuers entwickelt *), ich bin nun so frei, die Frage zu erörtern, wen die Ver antwortlichkeit für die angedeutete, von so beklagenswerthen Folgen begleitete Versäumniß trifft. Ich könnte mich nicht entschließen, mein Verhalten nnd dasjenige der Bau führer in Betracht zu ziehen, wenn es nicht die Wichtigkeit des Gegenstandes nothwendig machen würde, die umfassendste Prüfung auznstellen. Nach meiner Auffassung ist das mit der Leitung des Baues beauftragte Personal (Sckzionsingenieur und Bauführer) zunächst und insbesondere verpflichtet, seine Aufmerksamkeit dahin zu richten, daß die Bauten in der in den Alkord- verträgeu vorgcschriebenen Weise zweckmäßig und solid zur Ausführung gebracht werden, damit dieselben mit aller Sicherheit für den Betrieb benützt werden können. In wie weit wir dieser Verpflichtung nachgekommen sind, wird der Herr Oberingenienr die Güte haben, Ihnen Aufschluß zu geben. Die in den Dienstanweisungen enthaltene Jnstrukzion, darüber zu wachen, daß durch den Betrieb der Bauten die Sicherheit der bei denselben beschäftigten Arbeiter nicht gefährdet werde, habe ich in dem Sinne aufgefaßt, daß es dem Baupersonal nicht obliegt, eine ununterbrochene Kontrolle über die Wachsamkeit und Vorsicht der in den verschiedenen Zweigen des Bans thätigen Aufseher und Arbeiter auszuüben (hiedurch würde es seinem wichtigsten Geschäfte ganz ent zogen), als vielmehr die von dem Unternehmer für die Zwecke der Bauausfüh rung getroffenen Einrichtungen mit Rücksicht auf die Sicherstellung der Arbeiter zu prüfen, und die Anwendung solcher, welche diesen Zweck nicht erfüllen, zu verbieten. Wie eine strenge Prüfung deS bisherigen Verlaufs der Arbeiten inr Haueusteintunnel zeige» wird, ist in dieser Hinsicht nichts versäumt worden. Die Beschaffenheit der Rüstungen, des Stollens und Schachtbans und der Fürde- rungseiurichtungen, so wie die Behaudlungsweise der Minirarbcit war immer der Art, daß hierin noch nie Veranlassung zu einem Nnglücksfall gegeben war, was bei den großen Dimensionen des Unternehmens ohne Beispiel ist, obgleich die Natur des Baues solche sehr begünstigt. Das unter allen Arbeitern ver breitete Vertraue» in die Solidität der Einrichtungen des Gcschäftsbetricbs gibt Vas beste Zeugniß für die bis jetzt beobachtete Vorsicht. Die Zahl der bis zum 28. Mai Verunglückten betrug blos sieben, und es sind dieselben (zum Theil durch ihr eigenes Verschulden) beim Transport von Materialien, durch Herab fallen von kleinen auf dem Schacht nicht aufgeräumten Steine» und Handwerls- zeugen umgekommen. Die Herstellung der oben beschriebene» Ventilazionsvorrichtungeu mittelst Erwärmens der Luft im Schacht wurde von mir ausdrücklich gebilligt, indem ich, bei nur eimgermaßen vorsichtiger Behandlung derselbe», in ihrer Benützung keine Gefahr finden konnte, wie ich dies schon angeführt habe. Der Befehl znm Aufziehen des Schachlsciles wurde von dem englischen Inspektor Watson gegeben. Ein unglücklicher Zufall (der Tod seines Kindes) verhinderte ihn, eine Untersuchung darüber anzustellen, ob dieser Befehl voll zogen wurde, und es läge nun die Ursache des Unglücks in der Säumniß des ) ^n dem Berichte des Direktoriums an den Vcrwaliungsrath vom 24. April 1858, dessen Inhalt mit demjenigen des Oberingenieurs Herrn Presse! übereinstimmt, ist noch ein anderer Grund der Entstehung des Brandes als möglich angegeben: Wie früher beschrieben worden, wurde der Rauch aus der seit anderthalb Jahren bestandenen Schmiede »nd Trockenhütte vermittelst eines Rauchfangs in den Schacht abgeleitet. Es mag sich nun dadurch seit dieser Zeit an dessen Wand bis auf eine gewisse Höhe, gleichwie es in einem Schorn stein zu geschehen pflegt, Nuß augesctzt haben und daß dieses der Fall, dafür spricht der Umstand, daß bei dem Einsturz des Schachtes nach Aussage der an wesenden Arbeiter eine bedeutende Quantität einer rußähnlicheu Substanz mit herunter fiel. Es ist nun möglich, daß ein, scy es aus dem Rohr des Wärm apparats, sey es ans der Schmiede entsteigender Funke den Ruß entzündet hat und auf diesem Wege die Ausbreitung des Feuers vor sich ging. Das Direk torium fügt hinzu: „Es gereicht uns jedoch zur Beruhigung, daß alle diese Umstände außer dem Bereich der gewöhnlichen menschlichen Vorsicht lagen und weder unsern Angestellten noch den Aufsehern des Herrn Brassey, weder eine Fahrlässigkeit noch eine Schuld an diesem furchtbaren Unglück zngeschrieben werden kann. Die von dem Richteramt Ollen aufgeuommene Untersuchung hat, trotz der genauesten Prüfung, kein strafbares Verschulden herausgedracht."