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I flerte auch einem Deserteur cms Gotha, welcher sich ei- 1 das Zelt in Brand. Die Flammen wurden sofort ge- I nige Tage auf der Flucht befunden hatte und dann wie- ! löscht, aber es entstand eine Panik unter dem Publikum, der eingeliefert wurde. Dem Unglücklichen waren beide welches dem einzigen AuSgange zuströmte. In demGe- Füße erfroren, sodaß eine Amputation jedenfalls vorge- dränge wurden 2 Personen erdrückt und 8 verletzt, meh- nommen werden muß. Mitteilungen aus den öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten. 3. öffentliche Sitzung am 1. Februar 1883. 1. Herr Bürgermeister Kuhn berichtet über die Verhandlun gen mit dem Besitzer des Gutes Neubau wegen Umlegung der Armenanlagen. Der Besitzer des Neubau beantragt die Umlegung der Armenlasten zur Hälfte nach den Steuereinheiten und zur an dern Hälfte nach dem Anlagensystem mit Berechnung nach der Kopfzahl der staatssteuerpflichtigcn Personen des Gute» Neubau. Der Rat hat beschlossen, dem Antrag des Besitzers von Gut Neu bau fiattzugeben und das neue Anlagenregulativ dem entsprechend > abzuändern. Zugleich hat der Rat den Herrn Bürgermeister be auftragt, die endgiltige Redaktion der abzuändernden Bestimmungen unter Zuziehung von Mitgliedern des Rats und der Stadtverord neten vorzunehmen. Der Herr Bürgermeister ersucht da« Stadt- verordnelenkollegium, diesem Beschluß in der Welse beizutreten, daß der Vorsitzende, der stellv riretmde Vorsitzende und der stellvertre tende Schriftführer dieser Redaktionskommission zugewiesen werden. TaS Kollegium «ritt den Beschlüssen de« Rate« einstimmig bei. 2. Stadl». Roßbach berichtet im Namen des SchnlauSschus- eS über die Ratsbcschlüssc, von Ostern d. I. ab an derBürger- chule eine neue, S., Hilfslehrerstelle mit 900 M. jährlichen Ge- «alle«, sowie eine neue, 30., ständige Lehrerstelle mit einem Jahre«, gehalt von 1200 M. zu errichten. Er begründet die RatSbeschlüffe durch den Nachweis, daß da« Lehrerkollegium, da wegen der au- wachsenden Kinderzahl 49 Klassen gebildet und 64 Schulstunden mehr b-setzl werden müssen, nicht mehr ausreichend sei. Nachdem auch die Stadt». Priber, Richter I und Schieck den Beitritt zu den Beschlüssen de« Rat» empfohlen Haden, werden dieselben ein- iimmig angenommen. 3. Der Rat hat beschlossen, dieZmsm der Gnauck-Stif tung in der Weise zu verteilen, daß 100 M. dem Berschiinerung«- verein und je 25 M. der Handel«-, Real-, Web- und Frauen- arbeitsschule zugewendet werden. Stadt». Raschke kommt auf seine vorjährige Anregung zurück, auch der Fortbildungsschule einen Teilbetrag zuzuweisen, woraus Herr Bürgermeister Kuhn erwähnt, daß für die Fortbildungsschule bereit» Prämien bestehen. Siadtv. Priber erläutert die Aeußerungende« Herrn Bürgermeister« aufGrund de« Hau«daUplam«. Nachdem Stadt». Raschke den von ihm an geregten Gedanken nochmal« besürwortet, der Herr Bürgermeister über den Inhalt der Gnauckschen Stiftongrurkunde nähere Mit teilungen erstattet und Herr Richter I seine Befriedigung über die Berücksichtigung der Webschule «»«gesprochen hat, schlägt Stadt». Rompano vor, die Fortbildungsschule an Stelle der Frauenarbeits schule zu bedenken. Nachdem der Herr Bürgermeister den R-t«-u beschluß twchmal« begründet hat, wird derselbe m seiner Gesamt heit mit Majorität angenommen. ...... „ 4. Stadt». Rompano bespricht nochmal« den schlechten Zustand de« hohen Stege«, soweit die Reparatur dem Äut«beützer Nan- mann obliege, und regt an, daß gedachter Herl angeh alten werde, da« Seinige zu «Hun. „ vr. Scholtz«, Pro,. rere darunter lebensgefährlich. * Am Jahrestage der Aufhebung der Leibeigenschaft, (2. März 1863) in Rußland schreibt ein Feuilletonist des Petersburger „Herold" u, a.: „Da liegt vor mir so ein altes vergilbtes Blättchen unansehnlichen, win zigen Formats, das eine Residenzzeitung der 50er Jahre repräsentiert. Hilf Himmel, ist das wirklich eine Zeitung, wie sie die Wißbegierde unserer Väter betriedt- gen konnte? Der elektrische Telegraph war damals bei uns noch eine unbekannte Größe. Nachrichten aus dem Auslande brachte man auf patriarchalische Weise erst Wochen später; von der Februarrevolutivn 1848 erfuhr man bei uns erst im März. So ärmlich wie das Aeußere, so dürftig ist der Inhalt des vor mir liegen den Zeitungswisches. Nichts Interessantes bietet er dar. Offizielle Nachrichten, trockene Darstellung der Stadt ereignisse und dergleichen Begebnisse von wenig packen der Wirkung. Man las zu jenen Zeiten noch gar zu wenig. Die Annoncen bilden allein schon so ein Stück Kulturgeschichte. Man lese nur folgende Ausschnitte: . „Verkauft wird ein tüchtiger Koch von 30 Jahren nebst Frau, die als Scheuermagd dienen kann, kräftig gebaut und vollständig gesund." „Zum Kauf angeboten ein junges 14jähriges Mädchen von angenehmem Aeußern, mit vollständigem Gebiß, anstellig zu jeder Arbeit." „Ein Weib von 40 Jahren mit zwei minderjährigen Kindern wird zum Kaufe angeboten ; kann eine Wirt schaft selbständig leiten; zuverlässig, Kaufbedingungen vorteilhaft, Ratenabzahlung bewilligt." „Gesucht zum Kaufe ein nüchterner Kutscher, hohen Wuchses mit brei ter Brust, langem Bart und ansehnlichem Bauch. Höch ster Preis wird bezahlt." * Aus der sibirischen Gouvernementsstadt Tomsk kommt die — echt russische Kunde, daß eine für die Er bauung eines Universitätsgebäudes in Tomsk gesammelte Million Rubel verschwunden sei und man daher für die weiteren Arbeiten eine neue Million benötige. * Zur Warnung teilt die „Aachener Ztg." folgendes mit: In einem Hause in der L-Straße hierselbst be merkte dieser Tage das Hausmädchen beim Betreten ei nes Zimmers, daß die eine Gardine lustig brannte. Das Feuer wurde schnell gelöscht und als man sich nach der Ursache umsah, da trug die liebe Sonne die Schuld daran, deren Strahlen, durch' eine vor dem Fenster stehende Fischglocke fallend, eine solche Hitze erzeugt hatten, daß die dahinter befindliche Gardine flott zu brennen anfing. * Der Munizipalrat von Venedig hat beschlossen, für Richard Wagner eine Gedenktafel von Marmor am Palaste Vendramin, dem Sterbehaus des Tondichters, anbriligen zu lassen. * Der Schneefall der letzten Wochen erstreckt sich über weite Gebiete. So hat auch Russisch-Armenien (Asien) unter demselben zu leiden und am Fuße des Ararat — auf dem nach der Bibel die Arche Noahs nach dem Verlaufen des Wassers stehen blieb — sind mehrere Ortschafteit durch Schneeverwehungen verschüttet und 59 Personen dabei getötet, über 100 schwer beschädigt worden. * Der Ausbruch des Aetna droht viel gewaltiger zu werden, als alle seit Menschengedenken stattgefundenen. Mindestens 500 qkm rings um den Berg sind seit 5 Tagen in fortwährender Erschütterung. Die Bewohner der meiste» Ortschaften innerhalb der umliegenden Kreise sind infolge des Erdbebens und Aschenregens größtenteils geflüchtet, und zwar teils mit der Bahn nach Messina oder Syrakus, teils zu Schiff hinüber an die calabrische Küste; auch Catania ist von Flüchtlingen überfüllt. Ob Catania einen sicheren Zufluchtsort bieten wird, erscheint mehr als zweifelhaft. Zwar der Aschenregen erreicht die sen Ort nur wenig und auch die Bodenerschütterungen sind daselbst schwach, dafür aber naht sich eine viel schreck lichere Gefahr in Gestalt eines mächtigen Lavastromes, ähnlich demjenigen, der vor mehr als 2 Jahrhunderten Catania vollständig vernichtete, trotzdem damals die Ein wohner die Stadt durch 20 Fuß hohe Mauern zu schützen versucht hatten. Der Berg hat sich nämlich gespalten und es ergießt sich in der Breite von mehr als 1 km ein feuriger Strom den Abhang herunter, der alles auf seinem Wege vernichtet und bald Catania zu erreichen droht. Gräulich sind die Zustände im eigent lichen Eruptionsgebiete; allenthalben an den Abhängen des Berges zeigen sich kleine Krater und Risse, die teils Asche und Steine auswerfen, teils meist geringfügige Lavaergüsse von sich geben ; die Erderschütterungen haben Hunderte von Häusern vielfach beschädigt. Am ärgsten ging es an der Küste zwischen Aci-Reale und Calata- bidno her; dort sind ganze Dörfer unbewohnbar gewor den. Der Aschen- und Steinrcgen dagegen richtet wegen der ziemlich stark wehenden Nordwinde auf der Südseite des Berges die größten Verheerungen an. In Bellpassa liegt die Asche knietief in den Straßen, und auf den Feldern wurden einzelne Personen durch herabfallende glühende Steine getötet. Alles spricht dafür, daß die Katastrophe noch lange nicht ihren Höhepunkt erreicht hat, und insbesondere behaupten Sachverständige, daß die eigentlichen Lavaergüsse erst kommen dürften, in welchem Falle Catania ernsthaft bedroht wäre. In Biancavilla wurden am Sonntag 3 Erdstöße mit unterirdischem Rol len bemerkt, wodurch die Bevölkerung in die größte Be stürzung geriet. Zur Unterbringung der Bedrohten wur den Hütten am flachen Lande erbaut. * In großer Gefahr befand sich am 10. d. Montene gros Hauptstadt, Cettinje. Der Blitz schlug in das 400 Schritte vom Zentrum des Ortes entfernte „Arsenal" oder „Munitionslaboratorium" ein. Das Gebäude ist äußerst primitiv gebaut und es befand sich sehr beträcht liches Material an Pulver, Dynamit und Patronen da selbst zusammengepfercht. Die mittlere Abteilung des Lokales ging in die Luft; allein es stürzten sofort viele Leute in den dampfenden und qualmenden Schutthaufen und warfen mit bloßen Händen zumeist bereits glim mende Pulver- und Munitionskisten oder auch massen haft zerstreute Munition in den Schnee hinaus, von wo das Material durch andere — Männer und Weiber — ohne Anordnung oder Leitung weitergeschleppt wurde. So blieb der montenegrinischen Hauptstadt die Vernich tung erspart. * In Blodio im französischen Departement der Nie derpyrenäen ist kürzlich bei Beginn des Gottesdienstes das große, erst kürzlich neu hergestellte Eingangsthor der dortigen Kirche unter dem Gewicht des darauf an gesammelten Schnees eingestürzt. 3 Personen blieben auf der Stelle tot, 20 wurden mehr oder minder schwer verwundet. * Ein grauenhafter Vorfall geschah kürzlich in Dies dorf bei Diedenhofen. Ein Ehepaar hatte sich in den Garten begeben und seine Kinder im Alter von 4 Iah- ren und 10 Monaten in der Stube zurückgelassen. Das ältere Kind öffnete die Thür und lief auf die Straße. Unterdessen wurden die Schweine eingetrieben, welche durch die offen gebliebene Thür in die Stube liefen. Als die Mutter aus dem Garten zurückkam, fand sie von ihrem jüngsten Kinde nur noch den Kopf und einen Beinknochen vor ; soweit hatten die Schweine das Kind aufgefressen. * Bon dem Wrack der „Cimbria" ist bei Bergen in Norwegen nun auch das Schreibvult des Kapitän Hansen angetrieben, in welchem sich eine Anzahl Fami- uenbriefe, Photographien und einige Banknoten befanden. * Die erste Nachricht über das Unglück, welches sich kürzlich iii einem ZirkuSzelt in New-Orleans ereignete, war. wie vielfach amerikanische Berichte, übertrieben, Während der Vorstellung steckte eine tröpfelnde Lampe dasselbe so verletzttn, daß wenig Hoffnung auf seine Ret- tung vorhanden ist. * Während der Osterfeiertaze waren in Berlin über den Mörder Sobbe die abenteuerlichsten Gerüchte ver breitet, einmal sollte er sich vergiftet haben, dann sollte er den Kopf derartig an die Wand gestoßen haben, daß er einem alsbald folgenden Schlaganfall erlegen sei rc. An alledem ist aber kein wahres Wort und es wird jetzt darauf aufmerksam gemacht, daß derartige Vorsichtsmaß regeln getroffen worben sind, welche einen Selbstmord versuch als ausgeschlossen erscheinen lassen. Sobbe wird des Nachts in Gemeinschaft des in einer benachbarten Zelle gefesselt sitzenden zum Tode verurteilten Mörders Conrad bewacht, welcher bekanntlich seine Frau und Kin der tötete. Die Stimmung Sobbes ist eine völlig ver zweifelte; er brütet stumpf vor sich hin, schluchzt und weint zeitweilig und nimmt äußerst wenig Nahrung zu sich. Meist sitzt er mit aufgestemmten Armen vor dem Tische, die Bibel vor sich, in der er liest oder blättert. Bei seiner zweiten Vernehmung gab Sobbe auf die Frage, warum er gerade einen Geldbricfträger erschlagen, an, es habe ihm der Fall Francesconi in Wien vorge schwebt. Nachdem er sein Vermögen durchgebracht, habe er den Drang in sich gefühlt, sich selbständig zu machen und ein geordnetes Leben zu führen, und sei dabei auf die Idee gekommen, wie Francesconi einen Geldbriefträ- aer zu erschlagen. Der Geldbricfträger Müller in der Taubenstraße, auf den er es zuerst abgesehen gehabt, sei ihm einerseits zu herkulisch an Gestalt und Kraft, ande rerseits als zu vorsichtig erschienen. Die Wohnung in der Adalbertstraße sei ihm zur Vollführung der That geeigneter erschienen, auch habe ihn die Nähe der Post hoffen lassen, daß die zu erbeutende Summe eine be trächtliche sein werde. Schon am Sonnabend, den 10. März, als Cossäth die erste (von Sobbe in Potsdain an seine eigene Adresse aufgegebene) Geldsendung brachte, habe er die That ausführen wollen, doch mcht den Mut dazu gefunden. Nachdem er am Sonntag wiederum in Potsdam eine Geldsendung an sich adressiert, sei am Montag früh Cossäth bei ihm erschienen. Er habe dem selben eine Flasche Bier angeboten, sei, während Cossäth trank, hinter ihn getreten und habe ihm einen mächtigen Hammerschlag in die linke Schläfe gegeben, sodaß Cossäth sofort zusammenbrach; durch weitere Hammerschläge auf den Kopf habe er den Tod vollends herbeigeführt, dann in fieberhafter Hast zusammengerafft, was ihm zunächst in die Augen fiel, und dabei die Leibtasche seines Opfers, in der man bekanntlich gegen 2600 fand, vergeffen. Dann sei er nach Oerbisfelde und nach mehrstündigem Aufenthalte dortselbst nach Magdeburg zurückgefahren. Ernst Sander habe er sich deshalb genannt, weil seine Wäsche L. 8. (Ernst Sobbe) gezeichnet sei. Auf den Vorhalt, ob ihm denn der arme Briefträger und dessen Familie nicht leid gethan, erwiderte Sobbe, er habe Cossäth für unverheiratet gehalten, und als er aus den Zeitungen von der Existenz von Frau und Kindern ge lesen, sei er von tiefer Reue und heftigem Schmerze gepackt worden. * Mit den Maßregeln zur Sicherheit der Geldbrief träger gegen Attentate wie das Sobbesche ist seitens der Berliner Postbehörde bereits begonnen worden. Seit Don nerstag wird in 4 dortigen Postämtern die Bestellung der Postanweisungen und Geldbriefe probeweise durch in Begleitung eines Postillons fahrende Postbeamte ausge führt. Vor dem Hause, in welchem jeweilig ein« Geld- bestcllung zu erfolgen hat, nimmt der Briefträger aus dem Wagen nur diejenigen Gelder, Wertbriefe und An- Weisungen, deren Adressaten in dem Hause wohnen. Um aus dieser neuen Einrichtung möglichst viel praktischen Nutzen zu ziehen, hat man zu dieser Probebestellung 4 nach Lage und Größe völlig verschiedene Bezirke gewählt, so einen im Zentrum der Stadt, einen weiter draußen, wo die Bezirke räumlich sehr ausgedehnt sind und wo man durch die Fahrgeschwindigkeit des Bestellwagens eine derartige Zeitersparnis zu erzielen hofft, daß der Bestellbezirk des Geldbriefträgers gegen jetzt um ein be trächtliches erweitert werden kann rc. Naturgemäß muß die neue Einrichtung erst einige Wochen funktionieren, ehe sich ein definitives Urteil über ihren praktischen Wert abgeben läßt. * Zu dem Morde des StaatsratS v. Wangenheim in Gotha ist noch zu bemerken, daß für den Mörder, den Tüncher Hanf, die Wiederanstelluug, und zwar als Chausseegelderheber, beschlossen und auch ausgefertigt war und nur noch die Vollziehung fehlte. So hat der entsetzliche Racheakt nicht einmal die Begründung gehabt, daß der Verbrecher mit seinem Gesuch abgewiesen wor den sei, es hat ihm nur die Erfüllung zu lange ge dauert. * Bei dem in den letzten Tagen eingetretenen hohen Schnee und der damit verbundenen Kälte find in Thü ringen wiederum viele Personen durch Erfrieren verun glückt. Bei Saalfeld wurde une Frau tot aufgefunden, bei Neustadt am Rennsteig beim Wegräumen von Schnee ein Mann aufgesch-ufelt, welcher ebenfalls durch Erfrie ren seinen Tod gefunden hatte ; auch find verschiedenen Personen, welche sich verirrten und über Nacht im Freien aufhalten mußten, Hände und Füße erfroren. Das pas-