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Anzahl von Patronenhülsen abliefern zu können. Bun» deskommifsar General v. Verdy widersprach; die Patronen würden in sachgemäßen Uebungen verbraucht, auch sei das Berschießen von Patronen notwendig, um die Soldaten feuerfest zu machen. Beim Kapitel Unterstützungen lenkte Richter-Hagen die Aufmerksamkeit des Hauses auf den Fall Gärtner-Bente (Erschießung eines Arbeiters durch den wachthabenden Posten in der Nähe von Berlin). Kriegsminister v. Kamecke erklärte, daß einleitende Schritte geschehen seien, um der Witwe eine dauernde Unterstützung zuzuwenden. Das Haus genehmigte darauf den Rest des Militäretats und ebenso den Etat der Marinever waltung , letzteren fast debattelos. Bei dem darauffol genden Reichsjustizetat stellte Unterstaatssekretär v. Schel ling eine Reform des Gerichtskostengesetzes und des Ak tiengesetzes in Aussicht. Bei dem Kapitel Reichsgericht kritisierte v. Vollmar (Soziald.) das Urteil des Reichs gerichts im Leipziger Hochverratsprozeß, insofern dasselbe auf Zuchthausstrafe gelautet, wodurch einem politischen Vergehen der Makel einer ehrlosen Handlung aufgedrückt worden. Der Etat wurde genehmigt, ebenso fast debatte los der Etat des Reichsschatzamtcs. Nächste Sitzung: Donnerstag, Fortsetzung der Etatberatung. I Verletzung an der rechten Stirnseite hat das unglückliche Kind eine Gehirnerschütterung erlitten. Bisjetzt ist je doch noch Hoffnung vorhanden, das Kind am Leben zu ! erhalten. — Der in voriger Woche erwähnte Soldat Kost, welcher anfang vorigen Jahres als Sträfling der Festung Königstein aus letzterer entflohen und wegen Einbruchs diebstahls als Fleischer Trockenbrot von der Staatsan- I waltschaft Freiberg festgenommen worden war, ist durch I ein Kommando nach der Festung zurückgeholt worden. Kost soll in dem letzten Erkenntnisse neben der Festungs- I Haft zu 7jährigem Nachdienen verurteilt worden sein. > — Das über den 18jährigen Lustmörder Bürsten- binder Herold, welchem das 5jährige Töchterchen eines Viehhändlers in Schönhaide zum Opfer gefallen wär, vom Schwurgericht Zwickau am 7. v. M. ausgesprochene Todesurteil ist von Sr. Maj. dem König in lebens längliche Zuchthausstrafe umgewandelt worden. i — Ueber den schon gestern erwähnten bei Kötzschen- > broda verübten Mord wird heute Näheres gemeldet. Der Maurer Kuhn aus dem Nachbardorfe Lindenau ! hatte sich am 19. d. mit seiner 53 Jahre alten unver ehelichten Tante Rößler in den Wald begeben, um Holz zu lesen, war jedoch abends nicht heimgekehrt, ebenso wenig die Rößler. Die beiden Brüder Kuhns gingen nun am nächsten Tage auf die Suche und fanden den Vermißten planlos umherirren. Ueber die Tante wollte derselbe keine Auskunft geben und er wurde darauf ge fesselt und bewacht, die Einwohnerschaft von Lindenau aber aufgefordert, den Wald, in welchen die beiden ge gangen waren, abzusuchen. Nach Mündigem Suchen wurde denn auch die Rößler auf dem Gesicht in einem Wassergraben liegend, mit Streu bedeckt, einen Strick I um den Hals und mit zusammengebundenen Füßen auf- I gefunden. Kuhn, der bisher hartnäckig geleugnet, fing, an die Leiche geführt, heftig an zu zittern, blieb jedoch I stumm; erst als man in ihn drang, weinte er heftig, gestand seine That zu und bat seine Verwandten dafür I um Verzeihung. Kuhn ist etwas geistig gestört und war auch als 18jähriger Mensch bereits 1 Jahr in der Heil- I anstatt Sonnenstein. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Die Teilnahme an dem schweren Schmerze, der dem Kaiser durch den Tod des Prinzen Karl bereitet worden, ist eine allgemeine. Wird es doch immer stiller, immer einsamer von Zeitgenossen um den greisen Herrn! Prinz Karl war in der schweren Zeit von 181 t in die Armee eingetreten; gleich jedem andern Offizier hat er die schwere Schule des Dienstes durchgemacht und alle I Gebiete des Waffenhandwerkes erlernt. In Vorliebe blieb er der Artillerie zugethan, deren Chef er mit dem Titel eines Generalfeldzeugmeisters seit 1854 war. Früher war die Artillerie zurückgesetzt worden, Prinz I Karl erhob sie zur Stellung der „intelligenten Waffe"; I an allen Verbesserungen und neuen Erfindungen auf dem I Gebiete der Schußwaffen nahm der Prinz den regsten Anteil; er studierte auch die Geschichte derselben und seine großartige Waffensammlung hat hohen kriegswissenschaft lichen Wert. Bei Düppel, in Böhmen und in Frank- I reich war Prinz Karl stets im Hauptquartier und Zeuge der Heldenthaten und der Arbeit der Artillerie. Eine Fülle von Ehrenbezeugungen ist dem Prinzen für seine I soldatischen Verdienste zu teil geworden. Er feierte mit I seinem 80. Geburtstage das 70jährige Dienstjubiläum, I auch das 25jährige Jubiläum als Generalfeldzeugmeister brachte ihm den speziellen Dank des Kaisers für seine Verdienste um die Artillerie. Der Prinz war außer ordentlich wohlthätig, und unter rauher Schale schlug ein edles Herz. Im Laufe des Jahres gingen gegen 1000 Bittgesuche bei ihm ein, die er alle selbst las; er glaubte alles, was man ihm schrieb. Pünktlichkeit und Mäßigkeit waren seine charakteristischen Tugenden; er schlief auf einfachem Feldbette, mit einem ledernen Strohsack als einziger Unterlage, eine mit Leinwand be zogene einfache wollene Decke schützte den Körper. Prinz Karl war ein leidenschaftlicher Raucher, er rauchte zu weilen 3 Zigarren auf einmal aus ein und derselben Spitze. Eine besondere Liebhaberei war sein Sinn für Zahlen. Die Einwohnerzahlen der Städte, die Höhe der größten Türme, den Umfang der größten Bäume führte er in einem besonderen Heftchen stets bei sich. In sei nem höheren Lebensalter war der Prinz ein sparsamer und genauer Haushalter geworden und hatte namentlich nach dem Tode seiner Gemahlin seiner Hofhaltung die engsten Grenzen gezogen. Ein größerer Kapitalbesitz war ihm aus dem Nachlasse der Großherzogin-Großfür- stin von Weimar zugefallen, es befand sich darunter, wie verlautet, ein Unikum, eine Aktie von einet Million Thaler der Thüringer Eisenbahn. Auch einige Besitzun gen in Preußen hat der Prinz erworben, dem weiter das Palais am Wilhelmsplatze, sowie das Schloß Glie nicke bei Potsdam gehörten, beides Besitztümer von un gemein hohem Werte. Das von ihm hinterlassene Ver mögen wird auf 66 Millionen Mark angegeben. — Der offizielle Totenschein, welchen das königliche Hausmini sterium auf Grund der ärztlichen Gutachten ausstellte, giebt als Grund der Todesursache an: „Lungenkatarrh und Altersschwäche". — Aus Veranlassung seiner silbernen Hochzeit hat das kronprinzliche Paar der Stadtgemeinde Berlin eine Summe von 10000 übersendet mit der Maßgabe, dieselbe am Tage der Feier zur Verteilung an dasige Arme zu bringen. Gegen 1000 Personen werden durch diese hochherzige Gabe erfreut werden. Vorigen Sonntag mittag empfing der Kronprinz in Gegenwart seiner Ge mahlin die aus Anlaß der Einweihungsfeier des neuen Logengebäudes der Loge Royal Jork in Berlin augen blicklich anwesenden Großmeister sämtlicher Großlogen in Deutschland und nahm aus deren Händen den von den Logen gesammelten Fonds zu einem Heimathause für Witwen und Töchter verstorbener Freimaurer entgegen, welches aus Anlaß der silbernen Hochzeit des kronprinz- lichen Paares und zum Andenken an dieselbe gestiftet werden soll. auf — wird blaß — und gleich darauf zinnoberrot — den Löffel hat sie in die Schüssel fallen lasten. „Va ter — Mutier," ruft sie, „horcht's — horcht's — Hol dindio — holdiridio — juchhehl — Mutter! — ja, das ist er — Mei Bua — mei liaber süßer Herzens- bua!" — mit diesen Worten stürzt's Mariaiid'l aus der Stube — auf die Chaussee hinaus — und lauft — und laust, bis sie in seinen Armen liegt und ihn herzt und küßt, ihren Seppel, wie's sich für ein Stadt mädel gar nicht schicken thät. Dann traten sie Hand in Hand ins Haus ein. „Grüaß Gott, Vater, — grüaß Gott, Mutter, — jetzten bin i da und bleib' bei enk, wenn's kan Krieg giebt, für allezeit. I woäß gar nit, wia ma g'schehn is, aber da ward i zum Herrn Hauptmann g'führt, und der liest mir a Schreiben vor, das vom Korps- kanimando in Graz kommen is, und da hat's drin g'heißen, daß der Jäg?r Joseph Strohhuber von der 4. Kompanie des 24. I igerbataillons bis zur Einberu fung im Falle eines Krieges in seine Heimat zu schik- ken is. Unterschrieben war die G'schicht' sogar von dem Feldmarschallleutnant Herzog von Württemberg." „Unser Feldmarschall I" ertönte es gleichzeitig seitens der Familie Stadel, die nun erzählte, was sich ereignet hatte. „Mein Feldmarschall I" rief's Nandl und legte erst jetzt den Löffel zur Ruhe, — „und a Herzog war's a no dazu« — oh, der guate brave Herr, — wenn i denk, wia freundli er mi in d'Wangen 'zwickt hat!" — „Sollt' ma gar nit glauben," sagte der Seppel kopf schüttelnd, „vor der Front san die Herren fuchSteufel- Bom Reichstage. In der Sitzung vom 23. Januar wurde die Bera tung des Etats der Militärverwaltung fortgesetzt. Abg. Maybauer brachte dabei das unnütze Verknallen von Platzpatronen zur Sprache; so seien bei einem Truppen teile in Düsseldorf viele Tausende Patronen verschossen worden nur zu dem Zwecke, um die vorschriftsmäßige : tragen. — Die Gesamteinnahme des am Sonnabend zum Besten der Notleidenden am Rhein auf dem Schloßteiche in Chemnitz veranstalteten Eisfestes beläuft sich, da das ' Komitee die Deckung aller entstandenen Kosten selbst übernommen hat, auf 2241 M. 35 Pf., und kommt dieser namhafte Betrag der öffentlichen Sammlung zu gute, welche sich nun, inkl. der 5000 M. von feiten der Stadt, auf ca. 32000 M. beziffert. — In Vertretung Sr. Maj. des Königs begiebt sich der kgl. Generaladjutant Generalleutnant v. Carlo witz nach Berlin zur Teilnahme an den Feierlichkeiten , der Beisetzung der Leiche des Prinzen KarlV — Bei dem Leipziger Zentralkomitee für die 4. Koch- kunstauSstellung des deutschen Gastwirtsverbandes ist die ' - Nachricht aus Dresden eingetroffen, daß unser Königs paar eine Einladung zum Besuch dieser Ausstellung an genommen hat. — Die Erneuerung der Lose für die 2. Klasse der Landeslotterie ist spätestens vor Ablauf des 27. d. M. bei dem auf den, Lose aufgedruckten Kollekteur zu bewirken. — Die diesjährigen Woll Märkte fallen in Ka menz auf den 12., Bautzen 13., Dresden 14., Leipzig 15. und 16. Juni. — Der Stadtgemeinderat zu Löbau hat beschlossen, ! dem Kultusministerium anzuzeigen, daß die Kommune bereit sei, ein Rcalschulgebäude nach dem mit einzurei chenden Plane zu erbauen, wenn staatsseitig ein wesent licher Bestrag zu den Kosten bewilligt würde. — Vom Dresdner Amtsgericht wurden dieser Tage mehrere Gurkcnhändler mit empfindlichen Strafen be legt, weil sie Pfeffergurken, um denselben ein schönes, saftgrünes Aussehen zu geben, mit einer in einem kupfer nen Geschirr gekochten Mischung von Essig, Wasser und Salz übergossen hatten. Es wurde auf Geldstrafen von 60 und 30 .M, bez. auf Gefängnisstrafen von 12 und 6 Tagen erkannt. Das gerichtliche Einschreiten erfolgte auf Veranlassung des Präsidenten des Landesmedizinal- kollegiums, Geh. Med.-Rat vr. Reinhardt, der solche Gurken hatte chemisch untersuchen lassen, wobei sich ein nicht unbedeutender Kupfergehalt ergeben und wonach es laut ärztlichem Gutachten keinem Zweifel unterlag, daß der Genuß derartig präparierter Gurken der mensch lichen Gesundheit nachteilig werden mußte. — Leichtsinn und Unvorsichtigkeit waren am Sonn abend in Rechenberg bei Bienenmühle die Ursache ei nes schweren Unfalls. In ihrem Quartier hatten Ar beiter mittags 4 zum Sprengen von Steinen bestimmte gefrorne Dynamitpatronen, um sie zu erweichen, in den heißen Ofen gelegt, welche in dem Augenblicke explodier ten, als ein 12jähriges Mädchen einen Topf aus dem Ofen nehmen wollte. Das bedauernswerte Kind erhielt furchtbare Verbrennungen, besonders an den Augen, so ¬ daß das eine wohl erblinden wird, sowie an den Armen und Beinen ; verletzt wurde ferner der auf dem Sofa sitzende 16jährige Bruder des Mädchens. Die am Tisch sitzenden Arbeiter kamen mit dem Schreck davon, wäh rend sämtliche Fensterscheiben hinausgedrückt wurden und von dem Ofen nichts als ein Trümmerhaufen blieb. Einer der Arbeiter wurde sofort verhaftet und sieht samt seinen Kollegen der Strafe für die Unvorsichtigkeit entgegen. — In der Nacht vom Sonntag hat sich in Glau chau ein recht bedauerlicher Unglücksfall zugetragen. Im zweiten Stockwerk eines Hauses war ein ca. 5jähri- ges Kind, das mit seiner Mutter dort zum Besuche weilte, an das Fenster gelangt, hatte letzteres zu öffnen vermocht und ist dann aus der beträchtlichen Höhe auf die Straße gestürzt. Außer einer nicht unbedeutenden -f Durch unser Blatt ist ebenso wie durch viele an dere Zeitungen ein« Notiz des Inhalts gelaufen, daß Ostern seit langem Zeiträume nicht so zeitig gefallen sei, als 1883 dies der Fall sein wird (erster Ostertag au, 25. März). Jedoch werden wir von befreundeter Seite darauf hingewiesen, daß sowohl 1845, als auch 1856 der erste Osterfesttag am 23. März gefeiert wurde. — Der Stadtrat von Chemnitz hat die Leitung des dasigen Stadttheaters, dessen bisher von dem heute das 25jährige Jubiläum der Theaterdirektionsthätigkeit feiernden Direktor Schönerstädt geführter Pacht am 30. April d. I. zu Ende geht, für die nächsten 3 Jahre dem dermaligen Theaterdirektor Schindler in Görlitz über ¬ wild, und hinter der Front, da zwicken's d' Madeln in d' Wangen." Kurze Zeit darauf war 's Mariand'l und der Sep pel ein glückliches Paar; der Stadelwirt brauchte nun keinen neuen Knecht ins Haus zu nehmen, und alle insgesamt segneten die Stunde, in welcher „der Herr Feldmarschall niit seinen Leuten" im Stadelwirtshaus Obdach suchten. Jahrelang haben die Stadelwirtsleut' nicht erfahren, wer die „andern" Herrschaften waren, der große und der kleine Herr, die junge Großmutter und die andere Dame. Endlich muß sie wohl einmal ein Fremder auf geklärt haben, dem sie die G'schicht' erzählten. Die Nandl hat sich geärgert, als sie erfuhr, daß der Feld marschall nichts weiter war als „a Bedianter mit aner Feder am Huat!" Ende. Nachschrift. Ich hab' doch zu voreilig unter die kleine G'schicht' „Ende" geschrieben, denn kaum hatte ich's letzte „Punkterl" gemacht, da bekomme ich von einem Freund aus Cilli in Steyerland einen Brief, worin es heißt: „Du kennst doch die Stadelwirtschaft bei Adlersberg? Soeben höre ich, daß der Stadelwirt und die Stadelwirtin, der Seppel Strohhuber und sein Weib einen Bries geschickt haben an Euer Kronprinzen paar anläßlich der silbernen Hochzeit. Einen großen Busch Edelweiß haben sie eingepackt, weil sie hörten, die Kronprinzessin liebe diese Blumen so sehr." Ob sich am 25. Januar 1883 die hohen Herrschaf ten noch an die silberne Hochzeit „beim Stadelwirt" er innern werden?