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Max Bruch Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 g-Moll op. 26 | Entstehung: zwischen 1864 und 1867 Max Bruch hing als Anachronist zu Leb zeiten seiner Zeit erst um eine, später um fast drei Generationen nach. Als er 1838 geboren wurde, schrieb Schumann seine „Kreisle- riana“. Als er starb, begann Schönberg die Komposition seiner ersten Werke, die auf der Schwelle zur Dodekaphonie stehen. Zeitle bens polemisierte Bruch gegen den musika lischen „Fortschritt“, wetterte gegen Liszt und Wagner, beschimpfte die Werke Regers als „musikalische Sozialdemokratie“ und schalt Richard Strauss einen „Kunstverderber“. Er selbst verstand sich als „Rufer in der Wüste ", der vor dem allgemeinen Chaos seiner Zeit warnte, das sich in der Kunst widerspiegle. Dass er nicht zu den ganz großen Komponisten seiner Zeit gehörte, begründete er selbst da mit, im Gegensatz zu dem von ihm verehrten Brahms mit seinen Kompositionen Geld verdienen zu müssen und deshalb gezwungen zu sein, gefällige und leicht verständliche Werke zu schreiben. Sein Name lebt, ähnlich wie der von Cesar Franck, Eduard Lalo oder Paul Dukas, eigentlich nur durch eine einzige Komposition weiter, das Violinkonzert in g-Moll, obwohl er selbst seine Vokalwerke viel höher einschätzte. Der Erfolg, den er mit ihm errang, überschattete alles und wurde ihm bald so zuwider, dass er schließlich sein „entsetzlich populär gewordenes Werk gar nicht mehr hören“ wollte. Dabei war ihm die Komposition keinesfalls flüssig von der Hand gegangen, vielmehr erfuhr die Partitur bis zu ihrer Vollendung nach seinen eigenen Worten gewiss ein halbes Dutzend Umarbeitungen. Als Dirigent in Koblenz und Sondershausen hatte er zwar Erfahrung mit dem Orchester gesammelt, aber die Violine beherrschte er nicht. Bruch hat nach eigener Darstellung „mit x Geigern conferiert“, bevor die Komposition „endlich die Form gewonnen hat, in der es nun allgemein bekannt ist. “ Dem Dirigenten Hermann Levi gestand er sogar, dass ihm „ die ganze Sache bald langweilig“ geworden sei. Dennoch brach er die Arbeit nicht ab, sondern holte sich, um die Lücken zu schließen, vor allem Ratschläge von Joseph Joachim, der später auch Brahms bei der Komposition seines Violinkonzerts beratend zur Seite stand. Der Geiger ist deshalb Widmungsträger des Konzertes und war der Solist bei seiner Ur aufführung in Bremen. Ursprünglich wollte Bruch eine „Fantasie“ schreiben, wovon vielleicht noch die Bezeich nung „Vorspiel“ anstelle „Erster Satz“, mit Sicherheit aber der rhapsodische Einschlag der Solostimme zeugen. Allen drei Sätzen liegt die Sonatenhauptsatzform, wenn auch in einer relativ freien Ausgestaltung zu Grunde: Im ersten Satz tritt an die Stelle der Reprise ein aus den beiden Themenköpfen gebildetes durchführungsartiges Orchestertutti. Den beiden folgenden Sätzen fehlt dagegen eine regelrechte Durchführung. Später beteuerte er, sich ganz an Mendelssohn-Bartholdys e-Moll-Konzert gehalten zu haben. Und wie dieser legte auch er „den Hauptnachdruck auf die Melodik“, weshalb es ihm auch nach eigener Aussage unmöglich war, „dieselbe Aufmerksamkeit der instrumentalen Filigran- Arbeit zuzuwenden. “