ZUM PROGRAMM anwesend, der Erzherzog Rudolph zur Zeit noch in Olmütz.Was den künstleri schen Erfolg dieses denkwürdigen Abends betrifft, so konnte er wohl mit jedem bis dahin in diesen altehrwürdigen Räumen erlebten einen Vergleich aushalten. Leider, dass der allverehrte Mann, dem er gegol ten, nichts davon gehört hatte. Er zeigte dies, indem er bei dessen Ausbruch am Schlüsse der Aufführung der begeisterten Versammlung den Rücken zukehrte. Da hatte Caroline Unger den guten Gedan ken, den Meister nach dem Proszenium umzuwenden und ihn auf die Beifallsrufe des Hüte und Tücher schwenkenden Auditoriums aufmerksam zu machen. Durch eine Verbeugung gab er seinen Dank zu erkennen. Dies war das Signal zum Losbrechen eines kaum erhörten, lange nicht enden wollenden Jubels und freudigen Dankgefühls für den gehabten Hochgenuss ...“ Ob die politische Botschaft des Komponis ten, die die Musikdramaturgie einschließt, verstanden wurde? Im ersten Satz schildert Beethoven die „verzweiflungsvollen Zustände“ der Metternichzeit, beantwortet diese „wüsten Zeiten“ mit dem Trauer marsch der Coda. Entgegen der klassischen Anordnung folgt nun bereits mit dem zweiten Satz das Scherzo, und damit der letztlich nicht zielführende Freudentaumel eines dionysischen Rausches. Das Adagio des dritten Satzes baut ein Gegenbild dazu auf: Beethoven beschwört die Sphäre des Erhabenen und das „Goldene Zeitalter“, Atlantis, das Land Utopia oder das antike Elysium. Doch dieser Zustand stellt sich keineswegs von selber ein, sondern muss — wie der Humanismus im „Fidelio“ — im Finale der Symphonie errungen werden: Zunächst bestimmen Reminiszenzen an das thematische Material der vorangegan genen Sätze den vierten Satz. Die Fanfare erinnert noch einmal an die „wüsten Zei ten“, bevor die menschliche Stimme ein setzt: „O Freunde, nicht diese Töne! Son dern lasst und angenehmere anstimmen und freudenvollere!“ Die Stimme der Frei heit - die erkannte Beethoven in den 1785 in Loschwitz bei Dresden entstandenen Versen Friedrich Schillers. Bezeichnend sind seine kleinen sprachlichen Verände rungen gegenüber dem Original des Dichters und vor allem die Auswahl der Strophen für die Symphonie, an deren Beginn die neue Weltordnung des „Golde nen Zeitalters“, die humanistische Menschheitsverbrüderung, steht: