ZUM PROGRAMM ungewöhnliche Wege, durchbricht die bestehenden Gesetze der Sonatenhaupt satzform und kommt zu einer freien und im Gesamtkontext ungewöhnlich platzier ten Entwicklung und Verarbeitung seines thematischen Materials. An die Stelle des üblichen langsamen zweiten Satzes setzt Beethoven ein Allegretto scherzando, eine Rückbesinnung auf Haydn, und greift mit den gleichmäßigen rhythmischen Akzen ten der Holzbläser darüber hinaus eine weitere musikalische Idee aus dessen Sym phonie Nr. 101 „Die Uhr“ auf. Lange folgte die gängige Interpretation dieses Satzes der Überlieferung Schindlers, Beethovens Adlatus, dass der Komponist hier eine musikalische Hommage auf Mälzeis Neuerfindung des Metronoms habe schreiben wollen. Anstelle des von ihm selbst in der Sym phonik etablierten Scherzos überschreibt Beethoven den dritten Satz der Achten mit „Tempo di Menuetto“, erinnert damit wiederum ganz bewusst an die Tradition des 18. Jahrhunderts, gelangt aber durch die musikalische Verfremdung verschie denster Stilmittel hier eher zu einem iro nischen Rückblick auf den höfisch-zere moniellen Tanz. Das Finale schließlich ist unter dem Blickwinkel klassischer Form schemata kaum einzuordnen: Der musika lische Inhalt und dessen formale Ausbil dung stehen in scheinbarem Widerspruch zueinander, und Beethoven fuhrt in dieser keineswegs „unspektakulären Symphonik“ sozusagen eine innermusikalische Diskus sion über Sinn und Zweck klassischer Formstrenge. Humanistische Botschaft der Menschheitsliebe — Symphonie Nr. 9 In seiner bisherigen Symphonik hatte Beethoven der strengen klassischen For malität die ideelle Aussagekraft zur Seite gestellt. In der 9. Symphonie nahm er schließlich die menschliche Stimme in seine Klangsprache auf, womit zum einen der Endpunkt einer großen klassischen Tradition erreicht war, andererseits aber der „Anfang einer Neubestimmung der Instrumentalmusik durch die Verschmel zung mit der Vokalmusik“ (Richard Wag-