ZUM PROGRAMM sehe Struktur zum politischen Appell wurde, und deren Finale für die jubelnden Massen steht, die den europäischen Sieg über Napoleon feiern. „Uns alle erfüllte nichts als das reine Gefühl der Vaterlandslie be und des freudigen Opfers unserer Kräfte für diejenigen, die uns soviel geopfert haben.“ So fasste Beethoven selbst die Empfindungen dieser Musik in seiner Dan- kesrede nach der Uraufführung zusammen und gab damit wertvolle Hinweise für die Interpretation seines Werks. Freilich steht die hervortretende rhythmische Struktur der Symphonie keineswegs mit choreogra phischen Vorstellungen in Verbindung, son dern wird zum „rhetorischen Prinzip“ (Dietmar Holland), mit dem Beethoven den heroischen Charakter und die appella- tive Grundhaltung seiner Symphonik zu einem Höhepunkt führt. Der längsten langsamen Einleitung aus der Feder Beethovens folgt der Vivace-Teil des ersten Satzes mit einer beinahe magisch mitreißenden musikalischen Struktur des Themas. An die Stelle der sonst bei Beethoven üblichen Dialektik zweier kon trastierender melodischer Thesen tritt hier die Konzentration auf die rhythmische Grundstruktur. Ernst und feierlich erklingt der zweite Satz, von einem Schreitrhyth mus durchzogen, „kein Trauermarsch wie in der Eroica, sondern ein endloser Trau erzug von Millionen“, so der Beethoven Forscher Harry Goldschmidt. Der dritte Satz mit seinem kraftvoll voranstrebenden Staccato-Thema steht in wirkungsvollem Gegensatz dazu, bevor das Finale mit sei ner explosiven Aufbruchstimmung zum furiosen Siegesmarsch gerät. Sie habe sich vorgestellt, „den Völkern mit fliegender Fahne voranziehen zu müssen“, schrieb Bettina von Arnim an Johann Wolfgang von Goethe, als sie diese Musik zum ersten Mal gehört hatte. Eine musikalische Grundsatzdiskus sion - Symphonie Nr. 8 Bei ihrer Uraufführung 1814 im großen Wiener Redoutensaal wurde Beethovens 8. Symphonie als verhältnismäßig „unspektakulär“ empfunden. Der Kompo nist selbst bezeichnete sie als „die Kleine“, fand sie aber angesichts ihres nur mäßigen Erfolgs beim Publikum gleichzeitig „viel besser als die Siebente“. Doch die vorder gründig so schlicht erscheinende, der Tra dition verpflichtete Gestaltung erweist sich bei näherem Hinsehen als Trugschluss, und die Symphonie wird zu einer innermusi kalischen Diskussion über die aus dem 18. Jahrhundert überlieferten klassischen Formgesetze. Vermittelt Beethoven mit dem Beginn des ersten Satzes zunächst auch die Erwartung einer „leichten“, rückwärts gewandten Symphonik, so beschreitet er doch bald