Die Komponisten und ihre Werke ® Anton Bruckner und seine 5. Sinfonie Ein immer gegenwärtiges Thema bei der Aufführung der sinfonischen Gi ganten aus der Feder Bruckners sind die Fragen nach der Fassung der Sin fonie. Nicht nur Bruckner selbst schuf durch gravierende Korrekturen und Überarbeitungen diverse, teilweise stark abweichende Versionen von sei nen Sinfonien, auch andere Tonsetzer fühlten sich berechtigt und verpflichtet, helfend und korrigierend in die Werke einzugreifen. Das lag an der fehlenden Akzeptanz, die von den Wiener Musik gelehrten und besonders den führenden Musikkritikern Eduard Hanslick, Max Kalbeck und Richard Heuberger (siehe Bruckners Schleppe in der Karrikatur von Otto Böhler) dem exzentrischen Komponisten verweigert wurde. Nun gibt es besonders in der Geschichte der Fünften den wundersamen Zufall, das diese Sinfonie nach einer detaillierten Überarbeitung von Bruckner selbst eindeutig abgeschlossen wurde - was die Geschichte des gigantischen Stückes (immerhin rund 80 Minuten dauert die Sinfonie) nicht wirklich in ruhiges Fahrwasser entließ. Doch zunächst zur Entstehungszeit: Bruckner lebte seit 1868 in Wien, hatte seinen sicheren Posten als Domor ganist in Linz aufgegeben und war sei nem Lehrer Sechter als Professor für Generalbass, Kontrapunkt und Orgel ans Konservatorium nach Wien gefolgt - ein Amt, das nicht den Lebens unterhalt sicherte. Bruckner liebäugelte mit der Stelle als Musiktheorielehrer an der Universität, für die er aber durch einen Ausschuss unter Vorsitz Eduard Hanslicks abgelehnt wurde. Eine wei tere Beschäftigung als Aushilfslehrer für Klavier in der Lehrerinnenaus bildungsanstalt St. Anna wurde wegen „ungebührlichen Verhaltens“ ebenfalls 1874 nach vier Jahren gekündigt. Im Januar 1875 - gerade, als er die Ar beiten am Adagio der Fünften begon nen hatte - schrieb er an seinen Linzer Freund Moritz von Mayfeld: „Fleißig Schulden machen und am Ende im Schuldenarreste die Früchte meines Fleißes genießen und die Thorheit mei nes Übersiedelns nach Wien ebendort besingen kann mein endliches Los wer den.“ Fleißig komponierte Bruckner weiter, allerdings nur für die Schub lade. Zwischen Februar 1875 und Mai 1876 schrieb Bruckner die Fünfte, im folgenden Jahr redigierte er das Werk, Januar 1878 war es endgültig fertig. ]6 -U- Kontrapunkt-Konzerte